Der Klang einer seit Jahren bekannten Tonfolge, das Anschauen, uralter Fernsehsendungen, die man niemals angesehen hat in den Zeiten. da sie wirklich zeitgenössisch waren. Was bedeutet solches Wiedererkennen und Wiedersehen für uns?
Gerade dass alles immer und immer besser bewahrt werden kann, weckt in uns die Furcht vor der Vergänglichkeit und Endlichkeit. Je perfekter konserviert, umso dichter am Abgrund des Verfalls und der Nichtexistenz lagert unsere Empfindung.
Vor einer Stunde haben wir noch einen Heimatfilm aus den 50ern gesehen, jetzt blickt uns das alternde Gesicht der Hauptdarstellerin in einer Talkshow life an.
Ein einziges Memento das Ganze, besonders, wenn ausgestellte oder tatsächliche Vitalität uns ablenken sollen von der Arbeit der Zeit an den Gesichtern und Körpern. In den Kettenläden der Fotohändler stehen die Billigangebote von CD oder MC. Da können wir lesen "Best of Connie Francis", "Best of Roland Kaiser".
Bessere "Best ofs" könnten Joe Cocker und Ray Charles sein, das ist Geschmacksache, aber immer sehen wir in die jungen Gesichter von Leuten, die heute um die 50 oder über 60 sind. Die Musiktitel aus ihren "Best-of-Jahren - dienen sie ihnen selbst als Nachweis geglückten Lebens oder anderen als Beweisstücke boshafter Belästigung ihrer Zeitgenossen? Wer weiß das, aber die Furcht vor Vergänglichkeit kumuliert in solchen Kumulationen.
Was hilft dagegen? Sich mit der Vergänglichkeit befreunden? Wenn es auch Fantasien über die Abschaffung des Todes gibt, - Lebensverlängerung bis 200 Jahre - die Vergänglichkeit werden wir nicht abschütteln. Sie bleibt uns als Fluch, sie bleibt uns als Trost, sie ist die trivialste und treueste Begleiterin durch unser Leben.
Die unveränderliche existenzielle Angst der Menschheit vor der Vergänglichkeit, für jene, die das irdische Treiben dokumentarisch oder mit Hilfe von Drehbüchern und Schauspielern auf ihre unzerstörbare Tonträgern bannen ist sie ein effektiver Kumpan.
Denn: wie kann das Weiterbestehen einer Serie möglich werden, obwohl der Hauptdarsteller aussteigen will? Einfach sterben lassen. Wenn jemand aus einer Serie 'raus geschrieben werden soll, dann ist der Tod - Krebs, Kletter- oder Autounfall, der beliebteste Helfer aller dieser geplagten Kulturschaffenden. Hier ist der Tod der heimliche Regisseur.
Wenn zuviel konserviert wird, entsteht vielleicht der Wunsch nach dem Ende aller Aufbewahrung als Erlösungsfantasie.
Wie schön gemein wäre es, wenn wir am Ende unseres Lebens ein Speichermedium erhielten, auf dem steht "Best of" - wieder und wieder abzuspielen.
Die glücklichsten Momente des Lebens - wieder und wieder. Ist das das Paradies oder ist das die Hölle?
Es muß was dran sein an der Sehnsucht nach dem Nirwana - Best of Nothing.
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