erstellt von Andrea:
Worin besteht den die deutsche Gesinnung - im Gegensatz zu anderen Gesinnungen? Welche Gesinnung zeichnet den Franzosen, den Italiener, den Eskimo usw. aus? Und wie schaut denn der Willensakt aus, mit dem man dann deutsch wird? Was darf ich mir darunter vorstellen?
Dazu habe ich mich im Manifest auf 170 Seiten ausgelassen. Eigentlich ist das Manifest nichts anderes als ein Nachgehen der Frage, wo wir herkommen, stehen und (höchstwahrscheinlich) hingehen. Ich frage danach, was wer zu welchem Zweck leistete, von den Denkern wohlmeinend. Da mußte ich vergleichen und den springenden Punkt des jeweiligen Denkens markieren, punctum saliens, wie wir Halbgebildeten sagen. Und dabei kam ich auf grundlegende Unterschiede zwischen russischen, englischen, französischen oder deutschen Denkern. (Amerikanische Denker habe ich nicht angetroffen, die adaptier(t)en nur Engländer.) Die sich damit befassende Wissenschaftsdisziplin nennt sich Komparatistik, ist aber seit dem Ende des zweiten Krieges in Deutschland aus der Mode gekommen, auch weil ihr der schlechte Atem des Rassismus ins Gesicht weht, wohl auch durch Leute Deines Schlages, die hierzulande die literarischen und politischen Machtposten ausfüllen und wie Du zumeist gesprächsunfähig sind.
Da Dir mein Manifest-Text nicht vorliegt, mußt Du Grundzüge meines Denkens hier im Forum nachlesen. Die Gesinnungen - ich gebe zu, dies ist ein merkwürdig abgegriffen klingendes Wort, ich habe es Scheler entlehnt, der z.B. von Gesinnungsmilitarismus, der zum friedlichen Miteinander zwinge, spricht und den gegen den westlichen pragmatischen Militarismus artikuliert, der immer wieder zu Kriegen führt, die einen bestimmten Zweck verfolgen und mit großem Propagandaaufwand dem Volke plausibel gemacht werden -, ... Also, es gibt da schon Divergenzen bei den politischen und selbst literarischen Auffassungen zwischen den Völkern. Das ist eine wunderbare Angelegenheit, und sie gilt es zu bewahren, ja mehr noch, auszuleben, wie Herder, mein großes literaturhistorisches Vorbild, formulierte, sodenn eine Nation ist eine Artikulation Gottes für seinen geheimen Weltplan... Problematisch wird es nur dann zwischen den Nationen (Völkern), wenn Wertungen ins Spiel kommen. Dies aber mache ich nicht. Ich kann das nicht bewerten, was sozusagen BESSER ist, aber ich kann sagen, was ich für gerecht und gut empfinde, und ich begründe dies auch. Ich würde mich freuen, wenn Du Deinen Haß mir gegenüber einmal aussetzen könntest zugunsten einer Annahme des Gesprächs. Kannst Du das? Wenn nicht, dann würde mich interessieren, warum Du immer wieder kommst und mich und die hier Arbeitenden beschimpfst? Bist Du so von Deinem Tun überzeugt, daß Dir andere Wege als falsch dämmern?
Der Willensakt ist das klare Sagen: HIER WILL ICH LEBEN, HIER WILL ICH STERBEN, HIER WILL ICH MIT DEN ANDEREN ZUSAMMENLEBEN. Das gilt weltweit. (Ich suche immer nach moralischen Prozeduren.)
Die von Dir angesprochenen Mitarbeitsverweigerungen im Zusammenhang mit dem Manifest und der Todesstrafe-Diskussion beziehen sich wohl auf Kyra und Quoth. Ich bedaure das bei beiden, habe sie immer als konstruktive und anregende Gesprächspartner aufgefaßt und achten gelernt. Allerdings konnte ich es bei Quoth nicht tolerieren, daß er mich Nazi nannte. Eine von mir eingeforderte Entschuldigung blieb aus, so daß ich seinen Austritt akzeptierte. Kyra konnte die Gründe, die ich für den dreimalig möglichen Gebrauch der Todesstrafe nannte, nicht akzeptieren und nannte diese Einstellung daraufhin antihumanistisch. (Dadurch, daß sie mich persönlich kennenlernte, konnte sie mich nicht als Nazi bezeichnen.) Das sollte sie zurücknehmen. Wollte sie nicht.
Das Problem bei beiden war es, daß sie sich nicht mit FREMDEM Denken auseinandersetzen wollen oder können. Speziell Quoth sah sich nicht in der Lage, seine Schubladen geschlossen zu halten, sich meinem Denken anzunähern, um es dann aus meiner Warte aus zu kritisieren. (Ich hingegen, ohne selbstgerecht zu klingen, muß mich in jeder Textarbeit auf die Gedanken der Autoren einlassen, was mir, glaube ich, gut gelingt.) Das erwartet ein Autor von seinem Leser, daß er nicht nur mit der eigenen Brille liest, sondern sich der Welt des Autoren nähert, eindenkt. Wenn ich also Kritik zu meinem Manifest von einem bekomme, der es nicht einmal gelesen hat/las - wie auch Du, Andrea -, dann erwarte ich zumindest, daß meine Denkvoraussetzungen angenommen werden. Welche Gesprächsgrundlage hat man sonst. (Wenn ich einen fremden Text lese - und das ist ja nun einmal mein Brot -, dann versuche ich immer, die Grundlagen des Schreibenden zu erfassen und versuche aus seinem Denken heraus auf ihn einzugehen. Das macht, im übrigen, den Erfolg dieses Forums aus, weil ich das eben auch kann.)
Kyras absoluter Vorbehalt gegenüber der Todesstrafe rührt daher, daß sie nicht an Wiedergeburt, Fegefeuer und dergleichen glauben kann. Für sie ist das Leben des Menschen (auf der Erde) ein einmaliges Geschenk, das ihm niemals und durch niemanden genommen werden darf, DARF. Würde ich auch so denken, dann käme für mich die Todesstrafe als Strafform auch nicht in Betracht. Ich denke aber nicht so. Ich glaube an verschiedene Daseinsformen der Seele, an Wiedergeburt und Hölle. Bei mir trifft es trotzdem bloß drei Leute, die nicht nur, bevor sie überhaupt die Kriterien erfüllen, von der Todesstrafe erfaßt werden zu können, freiwillig für sich bestimmen müssen, sondern dann auch noch einstimmig von den Richtern (in dem Falle dem Volk) verurteilt werden müssen, weil ich Mehrheit als Entscheidungsinstrument für Unsinn halte: die Kanzler, die Richter und wiederholt vorbestrafte und des Landes verwiesene Ausländer würde es bei mir treffen. Bei anderen empfehle Schwanz ab!, Müll einsammeln, Tüten kleben, Scheiße schaufeln und dergleichen mehr.
Kyra als Jüdin wird es zudem interessieren dürfen, daß ich einen alten jüdischen (Sanhedrin) mit einem alten germanischen Gedanken (ein Kreis bestimmt das Recht, in dem es gefunden, nicht bestimmt wird; Einstimmigkeit wird vorausgesetzt) verband: Ein Todesurteil kann nur einstimmig von dieser Rabbinerversammlung (Sanhedrin) mit 24, 72 oder sogar 120 Rechtsgelehrten ausgesprochen werden.
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