Gott liebt Gänseschmalz, und die Menschen liebten es auch. In Seinem unaufhörlichem Bestreben, Sich und den Menschen durch die Wunder Seiner Schöpfung jeden erdenklichen Wunsch zu erfüllen, rief Gott Luzifer vor seinen Thron. "Engel des Feuers, brat mir auf der Stelle alle Gänse der Erde. Ich empfinde Lust, Schmalz zu erschaffen, und Du besitzt nun mal die größeren Herde!"
"Aber, Allmächtiger, wer soll denn nur die ganzen Gänse schlachten und rupfen?" Der Fürst der Finsternis wagte tatsächlich, gegen Gottes Ratschluss praktische Überlegung zu setzen.
Der Herr runzelte die göttliche Stirn, Sternenstürme brausten durch das All und Seine Stimme hallte wie tausendfacher Donner: "Luzifer, laufen nicht genügend Heiden durch Deine Gefilde, Unwissende und Unbelehrbare, welche in alle Ewigkeit nicht den Versuch einer Bekehrung lohnen: Diener dieser einen Kirche, Blaublütler, Juristen und ihre Henker, Wissenschaftler, Philosophen und Künstler, da besonders die geschwätzigen Erzähler? Nimm jene und vergiss auch nicht die Politiker, welche besonders verstehen zu rupfen!"
Es geschah nach Gottes Wille, wie alles nach Seinem Willen geschieht. Schon bald durchdrang der Duft nach gebratener Gans auch den letzten Winkel der Unterwelt. Luzifer, Herr über alle Qualen, beeilte sich, die leckeren Vögel aus den Öfen zu bekommen, drohte doch das Wasser in den Mündern der armen Seelen, das Höllenfeuer zu löschen. Nachdem er die knusprigen Braten zusammen mit dem ausgelassenen Gänsefett im Himmel abgeliefert, eilte er auch flugs zurück, die Disziplin wieder herzustellen und Heiden aus Villa Riva die Bratreinen waschen zu lassen.
Gott zog sich mit den goldbraunen Gänsen in Seine Versuchsküche zurück, denn auch die Schöpfung von Schmalz bedarf der Erprobung. Ein Vorteil lag bei Ihm, allwissend kannte Er jedes Rezept. Doch selbst das allerbeste Rezept braucht noch die Verkostung, auch das wusste Er, der den Gaumen geschaffen.
Gott machte Sich ans Werk: Allein aus Seinem Willen trennte Er das Fleisch vom Gebein, würfelte es klein und mischte es durch ein Zwirbeln Seiner buschigen Augenbrauen unter das Gänsefett. Luxus, aber ein lässlicher - ein wenig Bratenfleisch im Schmalz waren noch nie eine Sünde. Nun steckte Er, den Geschmack zu versuchen, Seinen Zeigefinger in das Gemisch, und - fast hätte die Gloriole des Fingers das schöne Schmalz verbrannt - kostete: Es fehlte das Salz täglicher Sorgen.
Dem war schnell abgeholfen, noch ein paar geröstete Zwiebeln des guten Gewissens und drei Äpfel vom Baum der Erkenntnis, gleich danach der nächste Versuch. Er schnalzte mit der Zunge: Einfach göttlich, das Gänseschmalz!
Auch die Menschen waren begeistert. Sie aßen und aßen und fraßen und platzten.
Diese Geschichte ereignete sich im Jahre 2004 des Herrn. Gott war gezwungen, Seine Vorhersehung zu revidieren, welche das Ende der Menschheit für 2006 festgeschrieben, wenn die Sozialdemokraten auch die nächste Wahl gewinnen und Deutschland nicht Fußballweltmeister werden sollte.
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