man sagt, wer als junger mensch kein kommunist sei, dem fehle es an gerechtigkeitssinn. weiters sagt man, daß man im alter weiser werde, gleichheitsutopien fallen lasse und ein gesundes maß an egoismus dazu führe, daß man konservativer, materieller usw. werde. wer dann noch kommunist sei, der sei dumm.
nun, so will ich denn ein wenig dumm sein: nach jahren lese ich mal wieder in marx' schriften, u.a. "zur judenfrage" und "Kritik des hegelschen staatsrechts". beides jugendschriften, in denen er aber bereits seine grundlegenden gesellschaftstheoreme darstellt.
und wenn ich dann lese, daß emanzipation dann gesamtgesellschaftlich gesichert sein könne, wenn sich das individuum zurücknehme, seine eigenen kräfte aber in den dienst gesamtgesellschaftlicher kräfte stelle und diese organisiere, dann glaube ich: der mann hat recht.
als historiker ist mir auch nie deutlicher gewesen, daß die bürgerlichen revolutionen und ihre maßlos anmutende formulierung der menschenrechte eine art freibriefformulierung für das losgelassene bürgerliche besitzstandsstreben darstellte. die befreiung der menschen also vom feudalen joch nichts anderes war als die befreiung des erwerbstriebes, der sich als individualtrieb beschrieben bloß gegen andere richten kann/konnte und somit kein menschenrecht, sondern eine art besitzstandsegoistischer klasseninstinkt war, der die starken zusätzlich beschützt und gesamtgesellschaftlichen fortschritt als summe der entwicklung einzelner begreift, nicht aber die gesellschaft selbst voranbringen will.
mit anderen worten: die bürgerliche gesellschaft ist egoistisch und somit nicht das, was man gutartig oder humanistisch nennen könnte. sie ist somit nicht das, was ich für mein artifizielles selbstverständnis als befriedigende lebensgrundlage anerkennen könnte.
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