Thema: Winterreise (Schubert)
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AW: Winterreise (Schubert) Einsamkeit Wie eine trübe Wolke Durch heit're Lüfte geht, Wenn in der Tanne Wipfel Ein mattes Lüftchen weht: So zieh ich meine Straße Dahin mit trägem Fuß, Durch helles, frohes Leben Einsam und ohne Gruß. Ach, daß die Luft so ruhig ! Ach, daß die Welt so licht ! Als noch die Stürme tobten, War ich so elend nicht. Was soll man dazu sagen? Das Gedicht sagt alles. Müller wie er malt und reimt. Und Schubert macht aus dem kleinen Verslein eine musikalische Miniatur, die alles illustriert, was der Vers spricht. Die Post Von der Straße her ein Posthorn klingt. Was hat es, daß es so hoch aufspringt, Mein Herz ? Die Post bringt keinen Brief für dich. Was drängst du denn so wunderlich, Mein Herz ? Nun ja, die Post kommt aus der Stadt, Wo ich ein liebes Liebchen hatt', Mein Herz ! Willst wohl einmal hinüberseh'n Und fragen, wie es dort mag geh'n, Mein Herz ? Viel Herz in diesem Vers. Schön der melancholische Umschwung in der 2. Strophe in der Musik. Viel Herz in diesem Vers, und viel Ironie.
AW: Winterreise (Schubert)
AW: Winterreise (Schubert) Frühlingstraum Ich träumte von bunten Blumen, So wie sie wohl blühen im Mai; Ich träumte von grünen Wiesen, Von lustigem Vogelgeschrei. Und als die Hähne krähten, Da ward mein Auge wach; Da war es kalt und finster, Es schrien die Raben vom Dach. Doch an den Fensterscheiben, Wer malte die Blätter da ? Ihr lacht wohl über den Träumer, Der Blumen im Winter sah ? Ich träumte von Lieb um Liebe, Von einer schönen Maid, Von Herzen und von Küssen, Von Wonne und Seligkeit. Und als die Hähne krähten, Da ward mein Herze wach; Nun sitz' ich hier alleine Und denke dem Traume nach. Die Augen schließ' ich wieder, Noch schlägt das Herz so warm. Wann grünt ihr Blätter am Fenster ? Wann halt' ich mein Liebchen im Arm ? Musikalisch ist das Lied zu diesem Vers zweigeteilt, wie auch der Text. Schon das Intro weckt Vorstellungen von hellen, sonnenbeschienenen Wiesen, die Triller kann man mit Vogelgezwitscher assoziieren. Die Strophen 2 und 5, die beide mit den krähenden Hähnen eingeleitet werden, bilden den Kontrast. Da hat den Träumer die Wirklichkeit wieder, der Winter, die Kälte, die Einsamkeit. Am Ende schließt er die Augen und träumt weiter. Einen Traum, der nie wirklich werden wird. Müller elaboriert mit diesem Gedicht so deutlich, wie in keinem anderen des Kreises, seine Meisterschaft des Kontrastes. Hier die kalte, finstere Gegenwart, da der helle, sonnendurchflutete Traum, die Erinnerung an eine Zeit, als die Liebe noch hoffen durfte. Und überall schimmert zwischen diesen Zeilen eine besondere romantische Ironie durch. Müller spielt mit seiner Figur, er lässt den Wanderer zappeln und er zwinkert dem Leser zu. Pass auf, dass es dir nicht ähnlich ergehe ...
AW: Winterreise (Schubert) Auch nicht schlecht, dieses Cover. Mach mal weiter. Rückblick Es brennt mir unter beiden Sohlen, Tret' ich auch schon auf Eis und Schnee, Ich möcht' nicht wieder Atem holen, Bis ich nicht mehr die Türme seh'. Hab' mich an jedem Stein gestoßen, So eilt' ich zu der Stadt hinaus; Die Krähen warfen Bäll' und Schloßen Auf meinen Hut von jedem Haus. Wie anders hast du mich empfangen, Du Stadt der Unbeständigkeit ! An deinen blanken Fenstern sangen Die Lerch' und Nachtigall im Streit. Die runden Lindenbäume blühten, Die klaren Rinnen rauschten hell, Und ach, zwei Mädchenaugen glühten. - Da war's gescheh'n um dich, Gesell ! Kommt mir der Tag in die Gedanken, Möcht' ich noch einmal rückwärts seh'n. Möcht' ich zurücke wieder wanken, Vor ihrem Hause stille steh'n. Vergleiche die erste und letzte Strophe! Da rennt er, flieht er, bis ihm die Luft ausgeht. Am Ende sehnt er sich zurück, möcht er zurücke wanken, vor ihrem Hause stille stehen. Schön auch die Krähen, die ihm allerhand nachwerfen, ihn verspotten, jagen. Dann folgen Rückblicke auf vergangene Tage der Hoffnung und Seligkeit. Ein herrliches Bild der Zerissenheit. Irrlicht In die tiefsten Felsengründe Lockte mich ein Irrlicht hin; Wie ich einen Ausgang finde, Liegt nicht schwer mir in dem Sinn. Bin gewohnt das Irregehen, 's führt ja jeder Weg zum Ziel; Uns're Freuden, uns're Wehen, Alles eines Irrlichts Spiel ! Durch des Bergstroms trockne Rinnen Wind' ich ruhig mich hinab, Jeder Strom wird's Meer gewinnen, Jedes Leiden auch sein Grab. Tiefste Trostlosigkeit. Wieder die Parallelen Strom – Leiden, Meer – Grab. Herrlich. Rast Nun merk' ich erst wie müd' ich bin, Da ich zur Ruh' mich lege; Das Wandern hielt mich munter hin Auf unwirtbarem Wege. Die Füße frugen nicht nach Rast, Es war zu kalt zum Stehen; Der Rücken fühlte keine Last, Der Sturm half fort mich wehen. In eines Köhlers engem Haus Hab' Obdach ich gefunden. Doch meine Glieder ruh'n nicht aus: So brennen ihre Wunden. Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm So wild und so verwegen, Fühlst in der Still' erst deinen Wurm Mit heißem Stich sich regen ! Ruhelos in der Rast. Rastlos in der Ruhe. Schön.
AW: Winterreise (Schubert) Adaptionen gibt es viele. Wenn man genau hinhört, läßt sich auch zwischen der Schubert-Vertonung des Leiermanns und dieser hier eine finden.
AW: Winterreise (Schubert) Danke Lester. Die Stelle aus dem Zauberberg kannte ich nicht. Für die 'Müllerin' wie auch die Winterreise gilt, das Problem sind nicht die Längen oder der Text - wiewohl es gut ist, den Text zu kennen - , das Problem sind meistens die Interpreten!!! Schubert wird generell verkitscht. Besonders aber bei den beiden Zyklen wird in unzulässiger Weise das Expressive und Brutale in der Musik geschönt und wegbelcantisiert.
AW: Winterreise (Schubert) Eine schöne Erinnerung, sich noch mal die Wintereise anzuhören. Meine erste Erfahrung mit Schubert-Vertonungen war in den 90iger Jahren, die „Schöne Müllerin“ wurde gegeben, irgendwo in der Nähe von Bonn, Aula eines Gymnasiums, der Bariton, Klaus Domhardt sang, ein Herr Kreutzschmer hatte den Flügel. Ich war freiwillig dort, und hatte mich auf die Vorstellung gefreut. Es fing auch gut an, das erste Lied, ich kannte es als ein Kinderlied: „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Der Rest dann aber… dass Musik zu einer derartigen Müdigkeit führen konnte, war mir denn doch unangenehm. Jedenfalls: von den restlichen Liedern verstand ich fast kein einziges Wort. Und, nach meiner Erinnerung, es nahm kein Ende. Seitdem habe ich bei Liedvorträgen immer den Text dabei. Zum „Lindenbaum“: im „Zauberberg“ ist dies Stück eines der Lieblingslieder von Hans Castorp, dem Sorgenkind des Lebens, hübsch beschrieben von Thomas Mann (mit dem ihm eigenen Zuckerguss feiner Ironie): "Es war Schuberts »Lindenbaum«, es war nichts anderes, als dies allvertraute »Am Brunnen vor dem Tore«. Ein Tenorist trug es vor zum Klavier, ein Bursche von Takt und Geschmack, der seinen zugleich simplen und gipfelhohen Gegenstand mit vieler Klugheit, musikalischem Feingefühl und rezitatorischer Umsicht zu behandeln wußte. Wir alle wissen, daß das herrliche Lied im Volks- und Kindermunde etwas anders lautet denn als Kunstgesang. Dort wird es meist, vereinfacht, nach der Hauptmelodie strophisch durchgesungen, während diese populäre Linie im Original schon bei der zweiten der achtzeiligen Strophen in Moll variiert, um beim fünften Vers, überaus schön, wieder in Dur einzulenken, bei den darauf folgenden »kalten Winden« aber und dem vom Kopfe fliegenden Hute dramatisch aufgelöst wird und sich erst bei den letzten vier Versen der dritten Strophe wiederfindet, die wiederholt werden, damit die Weise sich aussingen könne. Die eigentlich bezwingende Wendung der Melodie erscheint dreimal, und zwar in ihrer modulierenden zweiten Hälfte, das drittemal, also bei der Reprise der letzten Halbstrophe »Nun bin ich manche Stunde«. Diese zauberhafte Wendung, der wir mit Worten nicht zu nahe treten mögen, liegt auf den Satzfragmenten »So manches liebe Wort«, »Als riefen sie mir zu«, »Entfernt von jenem Ort«, und die helle und warme, atemkluge und zu einem maßvollen Schluchzen geneigte Stimme des Tenoristen sang sie jedesmal mit so viel intelligentem Gefühl für ihre Schönheit, daß sie dem Zuhörer auf ungeahnte Weise ans Herz griff, zumal der Künstler seine Wirkung durch außerordentlich innige Kopftöne bei den Zeilen »Zu ihm mich immerfort«, »Hier findst du deine Ruh«, zu steigern wußte. Beim wiederholten letzten Verse aber, diesem »Du fändest Ruhe dort!« sang er das »fändest« das erstemal aus voller, sehnsüchtiger Brust und erst das zweitemal wieder als zartes Flageolett." Das Lied findet man noch einmal wieder auf der letzen Seite, beim allerletzten Auftritt von Hans Castorp im Zauberberg. Sein Abgesang. Wie gesagt, eine schöne Erinnerung. Dank an Eulenspiegel.
AW: Winterreise (Schubert) Weiter im Text. Aus der Träne, in den Schnee gefallen, und dem kalten, weißen Element zieht Müller wieder Parallelen zwischen der Innenwelt des Protagonisten und der Natur. Der Bach, der die Stadt erreicht, wird auch die Tränen des Flüchtlings mit sich führen, vorbei an der Liebsten Haus. Ein Schelm, wer hier leichte Ironie vernimmt. Wasserflut Manche Trän' aus meinen Augen Ist gefallen in den Schnee; Seine kalten Flocken saugen Durstig ein das heiße Weh. Wenn die Gräser sprossen wollen Weht daher ein lauer Wind, Und das Eis zerspringt in Schollen Und der weiche Schnee zerrinnt. Schnee, du weißt von meinem Sehnen, Sag', wohin doch geht dein Lauf ? Folge nach nur meinen Tränen, Nimmt dich bald das Bächlein auf. Wirst mit ihm die Stadt durchziehen, Muntre Straßen ein und aus; Fühlst du meine Tränen glühen, Da ist meiner Liebsten Haus. Lied 7 bringt einige frohe Rückblicke an eine glücklichere Zeit. Die letzte Strophe macht aber alles klar: die Gegenwart ist kalt und starr. Das Herz des Wanderers gleicht dem gefrorenen Wasser, das kalt und starr in seinem Bette liegt. Er fragt sich, ob es unter dem Eise auch so heiß her geht wie in seiner Brust. Ich finde Müllers Spiel mit den vielen Winterbildern, korrespondierend mit den innern Zuständen des Helden, sehr erfrischend und eindrücklich. Schubert bleibt da immer auf Augenhöhe und setzt das konsequent in Musik. Musik, die mühelos den Spagat zwischen frühlingsheller Liebessehnsucht und eisiger, finsterer Hoffnungslosigkeit schafft. Auf dem Fluße Der du so lustig rauschtest, Du heller, wilder Fluß, Wie still bist du geworden, Gibst keinen Scheidegruß. Mit harter, starrer Rinde Hast du dich überdeckt, Liegst kalt und unbeweglich Im Sande ausgestreckt. In deine Decke grab' ich Mit einem spitzen Stein Den Namen meiner Liebsten Und Stund' und Tag hinein: Den Tag des ersten Grußes, Den Tag, an dem ich ging; Um Nam' und Zahlen windet Sich ein zerbroch'ner Ring. Mein Herz, in diesem Bache Erkennst du nun dein Bild ? Ob's unter seiner Rinde Wohl auch so reißend schwillt ?
AW: Winterreise (Schubert) Kommen wir zum allgemein bekanntesten Lied des Kreises. Der Lindenbaum ist so totgetrampelt, totgesungen, verkitscht und verhunzt worden, dass es schwer fällt, die dicke Schicht aus Schmalz, Zuckerguß und Popularität, die man damit verbindet, zu zertrümmern. Schaut man sich den Text genauer an, sieht man, dass die Liebesseligkeit bloß erträumt, beschworen wird. Der Wanderer erinnert sich an früher, als er noch Hoffnung auf erwiderte Liebe hatte. Jetzt ist es Nacht und alle Hoffnung verflogen. Und davon sprechen 4 von 6 Strophen. Schubert macht dies in der Musik sehr deutlich. Die Volksliedhaftigkeit wendet sich in Strophe 5 in einen lauten Ausbruch, korrespondierend mit dem Bild des kalten Windes im Außen. Die letzte Strophe führt zurück in die Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit der Gegenwart. Als Schubert den Freunden diese Lieder zum ersten Mal vorsang, sagte Freund Schober, es habe ihm nur der Lindenbaum, gefallen. Schubert sagte hierauf nur, "mir gefallen diese Lieder mehr als alle und sie werden euch auch noch gefallen". Wie auch immer, das Lied und der Text haben zwei Ebenen, alles Glück Erinnerung, die Gegenwart ist in düsteres Moll gehüllt. Der Lindenbaum Am Brunnen vor dem Tore Da steht ein Lindenbaum Ich träumt' in seinem Schatten So manchen süßen Traum Ich schnitt in seine Rinde So manches liebe Wort Es zog in Freud und Leide Zu ihm mich immer fort Ich musst' auch heute wandern Vorbei in tiefer Nacht Da hab ich noch im Dunkel Die Augen zugemacht Und seine Zweige rauschten Als riefen sie mir zu: Komm her zu mir, Geselle Hier find'st du deine Ruh Die kalten Winde bliesen Mir grad ins Angesicht Der Hut flog mir vom Kopfe Ich wendete mich nicht Nun bin ich manche Stunde Entfernt von jenem Ort Und immer hör ich's rauschen Du fändest Ruhe dort Du fändest Ruhe dort
AW: Winterreise (Schubert) Und weiter geht's auf unsrer Reise. Der Wanderer ist aus dem Haus hinaus in die Nacht getreten Der Wind pfeift ihm um die Ohren. Musikalisch rückt Schubert den ruhigen Auftakt des ersten Liedes in ein unruhig, flackerndes, von Trillern unterbrochenes Licht. Schön find ich das Gleichnis zwischen dem Windspiel mit der Wetterfahne und den Herzen der Bewohner des Hauses und der Wetterfahne als Symbol für die Unzuverlässigkeit der Menschen. Die Wetterfahne Der Wind spielt mit der Wetterfahne Auf meines schönen Liebchens Haus. Da dacht' ich schon in meinem Wahne, Sie pfiff den armen Flüchtling aus. Er hätt' es eher bemerken sollen, Des Hauses aufgestecktes Schild, So hätt' er nimmer suchen wollen Im Haus ein treues Frauenbild. Der Wind spielt drinnen mit den Herzen Wie auf dem Dach, nur nicht so laut. Was fragen sie nach meinen Schmerzen ? Ihr Kind ist eine reiche Braut. Das Windspiel ist nur ein Intermezzo. Langsamer geht es weiter. Im dritten Lied wendet sich der Flüchtling seinem Innenleben zu. Wieder spielt Müller mit Gleichnissen zwischen Seelenleben und Natur. In der letzten Strophe scheint sich der Mann gegen sein Los aufbäumen zu wollen, sich nicht einfach zu ergeben. Schubert baut einen großen Spannungsbogen auf, der in den letzten beiden Zeilen des Gedichts mit einem lauten, trotzigen Ausbruch schließt. Spannend auch, wie plastisch und doch lakonisch er die Tropfen in der Musik abbildet. Gefror'ne Tränen Gefrorne Tropfen fallen Von meinen Wangen ab: Ob es mir denn entgangen, Daß ich geweinet hab' ? Ei Tränen, meine Tränen, Und seid ihr gar so lau, Daß ihr erstarrt zu Eise Wie kühler Morgentau ? Und dringt doch aus der Quelle Der Brust so glühend heiß, Als wolltet ihr zerschmelzen Des ganzen Winters Eis ! Im vierten Lied spüre ich erstmal Resignation, einen Anflug von Aussichtslosigkeit. Der nächtliche Wanderer fürchtet sich davor, dass mit einem Vergehen des Trennungsschmerzes auch die Erinnerung an seine Liebe dahin schmilzt. Wieder die Parallele zwischen innerem Erleben und äußeren Umständen/Ereignissen. Schubert bleibt wie immer nah am Text, er bildet die beschriebenen Inhalte fast wörtlich in seine musikalische Sprache um. Da passt kein Blatt zwischen Wort und Musik. Erstarrung Ich such' im Schnee vergebens Nach ihrer Tritte Spur, Wo sie an meinem Arme Durchstrich die grüne Flur. Ich will den Boden küssen, Durchdringen Eis und Schnee Mit meinen heißen Tränen, Bis ich die Erde seh'. Wo find' ich eine Blüte, Wo find' ich grünes Gras ? Die Blumen sind erstorben, Der Rasen sieht so blaß. Soll denn kein Angedenken Ich nehmen mit von hier ? Wenn meine Schmerzen schweigen, Wer sagt mir dann von ihr ? Mein Herz ist wie erstorben, Kalt starrt ihr Bild darin; Schmilzt je das Herz mir wieder, Fließt auch ihr Bild dahin !
AW: Winterreise (Schubert) Danke für die Anmerkungen. Interessant ist, dass Schubert die ersten 3 Strophen in d-moll komponiert, die 4. Strophe aber in D-Dur geschrieben hat! Musikalisch beim Zuhören übrigens eine sehr subtile aber berührende Wendung. Danach beschließt er das Lied wieder nach Moll zurückkehrend.
AW: Winterreise (Schubert) Sehr schön. Ein Ende nach der dritten Strophe hätte mich nicht überrascht. Die vierte Strophe verstärkt den traurigen Duktus eher noch. Deine Anmerkungen zur musikalischen Umsetzung kann ich nicht prüfen. Es fehlt mir an Vergleichen. Ich habe Schubert in den letzten Jahren schätzen gelernt, allerdings mehr das sinfonische Werk.
Winterreise (Schubert) Viele kennen den Liederzyklus Winterreise von Franz Schubert. Nur wenige wissen, dass die Texte dazu von Wilhelm Müller stammen, einem Dessauer Dichter, der von 1794-1827 lebte. (Schubert lebte von 1797-1828). Es ist kein Zufall, dass dieser Zyklus - Schubert wählte die 24 Gedichte aus dem zweiten Band 'Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten' aus - in Schuberts Liedschaffen eine Sonderstellung aufweist. Zu Lebzeiten Schuberts fand er nur wenig Anklang und Anerkennung, sogar die Freunde Schuberts lehnten die Vertonung weitgehend ab. Zu krass, zu expressiv, zu düster schienen ihnen diese Lieder. Schubert aber war überzeugt von seinem Werk, ihm bedeuteten die Lieder - nach eigenen Worten - 'mehr als alles, was ich bisher (in Liedern) gemacht habe'. Wesentlichen Anteil an der musikalischen Einzigartigkeit haben die Texte Müllers. Sie wären ohne Schubert heute unbekannt. Durch die Vertonung allerdings haben sie - zusammen mit dem zweiten Liederzyklus Schuberts 'Die schöne Müllerin', ebenfalls aus der Textfeder Müllers! - bis heute überlebt und das zu Recht! Müllers Verse sind romantisch, aber alles andere als kitschig, sentimental oder irgendwie okkult angehaucht. Sie sind knapp, treffend, drastisch und damit sehr modern. Sie sind beinah existenzialistisch in ihrer Fokussierung auf die Grundfragen des Menschen. Liebe bleibt unerfüllt, der Protagonist einsam und verlassen, er ist ein rastloser Wanderer durch eine düstere, kalte Welt. Sein Ende bleibt ungewiss - im Gegensatz zum tragischen Helden der 'schönen Müllerin', der sich aus unerwiderter Liebe das Leben nimmt. Schubert hat diese Gedichte kongenial vertont. Seine musikalische Expressivität, die melodische Kargheit und die harmonische Dürre, sind waren bis dahin und weit danach unbekannt und unerreicht. Die Winterreise steht bis heute wie ein Monolith auf der Steinhalde aller Lieder aller Genres. Leider gibt es nur wenige kongeniale Aufnahmen des Werks. Die meisten Interpreten versuchen zu glätten, den Gesang Richtung Belcanto schön zu schleifen. Zu gern nur wird klassisch gedämpft und kalmiert, was in der Musik Schuberts schreit und brüllt. Ich bin mit keiner bisher gehörten Aufnahme zufrieden gewesen. Am ehesten sagt mir noch die Interpretation von Julius Patzak zu, sie ist weitgehend frei von Manierismen und Belcanto-Verschandelung. Hier der erste Vers der Winterreise, Text Wilhelm Müller, Musik Franz Schubert: Gute Nacht Fremd bin ich eingezogen, Fremd zieh' ich wieder aus. Der Mai war mir gewogen Mit manchem Blumenstrauß. Das Mädchen sprach von Liebe, Die Mutter gar von Eh', - Nun ist die Welt so trübe, Der Weg gehüllt in Schnee. Ich kann zu meiner Reisen Nicht wählen mit der Zeit, Muß selbst den Weg mir weisen In dieser Dunkelheit. Es zieht ein Mondenschatten Als mein Gefährte mit, Und auf den weißen Matten Such' ich des Wildes Tritt. Was soll ich länger weilen, Daß man mich trieb hinaus ? Laß irre Hunde heulen Vor ihres Herren Haus; Die Liebe liebt das Wandern - Gott hat sie so gemacht - Von einem zu dem andern. Fein Liebchen, gute Nacht ! Will dich im Traum nicht stören, Wär schad' um deine Ruh'. Sollst meinen Tritt nicht hören - Sacht, sacht die Türe zu ! Schreib im Vorübergehen Ans Tor dir: Gute Nacht, Damit du mögest sehen, An dich hab' ich gedacht.
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