sonnenuntergangsgelb
saftig gelber nadelfächer
stichelt meine linke schulter
rastert meine linke wange
tackert meine linke hand
ans gestreifte lenkrad
fahr ich durch die eichenallee
baum licht baum licht baum
sonnenuntergangsgelb
saftig gelber nadelfächer
stichelt meine linke schulter
rastert meine linke wange
tackert meine linke hand
ans gestreifte lenkrad
fahr ich durch die eichenallee
baum licht baum licht baum
die haut ist noch feucht
wir essen das schwarzbrot
mit schlenkernden beinen
sitzen wir in der mondschaukel
erzählen uns unser leben
und trinken tau
mondgelbes friedhofskind
spielte, wo geister sind
und pflanzte vergissmeinnicht
an orte des nicht
an irgendeinem grab
weiß nicht, wer da am leben starb
stieg es hinab
mit mondgelbem zauberstab
tränkte die toten mit safranmond
ihren lebendigen horizont
legte in honigruh
sich selbst dazu
mehr ists mir nach einem süßen lied
wie schwerer alter wein
ein ruhiges rotes
das ins blut sich zieht
wie ein gift in alle tiefen dringt
wie der schiffer auf nachtwache singt
ist er allein
es ist immer das alte gleiche lied
von der liebsten ferne daheim
die nicht weiß, ob sie ihn je wieder sieht
aber weiß
er ist jetzt allein
diese texte sind auf dem weg, aber sie sind noch nicht lyrisch in dem sinne, daß ich neugierig bin, wie's weitergeht. pflichtbesessen lese ich aber weiter, denn vielleicht wird's ja doch noch lyrisch.
ist das nicht eher ein kriterium fürs dramatische oder epische? wissen zu wollen, wie es weiter geht?
was ist für dich lyrisch? ist es ein inhaltliches oder ein formales kriterium? bitte beschreibe es genauer.
am glatten buchenholz flügelschwirrend
krallen wir. schon wird es nacht. sag an,
frage ich dich, wann kommt die nächste
pfeilschnellblaue libelle an uns heran?
willkommener rücken zum nächtlichen ritt
wir sitzen schon auf und lassen uns tragen
im tiefflug über wortgras und würmelnde sätze
fliehen wir luftcatcherfallennetze
so herrlich synthetisch auf geflügeltem ross
ists ganz deutlich zu spüren: du bist der boss,
libelle, der dunkelheit wasserfülle
durchschießen wir heil
mit lichtgeschwindigkeitsschnelle
und schon ists wieder tag und wir springen ab
auf tauglitzernder wiese ins tal hinab
eine schlittenfahrt in die wärme, den morgigen tag
kommen an, stehen auf, schütteln ein nachglitzern ab
und wortreich trifft mich vom satzschatz ein kuss
dass ich libellenschnell adverbial lachen muss
schön, schön, üben wir uns im automatischen Schreiben, Sarraute, ick hör dir trapsen.
was verstehst du unter automatischem schreiben? sarraute kenn ich nur als prosaistin. stellst du mal ein gedicht von ihr ein?
sind verneinende aussagen und schubladenettiketten alles? oder dienen sie, etwas zu sagen ohne sich damit auseinanderzusetzen?
kurzrotzbesprechungen ohne wert. oder doch: we were here. ja, danke .
...oh, ich wollte dich nicht ärgern. Wollte nur, ganz kurz, die Wirkung anklingen lassen, die das Lesen bei mir hat. Mag sein, dasz ich völlig falsch liege: Mir war, mir ist, als wenn die Texte in einem Rutsch geschrieben wurden, 'automatisch' halt (und dafür ist die S., auch wenn sie keine Gedichte geschrieben, hat ein guter Verweis - ich hätte auch auf die Meersburger Annette in hinweisen können, aber das wäre nicht so augenfällig gewesen). Das sagt noch nichts über die Qualität der Texte aus. Sowohl S. als auch A. haben gute Texte geschrieben, las ich.
So. Ärger weg?
Mit Grüßen
Lester
liebe susanna....
mir gefallen deine texte sehr...
sie beinhalten eine gewisse melancholie oder auch leiden-/ schaft...
ich kann die stimmung deiner texte sehr gut nachempfinden. ich glaube, du bist ein sehr sensibler mensch, der fest in die tiefe geht, das ist schön. vorallem habe ich ich das gefühl da ist nichts gespielt in deinen texten (obwohl die sprache schön verspielt ist), sondern das bist du...
ich werde mir mal zeit nehmen, die texte genauer zu lesen und dir dann sicher nochmals schreiben...
danke, hast eine wunderschöne stimmung in mir aufleben lassen...
lou
ich bin gar nicht verärgert, will nur immer wissen, was jemand wirklich meint und was ich dann daraus machen kann
bin einfach grundlegend neugierig. und wenn ich so wort hingeworfen bekomme, will ich damit arbeiten.
ich weiß nicht, was man unter automatischem schreiben versteht. im germanistischen sinn. ich stelle mir darunter einen bewußtseinsfluß, inneren monolog, ohne gestaltung vor. wer ist denn die meersburger annette?
meine sachen sind aber übergestaltet, auch wenn sie so tun, als nicht. ich arbeite mit bestimmten leichtigkeits-brücken, reimen oder parlando, vor allem aber mit rhythmus. den ewig gleichen oden-ton nehm ich nur für die wirklich gewichtigen sachen.
für mich ist lyrik wie alle kunst gestaltung in erster linie. handwerkszeug, das eine intuition genauso umsetzt, wie ich es will. dazu gehört auch die abrundung für mein begriff, das "aus einem guß". die arbeit darf man aber wie bei einer tänzerin nicht sehen, ich stelle ja endprodukte aus, nicht halbfertigware. die tänzerin kann im tanz nicht innehalten, die arbeit ist langes training vorher und blindes vertrauen in dieses beim nächsten schritt.
dem steht automatisches, nicht gestaltendes schreiben halt völlig entgegen.
aber ich freu mich nun zusätzlich, Lester, daß du dich erklärt hast. danke
gioconda
leonardo
lächelgesicht
löchriger
sohn voller hass
quellender mütter
selbdritt
und doch
als du gingst
tröpfelte mir das herz
renaissant
ins aufgerissene fleisch
deine mathematik
selbdritt
war richtig
der blick des geiers
des betrachters
von oben
auf dich
lächelnde beute
Leporello
Monsieur gießt sein Gelächter in die Mediterranee**
Madame promeniert folgsam in der Realite`
Auf Wiedersehen, Liebster, auf Wiedersehen Du
Il n`y a pas Gegenüber, mais enfin c'st la Ruhe`
Helas - il y a Vous
Madame überdenkt den Adresse`
Vraiement, il a un peu changè`
Ich hätte bald lui pas reconnu
A la recherche du temps perdu
Na, salut
Monsieur senza te leone
Versenkt sich in five proximalere relazione
Madame schenkt zum Abschied für den spröden renvoi
Ihm einen veritablen terminus Delacroix
Pas de quoi
Somente sie seufzt dank ihrer education
Dies war ein sous-niveau accident
Fortiter in modo, meme medicale in re
Aber wie ich das übersteh
Sotto livello leporello
Monsieur seufzt nicht. Schon in posizione
Für den follow-me-next relazione
Madame aber schießt sich ihr Eigentor
Crede mihi a nouveau im Geiste vor
Very english poi sempre : what for? What for?
Doch die giorni sequenti vergehen schneller
Beide devinrent traditioneller
Madame schickt gelegentlich ihre Honneurs
Monsieur schickt spiritually fleurs
Oui - 'ca occurs
Und wenn sie cruciate their voies
Sprechen sie solo concerning Delacroix
Führen sich par la main*
Par cet enfer moderne* und haben sich gern
** Brel - Zitat
*,* Aragon-Zitat
fumatures
al-louez de la lumiere!
la bastille intellectuelle
vous attendrait!
vite, vite, les penseurs!
open your brains!
down the quotation-marks!
drown them into the historicity
where they belong!
think new:
originarily bottom above!
streichholz-rauchzeichen o.ä.
lobt/entzündet die aufklärung/das licht!
die intellektuelle Bastille
wartete (konjunktiv) auf Euch!
schnellschnell/auf ihr Denker!
öffnet Eure hirne!
nieder mit den zitatmarken/anführungszeichen!
ertränkt sie in der geschichtlichkeit
in die sie gehören!
denkt neu:
originär das Unterste nach Oben/alles auf den kopf gestellt!
als ich noch gar nicht dachte
an ein bleiben
an winter nicht
nur lust und freies spiel
und flug und nacht und sommerziel
und sternentanz und s??es regenflüstern
da hast du uns ein haus gebaut
am ende der kreisenden stufen
winterfest und warm und heim
mir schon vertraut als könne nichts anders sein
hängtest dein herz in die innerste kammer
brachtest sein leuchten bis in den oktober
und mit den blättern golden getrieben
ziehe ich ein
dich dort zu lieben
nichts ist vergebens - es zielt, was blind von eines bogens saite
abgeschnellt, nach vorn! hin zu! ganz ungebremst sich selbst verbraucht
ins ihm bestimmte. und endlich sterbend wie das samenkorn - trifft.
Drei Hybriden!
der eremit
in zeit zurückgezogen und in stille
ganz ohne worte ist ihm gut
ein leiser selbstbestimmter wille
zu blassem schweigen in die lichte stille
und bilderwelten kommen zu besuch
der menschen worte klopfen an die hülle
feindstofflich. kein erzürnen wärmt sie auf.
er lächelt, lacht vielleicht aus seiner reichen fülle
und nickt ein wenig, wechselt seine brille
und hält sich nicht mit jedem davon auf
er scheint, selbst nichts bewegend, stets in sanfter kleinstbewegung
er atmet welt in stillen zügen ein und aus
ist eins mit ihr, ist selbst sie, eine fortbewegung
ein bloßes phänomen aus bildern jegliche begegnung
zieht in ihn ein, verweilt ein wenig und zieht aus
erinnern ist besehen von gemälden
ein lächeln, manches mal ein wundern, schon: nicht mehr ...
ist keine gegenwart, nicht von den dingen, die mal zählten
von ihm gewählt oder die ihn, den still bewegten wählten
er atmet langsam aus. es dauert ihm nichts ... sehr
--------------------------------
vergleichendes vorurteil
gallegiftgelb gutmenschhasser
hassen wirklich
stupitate!
selbstgerechte hassen niemals
ruhen in sich
lobversunken
denn sie sind mit sich zufrieden
ruhen in sich
fast narzißtisch
doch nie schädlich, denn sie sind
sozialverträglich nur von sich
betrunken
--------------------------
erbe der brilliantin
ihrer nebensätze fäden
reichen lebenslang den dichtern
lyrikbändchen
ihrer prosa folgenloser
blätter durchschnitts steller
schrift
ihrer parodie verschossen
- huits clos schlecht eingegossen
siffen siphonartig visi-
onslos creativi
huit romane
huit ich ahne einsamloser
leerideen
schön!
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Zitat von Susanna
hallo. eigendlich wollt ich nicht mehr, aber...
den Text würde ich aufbewahren für eine signatür, ein sprüchlein als Widmung oder sonst irgenwie.
Und wenn ich darf, werd ich ihn bewahren. Im Herzen auf jedenfall
da ich zu dem Intermezzo was gesagt habe, glaube ich, muss ich auch was zu den drei Hybrieden sagen.
In ihrer bewertung von mir, sind sie genau in der richtigen Reihenfolge geschrieben.
Ich weis nicht genau worin das Hybride bestehet, aber das kannst du mir sagen oder auch nicht. Was ich sagen will, das Erbe ist mir egal, wie ich deine texte kenne intelektuell sicher interessant, wenn man den Intelekt hat, aber mir fehlt er im bereich der gewichtung ich ahne lediglich und ließ sich für mich von den dreien am unleichtesten lesen. Im Sinn habe ich ihn aber, denke ich, begriffen, rudimentär.
Vergleichendes Voruteil ist fast so gut wie nummer 3 das Erbe, aber ich finde es vom Inhalt doch ein wenig besser und klar in seiner Ausage, der ich wert zumessen kann, wenn auch nicht mehr wichtig, nichtsdestotroz wahr und wichtig. Man sollte mehr dort denken und wahrhaftig schließen.
Der Eremit der Erste den Text Liebe ich.
Frohn
In aufr. poch, poch
HuG
das herz schlägt leiser nun
noch bäumt der sommer
doch es ist schon herbst
in morgentau
und abendzwielicht
greift ein fremdes frösteln
wie in ein ungestörtes heim
der marschbefehl zum krieg
was überbordend in den sommer
nackt getragen
zieht sich zurück in dicke hüllen, dicke kissen
und noch von innen führt man wärme zu
und gut ists, einen freund zu wissen
ein Du
in manchem sturm ward man bereits ganz wüst herumgewirbelt
so mancher, stärker noch, steht irgendwo
ganz hinten über fremdem meer bereit
doch hinter ihm, aus dickem eis ein kleid
kommt einer, der noch stärker schneit
wir halten uns, einander nah, bereit
und schenken uns ein lächeln wie der mond so breit
JesoloUshuaia
Allen in Europa
Ziehe ich Dich vor
Wo die Schlafende
Die langen Wimpern
In den Grünen
Nur dem Kleinen geneigten
Schlick
Legt und das nahe Meer
Zu jeder Zeit
Salz ausdünstet
In den Nachthimmel
Der großen Schwestern
Die Einsamkeit
Nach dem Sommer
Eine gute Gefährtin ist
Nahe dem noch warmen
Meer
Dir gebe ich vielleicht
Noch vor Avila
Die Totenehre
Meiner Gebeine
Deinen Würmern
Zukünftige Vegetation
Einer stillen Stelle
An der ich dem schwarzen Kleid
Entschlüpfe
Direkt hinan
Und lasse mein Haus
Mit der Bank vor der Tür
In der Sonne meine Hunde
Staunend zurück
es geht mir nicht darum, etwas ungewöhnlich zu sagen - mehr darum, etwas ungewöhnliches zu sagen, so gewöhnlich wie möglich, auf daß es jeder verstehe.
Deine Absicht an sich ist doch ehrenwert.
Die Ironie, der gekonnte Schnitt mit dem Degen, fehlt. Kündet er von Abwesenheit nur an diesem Ort?
Allüberall entwindet man sich Seiner.
Wie sollte man mit Dichtung umgehen, wie mit diesem geformten, genormten Unding aus den Weiten des Kopfes, walten?
Worte sollten spazieren, sollten schwadronieren, sich beschnuppern, sich entkleiden, sollten die Erotik wieder einmal mehr entdecken. Aber wie aller Sex, würde auch dieser in Langeweile versinken, zerrte er nicht das Lachen bei.
Unsterbliche Lyrik ist für die Toten. Gebrauchsdichtung für die Lebendigen. Es entscheide ein jeder selbst, für wen er schreibe...
es geschehen noch zeichen und wunder! welche freude! Wieland, Dich zu sehen - und seist du ein gespenst, wiedergänger, von den toten auferstanden: schrieb ich nicht allzeit den toten und den lebendigen zu? selbst unkaputtbar und doch halb gestorben? ruhten wir nicht im ginster eines haiku und schrieb ich dir nicht die totenklage?
schnell - einen spiegel, mädchen, wie seh ich aus?
ach, schon ist halb zerfressen das lebendgesicht von deinen spuren, den tiefen falten und dennoch: strömt da nicht der busen den alten geruch? klappert da nicht das herz den alten gesang? rostet da nicht ein ring am gichtenen finger?
und bist dus denn wirklich - oder erlaubt sich das quälerische schicksal einen spielscherz ... wirft einem von hinten den längst verloren und vergangen geglaubten schatten als hologramm über die schulter von heute vor die augen von morgen, die vor tränen überquellen?
und seis drum, allerseelen darf es ruhig pochen im erinnerungsklaren sinn, dem tiefen eindruck versprochen, den du dort hinterließest! ach! seele du!
freude ists, unbändige!
Liebste Susanna,
manchmal kehren die Toten zurück. Und doch werden sie nie wieder Teil der lebendigen Welt. Tot ist tot, wie der britische Autor Gertrud Perkins unlängst in seinem Essay "Wider der Welt - Die Ahnungen meiner Großmutter im Altenheim "Zum wilden Senior" " schrieb.
Drum verschwindet Nebel wieder in den Nebel, raunt aber noch: "Leb wohl, meine dichtende Freundin."
W. Nebel (Nun wieder schweigend und tot!)
[..]
bist du einmal erstanden, so wirst dus wieder! längst haben wir uns bei den toten eingerichtet und hangen nicht an irdschen früchten. wir schliefen alle unter einem mond: der ginster, die dirnen und wir.
im nebel weiß ich dich zu finden, liebster des vergangenen wortes, du neige d'antan, du wackerer musketier! und grüße mir des Severus scharfe zunge - und der lieblichen Anouk feines wort: verlebt.
bei sunsgury: behüte dich Mann!
bis also die ewigkeit sich einen zyklus weiter wieder rundet und du mir greisin dann einen guten abend wünschest
tote wohl!
Der Vergessene (Arbeitsfassung)
von Gertrud Perkins
Aufsteigen, immer den gelegten Spuren folgen, aufsteigen, dies müsste er können, und so saß er am Fenster und lauschte den hohlen Geräuschen der Straße, die ihm vom Leben erzählten. Vom Leben? Dort draußen war etwas in Bewegung. Es stampfte voran. Es zog seine Bahnen. Der Kreis begann sich zu schließen. Waren sie nicht dort draußen. Sie!
Aufsteigen, so dachte er, und sog an seiner Zigarette und dachte an Martha, die ihr schwarzes Haar auf seiner Brust tanzen ließ, und an ihre abwesenden Augen, all die Beteuerungen der Liebe, die in ihm widerhallten, die ihn wegtrieben, weg von Martha, weg von diesem Leben.
Er lauschte, lauschte zärtlich, seit Jahren hatte er nicht mehr derart intensiv gelauscht, zugehört, nein, es war kein zuhören, mehr ein Baden in Geräusche, die ihm Angst machten, und dann wieder Freude, aber hauptsächlich Angst, denn er wusste, sie waren dort draußen: Menschen.
Ein Luftzug fuhr ihn an, von irgendwo her drang Luft ein, und er fuhr zusammen als hätte sich eine kalte Hand auf seine Schulter gelegt.
Er saß hier!
Ich sitze!
Martha lächelte ihn an, seine Martha, die nun einen Verleger am Rande der Stadt belächelte, die so tat, als gäbe es ihn nicht mehr, die ihn ohne Blick ließ, trafen sie durch Zufall einmal zusammen, sei es in einem Kaffeehaus oder im Schuhladen.
Martha hat mit ihm zusammen gesessen, sie hatte sein Ruhen, seine Unbeweglichkeit verstanden, so zumindest hatte er es gedacht, hatte er es vermutet. Aber dann eines Tages war sie aufgestanden und fort gegangen. Sie war in ihren Mantel wie eine neue Haut geschlüpft, und dann gegangen.
Er würde sterben, würde im Sitzen sterben, unbeobachtet, fern aller Menschen, vor sich ein aufgeschlagenes Buch, einen Füller und ein Gedicht über Martha. Er schrieb einzig noch Gedichte über Martha, denn sie war der einzige Teil seines Lebens, den er sich noch immer verinnerlichen konnte.
Er sitzt und schweigt.
Sitzt da und schweigt, die Haare sind streng nach hinten gekämmt, und er raucht, raucht unaufhörlich, ganz so als gäbe es außer dem Sitzen und dem Rauchen nichts mehr zu tun. Die Zigaretten sind ihm Atem, sind ihm Zugehendes, da dringt etwas ein, so denkt er, da will noch etwas in mich. Martha hätte ihn ob solcher Gedanken ausgelacht. Sie hätte ihm gesagt, Aber wir rauchen doch einfach, weil es uns Spaß macht, und er hätte zustimmend genickt, und gedacht, Oh, nein, deshalb rauche ich schon lange nicht mehr. Ich rauche, weil es mich erinnert, weil es mir den Tod vor Augen führt, den Tod meiner Eltern, meiner Geschwister, den Tod, dem ich entgangen bin, Ich bin übrig, Ich bin Strandgut, Ich bin verloren gegangen. Der Tod, er hat mich vergessen.
Aber Martha hätte ihn gescholten wegen solcher Gedanken, denn sie, die auch alles verloren hatte, sie wollte leben, und wahrscheinlich war sie deshalb auch gegangen. Er strömte Tod aus, und dieser ausströmende Tod hatte sie allmählich vertrieben. Wahrscheinlich hatte sie gespürt, dass wenn sie bei ihm blieb, er sie allmählich mit in den Tod ziehen würde, in jenen Tod, dem er entgangen war, aber wie er wohl dachte, zu Unrecht. Denn warum hätte er überleben sollen, während seine Freunde und seine Familie?
Er sitzt und hört!
Draußen setzt eine Frau ihre Stöckelschuhe, und er horcht auf, spitzt die Augen, und denkt für Sekundenbruchteile, Martha. Dann sackt er wieder in sich zusammen, denn er weiß, es ist nicht Martha und sie wird auch nicht wieder zu ihm zurückkehren.
Er schließt die Augen, er schließt sie langsam, lässt die Lider zuklappen, sie fallen wie Tore, dämmrig und schläfrig ist ihm zumute. Wasser fließt, er hört Rinnsale, die anschwellen zu Stromschnellen, und nun kommt ihm wieder der Fluss in den Kopf, der Fluss, der Fluss, so röchelt er inwendig, der Fluss.
Spaziergänge im Sonnenuntergang, Bilder wie aus einem Heile-Welt-Roman, Martha, die seine Hand nimmt und ihm zunickt, und ihn mit dem Fluss bekannt macht, Fluss, so sagt sie, dies ist Arthur, Arthur, dies ist der Fluss, und sie hatten sich angesehen, er und der Fluss, und schon damals hat er gewusst, ja, dies ist er, mein Fluss.
Später dann, als er beschlossen hatte zu sitzen, sich dem Ruhen hinzugeben, da waren sie kaum noch zum Fluss gegangen, obwohl er manchmal von ihm träumte, von ihm, dem Dahinfliessenden.
Und nun entstand der Fluss wie aus einem einzigen Tropfen vor seinem inneren Auge, und er sehnte sich nach?, ach, Martha, so flüsterte er, ach?
Vielleicht würde er sp?ter noch zum Fluss gehen, sich noch einmal aufraffen, ein letztes Mal, hinunter zum Fluss, um dem Fluss zu lauschen, vielleicht würde er auch baden, so dachte er, und spürte plötzlich so etwas wie Erlösung.
im ritz
sechzig paar schuhe habe ich
mit hohem absatz, meter zehn,
den rostroten cut, darling,
den gestreiften burlington, baby,
wir treten auf.
wir sitzen nur drei tische getrennt
um dich giggelt und blubbert es blasen rot
um mich pafft und h?stelt und unterhält es gut
wir lassen uns nicht aus den
fressen uns mit
wir ziehen uns aus, immer noch, damit
ach wäre der abend nur schon selbmit!
wir lassen ein sehnendes meer zurück
vierzig augenpaare bleiben versucht
draußen, endlich, regnet es taxiein
zu zweit sind wir monströs und monstranz
durch cartiers artifizell gestanzten mond
darling, küss mich! und hebe das
schwarze netz zurück über den hut
die mondänstirn ganz
deinen wurzelglanz
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