aerolith
Laßt uns über Fußball reden - 2017/18
von
am 29.07.17 um 18:26 (13344 Hits)
Das erste Heimspiel der Saison lockte nicht so viele Zuschauer in die Krügel-Kampfarena, wie es angesichts der hohen Erwartungshaltung der hiesigen Eingeborenen vielleicht zu erwarten gewesen wäre. Das lag zum einen wohl an der saftigen 1:4-Niederlage zum Saisonauftakt in irgendeinem Kaff im Aushämischen, das die meisten Hiesigen nicht mal auf der Landkarte finden würden, wenn man ihnen die nächstgelegene Großstadt nennen würde. Ich auch nicht. Soll wohl Heidelberg sein. Kann mich aber auch irren und bin jetzt zu faul, das näher zu eruieren. Aber so tickt der Ostfale eben: "Verlorn ham se? Wo? Kennich nich. Kann nüscht taugen. Na ja, ich jeh hin, fallse uffsteijn könn'n." So oder so ähnlich blickten sich wohl einige das Ergebnis aus Spiel eins in dieser Saison schlecht. Und Ferien sind ja auch noch. Also kamen nur umme 17000 Zuseher und sahen einen furios startenden FCM, der hinten nichts zuließ, wohltuend flach spielte, Doppelpässe versuchte, zuweilen ansehnliches Dreiecksspiel und eben kein Kleinklein zelebrierte, zudem blitzschnell nach vorn umschaltete. Die Erfurter wußten gar nicht, wie ihnen geschah. Sie hatten wohl auch damit gerechnet, daß die Unsrigen mit Schaum vorm Mund die Schlappe aus dem Ort, der mir eben entfallen ist, wegzumachen gedachten. Aber nach nicht mal einer halben Stunde stand es 0:3. Die Messe war gesungen. Abflug, ihr Ableger-Domstädter. Der Rest war Schaulaufen und Körnersparen fürs Mittwochspiel in Ostfriesland. Schlimm genug, daß wir in solche Gegenden müssen statt nach Mailand oder Moskau. Na ja, Hauptsache irgendwas mit M, würde Andy Möller murmeln. Aber genau in diesem Punkt sehe ich das Hauptproblem für diese Saison, nämlich in einem Mentalitätsproblem.
Nur Zugereisten oder Duckhanseln ist ein 45-Punkte-Ziel zu vermitteln. Die nehmen das eifrig nickend als Lebensweisheit der da oben an und hin, plaudern es jedem ins Ohr, der es nicht hören will und glauben am Ende noch, sie seien damit auf der sicheren Seite des Lebens.
Ob8, Leute, so was überträgt sich aufs Gemüt! Tiefstapelei ist was für Warmduscher und Vomlebengezeichnete, die mit dem Arsch an die Wand kommen wollen. Wenn man das als Strukturelement pflegt, schleicht sich schnell Genügsamkeit ein, Gleichgültigkeit, aber kein Leistungswille. Der aber ist die Basis im LEISTUNGssport.
Ein anderes, sachlicheres Argument für alle, die's gern sachlich haben: Wir haben in den letzten beiden Jahren den 4. Platz erreicht. Schlimm genug, daß es nicht zum Aufstieg reichte, aber immerhin: 4. Wir haben die meisten Anhänger in dieser Liga, wir haben keine Schulden, ein gut ausgebautes Trainingsgelände, wir haben ein tolles Stadion und einen Trainer, der hier seit Jahren in Ruhe arbeiten kann, und wir haben eine Menge Leute mit Geld, die bereit sind, in ein wachsendes Unternehmen zu investieren. Nur muß es eben wachsen und nicht kleine Brötchen für den örtlichen Markt backen wollen.
Wie FRECH wäre es denn nun, NICHT mehr als den 4. Platz zu verlangen? Es wäre dumm, es nicht zu tun, also mit einem status quo ante zufrieden zu sein. Ja, sind wir denn das Reich und wollen einen Frieden, der uns das sichert, was wir vor dem Krieg hatten? Besitzstandswahrung in Liga III? Im Grunde bin ich ja ein Freund der Besitzstandswahrung, aber wenn man sich verbessern kann uind es nicht versucht oder Ausreden vorab formuliert, dann will ich das nicht hören. Also, Klarschiff für den Aufstieg, als Forderung für die Saison. Nix anderes!
Zur Einzelkritik:
Glinker hatte nicht viel zu tun. Abschläge okay, aber nicht umwerfend. (3)
Schiller souverän. Schaltete ab und an den Turbo an und schaltete sich ins Angriffsspiel ein. So will ich das sehen. Klare Ansagen, diesmal nicht zum Schiedsrichter, sondern dahin, wo's hingehört: zum Mit- und Gegenspieler. (2) Hammann souverän. Hatte eine gute Länge in seinen Bällen und wirkte nicht übermotiviert mit 40m-Pässen in den Fuß, sondern soliden 20m-Bällen, meist mit Innenrist. Ich sah ihn auch in Aspach schon nicht so schlecht, wie es manche schön wieder behaupteten, aber heute war er gut. (2) Butzen mit einigen Unsicherheiten, die er meist selber wieder ausbügelte. Kaum verbessert im Offensivspiel. Aber seine Seite war nach hinten zu. (3) Rother staksig, aber angenehm in seinem Auftreten. Muß sich noch in die Mannschaft hineinspielen, aber das wird. Ich sah einige Unsicherheiten, die er mit großem Einsatz kaschieren könnte. Lernwillen vorhanden, wenn ich das richtig deute. Gut so. (3,5) Handke solide, aber ohne irgendwelche positiven oder negativen Auffälligkeiten. Ein Dreier-Schüler. Wenn ihm das reicht... (3,5)
Ludwig zuweilen eine Augenweide. Gute Technik, Auge für die Spielsituation. Aber auch ein Leichtgewicht, das merkwürdig unverbandelt in der Mannschaft wirkt. Muß stärker eingebunden werden. (3,5) Sowislo mit guter Partie. Sehr pragmatisch spielend. Etliche Ungenauigkeiten beim Paßspiel, aber er weiß, wann er wo hinlaufen muß, auch wenn's wehtut. Damit prägt er unser Spiel zuweilen entscheidend. (3) Türpitz mit zwei schönen Toren. Im Unterschied zum spielterisch stärkeren Ludwig eher der dynamische Typ. Kann passen, muß aber nicht. Dynamische Spielertypen haben zu oft Hochs und Tiefs. Ich warte hier noch ab, ob ich seine Verpflichtung begrüße. Heute jedenfalls war er gut, nicht nur bei den beiden Toren, sondern überhaupt in der Umschaltung aus dem MF in die Angriffszone. (1,5) Niemeyer mit starker Anfangsphase. Fühlt sich auf unserer linken Seite sehr wohl und nimmt jeden mit, der mit ihm spielen will. So will ich das auch sehen. (2,5)
Beck wirkte in dem neuen Breitbandfußball deplaciert. Muß hier seine Funktion noch finden, denn ich glaube nicht, daß Härtel den eingeschlagenen Weg zurückgehen wird, also hin zu einem MS-zentrierten Angriffsspiel über die Flügel. Heute ein Spiel der Findungsphase. (4,5)