Wieder ein Montag morgen und das Leben geht an ihr vorbei wie eh und je, ohne nach dem Weg zu fragen. Besser ist es, eine Nummer größer zu kaufen, Sohlen können Sie immer noch einlegen. Ihm weint sie keine Träne nach. Zu klein ist eng und Hühneraugenpflegen ist verlorene Liebesmüh. Am liebsten wäre sie liegen geblieben. Sie stemmt die Hände ins Kreuz und richtet sich auf. Es knackt im Rückgrat. Eine Gänsehaut kriecht ihren Nacken hinauf.
"Ham", sagt das Kind.
Sie öffnet die Frühstücksdose und nimmt das Brot heraus, ohne Butter, halbiert und zusammengeklappt und der Käse darf nicht zwischen den Scheiben hervor stehen, sonst gibt es Gemecker, und reicht es dem kleinen Jungen, der auf dem schmalen Fensterbrett sitzt und mit den Beinen baumelt. Die Schuhsohlen klopfen rhythmisch an die Wand, drucken schwarze Gummispuren auf das weißgetünchte Mauerwerk. Das Kind schüttelt heftig den Kopf.
"Bobbi will Misi trinken",sagt es und zeigt auf ihre Brust.
Seine Arme umschlingen ihren Hals,seine Wange schmiegt sich an ihre. Gemeinsam setzen sie sich auf die oberste Treppenstufe neben die Regale mit den Schuhkartons. Das Kind zerrt ungeduldig an der Bluse.
"Ham", sagt es.
Sie öffnet die Knöpfe am Ausschnitt,schiebt den Büstenhalter hoch und legt das Kind an den Busen, spürt, wie die Milch zu fließen beginnt, lauscht dem Saugen und Schlucken. Ist sie schön? Das Kind zerwühlt ihre Haare, zappelt mit den Beinen in der Luft. Und wer kümmert sich jetzt um sie? Gern schwarz wie meine Seele. Frisch gebrühter Kaffee von Hand, nicht mit der Maschine aufgesetzt, ihr zu liebe. Sonnenstrahlen rieseln durch die staubige Fensterscheibe auf ihr Gesicht, einem warmen Regen gleich,eine Maske aus Licht. Jung ist schön.
"Ah", sagt das Kind und lacht und klettert von ihrem Schoß.
"Brmm-Brmm."
Ein rotes Feuerwehrauto stürzt die Treppe hinunter.
"Möchtest du noch Brot essen?"
"Nein!", sagt das Kind,schleudert das Brot auf die Holzdielen und schlägt auf ihre Hand.
Sie hält einen kurzen Moment inne, unterdrückt den Impuls zurückzuschlagen, glättet stattdessen die Falten im Rock.
"Heb bitte das Brot auf."
Das Kind wirft sich vor ihre Füße und brüllt. Sie macht einen großen Schritt hinüber zur Kasse, nimmt den Schlüssel vom Haken, schließt die Ladentür auf und schiebt den Holzkeil unter den Türrahmen. Mülleimerräder rotieren über das Kopfsteinpflaster, als wollten sie es windelweich kloppen. Der Funkenflug einer Kippe landet im Rinnstein. Die erste Sternschnuppe heute. Wünsch dir was. Das Gebiss des Müllmanns ist makellos weiß. Er grinst bis über beide Ohren, tippt zum Gruß mit der Hand an die Stirn. Orange ist sein Anzug. Orange gefärbt waren seine Haare. Erwendet sich ab und drückt den Hebel an der Kippvorrichtung nach unten, lässt die Tonne sanft zu Boden gleiten. Es stinkt nach Katzenpisse. Sie dreht das Pappschild an der Scheibe um: Geöffnet.
(...)
wird fortgesetzt
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