Griffon
Wahlvolk
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erstellt am: 04. September 2002 10:04
Heute soll in München das Urteil über einen Gastwirt gesprochen werden, der im letzten Jahr eine Veranstaltung mit der Tochter Izak Rabins in seinem Lokal mit den Worten "Euch Juden lasse ich nicht in mein Lokal" unterbunden haben soll.
In was für einem Land leben wir eigentlich, daß ein Gastwirt nicht selbst bestimmen kann, wer sein Lokal betreten darf? Und selbst wenn er gesagt hat, was er gesagt haben soll (der Gastwirt bestreitet das) - fällt das nicht unter die freie Meinungsäußerung?
Wenn er Türken oder Jugoslawen oder Österreicher angesprochen hätte, hätte wohl kein Hahn danach gekräht. So jedoch fordert die Staatsanwaltschaft 9 Monate Haft ohne Bewährung.
Ich bin schockiert und halte das für einen Skandal. So manche Vergewaltigung wird nicht so bestraft. In was für einem "Rechts"-staat leben wir eigentlich?
Und - der 2. Weltkrieg ist mehr als 55 Jahre her. Ich jedenfalls gehöre zur Nachkriegsgeneration und fühle mich nicht schuldig. Warum machen wir noch immer den Ko-tau vor den Juden? Die sind auch nicht besser als ...
Demnächst muß ich mir echt überlegen, ob ich auf der Autobahn die Lichthupe benutze - es könnte ja ein Jude im Wagen vor mir sitzen, der sich bedroht fühlt und mich anklagt. Mit wieviel Jahren Haft muß ich dann rechnen ... ???
eulenspiegel
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 10:16
das ist keine frage von sympathie oder nicht. es ist eine frage des rassismus. und ein gasthaus ist ein öffentliches haus. deshalb darf der depp auch niemand aus rassischen oder religiösen gründen den zutritt verwehren. oder willst du geschäfte, diskotheken, hotels usw. mit angaben, wer hineindarf und wer nicht? ein hotel wo keine schwarzen übernachten dürfen, ein friseur, der negerwuscheln wäscht, ein arzt, der keine moslems behandelt, eine bahn, die keine juden befördert ....
bissl denken vorm tippen!!
ps: ob die 9 monate unbedingt angemessen sind, darüber lässt sich streiten.
die schöne
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 10:35
"Euch Juden lasse ich nicht in mein Lokal"
KOTZ!
Dickes Beh
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 10:38
Sorry, Eule. Aber das ist ein Gasthaus eben nicht. Kein öffentliches Haus, in das jeder hineindarf. Der Wirt hat, nach allem, was ich weiß, Hausrecht. Ergo kann und soll er auch bestimmen, wen er bedient. Ein Anrecht auf Bedienung jedenfalls gibt es für niemanden. Mein Stammkneiper wird auch am kommenden Wochenende, wenn er sein Betriebsjubiläum feiert, einen Einlaßdienst machen, da um die Ecke zeitgleich ein Dorffest stattfindet und er diese Menschen nicht bei sich sehen will. Kein politisch korrekter Vergleich, ich weiß. Aber verdeutlicht das mit dem Hausrecht.
Griffon
Wahlvolk
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erstellt am: 04. September 2002 10:52
Der Meinung bin ich allerdings auch - jeder Gastwirt hat Hausrecht. So z.B. auch Diskothekenbesitzer - oder wie erklärst Du (eulenspiegel) die Türsteher, die mehr oder weniger nach belieben Leute rein lassen oder auch nicht? Mich hat man auch schon zwei mal abgewiesen - einmal ohne Begründung, einmal, weil ich angeblich zu alt bin und man die jungen Mädchen in der Disko vor alten Säcken (wie mich) schützen wollte. Dabei war ich mit meiner Freundin unterwegs. Soll ich jetzt die Diskotheken verklagen?
[Diese Nachricht wurde von Griffon am 04. September 2002 editiert.]
eulenspiegel
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 11:05
hier - in österreich - wurde vor kurzem ein diskothekenbesitzer verurteilt, weil er schwarzen den eintritt verwehrte - nur weil sie schwarz waren! und das find ich recht so. hautfarbe, rasse und/oder religion allein dürfen kein grund sein jemand aus einem geschäftslokal zu verbannen! denkt doch mal weiter! schwarzhaarige und dunkelhäutige müssen dann rechnen, vor restaurants/geschäften abgewiesen zu werden. vielleicht sind sie aber 'richtige' deutsche?
jahrelang wurde südafrika wegen apartheid sanktioniert und geächtet. und jetzt wollt ihr das bei uns?
wo ist der unterschied zum 'kauft nicht bei juden', berufsverboten etc. ???
vielleicht sollten ja auch schwarze nicht als ärzte praktizieren dürfen??? gäb ja 'gute' gründe dafür: aidsgefahr, abfärben, körpergeruch, niedrige intelligenz ...
tut mir leid, wer ein geschäft hat, darf nicht willkürlich lokalverbote aussprechen. und dabei bleib ich. meine meinung.
Dickes Beh
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 11:31
Zitat:
Original erstellt von eulenspiegel:
jahrelang wurde südafrika wegen apartheid sanktioniert und geächtet. und jetzt wollt ihr das bei uns?
Siehste, das ist es ja, was mich an solchen Diskussionen immer so begeistert. Die Moralkeule. Hab ich denn bislang auch mit einem Wort gesagt, daß ich jemandes Verhalten richtig oder falsch fand?! Oder Apartheid will??? Das ist sie, die gute Stasi-DDR: Biste für uns, isses gut, biste gegen uns, dann biste gegen den Frieden und die Völkerverständigung auf der ganzen Welt. Super.
Es ist nur, ich war selbst mal über etliche Jahre in einem Club tätig. Und der ist den Bach runtergegangen, weil eben nicht an der Tür ausgesondert wurde und somit ein ganzer Haufen kruder Mischpoke mit hineinkam, der alle, aber auch alle Feste versaute. Insofern bin ich sehr wohl für die Freiheit der Entscheidung des Wirtes, wer in seinen Laden darf und wer nicht.
ABER: Im konkreten Fall gibt es ja noch so ein Grundgesetz, in dem steht, daß keiner wegen Religion usw. usf. benachteiligt werden darf. Und da beißt sich das wohl. Wahrscheinlich hätte er sie als Tante Rabin aus dem Lokal entfernen dürfen, in ihrer Eigenschaft als Jüdin jedoch nicht.
Das die Worte, mit denen er das tat, mehr als indiskutabel sind, versteht sich von selbst. Daß allerdings kein Hahn danach gekräht hätte, wenn er gleichlautend z.B. die Zeugen Jehovas (beliebiges Beispiel) entfernt hätte (sorry, zweimal hätte) und daß sich Griffon augenblicklich unwohl fühlt, ist klar. Aber das Thema war auch schon recht häufig Bestandteil verschiedener Dskussionen im Forum, die meines Erachtens nie irgendwie sinnvoll ausgingen.
Quoth
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erstellt am: 04. September 2002 11:34
Wenn ich mich recht erinnere, ist das das Problem der "Drittwirkung" von Grundrechten.
Keine staatliche Institution dürfte, was dieser Gastwirt getan hat. Da sind die Grundrechte vor, vor allem Art.3 GG. Aber wirken die auch im privatwirtschaftlichen Bereich? Es gibt hier einen Fabrikanten, der grundsätzlich nur Baptisten einstellt, weil er selbst einer ist. Soviel ich weiß, hat er sich damit vorm Arbeitsgericht behauptet. Aber das ist auch was Positives. Vielleicht hätte der Gastwirt den gleichen Effekt und bessere juristische Chancen, wenn er sein Wirtshaus "Zum heiligen Kreuz" nennen würde.
Das Unverständnis für die Fernwirkung des Holocaust beruht auf innerer Blindheit. Noch in Tausend Jahren werden wir für dieses Jahrtausendverbrechen in die Verantwortung genommen werden (ob es uns passt oder nicht) - wenn sich das deutsche Volk bis dahin nicht vorsichtshalber im europäischen aufgelöst hat. Frauen, Kinder, Greise, entkräftete, wehrlose Männer zu Hunderttausenden mit Giftgas töten - Achtpanther, du guckst da nicht hin, sonst würdest du nicht so drauflosschwatzen.
eulenspiegel
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 11:42
nochmal: es geht darum, dass jemand nicht auf grund angeborener eigenschaften (rasse, hautfarbe, haarfarbe, ...) oder äusserer merkmale und NUR auf grund dieser diskriminiert werden darf.
einen raufbold, schläger, dealer ... egal welcher rasse, religion oder hautfarbe kann man natürlich und legal das lokal verbieten. klar?
Dickes Beh
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 12:01
Hab ich Dich. Was passiert Dir aber in Deutschland (und nur hier), wenn sich der Raufbold, Schläger oder Dealer nach dem Lokalverbot als Jude quasi outet (und nun erzähl mir bitte keiner, daß nicht auch Juden den genannten Beschäftigungen nachzugehen imstande sind) und den Rauswurf als Angriff auf die gesamte jüdische Bevölkerung der Erde und ihr in der Tat schweres Schicksal der letzten 2000 Jahre umwidmet?
Dann ist von den vorher auch von Dir als nachvollziehbar genannten Gründen keine Rede mehr und der Gastwirt Antisemit.
Aber das hatten wir, denke ich, schon sehr lang und auch breit diskutiert.
Kyra
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erstellt am: 04. September 2002 12:39
Ich denke mal, Eule hat völlig Recht. Und die Tochter von Rabin ist keine Schlägerin und kein Junkie. Hier in Köln wurde mal Joan Baez wegen Hautfarbe nicht in die Disco gelassen. Der Besitzer hat sich entschuldigt. Gastwitschaft hat auch etwas mit Gastlichkeit zu tun. Ich hatte selber mal ein Cafe. Es ist halt so, wenn ein Schläger kommt, bleibt die Polizei erst mal weg. Da kannst du lange anrufen. Die lassen sich Zeit.
Wie heiß das Gasthaus, Griffon? Ich darf ja dann auch nicht rein. Ansonsten finde ich es schade, weil die Tochter von Rabin eine vernünftige Frau ist. Das Urteil wird wenig an der Haltung des Mannes ändern. Ich fände es besser, wenn seine Kneipe jetzt leer bliebe. Aber wahrscheinlich trifft sich da ab jetzt das ganze braune Gesocks.
Bauer Hans
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 13:41
In meiner Zeit als bester Wirt der Welt unterschied ich zwischen Gästen und Menschen. Menschen, gleich welcher Zugehörigkeit, waren willkommen. Zu Gästen war ich höflich aber bestimmt, sie durften fernbleiben.
Zu einem jedoch ist der Wirt verpflichtet, Gästen und Menschen seine Toiletten kostenlos zur Verfügung zu stellen, sie dürfen ihn, den Gastwirt, zuschei... , sonst aber auch nichts. Gäste zu bedienen, liegt, dem Himmel sei Dank, ausschließlich in der Entscheidung des Wirtes. Ob er sich das auch leisten kann, heute, zu rotregierten Zeiten, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Achtpanther
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 14:15
Vielleicht trägt dieser Artikel ja ein wenig zur Klärung bei:
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Aber Quoth: wo gucke ich nicht hin? und was bitte habe ich drauflosschwatzt? Fühle mich wie der geprügelte Hund der gar nicht versteht warum...
pje-sma
unregistriert erstellt am: 04. September 2002 14:19
soso. schlechter geschäftsmann, der wirt.sollte in politik gehen, weil geld verdienen kann er nicht. gott oder mamon, das ist hier die frage...
bei mir in laden kann jeder rein, bis er sich benimmt. ich bin auch nicht da wegen ideologie, sondern wegen geld.und geld stinkt nicht. bei mir nach hause,dürfen nur wenige, mit einladung.da bin ich "militant".
hier wird servicewüste mit eine ideologie erklärt, das ist unprofesionäl.
Griffon
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erstellt am: 04. September 2002 14:46
Zitat:
Original erstellt von Kyra:
Hier in Köln wurde mal Joan Baez wegen Hautfarbe nicht in die Disco gelassen. Der Besitzer hat sich entschuldigt
DAS halte ich für angemessen. Und um die Verhältnismäßigkeit geht es mir. Ich will mich keinesfalls in die rechte Ecke stellen lassen - sollte der Gastwirt von sich gegeben haben, was ihm unterstellt wird, dann hat er sich zweifelsohne damit disqualifiziert. Soll er sich entschuldigen oder in Zukunft nur noch Gäste mit braunen Jacken bewirtschaften - aber eine Anklage und 9 Monate Haft? Und nochmals: würde er sich einem ebensolchen Verfahren stellen müssen, wenn er einer Türkin den Zutritt verwehrt hätte? Wohl kaum ...
Nichts für Ungut, Kyra.
Kyra
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erstellt am: 04. September 2002 14:58
....Aber Quoth: wo gucke ich nicht hin? und was bitte habe ich drauflosschwatzt? Fühle mich wie der geprügelte Hund der gar nicht versteht warum...
das habe ich auch nicht verstanden, Quoth. Ansonsten habe ich an Deinem Beitrag nichts zu meckern
Ich persönlich glaube, es gibt im Augenblick so etwas wie einen intellektuellen Antisemitismus (womit ich nicht den Herrn Wirt meine )
Künstler, Literaten, Denker fühlen sich durch dieses vermeintliche Verbot einen Juden zu kritisieren, provoziert. Und da Künstler natürlich selber gerne provozieren, hauen sie zur Zeit gerne auf die Juden drauf. Weil sich dann alle so schön aufregen. Da ich davon als Person betroffen bin, finde ich das nicht so richtig fett.
Man sollte über Personen, politische Gruppen, Regierungen sprechen - aber den begriff des "Juden" außen vorlassen - gebenso wie man nicht über "die Türken" sprechen sollte oder die Deutschen. Das hat etwas mit präziserem Denken zu tun. Auch "die Amerikaner" gibt es nicht. Die Kinder der Ermordeten leben noch, und sie sind halt empfindlich. Meist verschweigen sie es sowieso. Auch Ihr werdet Juden kennen, und es gar nicht wissen. Ich denke Kriege lassen sich leichter vergessen, als die Idee, dass man uns ausrotten wollte. Und wir haben uns nicht gewehrt, haben es nicht geglaubt. Wäre es nur ein Krieg gewesen.
Kyra
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erstellt am: 04. September 2002 15:03
.....würde er sich einem ebensolchen Verfahren stellen müssen, wenn er einer Türkin den Zutritt verwehrt hätte? Wohl kaum
In München vielleicht nicht. Aber in Köln und Berlin schon. Ich habe auch nichts dagegen, wenn man Idioten einsperrt, aber sie sollten in der Zeit was lernen. Ich halte die Strafe weder für zu hoch, noch für zu niedrig. Sie wird zwecklos sein. In Köln ist keiner mehr in diese Disko gegangen. Er war dann pleite. Das wird aber in München nicht so sein.
Kyra
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erstellt am: 04. September 2002 15:08
Griffon, Dickes Beh,
habt Ihr beide eigenlich Euch auch nur einmal versucht vorzustellen, Eure Großeltern wären im KZ umgekommen und Eure Eltern wären da fast verreckt und hätten noch eine Nummer am Unterarm? Tante und Onkel wären bei medizinischen Versuchen mit Kindern umgekommen. Habt Ihr Euch das auch nur einmal wirklich vorgestellt? Oder Ihr wolltet fliehen und kein Land wollte Euch aufnehmen? Eure Großeltern hätten alles zurücklassen müssen, Eure Eltern wären in bitterer Armut aufgewachsen. Nur weil es damals hieß: Juden müssen ausgerottet werden.
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