die etwa fünfzigjährige dame stellt sich an die bartheke und sagt sie will ein fischbrötchen. sie trägt eine pinkfarbene weste, die ihr bis über die knie reicht und darunter rote nylonstrümpfe. während sie das fischbrötchen ruckartig verschlingt, schlägt sie ein bein unter und bleibt scheinbar mühelos auf dem anderen stehen.
ein mann mit umgehängtem gewehr betritt die bar und sieht sie scharf an: kennen wir uns nicht von irgendwo her?
statt ihm zu antworten, beugt sie sich über die bartheke und flüstert der wirtin etwas ins ohr.
mein herr, sagt diese dann. dies ist zwar die jägerbar, aber das gibt Ihnen nicht das recht, hier drinnen irgend jemandem nachzustellen. lassen sie die dame in ruhe!
mir scheint, ich kenne die "dame". ich war heute früh draußen an der flussmündung und da stand eine im flachen wasser, die sah aus wie sie. aber sie ist mir dann entwischt. he Sie, können Sie fliegen?
die ältere dame wendet sich ihm zu: Sie haben eine seltsame art, fragen zu stellen. Sie erwarten ja wohl nicht, dass ich darauf antworte.
und singen? können Sie singen?
singen? nein. das kann keiner aus unserer familie. höchstens krächzen.
und warum haben Sie dann so einen großen schnabel?
wo sind wir jetzt? bei grimms märchen? ich habe keinen großen schnabel. ich sehe nur so aus wie eine, die schon vier kieferoperationen hinter sich hat. was wollen Sie von mir?
Sie täuschen mich nicht. ich vergesse keinen vogel, den ich einmal gesehen habe.
wie bitte? vogel? werden Sie nicht beleidigend!
Sie wissen ganz genau, was ich meine. Sie waren heute morgen da vorn im flachwasser.
ich war heute vormittag bei meiner schwägerin und habe auf ihre enkel aufgepasst. und immer im haus, auf trockenem land, der herr. wenn Sie kein einbrecher oder spanner sind, können Sie mich nicht gesehen haben.
also doch im flachwasser. ihre nylonstrümpfe täuschen mich nicht. die beine darunter sind rote vogelbeine.
kommen Sie mal her, sagt sie.
als er neben ihr steht, dreht sie das gewehr, das er in der hand hält, einfach um und drückt ab. er fällt hin, und aus der bauchwunde bildet sich ein dunkelrotes flachwasser um ihn.
bauchwunde, sagt sie. gut so. so spürt er doch einmal seinen bauch.
und wenn er nun stirbt? fragt gregor, der daneben steht. was ist die moral der geschichte?
die ältere dame zieht den jäger hinaus, wischt die blutspuren weg, macht sauber und schleppt dann die leiche in die mülltonne.
die geschichte, sagt sie, die kümmert sich schon darum. die hat genug abfallhaufen.
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