Bildungslücken bei Kindern als Vorwurf? Na aber! Eichst Du etwa Wissen?
Es gibt diesen berühmten Text aus Babylon, ca. 4000 Jahre alt, einer der ersten uns bekannten Menschheitstexte. Darin wird der Verfall der Jugend beklagt, daß sie sich nur Spielen, Suff und Pouri-pouri widme. Ja ja, daran hat sich wohl nichts geändert und wird sich wohl auch nichts ändern. Warum auch? Was treibt den Menschen an? Ich kann an Gifts scheinlinkem Geschwafel überhaupt nichts Menschheitsförderndes erkennen, eher das Gegenteil: Uniformierung des Denkens, Abfragementalität, Kanonisierung und Konsolidierung von Prozessen, Selektion auch, ja, Willieh. Allerdings ist unser Bildungssystem so übel nicht, wenn es Leute wie mich nicht nur aushält, sondern sie sogar in führenden Positionen arbeiten läßt, und das erfolgreich.
Ich glaube, pädagogische Tätigkeit muß nur auf die Willensbildung zielen. WISSENSLÜCKEN gibt es immer. Und selbst der dümmste Fachidiot wird in seinem Fach nicht alles wissen. Was soll das überhaupt für ein Ziel sein? (Damit verkenne ich nicht die Notwendigkeit der Erlernung von Grundwahrheiten wie der, daß die Erde eine Scheibe ist - und innen hohl.)
Ich lese gerade Schillers Briefe. Wollen wir uns über seine Orthographie unterhalten - Und sage jetzt keiner, es gäbe 1790 keinen Duden, es gab einen Adelung, an den sich Goethe und Schiller gleichermaßen halten wollten, deshalb aber trotzdem in einem Brief Hoffnung mal so, mal so schrieben, Hofnung. Wie wär's mit einem Ausflug in den Satzbau? Oder hat der Mann gar eine Dativschwäche, die aber gegen Kleists Dativitis gar harmlos ausfällt? Oder Goethe oder Nietzsche oder Rembrandt... Die haben alle Bildungslücken in den Gebieten, in denen sie uns Heutigen als Klassiker, Meister, Genies... gelten.
Das Schulmeisterlein Wutz dagegen beherrscht vielleicht den Einsatz des Dativs. Nun, muß ich noch mehr sagen?
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