-
Tochter aus gutem Hause
- Renommee-Modifikator
- 21
Überhaupt unfaßbar
Überhaupt unfaßbar...
Beethoven hat die Musik geschrieben,
Schiller den Text,
geniales Zusammenspiel,
überhaupt unfaßbar.
Und dann erst Goethe
oder von Humboldt,
deutscher Humanismus,
Bildungsideale,
überhaupt unfaßbar?
Man hat das gern,
deutscher Geist an sich,
Genies.
Man bespricht das gern,
vor allem öffentlich
und besinnt sich seiner
guten Vergangenheit sowieso.
Und dann
gibt es da noch Texte,
da kehrt plötzlich Ruhe ein
über allen Wipfeln,
die bespricht man nicht so einfach,
die fühlt man einsam auch,
wenn im Kamin
ein zartes Feuer flammt
und leise prasselnd
an Buchenwald erinnert.
-
Resurrector
- Renommee-Modifikator
- 28
AW: Überhaupt unfaßbar
Darum schreiben, darum sind wir, darum darben und schreien wir. Wir sind. Suchen das Unfaßbare in uns mit Worten, Musik und sind Eins in Allem. Zwei Seelen, drei Seelen, Ewigkeit und Noth im Dasein. Das sind wir, immer gewesen, immer bleibend. Das Volk, das Tote nicht kennt und Tod selbst ist. Das Volk, das Leben erst ermöglicht, wenn man einmal in ihm ist, es selbst, man selbst ist, ein Mensch!
Ich steige gern in diese Tiefen, in denen Fratzen und abgefreßne Hohlköpfe - gleich mir! - am Rande sitzen, auf Schemeln, auf spitzgezackten heißen Eisenstühlen und mir zurufen, mich in ihrem Kreise zu bewegen, mich piesacken, mir gram sind wegen meines Neinsagens und mich doch ziehen lassen. Ich bin ein Teil des Bösen, Du bist es von mir.
Das ist der Kreis der Wirrungen, der Kreis, aus dem getrunken wird, aus dem Geist und Fleisch sich speisen.
Buchenwald gehört dazu wie Liliencron, Johst, Jelinek oder Jünger. Spätestens seit Spinoza, aber eigentlich schon mit dem Meister Eckart und Böhme, wissen wir Deutsche (im Gegensatz zu dem an antithetischem Denken armen Westen), daß der Mensch ein Mischwesen ist und es schädlich für seine Entwicklung ist, das Böse mittels äußerer Ordnungswähnlichkeiten aus der Wirklichkeit verbannen zu wollen.
Dein Text ist gut, besonders im Anfang. Zum Ende hin nimmt er an Dichte und Schärfe ab, wird beinahe plakativ und moralinsauer.
-
Kurzvormabschussiger
- Renommee-Modifikator
- 0
AW: Überhaupt unfaßbar
Ja, wenn der Goethe nicht gewesen wäre. Hätte er nicht auf eben jenem Hügel - Ettersberg- grosses vollbracht, dann würde unsere Erinnerung jetzt nicht Buchenwald heissen. In Israel wird häufig die Welt gedreht: Weimar? Das ist doch die kleine Stadt in der Nähe von Buchenwald. Mein "liebstes" Buchenwald-Buch ist von Jorge Semprun: Was für ein schöner Sonntag!
Bei Eckermann finden wir den schönen Eintrag: Mittwoch, den 26. September 1827
"Goethe hatte mich auf diesen Morgen zu einer Spazierfahrt nach der Hottelstedter Ecke, der westlichsten Höhe des Ettersberges, und von da nach dem Jagdschloß Ettersburg einladen lassen. Der Tag war überaus schön, und wir fuhren zeitig zum Jakobstore hinaus. (...) Wir waren jetzt oben auf der H?he und fuhren rasch weiter. Rechts an unserer Seite hatten wir Eichen und Buchen und anderes Laubholz. Weimar war rückwärts nicht mehr zu sehen. Wir waren auf der westlichen Höhe angelangt; das breite Tal der Unstrut mit vielen Dörfern und kleinen Städten lag in der heitersten Morgensonne vor uns. "Hier ist gut sein!" sagte Goethe, indem er halten ließ. "Ich dächte, wir versuchten, wie in dieser guten Luft uns etwa ein kleines Frühstück behagen möchte."
Wir stiegen aus und gingen auf trockenem Boden am Fuße halbwüchsiger, von vielen Stürmen verkrüppelter Eichen einige Minuten auf und ab, während Friedrich das mitgenommene Frühstück auspackte und auf einer Rasenerhöhung ausbreitete. Die Aussicht von dieser Stelle, in der klaren Morgenbeleuchtung der reinsten Herbstsonne, war in der Tat herrlich. Nach Süden und Südwesten hin übersah man die ganze Reihe des Thüringerwaldgebirges; nach Westen, über Erfurt hinaus, das hochliegende Schloß Gotha und den Inselsberg; weiter nördlich sodann die Berge hinter Langensalza und Mühlhausen, bis sich die Aussicht, nach Norden zu, durch die blauen Harzgebirge abschloß. (...) Wir setzten uns mit dem Rücken nach den Eichen zu, so daß wir während dem Frühstück die weite Aussicht über das halbe Thüringen immer vor uns hatten. Wir verzehrten indes ein paar gebratene Rebhühner mit frischem Weißbrot und tranken dazu eine Flasche sehr guten Wein, und zwar aus einer biegsamen feinen goldenen Schale, die Goethe in einem gelben Lederfutteral bei solchen Ausflügen gewöhnlich bei sich führt. (Aus: Johann Peter Eckermann - Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens)
Ergänzung: Als 1937 die Nazis das Konzentrationslager einrichteten, ging aus Weimar eine höchst kulturbeflissene Bitte an Heinrich Himmler: Das Lager solle bitte nicht Konzentrationslager Ettersberg heißen, weil auf ewig der "Ettersberg mit dem Leben des Dichters Goethe in Zusammenhang steht". Dem Wunsch wurde entsprochen.
-
Mitgestalter
- Renommee-Modifikator
- 24
AW: Überhaupt unfaßbar
die fühlt man einsam auch,
einstein,
ebstein,
zweig,
jetzt polanskis spielmann -
und die lasker-schüler...?
ja, die lasker-schüler erinnert mich auch an feuer -
und ich mäandere gerne durch die gassen in prag -
das riecht man dann -
dann versteh ich besser... -
vielleicht macht geruch fassbarer?
-
Tochter aus gutem Hause
- Renommee-Modifikator
- 21
AW: Überhaupt unfaßbar
...ein 'guter' Text. Beide. Ein Band Lasker-Schüler fand ich auf dem Trödelmarkt in Jerusalem, ein Nachlass. Manchmal friert man dann.
-
rodbertus
Status: ungeklärt
AW: Überhaupt unfaßbar
Else liebte ich. Ich hab sie klammheimlich in Schmidts Buch "Zwischen den Welten" eingearbeitet. Sie spukt dort im Drama als unheilvolles Verwandlungschimairon herum. Er hat es wohl nicht gemerkt, weil SIE uns so wesenseigen ist. Uns allen.
-
Kurzvormabschussiger
- Renommee-Modifikator
- 0
AW: Überhaupt unfaßbar
-ich dachte hier gehts nochmal weiter- so unwichtig ist das thema ja nicht!!!
Stichworte
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Ja
- Themen beantworten: Ja
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln
Lesezeichen