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Demokratie plus Aristokratie = bester Staat?
Daß es eine Verbindung zwischen der Demokratie und Aristokratie geben muß, leuchtet jedem ein, der das Schicksal Sokrates' verfolgte. Die Schlußfolgerung Platons, später der Klassik, daß ein dauerhafter Staat nur dann Perspektive und Freiheit, Sicherheit und Wohlstand erzeugen würde, wenn man ein Kastensystem generiere und durchlässig erhalte, hat bis heute nichts von seiner Virulenz verloren. Bei wenigen. Den meisten ist das egal, solange ihr Bäuchlein gefüllt ist.
Anhang 290Anhang 291
Der abgelichtete Text entstammt Edgar Jung: Konservative Revolution. Berlin 1928. S. 310-311.
Parlamentarismus als Machtfaktor des Kapitalismus
Systemimmanenter Widerspruch des Parlamentarismus: einerseits formuliert er den Grundsatz der Verantwortlichkeit von Regierung und Parlament vor dem Wähler (alle Macht geht vom Volke aus), wobei das Parlament die Macht besitzen soll, durch Mehrheitsbeschluß einen Minister oder gar die gesamte Regierung zu kippen.
Eben darin liegt ein Widerspruch des westlichen Systems. Oder nicht?
Das Volk wählt Vertreter, ob nun direkt oder indirekt ist eine Frage des Wahlgesetzes, ändert aber nichts an der Tatsache, daß das Volk über die Zusammensetzung seiner Repräsentanten bestimmt. Gut. Diese Vertreter haben itzo einen näheren und einen ferneren Auftrag. Der nähere Auftrag lautet, eine Regierung zu bilden, jedenfalls im Parlamentarismus, denn es müssen die Parlamentarier sein, die hier die Macht besitzen sollen. Nun aber überläßt man dieser Regierung nicht das Regieren, sondern soll JEDERZEIT befähigt sein, durch einfachen Mehrheitsbeschluß, einzelne Minister oder gar die ganze Regierung wieder abzuberufen? Der fernere Auftrag? Ist das nicht ein Widerspruch? Bedeutet das nicht eine Aufhebung der GEWALTENteilung?
Ich erinnre daran, daß im Reich bis 1918 eine solche Parlamentsmacht nicht gegeben war, was gut für die innere Entwicklung war, denn das Parlament besaß zwar die Macht der Etatablehnung, nicht aber die, einzelne oder die gesamte Regierung abzuwählen. Das verschaffte dem einzelnen Parlamentarier m,ehr Freiheit udn zugleich eine individuell ausgeprägte Verpflichtung, nämlich der Regierungskontrolle. Die Regierung ihrerseits war gezwungen, PARTEIÜBERGREIFEND Mehrheiten zu suchen, um den Haushalt Jahr für Jahr durchzubekommen.
Ich halte dieses System für besser und demokratischer.
Der organische Staatsentwurf und die Parteien
Das von Jung entwickelte Baugerüst des organischen Staates weist einen Strukturfehler auf, den es zwar kennt, aber nicht lösen kann, insofern also das gleiche macht wie die Kommunisten mit der Entwicklung ihrer historischen Mission der Arbeiterklasse: das Problem wird auf ein Später verschoben. Das Strukturproblem liegt in der zwangsläufigen Entstehung resp.Existenz von Parteien. Parteien sind keine deutsche Erfindung, sondern eine westliche. Sie entstanden zur Durchsetzung politischer Ziele als Interessenverbände, sind also Folge einer individualistischen Weltwahrnehmung. Für die Moderne müssen die Bildungen während der Französischen Revolution, eher die als die in Britannien hundert Jahre zuvor, als disparate Quellpunkte des deutschen Proporzes gelten, der bis heute obwaltet und den Staat fest im Griff hat.
Das muß ja nichts Schlechtes sein, sofern diese Parteien das Fortkommen des Ganzen im Blick hätten, wäre es das auch nicht, nichts Schlechtes. Sie haben aber nur ihr eigenes Fortkommen im Blick und nennen gesellschaftlichen Fortschritt den Kompromiß zwischen ihren Individualinteressen, die sie dann als gesellschaftliche verkaufen, weil Mehrheiten bei Wahlen das nahelegen.
Der organische Staat nun glaubt, daß der Ausschluß von Massenwahlen schon ein erster Schritt wäre, die Macht der Parteien zu brechen, daß aber der eigentliche Diversionsprozeß (für die Parteien) dann einsetzen würde, "wenn Kultur-, Wirt#chafts- und Sozialpolitik aus dem Bereiche des rein #taatlichen Lebens herausgenommen #ind". (Jung, S. 344.)
Das glaube ich auch. Aber solange kein Handlungsbedürfnis besteht, bleibt das eine Theorie.
Fichtes Entwurf einer Bildung des selbsttätigen Menschen
Im letzten Wahlkampf hat man es wieder allerorten gehört: "Mehr Geld für die Bildung". Ich befürchte, daß die dies verkündenden Parteien allerdings nur die westliche Fixierung des Begriffes "Bildung" im Auge haben, eine auf Pragmatismus, Fertigkeiten und Spezialistenschaft gemünzte Adaptiertheit eines Rädchen im Getriebe der Welt. Ich kann mir bei den Napfsülzen, die itzo mehr Geld für die Bildung fordern, keinesfalls vorstellen, daß sie selber gebildet sind, jedenfalls die wenigsten von ihnen. Sie sind Spezialisten und funktionieren. Sie wollen, daß möglichst viele in diesem Land funktionieren, was sie mit "Bildung" generieren wollen.
Der klassische deutsche Ansatz, der unser Land an die Spitze der Welt brachte und bringen würde, wenn man ihn verstehen und umsetzen würde, sieht so aus, daß Bildung und Erziehung verbunden werden müssen. Beide sollen zur Selbstbestimmung erziehen, nicht zur Einpassung in die Traditionswelt, den Menschen keineswegs zum Nützlichen abrichten, ihm eben nicht primär Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, sondern Kräfte wecken, Spontaneität und abstrahierende Einsicht, so daß der Mensch gerade in unvorhergesehenen Lagen das Sinnvolle selbsttätig wählt. (Nipperdey) Das ist das Ziel der Bildung, wie sie Fichte seinerzeit formulierte.
Was würde das heute bedeuten? Zuerst einmal eine Selektion an den Universitäten. Neun Zehntel der dort eingeschriebenen Studenten sind nicht in der Lage, sich zu bilden. Sie sollten an Fachhochschulen ihre Fertigkeiten ausprägen, aber nicht die Universitäten mit ihrer Unfähigkeit depravieren. Dann müßten die Universitäten eigene Rechtsbezirke ausprägen dürfen und es den Studenten freistellen, was sie studieren und wem sie zuhören wollen. Freiheit statt Stundenpläne. Wer ein Staatsexamen schafft, sollte ein Anrecht auf Staatsdienst bekommen. usw.
Die geistesgeschichtliche Katastrophe der Weimarer Republik
Sie liegt in der gewaltsamen Begründung. Das 19. Jahrhundert ist eine Zeit, in der sich Liberalismus, Demokratismus und Monarchismus um die beste Verfaßtheit des Staates streiten. Das Übergewicht konservativ-maonarchischer Idden zu Beginn des Jahrhunderts wurde mittenmang vom kraftvollen Machtstreben liberalen Zeitgeistes überflügelt, fand seine Vermittlung in den Verfassungen um 1850, um in der konservativen Wende nach 1855 erst sanft, dann kräftiger auf monarchisch-konservative Wege zurückgeführt zu werden. Die Negation und die industrielle Revolution brachten mit dem vierten Stand starke demokratische Impulse in den öffentlichen Diskurs, derer sich Bismarck annahm und mit dem Verfassungswerk von 1867 einen konservativ-demokratischen Staatsentwurf durchsetzte, in dem die Liberalen nur noch die zwar nominell zweite Kraft, allmählich aber zur nur dritten Kraft absanken, die aber aufgrund des Budgetrechts und einem timokratischen System insbesondere in Preußen ihre politische Macht behaupten durfte.
Der Ausgang des Weltkrieges beendete den deutschen "Sonderweg", nämlich dieses Gleichgewicht der Kräfte, und ließ die Liberalen siegen, das Kapital. Zugleich aber trat die Kraft der Propaganda zutage, die das Ganze nicht Plutokratie, sondern Demokratie nannte und als Volkswillen werbierte.
Nach 1918 war auch die Legitimitätsidee der Exekutive demokratisiert worden. Beinahe. Jede regierung galt als provisorisch, da die nach demokratischen Grundsätzen zusammengetretene Versammlung, der Reichstag, sie in ihrer Arbeit zuerst einmal mehrheitlich bestätigen mußte. Damit verlor das Parlament seinen ursprünglich beratenden Charakter der Regierung und wurde zu einem weitgehend abhängigen Regierungsorgan, denn es ist nicht die Regierung, die in Abhängigkeit vom Parlament steht, sondern das Parlament, dessen Mehrheit regierungstreu denken, abstimmen und handeln muß, was nichts anderes bedeutet als eine Depravation des ursprünglichen Grundgedankens eines Parlaments, nämlich Wege zu suchen, wie eine Sachlage bestmöglich für das Gemeinwesen zu organisieren sei. Der Gedanke drängt sich auf, daß dies vor allem Fragen der Identität mit sich bringt. Das Gesetz, das für alle gelten muß, wird in diesem westlichen Parlamentssystem beschlossen von einer knappen Mehrheit. Die Regierten bilden nur eine knappe Mehrheit mit der Regeirung.
Der deutsche Weg, eben die regierung als Gottesgnadentum eingesetzt zu wissen, wovon dann eine Regierung breite Mehrheiten im Parlament herstellen muß, scheint komplizierter, aber demokratischer zu sein.
Es ist kein Wunder, daß die Antideutsche Merkel zuerst stabile Mehrheiten konstruieren will, bevor sie eine Regierung zusammenstellt. Es wäre der deutsche Weg, sich im Parlament breite Mehrheiten zu suchen, um so wirksam Volkswillen abzubilden. Aber politisch-deutsch sein will man hierzulande nur bei einer kleinen Minderheit, jedenfalls sieht es so aus.
Max Scheler und der biologisch determinierte menschliche Antriebsüberschuß
Scheler beschrieb in seiner Schrift "Die Sonderstellung des Menschen im Kosmos" den Menschen als ein Mängelwesen und verschränkte diese Fixierung dialektisch mit der Tatsache, daß der Mensch neben zahlreichen Mängeln gegenüber vielen anderen Schöpfungen einen Überschuß an Antrieb besäße, der in dazu befähige, sich weltoffen zu zeigen, eben um diesem Überschuß eine Spielwiese zu geben.
Anders gesagt: der Mensch ist dem Wesen nach ein Mängelwesen, dem Schein, der Akzidenz nach jedoch ein Spieltriebler. Oder gehört das Spielen, also jenes Ausschauen nach einem Betätigungsfeld für den biologisch fixierbaren Antriebsüberschuß?
Das kann heute nicht entschieden werden, denn wer legt das Maß fest, mit Hilfe dessen gemessen werden könnte, ab wann man bei einer specie von einem Überschuß reden könnte.
Die politisch-korrekte Anthropologie zerteilte sich in Ethologie (Verhaltenserforschung) und Ethnologie (Völkerkunde), wobei den Ethnologen immer der Nimbus des Rassismus anhaftet, grundsätzlichem Generalverdacht ausgesetzt.
Ich möchte heute fragen, ob das "Mängelwesen" Mensch nicht eben deshalb auch seit jeher eine Kompensationshandlung dadurch vornahm, daß es eben seine empfundenen Mängel durch den bewußten Gebrauch seiner geistigen Kräfte mehr als ausglich und sich zum Herrn der Welt machte.
Viele fragen heute, ob der Mensch das dürfe, ob er sich nicht vielmehr kleinlaut dem Willen einer wie auch immer gearteten Natur unterzuordnen habe, sich zu ihrem ersten Diener würde machen müssen.
Ich widerspreche dem und behaupte, daß die Natur schon immer nur ein Material abgab und es dem Menschen vorbehalten bleibt, die Natur nicht nur auszumessen,sondern sie zu einem Diener seiner Absichten zu erklären/machen. Ist das deutsch?
AW: Deutscher Geist im Verhältnis zu seinen Nachbarn
Die deutsche Geistesbildung erfolgte durch ausgeprägte Naturen um 1800, die sich von den Dienernaturen und tüchtigen Geschäftsleuten im Westen markant abhoben. Die Kleinstaaterei brachte viele eigensinnige, oft bis zum Verdruß eigenbrötlerische Herren hervor, nur sich und Gott rechenschaftspflichtig. Man denke an einen der führenden Prätendenten deutschen Geistes, den Freiherrn vom und zum Stein. Man vergleiche diesen Freiherrn mit einem englischen oder französischen Baron.
Dem deutschen Freiherrn stand der Sinn nicht nach Aufstieg, er war bereits frei und an der Spitze seines Staates. Dem westlichen Baron dagegen stand der Sinn nach Erwerb, einem Platz im Club oder beim Bankett mit anderen Baronen... Der zentral gelenkte Einheitsstaat nivellierte und definierte die Menschen übers Geld. Im Reich dagegen definierte die Ordnung Freiheit; sogar die kleinen Bauern besaßen mehr Rechte als ihre westlichen Standesgenossen, denn ihnen stand eine doppelte Beschwerde (Appellation) offen, die bei der lokalen und die in Wien resp. Reichskammeregericht. Keine Revolution deswegen, denn die Partizipation an der Macht war größer und transparenter. (Deklamation spielte auch eine Rolle)
Kurzum, diese Freiherren waren es, die dann nach dem tiefen Fall 1806 die Dinge in die Hand nahmen und ein neues, bedeutenderes Ziel ins Auge faßten: Deutschland.