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Seidel, S. 18
Die Aufgabenstellung bewegte sich dabei in folgender Richtung:
1. Gewinnung einer laufenden theoretischen Orientierung über Taktik, Ausbildung und Technik einer in ihrer Entwicklung von außen her nicht behinderten Militärmacht.
2. Schaffung von eigenen praktischen Ausbildungsmöglichkeiten als Basen für die Gewinnung von ausbildungsmäßigen und taktischen Erfahrungen auf dem Gebiet der verbotenen Waffen.
3. Heranbildung von hochqualifiziertem Personal für solche Waffen, mit dem Ziel,Spezialisten zu gewinnen zur Fortführung der praktischen Entwicklung und zugleich als Stamm für eine etwaige spätere Aufstellung und Ausbildung gleicher Waffen in Deutschland.
4. Schaffung von technischen Erprobungsmöglichkeiten für eine technisch-praktische Fronterprobung neuer Waffen als Fortsetzung und Bestätigung der technisch-theoretischen Entwicklung in Deutschland.
5. Gewinnung von theoretischen Grundlagen auf Grund eigener praktischer Erfahrungen auf taktischem und technischem Gebiet zum Zweck der Gestaltung moderner Ausbildungs- und Einsatzvorschriften.
Aus diesen Überlegungen und Zielsetzungen ergaben sich folgende praktische Forderungen an die Rote Armee:
1. Zurverfügungstellung militärischer Stützpunkte in Sowjetrußland für Zwecke von Luftwaffe, Panzertruppe und Gaskrieg.
2. Aktionsfreiheit für Ausbildung und technische Erprobung auf diesen Gebieten.
3. Gegenseitiger Austausch der Erfahrungen und Erkenntnisse auf diesen Gebieten.
Die Rote Armee sagte die Erfüllung dieser Forderungen zu. Die Realisierung der Zusagen begann auf dem Gebiet der Luftwaffe. Die Rote Luftflotte war bereit, der Reichswehr eine militärische Flugbasis zur Verfügung zu stellen und bot zunächst den Flugplatz von Odessa an, dessen geographische und klimatische Lage besondere Vorteile geboten hätte. Nachdem die Reichsmarine ihre ursprüngliche Absicht einer Beteiligung an diesem kombinierten Land- und Seeflugplatz rückgängig gemacht hatte, bestand von seiten des Reichsheeres nur noch Interesse an einem Landflugplatz. Moskau bot nun den Flugplatz Lipezk nördlich Woronesch an. Auf ihm wurde im Jahre 1924 mit dem Auf- und Ausbau eines deutschen Flugzentrums begonnen. Wenige Jahre später — etwa 1927/28 — folgte die Einrichtung einer Schule für Ausbildung und Technik des Gaskampfes in der Nähe von Saratow an der unteren Wolga. (Diese Basis trug den Tarnnamen „Tomka"; ein Ort dieses Namens existierte nicht.)