Zuerst wurde über ihn getuschelt, dann seine Kunst madig gemacht, man stellte ihm dezente Fallen, in die er in seiner Ahnungslosigkeit prompt hineintappte, man tat alles, was es gibt, um einen guten Ruf zu untergraben und schließlich - ich will hier nicht weiter auf die ganze Geschichte eingehen - schließlich sah er sich von der ganzen feinen Gesellschaft isoliert und niemand mochte ihn mehr.
Da begann er zu saufen und ließ sich in jeder Beziehung gehen, schlief am Tag und lungerte nachts herum, seine Haut wurde aschgrau, die Haare fielen ihm aus und seine Zähne putzte er auch nicht mehr und keine Dame, die auf sich hielt, wäre fürderhin auf die Idee gekommen, ihm Modell zu stehen, sitzen oder liegen.
Oh, diese Götter!
Aber Pintepios wollte wieder malen, und so nahm er halt, was er bekam.
Xauxhilt hatte keinen guten Ruf mehr zu verlieren, im übrigen war sie hager, mit ledriger Haut, hartem Mund, Hakennase und Fischaugen und überall standen ihr die Knochen vor. Als er an ihrer flachen und huzeligen rechten Gesäßbacke herumpinselte und sie gerade eine Rauchpause einlegen wollte, und weil er in seinem Suff nicht wußte, was er tat, ließ er sich dazu hinreißen, den Kubon zu zeugen, dessen Nachkommen alles in eckige geometrische Formen zerlegten und den Konstruktivismus und den Minimalismus erfanden.
Aber es ging immer noch weiter bergab mit Pintepios. Und da lag ihm eines Tages die fette Schnorzgurte Modell; alles an ihr schwabbelte und quabbelte, sie roch penetrant ungewaschen, ihre unappetitliche Haut schimmerte in unmöglichen Farben von schwefelgelb bis blaßlila, und als der verkommene Gott ihren monströsen Hintern malte, kam er auf die unglückliche Idee, sich und der Mitwelt beweisen zu wollen, daß er immer noch kann und zeugte unter großer Anstrengung den Tachos. Der machte sich schon als Säugling weithin durch lautes Geschrei und penetrantes Geplärre bemerkbar, und er wurde der Anherr aller Tachisten, Informellen, Verfremdungskünstler, Umweltmißgestalter und Sprühdösler.
Die Götterkollegen klopften sich zufrieden auf die Schultern.
Es war klar, daß sie, bei aller olympischen Liberalität, so einen wie den Pintepios nicht länger unter sich dulden konnten. Adel verpflichtet schließlich. Sie verstießen ihn aus dem Olymp, und ich kann nicht sagen, was weiter aus ihm geworden ist, denn an dieser Stelle seiner Übersetzung vermerkt Hieronymus: "Stimme wegen Flugzeuglärms nicht mehr zu verstehen." Alles was an Pintepios erinnerte, Tempel, Statuen und alle seine Bilder wurden vernichtet, sein Andenken aus allen Gedächtnissen gelöscht.
Nur die Werke seiner Nachkommen zeugen weiterhin von Pintepios, dem Gott der Maler. Classos und Phantos und deren Sühne und die S?hne ihrer Sühne überschwemmten die Welt geradezu mit herrlichsten Kunstwerken in leuchtenden Farben, von Ravennas Mosaiken über das Wunder der Fenster von Chartres, die Meisterwerke der Renaissance und des Barock bis hin zu Impressionismus und Moderne. Doch dann setzten sich mit marktschreierischer Wichtigtuerei immer mehr die unsympathischen Nachkommen der dürren Xauxhilt und der fetten Schnorzgurte durch als Avantgarde eines verkommenen Kunstbetriebs, womit wir bei der Gegenwart angelangt sind.
Pintepios, 1984
Meine Ausführungen sind, wie gesagt, nur eine vorläufige kurze Zusammenfassung und in Einzelheiten, weil die Übersetzungsarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, vielleicht sogar nicht ganz korrekt, zumal am Schluß, wo mir meine eigenen Gedankengänge ein wenig mit hineingerutscht sind.
Der alte Mann übrigens, der den Text sprach, ist der letzte Nachkomme des einzigen Freundes, der auch dem verachteten Pintepios noch die Treue gehalten hat, des Schweinehirten Bartoklos.
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