Auseinandersetzung mit Alfred Rosenberg - man muß wissen, woran man ist
(Ich werde im folgenden Rosenbergs MYTHUS DES 20. JAHRHUNDERTS kommentieren.)
Rosenberg beginnt mit einer These: Das Blut, welches starb, beginnt lebendig zu werden. (S. 1) Nach Jahrhunderten vernünftigen Kämpfen rebelliert das Blut. Rasse statt Vernunft. Rasse ist für Rosenberg die Außenseite der Seele (S. 2), die Seele im Umkehrschluß Rasse von innen (S. 2). Damit schafft er schon einen Begriffskontext, der hermetisch bleibt. Aus seiner These formuliert er das Ziel seiner Abhandlung: aus dem neuen Lebensmythus einen neuen Menschentypus schaffen (S. 2).
Wichtig sind die Parameter des NS, die Rosenberg setzt. Der NS bejaht den Straßburger Münster und die Wartburg, wohingegen das AT und das römische Zentrum (als Weltzentrum zu verstehen) verneint werden. Das sind ästhetische Anhaltspunkte. Als Patrioten und Protestanten kann der proselytierte Kathole mich damit nur gewinnen. Auch ich bin gegen den Universalreichsgedanken unter katholischer Führung und auch gegen die Gottauffassung des Alten Testaments, sehe allerdings Gott als einen sich Entwickelnden, also einen, der sich aus dem Auge um Auge.. des ATs in einen Verkünder unbedingter Nächstenliebe - Und wenn dich einer auf die eine Wange schlägt, so halte ihm auch die andere hin - entwickelt. Allerdings hat Rosenberg das nicht im Sinn, diese Entwicklung aufzuzeigen, statt dessen nennt er Wagner und die Gotik als Anhaltspunkte, die Juden als Ursetzer der feindlichen Prinzipien auf der anderen Seite. Er will eine Siegführung der bisherigen Rebellen (!), will das Chaos in gleiche Seelen- und Geisteshaltung gleichschalten (S. 14). Gleichschaltung? Seelen gleichschalten? ? Hier darf gefragt werden.
Ich will jetzt nicht danach fragen, wie der Sieg errungen werden solle, auch nicht, was mit den Besiegten geschehen solle, auch nicht, ob ein Mythus für die bisherigen Verlierer sinnvoll formulierbar sei: nein! Ich will fragen, ob die Gleichschaltung der Seelen zum Zwecke der Herbeiführung eines bisherig sieglosen Prinzips wünschbar ist! Seelengleichschaltung kann in meinen Augen kein (sonstwie artikuliertes) Ziel sein. Sicherlich würde sich mit der Nivellierung von Gegensätzen ein Gutteil Chaos in der Welt beseitigen lassen - vielleicht, sicher kann auch das nicht sein -; allerdings aber sind Gegensätze gerade lebensbejahend, gerade das, was Spiel der Kräfte erst zuläßt, was Menschsein möglich macht. Der Mensch lebt in sich die Gegensätze, er klammert sich aus, gelegentlich, aber in seiner Gesamtheit benötigt er ENT-Wicklungen, muß sich im Kontext seiner Zeit zu dem BILDEN, was er eben ist, und sei es ein Monster. Gleichschaltung und der Verlust von Feindung ist Lebensverzicht, ist Gewalt und geht gegen die Natur des Menschen, wogegen er sich wehren dürfte, früher oder später.
Ich sage NEIN zur (beabsichtigten) Gleichschaltung der Seelen!
Aber sehen wir, wie Rosenberg seine Zielstellung erreichen will, was er an Indizien anführt, wie er die Begriffe bestimmt und welche Feinde er wie bekämpfen will, und wie er merzen will, was ihm nicht paßt, das widerspenstige und sich chaotisch gerierende Menschengeschlecht.
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