Die Hochsommerhitze Siziliens schlich langsam unweigerlich durch die Ritzen der Rolläden. Die Luft im Raum hätte kein Messerschnitt durchtrennen können. Es war so stickig, daß ich unter Atemnot litt. Die Uhr zeigte vier Uhr nachts und ich hatte bislang keinen Schlaf gefunden. In den letzten Wochen konnte ich bis vier Uhr schlafen, bis mich ein abscheulicher Alptraum von der Süße des Schlafs trennte. Danach war ich an den Schreibtisch getaumelt, um den Traum niederzuschreiben.
Nun gab es keinen Halt des Schlafs mehr. Der Faden war gerissen. Der Schlaf blieb aus. Noch nie in meinem Leben zuvor hatte ich eine ganze Nacht im Bett durchwacht, während ich den regelmäßigen Atemzügen meiner Lieben lauschte. Ein neuer Abschnitt in meinem Leben hatte begonnen.
Aber es gab keinen Grund ihn zu feiern. Das Laken klebte naß an meinem Körper bedingt durch meine eigenen Ausdünstungen. Meine Extremitäten vermißten den Schlaf und hingen bleischwer herunter. Das Herz pochte in seinem Puls so laut, daß das Geräusch sich als Dröhnen in meinem Kopf breitmachte. Eine diffuse Angst hatte sich meinem gesamten Körper bemächtigt. An Weinen war nicht zu denken. Es hätte mich erlöst und ich wäre in einen Tiefschlaf verfallen. Wann hatte ich zuletzt geweint? Ich hatte keine Antwort. Wahrscheinlich, als ich Kind war und mir meine Finger an einem Dorn blutig gerissen hatte. Die Frage stand gleich einem Totem im Raum: „Warum schläfst du nicht?“ Das Problem lag darin, daß ich meine Gedanken nicht niederschreiben konnte.
Langsam zog ich den bleischweren Körper aus den Kissen. Ich zündete die Kerze an. Das Licht flackerte leicht. Meine Hände darum. Blutrot beleuchtet. So schritt ich zu dem Kind. Kurz hielt ich die Kerze über das Bettchen. Es atmete regelmäßig. Ich war beruhigt. Ich zog das Schreibpapier und den Stift mit einer leisen Bewegung aus der Schublade. „Ich habe ja nichts vor“, sprach ich zu mir.
Dann verließ ich den Raum und schritt dem Meer entgegen. Das Rauschen setzte sich hypervirtuell in meinem Kopf fest. Gleich einer halluzinogenen Droge. Langsam schritt ich den Fluten entgegen. Das Geräusch wurde immer lauter. Ich sah eine rote Flamme im Meer versinken. Dann setzte ich mich in den Sand mit dem Papier auf den Knien. Es kamen keine Worte. Ich war sprachlos. Mir liefen die Tränen.
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