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Merkels weitere Kanzlerschaft hängt wohl von der Bewältigung der Flüchtlingskrise ab. Via Fernsehen versucht sie, Millionen Menschen ihre Politik zu erklären - die vielen Angst macht. Dabei findet sie pathetische Worte.
Jammerei von Politikern kann
Angela Merkel nicht leiden. Auch nicht in schwierigster Zeit wie jetzt in der Flüchtlingskrise. Die Kanzlerin sitzt hochkonzentriert in der Sendung der ARD-Moderatorin Anne Will und versucht am Sonntagabend, einem Millionen-Publikum ihre Politik zu erklären. Politiker, die vor allem über das Scheitern sprechen,
haben ihrer Ansicht nach den Beruf verfehlt.
Merkel will "Humanität zeigen"
"Anne Will": Kanzlerin verteidigt Flüchtlingspolitik - mit viel Pathos. So ballt sie die Hand zur Faust und spricht etwas lauter: "Man ist nicht Politiker, dass man die Welt beschreibt und sie katastrophal findet." Manchmal sei sie auch verzweifelt, räumt sie ein. Aber dann versuche sie, etwas Vernünftiges daraus zu machen.
Merkel bemüht sich, die Sorgen der Menschen vor Überforderung Deutschlands mit der Aufnahme von Flüchtlingen aufzugreifen und zu beruhigen. Sie glaube, dass viele Menschen ihr Bemühen um eine europäische Lösung für vernünftig hielten - "aber viele noch nicht daran glauben".
Und dann pocht sie wieder auf ihren Weg: "
Meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit besteht darin, dass dieses Europa einen gemeinsamen Weg findet." Sie bleibt pathetisch: "Das ist eine ganz wichtige Phase unserer Geschichte." Es werde sich entscheiden, wie sich Deutschland und Europa für die nächsten Jahre aufstellten. Ihre Priorität sei,
Europa zusammenzuhalten und Humanität zu zeigen.
Mit keinem anderen Format erreicht sie direkt ein so großes Publikum. Mit keiner Regierungserklärung im Bundestag, die in der Regel nicht länger als 30 Minuten dauert und in Gänze wohl nur wenige Bürger erreicht, kommt die CDU-Vorsitzende so nah an die Bevölkerung heran. Und nirgendwo sonst können Millionen von Menschen die Regierungschefin in einem einstündigen Gespräch erleben, in dem sie in Ruhe sprechen kann, aber auch kritische Fragen beantworten muss.
Angela Merkel hat keinen Plan B
Am 7. Oktober hatte Merkel bei Will gesagt, sie habe einen Plan. Schon damals hatte sie erklärt, dass sie
gegen eine Obergrenze ist, weil das inhuman und rechtswidrig sei. Sie hatte gesagt, dass Kommunen geholfen werden müsse, den Andrang der Hilfesuchenden zu bewältigen. Dass der Zuzug geordnet und gesteuert werden und die Lasten in Europa solidarischer geteilt werden müssten.
Doch Gemeinden, Helfer, Sicherheitskräfte haben nicht weniger Arbeit und Sorgen als vor fünf Monaten. Und auf europäischer Ebene hat sich in Sachen Lastenverteilung gar nichts bewegt. Osteuropäische Länder wehren sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen, Österreich hat Tageskontingente eingeführt, nun "stauen" sich Flüchtlinge in Griechenland, das nicht weiß, wie es beides zeitgleich bewältigen soll: Flüchtlingskrise und Finanzkrise.
Merkel, die Athen in der Schuldenkrise massiv unter Druck gesetzt hatte, mahnt jetzt: "Dieses Land können wir doch jetzt nicht im Stich lassen."
Am Sonntagabend fragt Anne Will Merkel, ob sie einen
Plan B habe: "Nein, ich habe ihn nicht. Ich habe einen anderen." Sie bleibt dabei: Keine Obergrenze, Zuzug ordnen und steuern, europäische Lösung suchen. Merkel hofft nun auf den zweiten EU-Türkei-Sondergipfel am 7. März. Ein Woche vor den Landtagswahlen.
Will fragt, ob Merkel persönliche Konsequenzen ziehe, wenn der Gipfel schiefgehe. "Nein", antwortet Merkel blitzschnell.
"Dann muss ich ja weiter machen." Sie betont das Muss. Wenn es in einer Woche nichts werde, gebe es den nächsten Gipfel.
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