weitab von allen wegen entdeckte sie die ruinen des amphitheaters. sie war der grünen schlange gefolgt, die sich den hügel hinab durch verbranntes gras gewunden hatte, überwältigt vom smaragdenen schillern der glattschuppigen haut. unter einem großen steinblock war diese verschwunden und als sie den blick hob, erstreckten sich hangabwärts die verwitterten stufen, umgestürzte säulenblöcke im überwucherten halbrund. der mittagsstunde zufolge gab es keine schatten mehr und die dürren zweige vertrockneter büsche boten nur noch plattformen für die vereinzelten rufe zirpender grillen.
die an einen felsvorsprung gekauerte gestalt war erst auf den zweiten blick zu sehen, und auch nur deshalb, weil eine aus diesem bündel herausragende hand offensichtlich fliegen verscheuchte. sie näherte sich und achtete darauf, mit den absätzen ihrer sandalen kleine steinbrückchen in bewegung zu setzen, die dann ein wenig geräusch erzeugten, indem sie ein fußweit bröckelten und mit einem dumpfen schnalzen zum stillstand kamen.
die wedelnde hand bewegte sich nicht mehr und auf die wenigen meter distanz, die noch zwischen ihnen lagen, erkannte sie ein auf sich gerichtetes augenpaar, das jedoch immer wieder in verschiedene richtungen blickte und ihrem nahen eher wenig bedeutung beizumessen schien. sie blieb stehen und drückte die krempe ihres strohhutes wieder tiefer ins gesicht, um durch den so erzeugten schatten ihre entdeckung besser betrachten zu können.
fast hätte sie laut auflachen mögen, denn aus dem gehörnten und bis übers ganze gesicht behaarten kopf schien eine gespielte verzweiflung zu sprechen, die ihren ausdruck in wildem augenrollen fand und das wesen überdies seine kauernde haltung so weit veränderte, daß es seine gespaltenen hufe von sich streckte und nun den mächtig gewölbten, ebenfalls behaarten torso in die sonne streckte, begleitet vom innigen seufzen einer hellen kinderstimme, die so gar nicht zum übrigen erscheinungsbild passen wollte.
sie schluckte das hochkommende gelächter angestrengt hinunter und starrte angelegentlich auf einen abseits stehenden kapernbusch, um nicht den eindruck zu erwecken, sie könne sich über diese so offensichtlich zur schau gestellte melancholie lustig machen wollen.
schließlich wandte sie sich dem bocksfüßigen wieder zu und zog aus dem am gürtel befestigten lederbeutel einen rotgelben pfirsich hervor, den sie ihm mit zwei fingern gehalten über den kurzen abstand hinweg reichte. er schien unschlüssig zu sein, ob er die dargebotene frucht annehmen sollte, entschied sich aber dafür, den kopf begleitet von einem kurzen maunzen abzuwenden.
sie konnte nun ein leises lachen nicht mehr unterdrücken, ging in die knie und rutschte die restlichen meter auf allen vieren auf ihn zu, bis sie dicht vor ihm kniete und ihr geschenk einfach in die auf dem verdorrten gras liegende hand schob. die kralligen finger bohrten sich in den pfirsich, und das so plötzlich, daß ein wenig saft herausspritzte und er von einem tropfenregen begleitet in voller größe im spitzen maul seines gönners verschwand. ein dumpfes krachen erweckte den eindruck, daß auch der kern von spitzen zähnen zerteilt wurde und außer einer einzigen schluckbewegung deutete nichts mehr darauf hin, daß dieser vorgang jemals stattgefunden haben könnte.
allerdings hatte sie nun die ungeteilte aufmerksamkeit des wesens errungen, das sie jetzt unverblümt anstarrte und schließlich mit den zeigefingern seiner ebenfalls behaarten hände die leicht durchscheinende haut seiner gespannten bauchoberfläche kratzte.
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