Das ist etwas, was mich schon lange beschäftigt. Als kleines Kind verstand ich diesen Ausdruck VERLIERER nicht sonderlich. Klar, da hatte jemand verloren, etwas, ein Spiel, einen Gedanken. Na und? Machte ihn das zu jemandem, den ich aus meinem Leben ausschließen sollte. Ich verstand nicht, was die Großen damit meinten: Er ist ein Verlierer! Dazu kam dann immer so ein Naserümpfen, mindestens jedoch ein despektierlicher Gesichtsausdruck, hmpf, dieser Verlierer und so. Da waren mir die Verlierer gleich sympathisch.
Nun, mag mancher behaupten, ich hätte es leicht gehabt. Ich habe oft gewonnen. ich war der Große von den Kleinen, ich war der Einzige bei vielerlei Unternehmung. Wenn ich irgendwo mitmachte, dann wurde gemacht, was ich sagte. Also, ich hatte es leicht, den Verlierer zu mögen. Für mich kam diese Position ja nicht in Betracht.
Weiter.
Als ich das Beatles-Lied zum ersten Mal hörte, da ergriff mich die flapsige Art der Darbietung - ich konnte unmöglich annehmen, daß die erfolgreichste Band der Welt eine derartige Selbstanzeige ernst meinen könnte -; ich konterkarierte sie in mir selbst: Ja, ich möchte wohl auch gern ein loser sein, wenigstens möchte ich diesen Blues kennenlernen, der dann solche Lieder ermöglicht. Und die Blueser hatten es mir fortan angetan. Es sollen fröhliche Leute sein, die nur eben gerade traurig sind.
Ich hatte da wohl nichts begriffen. Aber ich war ja nun nicht dumm, vielleicht schnöselig und mit der Kraft des eingebildeten Herzens ausgestattet, aber dumm war ich damals bestimmt nicht. (Ich weiß es heute, da ich es bin.)
Heute weiß ich, was es eigentlich heißt, ein Verlierer zu sein. Und ich weiß, warum man sie meiden sollte wie eine Krankheit, warum Nächstenliebe und Mitgefühl völlig fehl am Platze, warum ein Verlierer so ungefähr das Abschröcklichste nach Sodbrennen ist.
Und ich bin froh darüber, daß ich das heute weiß. Ich lebe lieber allein.
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