Treppen
Die große Treppe, sie verband die Flussstadt mit der Oberstadt.
Die kleine Geldbörse fest mit der Hand umschlossen, rannte ich die Stufen hinauf. Genau auf halber Höhe war der Konditor, das Geschäft so winzig - nur ein Kunde konnten hinein. Davor immer eine lange Schlange. Die alte Dame überholte ich mühelos, nur von oben kam ein junger Mann in grünem Pullover, zwei Stufen auf einmal sprang er hinunter. So schnell ich auch lief, er stand schon an, als ich keuchend ankam.
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Flüsternd wiederholte ich meinen Auftrag - eine Käsesahne, zwei Schwarzwälderkirsch und ein gedeckter Apfelkuchen. Wie ein Gedicht. Immer neu betont.
Endlich war er dran - eine Prinzregententorte, bitteschön.
Wir führen keine Prinzregententorten. Nur das was sie hier sehen.
Er schien nicht zu verstehen - eine Prinzregententorte bitte?
Die Verkäuferin schüttelte den Kopf und sah ihm dabei in die Augen. Leise wiederholte er, eine Prinzregententorte.
Die Frau hinter der Theke blickte an ihm vorbei auf mich herab. Sofort sagte ich mein Kuchengedicht auf. Als ich den Laden verließ, stand er immer noch da, in die Ecke gedrückt. Die alte Frau nach mir beäugte ihn kurz, dann deutete sie auf die Nussschnitten.
Mehrmals drehte ich mich um, als ich die Treppe hinunter stieg. Der Mann kam nicht wieder heraus.
[Diese Nachricht wurde von Kyra am 25. September 2002 editiert.]
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