Blöde Jahreszeit. Husten, Heiserkeit, Heuschnupfen! Grippe und andere Influenza. Bis hin zur Mittelohrentzündung. Oder Nasennebenhöhlenentzündung. Tut nämlich beides sauweh!
Wollt ihr eigentlich wissen, was mir so zum Frühling einfällt? Was? Nein? Das wollt ihr gar nicht wissen?
Also gut, nur weil ihr es seid: Im Frühling wird die Steuerjahreserklärung gemacht. Da häufen sich dann die Selbstmorde. Im Frühling kommt die Heizkostenendabrechnung. Der Stromabschlag wird auch erhöht. Im Frühling werden die Kalkulationen und Prognosen bis in den roten Bereich hin korrigiert. Im Frühling fällt einem auf, dass die Vorhänge schäbig wirken und dass die Wohnung gestrichen werden müsste. Im Frühling gibt‘s aufgerissene Straßenbeläge und eingerissene Fingernägel vom Tapezieren. Im Frühling riecht der Modder besonders modderich.
Im Frühling merken alte Männer hauptsächlich nur ihr Alter und die Knochen, sie tragen Privatfehden mit Badezimmerwaagen aus und werden deutlichst daran erinnert, dass ihre Jugend endgültig vorbei und nun schon wieder ein Jahr um ist. Im Frühling ist die Einsamkeit noch unerträglicher.
Brüllende Vögel mitten in der Nacht, die jauchzend das Wunder der Schöpfung betrillern. Rollige Katzen im Fortpflanzungswahn. Und wo ich denn schon mal beim Thema bin: „Verliebte hier, Verliebte da!“ Man sieht sie überall, an jeder Straßenecke. Man trifft sie in Wald und Flur. Man wird morgens schon beim Bäcker mit ihnen konfrontiert, wo sie sich beim Anstehen gegenseitig in die Köppe beißen und könnte auf der Stelle laut losbrüllen vor schierer Freude. Man begegnet ihnen in der Kneipe, wo sie dann nach Erde, Sex und Zitronen duften. Man möchte einen Backstein nehmen und ihnen dieses dämliche Grinsen ausradieren. Dieses Schnabulieren, tief in die Augen schauen, Händchenhalten ist doch widerlich. Strahlen sich gegenseitig an, als ob es keinen Hunger auf der Welt gäbe. Sind glücklich und wie alle glücklichen Menschen kurz vor dem Verblöden. Scheren sich keinen Deut um Schopenhauer oder Inflation. Tun so, als ob die Regenwälder nicht abgeholzt würden und im Frühling das Ozonloch nicht auf doppelte Größe anwächst. Oder schlimmer: Es ist ihnen EGAL! Sie schreiben Gedichte, anstatt Protestlisten gegen Tierversuche zu unterzeichnen. Sie verbringen die Nächte miteinander, fassen sich gegenseitig an den unmöglichsten Stellen an und bringen dann so umwerfende Klopfer wie: „Deine Augen strahlen so schön.“
Nicht dass ich neidisch war. Kein bisschen. Ich doch nicht! Ich weiß ja, dass deren Glück nicht von Dauer sein wird. Ich weiß ja, dass sie sich spätestens im Sommer an Ehrgeiz übertreffen werden aus ihrer „Liebe“ irgend etwas grausam Anderes zu machen. Familie, Bausparverträge, - Kinder gar...
...aber...
...(geflüstert) ich wäre so gerne verliebt...
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