Reflexion über Weltpolitik
(obwohl ich mich damit voll überfordere)
Wir haben es bei modernen Staaten mit Institutionen zu tun, die das Gewaltmonopol beanspruchen und dieses auch, wenn nötig, mit Gewalt verteidigen. Zweifellos ein Fortschritt.
Die Bürger eines Landes übertragen das Recht Gerechtigkeit zu üben, auf eine (angebl. vier bis sechs mal geteilte) Struktur und verzichten auf Selbstjustiz. Theoretisch. Funktioniert auch brauchbar genug, eine Art inneren Frieden zu gewährleisten.
Anders sieht es aus, wenn Staaten mit einander auskommen sollen. Schwärmerische Vertreter eines globalen Dorfes mit weisen Häuptlingen kapieren nicht, dass Staaten unter einander nach anderen Prämissen agieren. Außenpolitik und Innenpolitik sind unterschiedlich: Staaten besitzen keine Instanzen, an die sie ihre Stärke delegieren können. Also behalten sie diese für sich.
Rousseau hatte den Politikphilosophen die Hoffnung zerstört, dass der Zivilisationsfortschritt innerhalb eines Landes sich auf die Beziehungen zwischen den Staaten ausdehnen könnte und dass die ganze Welt als eine 'allgemeine Gesellschaft' vorstellbar sei: Die Beziehungen zwischen den Staaten würden im 'Naturzustand' bleiben, während innerhalb eines Landes der 'Gesellschaftszustand' herrscht.
Offenbar hat kaum jemand 'Que l'etat de guerre nait de l'etat sociale' gelesen. Also ich bestimmt nicht.
Staaten geben ihren Einzelinteressen den Zuschlag vor den allgemeinen, globalen Zielen. Innen und Außenpolitik werden nicht von den gleichen Prinzipien geleitet. Innen ist Stärke dem Recht unterworfen, nach außen bestimmt die Stärke die zwischenstaatlichen Beziehungen, werden durch Verträge geregelt, die jederzeit zu brechen sind.
Und ich kann Rousseau einfach nicht glauben. Wer das Geld hat, hat die Macht – und wer die Macht hat, hat das Recht. Innen wie außen!
Die Bildungsferne vom Subproletariat
Belesene Arbeiter, bzw. Leute, die Arbeiter wären, wenn sie arbeiten würden, sind mir noch keine begegnet. Im Gegenteil. Alle Handwerker, die ich kenne, sind fast stolz darauf, keine Intellektuellen zu sein und ihre Meinung von Bild und Tagesschau bilden zu lassen. Wenn sie den Mund aufmachen, dann nur um Schweinefleisch und Bier hinein zu stopfen oder unreflektierten Schwachsinn zu plappern. Sie reden nicht über Ideen. Sie reden höchstens, und dann meistens recht abfällig, über andere Leute, oder über Ereignisse, die emotionale Wallungen verursachen. Zur Zeit ist es die Flüchtlingsproblematik, welche selbst unter den Pennern im Park Ängste um den Wohlstand in Deutschland hervorruft.
Bei den Büromenschen sieht es nicht viel besser aus. So echte kognitiv Anspruchsvolle lassen sich sich auch unter denen kaum welche finden. Sie haben nur gelernt in Teilbereichen ihres Denkens strukturiert zu funktionieren um an ihr Gehalt zu gelangen. Gespräche sind unglaublich ermüdend banal und geprägt von 'Nicht hinterfragen'. Abstrakte Themen werden gemieden und falls man doch mal etwas über den langweiligen Alltag Hinausgehendes thematisiert, werden schnell persönliche Statements zu Naturgesetzen erhoben, denn 'das macht man so!'. Oder, noch schlimmer: 'Was soll man denn sonst machen?'.
Man betrachte mal die Wohnungen des Prekariats aus dem Blickwinkel der Literatur. Auf der Stelle wird einem der Mangel an Selbiger ins Auge stoßen. Man sieht die obligatorische raumbeherrschende King-Size-Glotze und die Schrankwand (Eichenfurnier auf Spanplatte) voller Nippes und drei dekorativen Büchern. Schwanitz: Bildung. (Geschenk der Schwiegereltern 'wegen den Kindern', aber die glotzen lieber in die Hirnzuscheißmaschine) Gordon: Medikus (Für die Frau, wahlweise auch 'Die Päpstin') und ein Kochbuch ohne Fettflecken: Ronald Dahl: Hamburger wie bei Mac Donald selber klöppeln.
Funktionieren als Lebenszweck? The show must go on? Darin sind uns alleine die Amöben schon überlegen. Die gibt es nämlich seit wesentlich länger und wir müssen sie auch vermutlich beerben. Genetischer Imperativ, die Weitergabe der Gene und so? Damit werden selbst Katzen fertig.
Damals, als in Bielefeld ein voll subversives 'Autonomes Arbeiter Jugend Zentrum' entstand, waren gar keine Arbeiter mit dabei. Es waren Studenten, welche das Misstrauen der politischen Polizei wie einen Ritterschlag wahrnahmen. Mann, was wurde da in den Hausversammlungen herum gekrakelt. Links war Muss! Progressiv sowieso. Laut und 'Dagegen' die Sprache.
Wer also sind die Nutznießer des Bildungsangebotes? Einige Spezialisten in der Wissenschaft. Der Rest der Denker rettet sich in philosophische Gebilde. Bei einigen von denen fängt dann das Hirn an, selbstständig nach Erklärungen zu suchen und spinnt sich dabei mangels Nahrung schnell Einen ab. 'Stimulation wird zu Simulation' und selbst wenn das ein schiefes Metapher sein sollte ist es euphoniepoetisch schön und somit wahr. Jawollja!
Gestern hat mich meine Tochter besucht. Sie geht bedauernd auf die Dreißig zu, ist direkt nach dem Master als Redakteurin übernommen worden und verdient das Mehrfache von dem, was mir als Rentner an Knete zur Verfügung steht. Mein Sohn verdient auch ein Heidengeld. Und soll ich mal ein Geständnis ablegen? Ich wünsche ihnen diesen langweiligen, aber sicheren Platz INNERHALB der Gesellschaft, nicht das zwangsläufig zum Scheitern verurteilte Bemühen, AUSSERHALB seinen Weg zu finden, so wie es ihr dummer Vater versuchte. Es gibt kein AUSSESHALB! Bild war nämlich schon da.
Adornos: 'Es gibt kein richtiges Leben im Falschen' kann auch umgedreht werden zu: 'Es gibt kein falsches Leben im Richtigen' – beide Aussagen sind so hilfreich wie Schwimmwesten für Fische. Ich verstehe solche Sprüche adäquat zu Nullaussagen a la: Wie hört es sich an, wenn man mit einer Hand klatscht. Verbale Mandalas.
Und natürlich ist meine Tochter, trotz ihrer schlechten Herkunft, eher pragmaisch opportun. Sie setzt ihre, natürlich vom Vater geerbte Schönheit, Intelligenz und den Charme bewusst ein um sich Vorteile zu verschaffen. Macht den Shooting Star. Und denkt tatsächlich weiter als die Tagesnachrichten. In größeren Zusammenhängen. Weil …
… und da komme ich elyptisch wieder zum Hauptthema. Sie hat mit 14, 15, 16 sämtliche Bücher von Terry Pratchett gelesen. Der schrieb spannend und unterschwellig manipulativ weise. Menschlich. Humorvoll. Krass. Er konnte einsaugen, fesseln und ganz nebenbei klug zu 'Aha Erkenntnissen' führen. So wie ich es mal dachte zu können – leider eine Fehleinschätzung.
Ich bin dem Mann wirklich sehr dankbar. Er hat mir mit seiner Literatur eine Aufgabe abgenommen, die ich nicht selber in dieser Form erfüllen konnte und immer noch nicht könnte. So wie auch der Nachhilfelehrer, den ich auftrieb, als sie zum zweiten Mal drohte sitzen zu bleiben. Der war selber Lehrer und Musiker und umsonst, da Kumpel und seine Band brauchte sowieso eine Sängerin.
Das Subproletariat bin ich. Ich habe gerade so viel Bildung, dass ich meinen Mangel daran bedauere. Ich habe zu viele Jahre mit Leuten gespielt, die der Dröhnung hinterher hecheln, anstatt Wissen anzusammeln. Meine Kinder schlagen nicht nach mir, danke.
Ich schäme mich fast, ein Deutscher zu sein
Wenn die 'Lügenpresse' berichtet, dass Siegfried Däbritz in einer Rede die Anschläge von Paris als "das Ergebnis einer Einwanderungspolitik“ bezeichnet, die Menschen mit völlig unterschiedlicher Kultur" und Werten nach Europa "eingeladen" habe, dann wird mir ziemlich übel.
Pegida kommentiert wie folgt: 'Ich könnte jetzt sagen, Sie, Frau Merkel, Herr Gabriel, Herr De Maizière, Herr Özdemir, Frau Roth, Frau Fahimi, Frau Göring-Eckardt, Herr Stegner und die gesamte verantwortliche Politik von Deutschland haben in Paris mitgeschossen und mitgebombt. Ich könnte jetzt sagen, Sie alle sind mitverantwortlich für die grauenvollen Ereignisse und sollte es in Deutschland zu ähnlichen Ereignissen kommen, haben Sie alle europäisches Blut an Ihren Händen.“
Geht es noch kranker? Was seid ihr doch für ein erbärmlicher Haufen.
übertriebene Selbstreflexion
Wieso reklamierst Du das auf Dich, Karlchen? Hast Du Verantwortung für das, was Hans Zagel denkt? Was hat das mit Deinem Deutschsein zu tun? Demnächst fühlst Du Dich noch verantwortlich für einen umgefallenen Sack Reis in China, weil ein Deutscher in unmittelbarer Nähe davon seine Schnürsenkel band?
Zur Sache: Die Bezugnahme ist bei Däbritz ähnlich. Auch er setzt Zusammenhänge und Verantwortlichkeiten, wo es sie nicht gibt, besser, wo Verantwortung von Politik aufhört, verantwortlich zu sein. Attentate, Mordversuche, politische Konflikte sind keine Erfindung des Westens oder des Islam, sie gehören zur Menschheit. Wenn ich da nur an die Pulverfaßverschwörung um 1600 in Britannien denke. Da wollten welche das Parlament in die Luft sprengen. Schuld hatte die Wissenschaft, die das Pulver erfand. Klar?
Die hiesigen Segensträger der Politik tragen allerdings Verantwortung für etliche Rechtsbrüche im Kontext der fortlaufenden Aufnahme und Beköstigung von Weltenbummlern. Was daraus wächst, kann man heute nur vermuten, vielleicht auch als wahrscheinlich mutmaßen, aber das hat mit den Attentaten von Paris nichts zu tun.
AW: übertriebene Selbstreflexion
Weltenbummler ist ein schönes Wort für Flüchtlinge. Gleich schäme ich mich sogar für Dich.
Das mit den Rechtsbrüchen muss mir mal wer erklären. Ich sehe keine. Und ja. Ich fühle mich für jede Form von Ungerechtigkeit und Übel auf der Welt verantwortlich. Komisch, gelle? Dabei bin ich noch nicht mal religiös.
Mir ist heute nach unreflektiertem Meckern
Es sind weniger die Probleme, als die Leute, welche Probleme brauchen um sich aufzuregen. Über Staat, Flüchtlinge, Kiffer, Nachbarn …
Nehmen wir die Grundsicherung für Arbeitslose. Das Geld (ca. 700,00 €) reicht nicht aus.
Denn: 'Im vergangenen Jahr hatte nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes jeder dritte Erwerbslose – exakt waren es 34,6 Prozent – finanzielle Schwierigkeiten, mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen.'
Weiter: 'Jeder fünfte Erwerbslose (19,1 Prozent) hat Probleme, die Miete oder Rechnungen für Versorgungsleistungen rechtzeitig zu begleichen. Von 2013 bis zum vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl dieser Menschen um 62.000 auf 590.000. Gut 18 Prozent der Arbeitslosen konnten aus finanziellen Gründen ihre Wohnung nicht ausreichend heizen. Insgesamt litten im vergangenen Jahr 30,9 Prozent der Erwerbslosen in Deutschland unter "erheblicher materieller Entbehrung".' (Eingabe: 'Mahlzeit Arbeitslose' in einer Suchmaschine der freien Wahl.)
Nun frage ich mich, als langjähriger Harz4 Empfänger: Wie denn schaffe ich es? Ich leide keine Not, habe eine warme Wohnung, esse gut und gerne. Was überhaupt ist denn 'materielle Entbehrung'?
Genau: Eine Einbildung! Wenigstens in Deutschland, wo man sich schon viel Mühe geben muss um zu verelenden. Klar, man kann nicht den selben Lebensstandart halten, wie der Nachbar mit 2.000,00 Netto. Keine Markenklamotten, keine Restaurantbesuche, keine tollen Autos, keine allerneuesten 'Kommunikation- und Informationsgerätschaften', aller Welt Einen zu erzählen, keine neuen Ikea-Möbel ...
Man kann nicht mehr angeben! Man kann aber Hasskommentare versenden. Das lenkt von der eigenen Erbärmlichkeit ab, man trifft auf viele Gleichgesinnte, und die können doch nicht alle falsch liegen.
Es ist ekelhaft, wie mit der Beschränktheit gewisser Bevölkerungsgruppen Politik gemacht wird. Die echten Probleme können schlecht gelöst werden, wenn überlagernde Probleme ihre Identifikation erschweren.
Ich habe ca. 300,00 € im Monat nur zum Verprassen. Davon gebe ich fast die Hälfte für Kiff-Kram aus. Also unterscheide ich mich kaum von denen, die im Schnitt 175,00 € für Alkohol benötigen.(Diese Zahl habe ich irgendwo her, Quelle nicht verifizierbar, aber mir recht nachvollziehbar, wenn ich mich so umblicke.).
Also haben wir da eine Menge Leute, denen das alles nicht recht ist. Die nicht zugeben können, dass sie innerhalb gewisser Maßstäbe versagt zu haben. Anstatt diese Maßstäbe mal auf Plausibilität abzuklopfen, tragen sie ihren Zorn nach außen, auf NOCH Schwächere!
Wenn diese 'Biodeutschen' dann nach 20,00 € Feuerwasser auch noch erfahren, dass die Pariser Attentäter als Flüchtlinge eingereist sein sollen, vermengen sie in ihrem Kopf unter demagogischer Anleitung diese Fakten. Hinzu kommt angebliche Bevorzugung der Flüchtlinge. AD erzählt von Deutschen, die aus ihrer Wohnung geworfen werden, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Ob wahr oder falsch ist unwichtig. Man kann seiner Empörung nachgehen.
Das Bundeskriminalamt stellt keine signifikant größere Kriminalitätsrate bei Flüchtlingen fest. (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeit...htsextremismus) Aber das will niemand wissen. Lieber einen Schockartikel in der Huffington Post lesen. 'Alles Normal ist langweilig'. Beruhigende Informationen lassen sich schlecht verkaufen.
Ein Land im Hassrausch. Endorphine, Adrenaline werden ausgespuckt und wirken wie Lebenselixiere bei denen, die ansonsten nix mehr merken und antiintellektualistisch stolz auf ihre Dumpfbackigkeit sind.
Ich hasse den Hass!
AW: Mir ist heute nach unreflektiertem Meckern
Der Hass verdient es nicht, gehasst zu werden. Es wäre zu viel der Ehre für eine Illusion.
Hass ist Kopfkino und Projektion. Unwürdig, ausgelebt zu werden.
Hinter dem Hass steht ein Mensch, dem nicht beigebracht wurde, sozial zuträglich mit Herausforderungen umzugehen.
Hass ist die dümmste Verhaltensoption, die wir in einer beliebigen Lebenssituation wählen können.
Ist dieser Hassrausch nicht ein geistiger Inkubationskeim?
Liebe ist das Gegenkonzept zum Angriff und der Weg zu Frieden.
Verkehrt wäre es, Ursachen und Wirkungen zu vertauschen, denn Du bemerkst richtigerweise: Hass wird als Lebenselixier der Lieblosen verwendet.
Mir ist nämlich immer noch nach emotionalem Mecker!
Erst wenn die letzten Schweinebackenbrüllaffen verstummen, können die leiseren Töne, welche zum Maßhalten auffordern, zum Innehalten und moralischem DENKEN (was immer das auch sein mag) gemäß der abendländischen humanistischen Philosophie, auch von denen gehört werden, die ein wenig Anleitung nötig haben.
Nur ein stummer Idiot ist ein guter Idiot!
Nein, lieber WSIB, ich hasse nicht in dem Sinne. Es ist eher eine Art wehrhaftes Mitleid: Die sind ja noch dümmer als ich.
AW: Mir ist nämlich immer noch nach emotionalem Mecker!
"Eine Person ist eine Person durch andere Menschen" Aus dem afrikanischen Humanismus.
Durch unser Urteil machen wir Menschen zu Personen. Ein Prison für alle entsteht...
Laufen sie etwa da? Oder dort?
Sogar die Bild, sonst für jede Form der Massenverdummung zuständig, rudert allmählich gegen den Hass. Ich staune und mir drängt sich Pail Webers: 'Das Gerücht' auf.
http://www.bild.de/politik/inland/facebook/geruechte-verunsichern-eine-ganze-region-43310864.bild.html
AW: Laufen sie etwa da? Oder dort?
liebes karlchen! ein hinweis zur arbeitsweise. links bitte nicht nur angeben, sondern die wesentlichen passagen herauskopieren und hier einfügen. viele internetangebote sind nur kurzzeitig aktiv. am ende hängen hier hunderte links als tote in der luft und keiner weiß später (in ein, zwei jahren), was du eigentlich meintest.
AW: Laufen sie etwa da? Oder dort?
O.K. Aerolith. Verstanden und völlig klar. Ich zitiere ausschnittsweise:
'Die Sorgen sind durchaus verständlich, da täglich bis zu 10 000 Flüchtlinge über die nahe österreichische Grenze strömen. Ich höre mir die Sorgen an. „Kathl, du weißt, ich hab nichts gegen Flüchtlinge, aber hast du schon gehört, dass Ladendiebstähle durch Asylanten unter 50 Euro nicht angezeigt werden? Das zahlt die Stadt für die“, sagen sie mir.
„In Passau gibt es eine Vergewaltigung nach der anderen. Wird alles nicht öffentlich gemacht, damit die Leute Ruhe bewahren“, schnappe ich in der Konditorei auf. „Die schütten das Wasser, das wir ihnen geben, aus und kaufen sich Bier von dem Pfand“, behauptet der Nächste. Alles verbrieft von einem „Spezl“, der das ganz sicher aus erster Hand weiß.
Kann das sein? Ich habe „die“ doch bei meinen bisherigen Recherchen in der großen Mehrheit ganz anders erlebt: dankbar.
Landrat Sebastian Gruber (33, CSU) sagt: „Diese Gerüchte sind uns leidlich bekannt. Ich bekomme immer wieder, auch in Bürgersprechstunden, Fragen dazu gestellt. Interessanterweise haben mir Landräte aus anderen Regionen bestätigt, dass dieselben Gerüchte auch bei ihnen aufploppen. Es heißt, Flüchtlingskinder bekämen alle ein neues Mountainbike, der Landkreis würde Diebstähle durch Flüchtlinge bei den Ladeninhabern begleichen, um die Stimmung nicht aufzuheizen. Konkret kursiert das Gerücht, ein Flüchtling habe eine teure Lederjacke an der Kasse des Modehauses Garhammer nicht bezahlen wollen und das Landratsamt habe die Rechnung für ihn übernommen. Mir ist keiner dieser Fälle bekannt. Wir werden alles tun, um diese Gerüchte zu dementieren.“
Die Jacke, da war doch was . . . Exakt diese Story hatte ich neulich auf Facebook bei einem gewissen Claudio P. gelesen. Er wohnt im Nachbarlandkreis, der Laden heißt bei ihm Spieth und Wensky. Er schreibt, er habe das persönlich von einer Verkäuferin beim traditionellen Allerheiligenessen erfahren.
Ich rufe ihn an. „Dass diese Geschichte in mehreren Geschäften passiert ist, beweist doch nur, dass sie stimmt. Ich weiß noch zwei weitere Fälle aus anderen Städten“, sagt mir der 51-jährige Computerspezialist.
Insgeheim hatte ich gehofft, er sei ein Depp, damit er schön in meine Schublade passt. Doch der Mann ist intelligent, klingt sympathisch. Der Dreifach-Papa erzählt mir von seinen Ängsten vor ISIS, dass er nichts gegen Flüchtlinge habe, sondern gegen das Versagen unserer Politik. Die Bürger hier fühlen sich von Frau Merkel im Stich gelassen und belogen. „Mein Schwager fischt jeden Tag weggeworfene Pässe aus dem Wald. Wissen Sie, was hier an der Grenze abgeht?“
Ich frage bei Spieth und Wensky zum Thema Lederjacke nach. „Haben wir auch schon mal gehört. Ist aber bei uns nicht passiert“, heißt es. Claudio P. antwortet: „Typisch feig. Zu nichts stehen.“ Überhaupt hätten alle, von Polizei bis Stadt, einen Maulkorb erhalten. Es ist schwierig geworden, in Deutschland über Flüchtlinge zu diskutieren.
Dass Polizei, Merkel und Medien nicht ehrlich sind, glaubt auch Jana F. aus Passau. Bei Facebook gefallen ihr Frauke Petry und die AfD. Ihre Pinnwand ist voll mit Anti-Flüchtlingskommentaren. Sie postet Fotos eines demolierten Polizeiwagens, die sie am Grenzübergang Achleiten geknipst hat und schreibt: „Polizeiauto liegt auf dem Dach, ich sage doch, die lassen sich nicht mehr stoppen.“
Die 34-Jährige wohnt in einem Mietshaus ein paar Schritte vor der österreichischen Grenze. Am Straßenrand liegen Plastikbecher, Klamotten und schimmeliges Brot, das die Flüchtlinge hinterlassen haben, ehe sie neben Janas Haus vor dem „Gasthof zur Freiheit“ in die Sonderbusse stiegen. Nicht schön für die Einheimischen. Aber haben die Flüchtlinge wirklich randaliert, sogar einen Polizeiwagen umgeworfen?
Die Bundespolizei sagt: „Bei einem kurzen Stopp auf dem steilen und mit Laub bedeckten Waldweg rutschte das Dienstfahrzeug rückwärts in einen Graben. Also kann von einem mutwilligen Angriff von Migranten auf die Bundespolizei, hier speziell auf das Dienstfahrzeug, überhaupt nicht die Rede sein.“ Das bestätigt auch Kfz-Meister Manuel Lang (35). Er hat der Polizei nach dem Unfall geholfen und zeigt mir die Spuren auf dem weichen Waldboden, wo der Polizeiwagen umgekippt war. Lang freundet sich bei Facebook mit Jana F. an um aufzuklären, kommentiert ihren Post. Jana bleibt dabei: „Sehr mysteriös“.
Auf meine Anfrage, ob sie mir ihre Ängste erklären möchte, reagiert sie nicht. Ihre Nachbarn, eine ungarische Familie, erzählen, dass ihr Kind nicht mehr mit Jana F.s 12-jähriger Tochter spielen darf. „Sie hat gesagt, weil ich Ausländerin bin“, meint die Neunjährige.
Jana greift bei Facebook ein weiteres Gemunkel auf: Angeblich gab es am Grenzübergang Schüsse wegen der Migranten. Dieses Gerücht hat jeder in Passau schon einmal gehört. Fakt ist, an dem Tag, als in den sozialen Netzwerken über die Schüsse diskutiert wurde, haben die Jäger auf österreichischer Seite die Jagdsaison auf Enten eröffnet. Der Schärdinger Bezirksjägermeister Franz Stadler (58) kann über die Legende vom Flüchtlingsschusswechsel nur lachen. „Völliger Schmarrn, das waren wir“, sagt er, während wir eines der Beweisstücke in einem österreichischen Gasthof verzehren.
In Freyung beobachte ich auf den Stufen der Maria-Himmelfahrt-Kirche zwei verschleierte Frauen mit Kopftuch und Kinderwagen. Die letzten Frauen mit Kopftuch habe ich hier als Kind gesehen; alte Mütterchen, die sich für die Kirche fein gemacht hatten.
Angst vor Fremdem ist uns angeboren. Manche scheinen es dankbar anzunehmen, wenn sie, sei es durch Gerüchte, bestätigt wird. Wie würde ich reagieren, lebte ich nicht in einem Berliner Multikulti-Viertel? Würde ich die Märchen glauben, sie teilen? Ich weiß es nicht.
Als ich in Passau in den Zug zurück nach Berlin steige, sehe ich ein Flüchtlingsmädchen ohne Schuhe auf dem Bahnsteig. Bei 4 Grad Celsius. In Nürnberg wird auf dem Nachbargleis ein Mann aus einem Sonderzug gebracht. Sanitäter stützen ihn. Er ist schrecklich abgemagert.
Ich sitze im Zug und mache mir Sorgen. Große Sorgen. Dass wir uns nicht mehr zuhören, dass wir einfach weiterplappern, was wir irgendwo aufgeschnappt haben. Bin ich jetzt auch eine besorgte Bürgerin?
Von Katgarina Windmaisser
Und von mir persönlich gibt es auch etwas unglaublich Wahrscheinliches zum Thema Verschwörung der Deutschlandzerstörer.
Ist die AfD eine fünfte Kolonne des I.S.?
Was will der I.S.? Na? Richtig. Angst schüren, Destabilisierung, Terror verbreiten, die Grundfesten der Zivilisation zerstören und durch archaische Gewaltvorstellungen ersetzen. Klar? Klar.
Ihnen ist die ganze Welt der Feind! Und den gilt es zu schwächen! Am Besten mit innenpolitischem Chaos. Nicht zum Denken kommen lassen, in seine Entscheidungsabläufe eingreifen. Mit Problemen zuschütten und das Durcheinander ausnutzen.
Petri ist eine Schläferin. Getarnt als Gattin eines Pastors, eingeschleust seit ihrer Geburt.
Völlig eindeutig. So wie seinerzeit aus dem Destabilisierung Fond der DDR Gelder an die Studentenrevolte ab 1967 geflossen sind, wird hier vom Imam Ballawupdich Finanzierungsunterstützung gewährt.
Jawoll-Ja! Und wer das nicht glaubt, gehört schon zu den Anderen.
AW: Laufen sie etwa da? Oder dort?
Aber auch für die Anderen sind immer andere schuld.
Ein Problem ist kein Kontrablem. Ein Kontrablem wäre gegen uns, ein PRO-blem ist für uns.
Was könnten denn alle aus der Situation lernen?
Und: Was wollen wir nicht lernen?
Wenn immer nur die Anderen etwas zu lernen haben, lenken wir von unseren inneren Defiziten ab.
Es ist offensichtlich und unbestreitbar, dass wir alle uns bisher geirrt haben.
Der Reiz der Schuld ist die Ablenkung davon, selbst NICHT Lernen zu wollen.
Wir wollen nur unsere Standpunkte verteidigen. Dabei ist das Leben ein Fluss ständiger Veränderung und Schuld bietet die Möglichkeit, einen scheinbar berechtigten Widerstand gegen die Veränderungsenergie aufzufahren.
Es ist jedoch keine Kommunikation, mit einem vorgefassten Standpunkt in ein Gespräch / eine Situation zu gehen. Wir kommunizieren dann nicht, sondern beharren auf unseren Irrtümern.
Was will denn der Hass eigentlich sagen? Was will er werden, wenn er erst mal "groß" geworden ist?
Sind es nicht Ängste, die wir nur ausräumen können, wenn andere unserer Offenheit für ihren jetzigen Standpunkt fühlen?
Ablehnung bringt uns nicht mehr weiter. Wir können die Situation nur annehmen lernen, wenn wir uns fragen, was wir wirklich wollen, statt ständig zu definieren, was wir nicht wollen.
Wir wollen diesen Hass nicht. Und stärken ihn doch, indem wir die Schuld als wirklich wahrnehmen. Die Schuld will Unschuld werden. Das ist die historische Schicksalsbelehrung. Daher sollten wir Vergebung zum Mittel machen, mit Mitgefühl einen anderen Weg zu finden.
Niemand trägt die alleinige Schuld, es ist eine aus unseren Fehlentscheidungen gewachsene Situation. Wählen wir doch lieber eine verbundene Sichtweise und stellen fest, dass wir eine globale Geistesschulung benötigen, die uns die Angst vor Veränderung nimmt, indem Vertrauen ermöglicht wird.
Konflikt entsteht aus dem Wunsch, sich nicht verändern zu müssen, sondern die Welt. Aber die Welt kann nichts für unsere begrenzten Entscheidungshorizonte. Es gibt keinen Konflikt, der nicht durch Vergebung geheilt wäre, doch wir beharren auf selektiven Schuldzuweisungen. Dann betrachten wir eine schuldige und gefährliche Welt. Eine Welt ohne Liebe und ohne Freude entsteht aus Ablehnungsstrategien. Das sind wir, im Wahn der Schuld.
Durch Aufregung wird Aufregung nicht weniger. Gelassenheit entsteht, wenn wir erkennen, nichts erkannt zu haben. Wo bliebe dann die Schuld im Außen?
Wo ist die Freude hin, glauben wir an die Schuld im Außen? Es ist eine globale Vertrauenskrise, die im Geist beginnt. Wir wollen die Vergangenheit nicht loslassen. Obwohl diese "Löschung unserer Irrtümer" der einzig gangbare Weg ist: Alle haben sich geirrt. Niemand hat mit seinem starren Standpunkt Recht. Dann könnten wir uns darauf besinnen, etwas Lebensfreude zu verbreiten, um der Angst die Ursache zu nehmen.
Ich finde die Wahrheit noch heraus.
Zu einer Zeit, als ich mich sehr verloren und einsam fühlte, schaffte ich mir einen Suchhund an, den ich 'Sherlock den Zwoten' nannte. Es handelte sich um ein edles Tier mit der kraftvoll geschmeidigen Eleganz einer Bolschoi Ballett Tänzerin, seelenvollen Augen, sympathischem Lächeln und langen, stets auf Hochglanz gekämmten Haaren. Welch versöhnlich- schönen Anblick bot er mir doch zur gefälligen Begutachtung an, wenn er mit der Nase dicht über dem Boden im Zickzack durch das morgenfeuchte Gras lief und allerlei Getier in Aufregung versetzte.
In der beiliegenden Gebrauchsanleitung (incl. Stammbaum bis runter zu den Amöben, Zertifikat und Garantieurkunde), vermutlich von einem legasthen-chinesischen Scribalstotterer mit Schluckauf verfasst, stand: „Helz-helzlichen .. äh … Glückswunsch! Sie haben sich, hicks schlau wie S-s-sie nun mal öcks sind, fül … hm … einen Luksus Suchhund … ja … mit jedel Menge kröh Neb-nebenfunk-funk-funk ... äh ... Apps … entschieden. Diesel Hund hicks kann sowohl nach verlolen gegangene Kindel, als … äh … auch nach dem Wesentlichen einel … krah … Aussage fahnden. Auf Be-befehl hinoderher, weiß ich nicht, dulchstöbelt er Bibli-bibli-o … Bücheleien nach Schund und … veldammt, wie übersetzt man nur hicks Glakaguffnik hicks?“
Leider fand der Suchhund nie auch nur das Geringste. Es war halt kein Findhund. Ich konnte ein Stöckchen vor seinem Gesicht fallen lassen – er rannte voller Eifer und immer knapp dran vorbei. Er fand noch nicht einmal seinen eigenen Fressnapf – ich musste ihn füttern.
Ich klebte ich ihm eine gelbe Binde mit drei schwarzen Punkten auf den Trenchcoat und verkaufte ihn als Blindenhund an meinen Nachbarn, der so etwas nötiger hat als ich. Ich höre die Zwei häufig die Treppe runter purzeln und muss dann jedes Mal völlig falsch aber wirklich herzlich grinsen.