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Justiz - ein Freudenhaus

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  • Justiz - ein Freudenhaus

    Der Eulenspiegel hat das mal vor einigen Jahren in einem Furor hingeschrieben. Innerhalb weniger Tage. Grund dafür gab's genug: einige Skandalprozesse (VGT-Tierschützer, Kaprun-Gletscherbahnbrand, BAWAG-Pleite, ÖGB verzockte Streikfonds, etc.) erschütterten die Republik und mein Gemüt. Also machte ich mir Luft, literarisch.

    Wem das zu sehr wienert, dem kann ich nicht helfen. Anders ging's nicht. Das Wienerische passt zu Form und Inhalt. Ganz in Nestroyscher Tradition. Bitterböse und zugleich charmant, hinterfotzig und vordergründig höflich, locker und verbissen. Alles in einem.

    Na dann. Werde das Aufzug um Aufzug einstellen. Aber erstmal soll das Personal vorgestellt werden.

    *

    Justiz – ein Freudenhaus
    Eine Farce in 6 Aufzügen


    Personal:

    Justizia – Göttin der Gerechtigkeit und Puffmutter mit einer Binde über dem rechten Auge


    Die Freudenmädchen:

    Domina, die Strenge
    Prinzipia, die Unbestechliche
    Innozenzia, die Unschuld
    Aequalia, die Gleichheit
    Demokrazia, die Mehrheit
    Liberalita, die Freizügigkeit
    Proporzia, die Ausgewogenheit
    Republica, die Öffentlichkeit


    Die Freier oder Klienten:

    Adler-Noblerone, Großgrundbesitzer und Erbgraf
    Freunderl, Politiker und Sozialdemokrat
    Hackl, Arbeiter
    Kofferl, Manager
    Kreuzerl, Kardinal
    Lüfterl, Bankier
    Rafferl, Unternehmer und Christlich-Konservativer
    Wichtel, Beamter und Hofrat
    Winkel, Richter




    *

    Über dem Freudenhaus der Justizia steht in roter Leuchtschrift: Justizpalast


    1. Aufzug


    Justizia:

    Ich bin Justizia, die Göttin der Gerechtigkeit. Die Zeiten sind schlecht für‘s Recht, aber gut für’s Geschäft mit dem Recht. Sie machen das Recht zur Ware. Die man bestellen kann wie ein neues Auto. Mit genauer Angabe der Extras und Sonderausstattung. Da könnt einem echt schlecht werden. Unsere Freier werden immer dreister. Glauben, Sie haben ein Vorrecht aufs Recht. Meinen, Prominenz habe ein Anrecht auf Sonderbehandlung, auf Diskont. Eine Justiz zur flat-rate sozusagen. Na, so weit kommt’s noch. Meine Mädchen sind durch die Betten professionell, die sind ihr Geld wert. Alles, was recht ist!



    Domina:
    Mein Name ist Domina, ich bin die Strenge! Bei mir haut niemand über die Stränge! Ein ordentlicher Hieb mit der Peitsche, ein paar rechtmäßige Schläge auf den Arsch, eine legitime Kopfnuss und Ruhe und Ordnung sind wieder hergestellt. Und sie lieben mich dafür, die kleinen Leut. Und sie sind ganz verrückt nach mir, die großen Köpf‘, die Amts- und Würdenträger, die Uniform- und Robenständer. Und die Regierung erst, die kann gar nicht genug von mir kriegen. Ich bin die Garantin der Ordnung, die Patronin der Sicherheit. Alle wollen sie Sicherheit, alles geben’s für Sicherheit: Geld, Freiheit, sogar das Leben! Mein Name ist Domina, ich bin die Strenge!


    Prinzipia:
    Sie heissen mich Prinzipia, die Unbestechliche. Dabei, soviele Stecher wie ich, hat noch keine gehabt, hier in diesem Haus. Ich bin in aller Munde, und hab‘ sie alle schon im Mund gehabt. Vom Kardinal bis zum Richter, vom Grafen bis zum Hackler. Es ist zum Speiben. Die kotzen mich an. Reden von Unbestechlichkeit und kaufen mich ein. Und meine Chefin, die Justizia, die verkauft mich an jeden dahergelaufenen Freier. Aus Prinzip, sagt sie. Weil die Unbestechlichkeit sei für alle da und ich eine Grundvoraussetzung für das Recht im Staat. Grad‘ der Staat müsse sich an mich halten. Somit bin ich diejenige unter den Freudenmädchen der Justiz, die immer herhalten muß, wenn andere sich drücken. Auf die Freizügigkeit kann man ab und zu verzichten. Auf die Öffentlichkeit auch. Erst recht auf die Strenge. Aber die Unbestechlichkeit? Nein, sie ist das Rechtsprinzip schlechthin. Sagt sie, die Justizia. Also muß ich ran, wann immer es einem beliebt. Aus Prinzip. Ich pfeif auf‘s Prinzip. Es ist nur mit Unannehmlichkeit, mit Müh‘ und Ärger verbunden. So wie das rechte Aug‘ von der Chefin.


    Innozenzia:
    Ich bin Innozenzia, die Unschuld werd ich auch genannt. Auf mir reiten sie alle kräftig herum. Der Richter, na klar, der Kardinal, wen wundert’s? Aber auch der Reiche und der Arme, der Mörder und das Opfer, der Angeklagte und der Ankläger. Alle reiten’s auf mir herum. Wie soll man sie da behalten, seine Unschuld? Aber das ist denen egal. Legal, illegal, scheissegal, sie wollen alle nur das eine: meine Unschuld! Wie oft hab ich sie schon verloren, meine Unschuld. Wie oft habe ich sie schon verschenkt an Diebe und Betrüger, Schläger und Mörder, ja sogar an Kinderschänder! Und, was hat’s geholfen? Ich war sie los die Unschuld und die, an die ich sie verloren hab, die haben sie misshandelt, verschandelt, verraten und verkauft. Wie soll man sich da noch erfreuen an ihr, der Unschuld? Wenn sogar die Kardinäle und Minister, die Präsidenten und Richter sich täglich an ihr vergehen? Na ja, wenn auch tausendmal verkauft und verschenkt, vergeudet und verspielt, ich bewahr sie mir im Herzen, die Unschuld! So wahr ich Innozenzia heiß!


    Aequalia:
    Ich bin Aequalia, besser bekannt unter dem Namen Gleichheit. Bin ein bissl aus der Mode gekommen, die Nachfrage nach mir war schon größer. Ein Auslaufmodell, sagt die Puffmama. Was soll’s, hab ich halt meine Ruh‘. Früher, als ich noch jünger war, 1968 oder gar 1848, da war ich die Nummer eins! Ich war die Nummer schlechthin! Alle warn’s verrückt nach mir, die jungen Revoluzzer und die linken Philosophen, die Weltverbesserer und die Hippies. Ich bin gar nicht nachgekommen mit den Gunstbeweisen an meine Verehrer. Richtig eifersüchtig warn’s auf mich und aufeinander. Allen wollten’s mich haben. Gleich und sofort! Gleich wollten’s sein, ja gleicher noch als die anderen. Immer noch gleicher, obwohl eh schon alles dem Erdboden gleich gemacht war. Gleich ist geil, war das Motto der 68-er! Und heute? Ich sei überwutzelt, sagen’s. Die Kirche, na die hat ja noch nie was auf mich gehalten. Der Kardinal scheut mich wie der Teufel das Weihwasser. Der steht mehr auf Hierarchie und geht eh nur zur Domina und nachher zur Innozenzia. Um sich rein zu waschen von aller Sünd. Na und der Rafferl, der fürchtet mich wie die Pest. Wenn alle gleich sind, hamm alle nix, sagt er immer. Und das wär das Ende der Welt. Und der Freunderl, der schaut mich immer so verklärt-sentimental an und murmelt was von den guten alten Zeiten, aber heut sei mit mir keine Wahl zu gewinnen. Na und dass der Erbgraf mich meidet wie eine ansteckende Krankheit, das könnt ihr euch vorstellen. Und der Lüfterl sagt immer, die Gleichheit sei tödlich fürs Geschäft, da könnt ma ja gleich zusperrn, wenn alle Konten und Konditionen gleich wär‘n. Der Richter kann mit mir auch nix mehr anfangen, sagt er. Weil die Menschen seien nun mal nicht gleich, also könne man sie auch nicht gleich beurteilen und verurteilen. Nur der Hackler träumt manchmal von mir, wenn er seinen Freitagsrausch ausschlaft. Und die andern? Der Hofrat Wichtel, für den ist die Gleichheit ein Gift, das Umsturz und Anarchie bringt, sagt er. Na und der Kofferl, der tut alles, damit er sich nur ja unterscheide von seinen Kofferträgern. Das Einzige, wo er gleich zugreift, sind Prämien und Boni. Ich bin ein Auslaufmodell, sagt sie, die Chefin.


    Demokrazia:
    Mich kennt jeder, ich bin Demokrazia, die Mehrheit. Mich kannst haben in allen Varianten und Spielarten. Als einfache, als qualifizierte, als relative oder absolute, als Zweidrittel oder als Dreiviertel, als vorhergesagte oder gewählte, Mehrheit bleibt Mehrheit! Ich bin das Herz der Demokratie, ich bin der Busen, an dem sich alle nähren: die Parteien, die Regierungen, das Volk und die Meinungsforscher. Ohne Mehrheit ka Geld, ka Musi, kein Auftrag, kein Mandat, kein Zuschlag, keine Subvention, keine Parteienförderung, keine Wahlkampfkostenerstattung, keine Posten, keine Ämter, keine Legitimation, keine Verfassung, keine Gesetze, kein Recht, keine Ordnung. Ich bin das Fundament des Staates und der Ordnung. Auf mir bauen alle auf. Ohne Mehrheit ist alles nix! Ohne mich geht nix! Wer mit mir ins Bett steigt, hat die Macht. Wer sich mit mir niederlegt, steht als Herrscher auf! Wer mit mir schläft, wacht als Kaiser, König oder Präsident, als Diktator oder einfacher Kanzler auf! Ich bin die Mehrheit, wer mich kriegt, kriegt mehr! Und wer will nicht mehr? Alle wollen sie mehr, mehr Geld, mehr Macht, mehr Einfluß, mehr Ruhm, mehr Luxus, mehr Genuß, mehr Gesundheit, mehr Leben! Und das, das gibt’s nur bei mir, bei Demokrazia, der Mehrheit!


    Liberalita:
    Ich bin Liberalita, die kleine Schwester der großen Libertatia, der Freiheit! Und ich bin nicht zu verachten. Wenn auch alle von der Freiheit reden, so meinen sie doch meistens mich, die Freizügigkeit. Denn die Freiheit ist ein philosophischer Begriff, zudem höchst umstritten und keiner hat sie je gesehen, geschweige denn erlebt und gelebt. Sie wollen zur Freiheit und landen bei mir, der Freizügigkeit. Und ich gewähr' sie ihnen, meine Freizügigkeit, in vollen Zügen. Zügellos geb ich mich jedem hin, der mich begehrt. Ich bin das Prinzip, dem sie alle hinterher hecheln. Und ich gewähr‘ jedem das, was er sich darunter vorstellt. Dem Lüfterl und Rafferl die hemmungslose Jagd nach Geld und Besitz, dem Kreuzerl die schamloseste Heuchelei und Bigotterie, dem Hackl den Blaumontag oder den einen oder anderen kleinen Pfusch, dem Freunderl die dreistesten Lügen und haltlosesten Versprechungen, dem Winkel die krassesten Justizirrtümer und Skandale, dem Kofferl die maximalsten Boni und Incentives, dem Erbgraf die dekadentesten Vergnügungen und dem Wichtel die totale Unkündbarkeit bei größtmöglicher Inkompetenz und Amtsverfehlung. Ihr seht, ohne mich, die Freizügigkeit, wär das Leben nicht einmal halb so schön! Deshalb stehen sie alle Schlange bei mir, die Freier.


    Proporzia:
    Ich bin Propozia, die Ausgewogenheit. Über mein Wesen herrscht leider große Unwissenheit und alle kommen sie mit falschen Erwartungen zu mir. Zwar gibt’s wenig auszusetzen an meinen Proportionen, nein, da stimmt alles, da sitzt alles am rechten Fleck, doch die Freier erhoffen sich von mir nicht Ausgewogenheit und Verhältnismäßigkeit, sie fordern vielmehr ihren Anteil am Kuchen, das, was ihnen, nach ihren eigenen Maßstäben zusteht! Und das ist leider alles andere als ausgewogen. Maßlos ist ihre Gier, maßlos ist ihre Selbstüberschätzung, maßlos sind ihre Ansprüche und Forderungen! Wie sollen wir da auf einen grünen Zweig kommen? Sie hauchen Proporzia und meinen Proporz, dieses ekelhafte Wort, diese häßliche Verballhornung meines schönen Namens. Sie wollen nicht meine Gunst sondern Sitze in Parlamenten und Landtagen, Mandate und Ministersessel, Ämter und Pöstchen. Und nicht Ausgewogenheit ist ihr Ziel sondern Maximierung: Maximierung der Gewinne, des Einflusses, der Besitztümer und Funktionen, der Bezüge und Gehälter. Besonders kraß treiben es der Kardinal und der Richter. Der eine will absolute Macht über Sitten und Moral, der andere über Recht und Gesetz. Ich tue, was ich kann, doch über ihren eigenen Schatten springen, das schafft nicht mal eine Dirne Justizias!


    Republica:
    Ja, ich bin es, Republica, die Stattliche, die Staatliche! Dabei, wenn man es wörtlich nimmt, bin ich die Öffentliche! Da ist ein feiner und sehr großer Unterschied! Doch mach das mal einem Wichtel oder Winkel, einem Freunderl oder Rafferl klar! Nun, als Dirne ist man immer öffentlich, eine öffentliche Dame sozusagen. Doch es geht um mehr als um meinen stattlich-staatlichen Körper, es geht um das Recht auf Öffentlichkeit, das öffentlich-rechtliche Prinzip! Sie kommen alle zu mir in meine Kammer und ziehen die Vorhänge zu. Sie wollen nicht gesehen werden. Der Kardinal kommt gleich gar nicht zu mir. Ich gefalle ihm zwar, doch er könne sich das nicht leisten, er müsse auf seine Reputation achten. Der Rafferl kommt auch nur in der Nacht. Am Tag habe er keine Zeit, sagt er. Der Winkel schließt immer gleich ab, er bevorzugt den Ausschluß der Öffentlichkeit, sagt er, und ein Grund dafür finde sich immer. Der Lüfterl sagt, ein Bankier lebe von der Diskretion, Öffentlichkeit sei Gift für sein Metier, er müsse deshalb auf meine Dienste verzichten, so schwer es ihm angesichts meiner Leiblichkeit falle. Dasselbe sagt auch der Kofferl. Der Freunderl schließlich sucht mich immer nur auf, wenn er sich einen Vorteil davon erhofft. Sonst läßt er sich auch nicht blicken. Der vertrottelte Erbgraf meint sogar, Öffentlichkeit sei vulgär und nur was für die gewöhnlichen Leut. Er, der Noblerone, halte es da mit der Exklusivität. So ein Schnösel. Der Wichtel, eigentlich ein Republikaner, sagt, das Amtsgeheimnis verbiete ihm jede Annäherung an meinereine. Und der Hackler, der hat einfach nix zu verbergen. Der rennt eh nur mit herunter gelassenen Hosen herum, bildlich gesprochen. Was soll der schon bei mir? Und Geld hat er übrigens auch nicht genug, um meine Dienste in Anspruch zu nehmen. Man hat es nicht leicht als öffentliche Dame in Zeiten wie diesen, wo jeder sein Konterfei und seine Biographie ins Internet stellt. Wie willst du damit konkurrieren?​

  • #2


    1. Aufzug


    (Kreuzerl kommt).


    Kreuzerl:
    Gelobt sei Jesus Christus!


    Justizia:
    In Gottes Namen.


    Kreuzerl:
    Welche von den Damen bedarf meines Segens heut‘ am meisten?


    Justizia:
    Die Domina ist unpäßlich heut. Die Innozenzia muß sich noch frisch machen, der Staatsanwalt war grad bei ihr vorhin und hat sie ganz schön auseinander genommen. Die Republica meiden ihre Exzellenz ja genauso wie die Liberalita, die Äqualia kommt sie zu teuer zu stehen und mit der Demokrazia können Herr Kardinal nix anfangen, blieben noch Proporzia und Prinzipia. Welche würden’S denn präferieren, Exzellenz?


    Kreuzerl:
    Na ja, es is so a Sach mit der Proporzia. Zu viel Ausgewogenheit bringt nix ein. Man muß sich schon entscheiden für eine Sache. Und die Prinzipia, die stellt so hohe Ansprüche. Dabei, die irdische Gerechtigkeit ist immer in Versuchung, nur die Gerechtigkeit Gottes ist ohne Fehler. Den Versuchungen der Dame Prinzipa aber könnt ich mich einmal aussetzen. Und ihr könnt ein bissl himmlischer Beischlaf, ähm Beistand nicht schaden. Gebn’S mir halt, beim Allmächtigen, die Prinzipia, auch wenn die immer gar so standhaft tut, als wär‘ sie über alle Anfechtungen erhaben.


    Justizia:
    Macht eintausend die Nacht.


    Kreuzerl:
    Vergelt’s Gott!


    Justizia:
    Halt, halt. Von Gottes Lohn können wir net leben! Wir sind ein diesseitiges Unternehmen, mein Herr! Cash oder Kreditkarte!


    Kreuzerl:
    Sie ist doch auch eine Göttin, sie hat doch auch ein Konto da droben. Der Herr sieht ins Verborgene und wird dir seinen Lohn nicht schuldig bleiben!


    Justizia:
    Geld oder Kreditkarte. Die Justiz lebt nicht vom Hoffen auf Vergeltung im Jenseits. Wir sind ein Diestleistungunternehmen: Gunst gegen Geld! Wär‘ ja noch schöner, wenn wir unsere Beine umsonst breit machen müssten!


    Kreuzerl:
    Ach Gott, dieser Materialismus! Wo wird das noch hin führen!


    Justizia:
    Meine Mädel sind ja auch materiell. Da ist der Materialismus schon recht, oder? Also, wie steht’s?


    Kreuzerl:
    Nicht schlecht. Das ist ja das Problem. Es steht wirklich zum Besten unter meinem Talar. Und wie es steht. Aber Rabatt gibt’s schon, schließlich bin ich doch ein ganz besonderer Kunde!


    Justizia:
    Rabatt wollen’s alle. Je feiner der Herr, desto mehr Gefeilsche um Rabatt. Nur der Hackler, die arme Sau, traut sich nicht handeln. Aber Minister und Kardinäle, Richter und Hofräte, sie verlangen alles umsonst. Die glauben, wir müssten froh sein, dass sie uns beehren! So ein eingebildetes Pack. Bleibt’s doch daheim bei euren Ehegattinen, balgt euch mit euren Sekretärinnen oder Betschwestern! Wir brauchen euch nicht! – Also, was is?


    Kreuzerl:
    Aber zehn Prozent sind immer drin. Das sagt schon die Bibel: der Zehent!


    Justizia:
    Also gut, neunhundert die Nacht. Bis 5 Uhr, keine Minute länger!


    Kreuzerl:
    Da nimm‘ Sie meine Vatican-card ‚Excelsior‘, das ist höchste Bonität. Eine Sünde, wie mit der Nächstenliebe geschachert wird!


    Justizia:
    Ja, es ist eine Schande, da hat er recht!


    Kreuzerl:
    Ich nehm die liebe Prinzipia mit in mein Palais. Wie es sich gehört. Ich möchte nicht gesehen werden in Ihrem Etablissement.


    Justizia:
    Um fünfe ist sie zurück. Pünktlich. Sonst gibt’s Ärger. Fristversäumnisse kommen bei Justizia teuer zu stehen!




    Kreuzerl:
    Na gut, ich wart im Wagen. Gelobt sei Jesus Christus!


    Justizia:
    Den kenn‘ ich nur vom Namen. Hier war er noch nie!


    (Eine dunkle Limousine fährt vor, Rafferl steigt aus. Er küßt dem Kardinal den Ring und macht eine Kniebeuge. Dann eilt der Kardinal schnell zu seinem Wagen und steigt ein, Rafferl zieht den Hut ins Gesicht und tritt mit raschen Schritten in den Justizpalast).




    *


    Justizia:
    Kaum ist seine Scheinheiligkeit weg, kommt der Oberheuchler.


    Rafferl:
    Grüß Gott, habe die Ehre schöne Frau!


    Justizia:
    Fehlt nur noch das Vaterland.


    Rafferl:
    Wie? Ich fürchte, ich versteh‘ Sie nicht.


    Justizia:
    Gott, Ehre, Vaterland, die Dreifaltigkeit der Einfältigen.




    Rafferl:
    Gnädigste ist heute aber streng. Apropos streng, ich hätt Lust auf eine ordentliche Erziehung heut‘.


    Justizia:
    Tut mir leid, die Domina ist indisponiert.


    Rafferl:
    Kann man sie net umdisponieren?


    Justizia:
    Versteht er nicht deutsch? Domina ist geschäftsuntüchtig.


    Rafferl:
    Was hat sie denn, hoffentlich nichts Ernstes?


    Justizia:
    Das geht ihn nix an, Betriebsgeheimnis. Um die Domina braucht er sich nicht zu sorgen.


    Rafferl:
    Eine gesunde Strenge ist wichtig, eine gesunde Härte auch. In der Erziehung, in der Bildung, im Geschäft. Was uns nicht umbringt, macht uns nur härter. (Er lacht).


    Justizia:
    Da kennt sich einer aber aus. Ist die Härte mehr christlich oder mehr evolutionär, mehr konservativ oder mehr liberal?


    Rafferl:
    Die Härte ist ein Naturprinzip und damit alles zusammen. Ich seh da kein Problem. Ich will ja einer Göttin nicht widersprechen, aber Strenge und Härte haben noch keinem geschadet.


    Justizia:
    Ja, ja, streng gegen die anderen, hart gegen sich selbst, das Rezept aller Erfolgreichen. Erspar er mir seine Weisheiten. Also, was will er? Wie wär’s mit der Aequalia? Christlich kompatibel, politisch neutral und sehr erfahren, die hat alles, was ein Konservativenherz braucht.


    Rafferl:
    Die Gleichheit, uije, ein doppelschneidiges Schwert. An der Gleichheit sind schon viele gescheitert. Ein Schreckgespenst für einen Leistungsträger. Die Gleichheit ist ein schleichendes Gift, von dem man süchtig wird. Einmal mit dem Virus der Gleichheit infiziert, macht sie alles platt. An ihr sind schon ganze Weltreiche zugrund gegangen. So lange ein natürlicher Unterschied besteht und eingehalten wird, so lange ist die Gesellschaft gesund und widerstandsfähig. Wenn erst die Gleichheitsapostel kommen, diese Wölfe im Schafspelz, dann schrillen die Alarmglocken. Dann wollen auf einmal alle gleich sein und gleiche Rechte hamm. Nur die Pflichten nicht, da hört sich die Gleichheit auf. Nein, Verehrteste, mit der Gleichheit ist kein Staat zu machen. Da geh ich gleich wieder.


    Justizia:
    Ich glaub, er hat nur Angst vor der Aequalia.


    Rafferl:
    Angst, ich? Das ist ja zum Lachen. Ich mag sie einfach nicht. Es muß natürliche Unterschiede geben. So wie einer als Mann oder als Frau auf die Welt kommt, so ist der eine gscheiter, der andre weniger, so ist der eine tüchtiger, der andre weniger, so ist der eine größer, der andre kleiner. Es gibt nun halt einmal Unterschiede und die machen das Leben erst interessant. Sie sind das Salz in der Nudelsuppe.


    Justizia:
    Ja, solang man selber immer oben ist und die andern unten. Solang man das bessere End für sich hat, solang machen Unterschiede Spaß. Solang ihr mehr raffen könnt, als die anderen, solang macht Wirtschaft Spaß, solang ihr euch mehr leisten könnt als die anderen, solang macht Leistung Spaß. Aber wehe, wenn ein anderer mehr hat als ihr, mehr rafft als ihr, ein größeres Stückl vom Kuchen kriegt als ihr, dann ist das Geschrei groß und das Gezeter um Gleichbehandlung und Gleichberechtigung hebt an. Dann müssen Subventionen her. Zum Ausgleich. Dann habt’s ihr nix gegen die Gleichheit. Und gleich muß er her, der Ausgleich. So gleich, dass es einen gleich umhaut. Also, was will er gleich? Ein bissl dalli, time is money, wir sind ja nicht die Caritas, diese Sprüche sind ihm doch bekannt!


    Rafferl:
    Beruhigen’S Ihnen doch, Gnädigste, nur kein Wirbel gemacht. Also, wenn schon keine Domina, dann hätt‘ ich Lust auf die Liberalita, das Kontrastprogramm quasi. Ja, ich laß heute mal die Korken knallen, mir ist so richtig zum Feiern zumute. Einmal über die Stränge schlagen, wenn’s mit der Strenge schon nicht hin haut! Ha. Also abgemacht, ich nehm die Liberalita.


    Justizia:
    Er weiß ja, wo er sie findet. Erst das Geld, dann die Musik. Macht zwei Tausender die Nacht.


    Rafferl:
    Zwei Tausender, ja Potzblitz, das ist eine Inflation hier, die ist ungeheuer. Der Kardinal zahlt nur die Hälfte, ich weiß das, er hat’s mir anvertraut. Sein Beichtgeheimnis quasi. Und ein Kardinal lügt nicht.


    Justizia:
    Aha, jetzt pocht er auf die Gleichheit. Grad hat er sie Gift und Virus genannt. Und auf einmal, wenn’s ums Zahlen geht, jammert er herum und schreit nach der Gleichheit wie ein klein‘s Kind nach der Mama. Nix da. Jedes Mädel hat seinen Preis und jeder Kunde zahlt nach seiner Brieftasche! Der Nachtsatz für ein Mädel berechnet sich nach dem Einkommen des Freiers, das ist doch justizbekannt! Und da er ein Vielfaches vom Gehalt eines Kardinals kassiert, ist er mit dem doppelten Nachtsatz noch gut bedient. Ein Schnäppchen sozusagen.


    Rafferl:
    Sie sackelt mich aus. Das ist kriminell.


    Justizia:
    Das ist nur gerecht. Also, her mit den zwei Tausendern.


    Rafferl:
    Sie weiß, ich zahl nur cash, ohne Rechnung, ohne Beleg. Die Steuerschlinge erwürgt einen wie mich eh‘ schon. Wer was leistet, wird geschröpft in diesem Gleichmacherland.


    Justizia:
    Oje, kaum soll er zahlen, winselt er wie ein Kettenhund. Der Kapitalismus macht nur beim Kassieren Spaß, gell? Wenn‘s zahlen soll‘n, dann schreien’s auf einmal alle nach dem Kommunismus. Einnahmen privatisieren, Ausgaben kollektivieren, das ist mir eine rechte Wirtschaft. Also, her mit dem Zaster.


    Rafferl:
    Da hamm’S. (Er nimmt ein paar Geldscheine aus einer prall gefüllten Brieftasche und gibt sie Justizia). Aber Wucher ist das schon.


    Justizia:
    Schweig. Du weißt ja, wo du sie find’st. Die erste Flasche Schampus geht aufs Haus.


    Rafferl:
    Soll ich dafür auch noch Dank-schön sagen?


    Justizia:
    Schleich dich. Und um fünfe bist draussen, sonst gibt’s Säumniszuschlag!


    Rafferl:
    Ja, ja, die Fristen. Wir müssen Strafe zahlen, wenn wir eine Frist versäumen. Und die Justiz? Die ist ein einziges Fristenversäumnis, eine richtige Verjährungsmaschinerie. Ohne Geldrückgabe, ohne Gewähr und ohne Schadenersatz. Ein einziges Leidenshaus, diese Justiz.


    Justizia:
    Wir sind ein Freudenhaus, legal und seriös! Und jetzt hau ab, bevor ich mir’s noch überleg und dich abführen lass wegen Renitenz und Geschäftsstörung!


    Rafferl:
    Ich geh ja schon. (Er betritt den Lift und fährt nach oben).


    Justizia:
    Nebbochant, gieriger. Meine Mädels sind viel zu schad‘ für solche Kundschaft.






    *




    (In der ‚Bauernstub’. Die Dirne Liberalita im Dirndl und Netzstrümpfen).




    Rafferl:
    Grüß‘ Gott mein Herzchen.


    Liberalita:
    Ah‘ der Herr Rafferl. Seltener Gast bei mir.


    Rafferl:
    Na, wieso? Nur vielbeschäftigt mein Kind.


    Liberalita:
    Wen und was beschäftigt er denn so?


    Rafferl:
    Ich sorge für Beschäftigung. Damit die Wirtschaft läuft und die Leut‘ Arbeit hab’n.


    Liberalita:
    Ja, ja, das Hohelied vom braven Unternehmer. Er lebt ja nur vom Draufzahlen. Aber davon net schlecht.


    Rafferl:
    Ach wenn’s nur das Draufzahlen wär‘. Aber dazu kommt ja noch das Steuerzahlen, das Löhnezahlen, das Mietezahlen, das Ratenzahlen und so weiter und so fort. Isses da ein Wunder, wenn man vor lauter Zahlen in die roten Zahlen kommt?


    Liberalita:
    Ich versteh‘ schon. Die roten Zahlen schickt er ans Finanzamt, die schwarzen steckt er in seine Tasche.


    Rafferl:
    Das kann nur eine sagen, die eine unkündbare Lebensstellung hat, wie du, Herzerl. Das Unternehmertum ist kein Honiglecken, das ist Existenzrisiko hoch drei! Und Verantwortung für fünfhundert Mitarbeiter. Ein Unternehmer hat nie frei und nie Urlaub. Die Sorgen legen sich mit ihm nieder und stehen mit ihm auf.


    Liberalita:
    Mein Gott, wie halt’st du das nur aus, Rafferl?


    Rafferl:
    Die Pflicht und das Verantwortungsgefühl, verstehst‘! Was heut‘ die wenigsten mehr kennen.


    Liberalita:
    Beides geht schlecht zusammen. Dient die Pflicht doch nur dazu, die Verantwortung abzustreifen wie einen alten Fetzen. Pflicht und Verantwortung sind wie Recht und Gerechtigkeit. Das Recht wird zur Pflicht, die Gerechtigkeit verlangt, Verantwortung zu übernehmen. Die Richter klammern sich ans Recht. Sie ham‘ richtig Angst vor der Verantwortung.


    Rafferl:
    Weisst‘ du, was Gerechtigkeit ist?


    Liberalita:
    Nicht einmal die Chefin weiß es.


    Rafferl:
    Na siehgst‘, dann erzähl‘ mir nix über Pflicht und Pflichterfüllung. Was weiß‘ die Freizügigkeit schon von der Pflicht? Ihr seid’s ja förmliche Gegensätze, die Pflicht und die Liberalität. Ehre, Pflicht, Würde, Treue, das sind Werte! Hingegen hat die Freiheit nur einen Wert, wenn sie durch die Pflicht regiert wird!


    Liberalita:
    Huch, Pflicht und Neigung, die Freiheit als Rechtschaffenheit. Die klassischen Tugenden. Will er mich verjagen?


    Rafferl:
    Na, so eine Treibjagd auf die Freizügigkeit, das hätt‘ schon was. Ich nehm dich gleich in den Arm, Schwester Liberalita. Erst trinken wir! Her mit dem Champagner!


    Liberalita:
    Ja, nur her damit. Frei ist, wer den Augenblick genießt!


    Rafferl:
    Auf den Augenblick!


    Liberalita:
    Auf die Freiheit!


    Rafferl:
    Und den kleinen Unterschied!


    Liberalita:
    Der wäre?


    Rafferl:
    Der zwischen Freiheit und Freizügigkeit.


    Liberalita:
    Den brauchst du mir net‘ erklären, Rafferl.


    Rafferl:
    Dann sag‘ du ihn mir.


    Liberalita:
    Es ist der gleiche wie zwischen Recht und Gerechtigkeit. Die Freiheit und die Gerechtigkeit sind zwei Ideale, die gibt’s nicht auf der ganzen Welt. Da gibt’s nur das Recht und die Freizügigkeit. Die real existierenden Fußabdrücke der Ideale.


    Rafferl:
    Jessas, wenn ich dir zuhör‘ Mädel, wird mir ganz schwindlig. Des versteh‘ ich net und will ich gar net versteh’n. Verstehst‘?


    Liberalita:
    Ich versteh‘ schon. Red‘ ma lieber von Gott, Ehre, Pflicht und Heimat. Oder von Disziplin, Ruhe und Ordnung. Da kennst‘ dich aus, Rafferl, gell?


    Rafferl:
    Läster‘ nicht, Menscherl! Das sind die Grundfesten der Gesellschaft!


    Liberalita:
    Deiner Gesellschaft. Eine sehr geschlossene Gesellschaft: der Kardinal, der Richter, der Graf, der Bankier und, wenn’s brav sind, der Rote und der Hackler. Eine stickige Gesellschaft ist mir das. Wo bleiben die Kunst, die Gedanken, die Vernunft, die Liebe?


    Rafferl:
    Davon kann man nicht leben. Oder kann man von der Kunst abbeissen, mit Gedanken bezahlen oder mit Vernunft Kinder ernähren und mit Liebe Kriege gewinnen? Sie lebt ja in einer anderen Welt.


    Liberalita:
    Eine, die dir fremd ist, Rafferl.


    Rafferl:
    Ach was, ich werd‘ dir zeigen, was freizügig is‘!




    (Er entkleidet sie Kleidungsstück für Kleidungsstück bis auf einen Netzstrumpf. Mit dem anderen verbindet er ihr die Augen).




    Rafferl:
    Jetzt spielen wir blinde Kuh!


    Liberalita:
    Was soll da freizügig sein? Blind sind wir alle bei der Justiz. Aber nur auf einem Aug‘. Immer dem rechten. Wie’s sich gehört fürs Recht.


    Rafferl:
    Hasch‘ mich, ich bin der Frühling.


    Liberalita:
    Mein Hascherl hat einen Huscher.


    Rafferl:
    Na was is‘, sei keine Spielverderberin.


    Liberalita:
    Ich hab‘ ihn. (Sie hat ihn am Schlips gefasst).


    Rafferl:
    Und jetzt zieh‘ mich aus, bis auf’s letzte Hemd.


    Liberalita:
    Was ham‘ wir denn da? (Sie hat seine Brieftasche in der Hand).


    Rafferl:
    Nix für dich. Gib‘ her!


    Liberalita:
    Hasch‘ mich, ich bin der Frühling!


    Rafferl:
    Gib‘ her, da hört sich der Spaß auf.




    Liberalita:
    Da fängt er erst an. (Sie entnimmt der Brieftasche eine Banknote).


    Rafferl:
    Das ist Diebstahl.


    Liberalita:
    Das ist Kapitaltransfer.


    Rafferl:
    Gib‘ sofort her!


    Liberalita:
    Hasch‘ mich!




    (Er entreisst ihr die Brieftasche, sie steckt die Banknote in ihren Netzstrumpf).




    Rafferl:
    Das ist nicht lustig.


    Liberalita:
    Das ist liberal.


    Rafferl:
    Sie ist gierig.


    Liberalita:
    Das ist neoliberal.


    Rafferl:
    Jetzt hast mir die ganze Lust verdorben.


    Liberalita:
    Oje, mein Hase, was mach‘ ma denn da?


    Rafferl:
    Ich hätt‘ es wissen müssen, dass mit der Freizügigkeit sich alles aufhört.


    Liberalita:
    Es fangt erst alles an damit, Herzchen.


    Rafferl:
    Net bei mir. Es is‘ schon alles vorbei.


    Liberalita:
    Tja, die Freizügigkeit ist nur lustig, wenn man davon profitiert, gell‘ Schatzi!


    Rafferl:
    Aber geh‘!


    Liberalita:
    Deine Vorstellung von Freizügigkeit ist eine sehr einseitige, haben-seitige!


    Rafferl:
    Vom Draufzahlen kann keiner leben.


    Liberalita:
    Vom Lohnverzicht aber schon?


    Rafferl:
    Jetzt hat sie mir den ganzen Abend verdorben.


    Liberalita:
    Du mich auch. (Sie steckt ihm den 100-er hinter das rechte Ohr).


    Rafferl:
    Fick‘ dich. (Er sammelt sein Gewand ein und zieht sich an).


    Liberalita:
    Geh’st schon, Schatzi?


    Rafferl:
    Ja.


    Liberalita:
    Noch bevor du gekommen bist?


    Rafferl:
    Ich verlang‘ mein Geld zurück.


    Liberalita:
    Dafür ist die Chefin zuständig. Aber von der Justiz hat noch keiner was zurück gekriegt.


    Rafferl:
    Die Liberalität ist eine lusttötende Veranstaltung.


    Liberalita:
    Du musst es ja wissen, Du Experte.


    Rafferl:
    Ich geh‘.


    Liberalita:
    Ciao, mach’s gut. Und mein weibliches Mitgefühl für die Frau Gemahlin!


    Rafferl:
    Ich hätt‘ es wissen müssen. Diese Freigeister! Verderben einem alles!
    (Er geht).


    Liberalita:
    Ein Christlichkonservativer und die Liberalitas! Ein Fiasko!
    (Sie gießt sich Champagner ein und trinkt).




    *




    (Im erzbischöflichen Palais).




    Kreuzerl:
    Kind, nimm‘ Platz auf dem Kanapee. Will Sie Wein oder Champanger?


    Prinzipia:
    Hat er einen guten Roten? Oder ist ihm der verboten?


    Kreuzerl:
    Mädel, beim Wein hamm‘ wir nix gegen einen guten Roten. Mein Käppi ist ja auch rot. Der Kardinalspurpur ist sprichwörtlich. Das Rot meiden wir nur in der Politik. Aber die Roten sind heut ja auch nur mehr blaßrosa. Damit haben wir kein Problem mehr.


    Prinzipia:
    Der Wein, was hat er denn anzubieten?


    Kreuzerl:
    Mehr als du in deinem ganzen Leben trinken kannst. Wie wär’s mit einem Brunello? Ich glaub‘, wir nehmen den Montalcino von Biondi Santi, Jahrgang 2004. Ein ganz vornehmer, großer Wein.


    Prinzipia:
    Wenn er glaubt, dann wird’s schon passen.


    (Der Kardinal läutet seinem Privatsekretär und ordert den Wein).


    Kreuzerl:
    So und jetzt machen wir es uns gemütlich. Ich dämpf‘ das Licht und setz‘ mich zu dir, meine Prinzipientreue.


    Prinzipia:
    Bei mir kann er sich seine Schmäh‘ sparen. G’schäft ist G’schäft und was wiegt’s, des hat’s.


    Kreuzerl:
    So isses recht, Mäderl. Ich seh‘ schon, du kennst‘ dich aus in der Welt. Nur gut, dass nicht alle so sind, wie du. Sonst könnten wir unsere Kirchentore zusperren. Gut, dass es auch noch idealistische Seelen gibt, die an das Hehre und Erhabene glauben.


    Prinzipia:
    Das Hehre hat jedes Mal eine verheerende Wirkung auf mich. Und mit der Ehre geht’s mir nicht besser. Das Hehre und die Ehre, ein ehrloseres Paar gibt’s gar nicht. Fehlt noch die Würde, dann wär die Trilogie der Heuchelei komplett.


    Kreuzerl:
    Ich glaub‘, sie meint die Trinität der Heuchelei. Pathos, Ehre, Würde. Hm, nicht schlecht. An dir ist eine Philosophin verloren gegangen, Tochter.


    Prinzipia:
    Was heisst hier verloren gegangen. Wenn ich keine Philosophin wär, hätt‘ ich mich schon längst in der Donau ersäuft.


    Kreuzerl:
    Na, na. Es fehlt ihr doch nix bei der Frau Justizia. Sie hat doch alles, was sie braucht. Und eine wichtige Rolle spielt sie auch im Haus der Gerechtigkeit. Ohne sie, die Prinzipientreue, die Unbestechlichkeit und Unvoreingenommenheit wär das Recht nur Willkür. Das gilt für die irdische wie auch für die himmlische Gerechtigkeit.


    Prinzipia:
    Wenn’s bei der himmlischen Gerechtigkeit genau so menschlich zugeht, wie bei uns, na dann gute Nacht‘. Dann pfeif‘ ich auf Ihre himmlische Gerechtigkeit.


    Kreuzerl:
    Kind, versündig‘ dich nicht! Der Herr lässt seiner nicht spotten. Seine Gerechtigkeit ist die Liebe.


    Prinzipia:
    Aha und ihre Exzellenz sind sein eifriger Diener.


    Kreuzerl:
    Ich geb‘ mir Mühe.


    Prinzipia:
    Mit der Liebe oder der Gerechtigkeit?


    Kreuzerl:
    Kommt sich auf’s gleiche raus beim Allmächtigen.


    Prinzipia:
    Na, wenn er so gerecht ist, wie er geil ist, dann ist mir um die himmlische Justiz nicht bang‘.


    Kreuzerl:
    Pst, das schickt sich nicht. Hast du keine Manieren, Kind?


    Prinzipia:
    Aber ja doch, ich weiß schon, was sich gehört. Die Beine breit und den Mund zu machen. So haben sie’s gern, die hohen Herren.


    Kreuzerl:
    Das hab‘ ich jetzt überhört. Ah, da kommt ja unser Wein. Danke, mein Sohn.


    (Der Sekretär stellt Wein und Gläser auf den Tisch und zieht sich wortlos zurück).


    Kreuzerl:
    So, jetzt machen wir’s uns ein bissl gemütlich. Komm‘, trinken wir auf die Nächstenliebe.


    Prinzipia:
    Trinken wir auf die nächste Liebe!


    Kreuzerl:
    Ah, was für ein Tropfen!


    Prinzipia:
    Der Herr lässt die Seinen nicht verdursten!


    Kreuzerl:
    Hast du mir nichts zu beichten?


    Prinzipia:
    Ihm? Nicht, dass ich wüsst‘. Seit wann wär‘ ich ihm Rechenschaft schuldig?


    Kreuzerl:
    Nicht Rechenschaft. Bekenntnis der Sünden und Reue.


    Prinzipia:
    Ich hab‘ keine Sünden.


    Kreuzerl:
    Selbstgerechtigkeit ist die schwerste Sünde! Zur Buße knie sie sich nieder!


    Prinzipia:
    Immer das gleiche Ritual bei ihm! Wenn ich vor ihm auf die Knie geh‘, dann fühlt‘ er sich groß und stark.


    Kreuzerl:
    Groß und stark. Und jetzt tu‘ sie Buße. Und nicht locker lassen, meine Tochter.


    Prinzipia:
    Ich laß‘ nicht locker, keine Sorge. Und was er Buße nennt, das ist die reinste Straf‘ für mich.


    Kreuzerl:
    Dann ist es ja gut. Sie soll keine Lust empfinden. Sie soll Reue und Scham empfinden für ihre Sünden. Sie soll büßen, so wie ich leide.


    Prinzipia:
    Er leidet? Soll ich zubeißen, dann weiß‘ er, was leiden heißt.


    Kreuzerl:
    Red‘ nicht so viel, meine Tochter. Du sollst büßen, nicht beissen. Ja, so ist es gut. Nicht nachlassen. Du bist dein Geld wert, Prinzipia! Nicht nachlassen. Deine Sünden sind noch nicht abgebüßt.


    (Er stöhnt auf lateinisch. Sie bläst ihm den Hirtenstab, bis er unter lauten Ausrufen zum Orgasmus kommt).


    Kreuzerl:
    Dominus tecum, Benedicta tu in mulieribus, Dominus tecum!


    (Sie läßt von ihm ab, steht auf und schenkt sich ein Glas Wein ein).


    Prinzipia:
    Ich brauch jetzt einen guten Schluck.


    Kreuzerl:
    Deine Sünden sind dir erlassen, Tochter.


    Prinzipia:
    Gebüßt hab‘ ich mehr als ich Sünden hab‘. Was hat er denn auf lateinisch gebetet?


    Kreuzerl:
    Meinen Segen hab‘ ich ihr gegeben.


    Prinzipia:
    (Lacht). So, sein Segen war das! Einen ganzen Mund voll Segen hat er mir gespendet. Aber ich hab ihn wieder ausg’spuckt, seinen Segen. Der Wein ist besser als sein Segen.


    Kreuzerl:
    Kind, versündig‘ dich nicht schon wieder. Sonst mußt‘ du nochmal beichten. Diesmal kommst du aber nicht so glimpflich davon. Mit jeder Beichte wird die Buße schwerer!


    Prinzipia:
    Aha, also volles Programm heute.


    Kreuzerl:
    Wenn du nach Hause fährst morgen früh, dann wirst du der reinste Unschuldsengel sein!


    Prinzipia:
    Und wenn ich zu Hause bin, werd‘ ich erstmal baden und mich waschen von aller Schuld, die er auf mich abgeladen hat.


    Kreuzerl:
    Komm, meine Kleine, wir gehen jetzt in meinen Beichtstuhl.


    (Beide verschwinden im Nebenzimmer).


    Prinzipia:
    Sein Himmelbett ist so hart, dass mir jedesmal das Kreuz drei Tag‘ weh tut.


    Kreuzerl:
    Jeder muß sein Kreuz tragen, liebe Tochter.


    Prinzipia:
    Na dann, in Gottes Namen, sein Wille geschehe.


    Kreuzerl:
    In Ewigkeit Amen.

    Kommentar


    • #3
      Warum sechs Aufzüge? Einer ist für eine Posse besser. Eine Posse muß gerafft werden, verknappt udn zugespitzt; also es muß auch dramaturgische Täler geben, doch am Ende löst sie den gängigen Spannungsverlauf der Fünfakttheorie auf udn setzt dem Publikum durch Raschheit zu.

      Kommentar


      • #4
        Dank dir für Reaktion und Hinweis. Leider ist meine Posse wohl nicht das, was du erwartest. Sie hat weder eine Handlung, noch dramaturgische Spannungsbögen, keine Exposition, keinen Höhepunkt, keine Lösung, keine Katastrophe. Beschäftigt sie sich doch mit einer einzigen Katastrophe. Angeregt durch die damals besonders skandalösen Zustände in der heimischen Justiz, habe ich das in einem Anfall aus Wut, Verzweiflung und dem seltenen Zufall eines Schreibflusses innerhalb weniger Stunden verteilt auf 2 Tage hingetippt. Und daran wenig gestrafft und korrigiert.

        Es ist eher eine Groteske frei nach Dürrenmattscher Katastrophenlogik. Naja, ich stell mal den nächsten Schub rein. Auch wenn kein Echo oder Reaktion zu erwarten ist ....


        ***

        2. Aufzug




        (Kofferl kommt herein).




        Kofferl:
        Guten Abend, Frau Justizia.


        Justizia:
        Ah, der Herr Kofferl. Zwischen zwei Terminen?


        Kofferl:
        Sie sagen es. Ich bin praktisch ready for takeoff, um zehn geht mein Flieger.


        Justizia:
        Und da wollen Sie noch mal landen vorher?


        Kofferl:
        Sehr scharfzüngig heute, die Frau Geschäftsführerin. Aber warum nicht, ich habe einen langen Flug und eine anstrengende Woche vor mir, da tät‘ ein Relaxprogramm gut.


        Justizia:
        Natürlich, unsere Eliten, immer im Einsatz, immer fit, immer auf hundert Prozent! An welches meiner Mädchen haben’S denn gedacht?


        Kofferl:
        Nun, Sie wissen schon, die Freizügige ist mir die liebste.


        Justizia:
        Schad‘, grad hat Sie Ihnen der Rafferl vor der Nas‘ weggeschnappt. Freier Wettbewerb sozusagen und der Unternehmer war Sieger. Der Herr Manager ist Zweiter.


        Kofferl:
        Unsereins ist ja auch Unternehmer. Ich trag‘ doch noch viel mehr Verantwortung als der Rafferl, der Greissler. Wieviel Angestellte hat er denn? Drei, zehn oder meinetwegen fünfzig? Ich leite ein Unternehmen mit hunderttausend Mitarbeitern in aller Welt! Bin ein global player und kein Pudelhupfer.


        Justizia:
        Nahversorger, lieber Kofferl, Nahversorger heisst das. Und die muss es auch geben. Wir sind ja auch Nahversorger, ganz nah beim Kunden.


        Kofferl:
        Hautnah, praktisch.


        Justizia:
        Ja, sehr praktisch. Und alle kommen’s gern in meine Praxis. Auch Weltmänner wie Sie.


        Kofferl:
        Ich hab nicht viel Zeit.


        Justizia:
        Selbstverständlich, wie konnt‘ ich nur vergessen. Ich schlag die Aequalia vor, die ist grad frei und sehr routiniert. Kommt gleich zur Sache. Eine Behandlung von ihr hat noch keiner bereut.


        Kofferl:
        Meinetwegen. Ich halt zwar nicht viel von Gleichbehandlung, aber was soll’s. Ich muss sie ja nicht heiraten, die Madame. Nach der Gleichbehandlung kommt der Ruf nach Gleichberechtigung. Wohin das führt, sieht man eh überall. Frauen drängen sich in Positionen, für die sie gar nicht geeignet sind. Das nächste ist dann Zwangsbeglückung durch Quoten. Frauenquoten, versteht sich. Und was bringt’s? Völlig unqualifizierte Weiber werden in Funktionen gepusht, wo sie total überfordert sind.


        Justizia:
        Sie Ärmster. Aber bei einem Mann, das ist das was gaaanz anderes. Wenn Sie überfordert sind, dann heisst es, große Herausforderung, challenge oder sehr schwieriges Umfeld! Wenn Sie Mist bauen, dann heisst es, der Markt hat nicht mehr zugelassen, der Wettbewerb war zu scharf oder die Konkurrenz hat sich unfairer Mittel bedient. Ich kenne keinen Topmanager, der die Verantwortung, an der er so schwer zu tragen hat, nicht rechtzeitig über Bord geworfen hätt, wenn die See rau wurde. Das nennt man dann Krisenmanagement.


        Kofferl:
        Ich hab wenig Zeit, Madame.


        Justizia:
        Natürlich, time is money. Separee oder Suite?


        Kofferl:
        Heut‘ reicht’s nur für’s Separee. Hab’s eilig.


        Justizia:
        Natürlich. Geht auf Executive Card, die Daten hab‘ ich. Schampus?


        Kofferl:
        Ja, eine Flasche genügt. Net, dass ich auf der Rechnung dann zwei find!


        Justizia:
        Mein Herr, wir sind ein seriöses Haus, wir bieten Realien aus Fleisch und Blut und nicht Versprechungen und Prognosen. Die sich eh‘ nie erfüllen.


        Kofferl:
        Wer investiert, trägt immer ein Risiko. No risk, no fun!


        Justizia:
        Er läßt investieren und das Risiko tragen sowieso immer die anderen. Bei uns heisst es: No risk, much fun! Die Justiz ist ein sicheres Geschäft. Todsicher manchmal.


        Kofferl:
        Vorallem für die Kundschaft. Der rote Salon?


        Justizia:
        Der feuerrote, mein Herr! Sie kennen den Weg? Die Aequalia erwartet Sie schon.


        (Kofferl geht in den roten Salon).




        *


        (Im roten Salon. Aequalia in einem Fauteuil, die Beine lasziv über eine Lehne baumeln lassend, erwartet Kofferl bereits).


        Aequalia:
        Hallo Schatzi, schön, dass du mich auch mal wieder beehrst.


        Kofferl:
        Ja, leider hab ich nicht viel Zeit.


        Aequalia:
        Das macht nix. Wer schnell kommt, kommt doppelt. Aber wer spät kommt, hat mehr davon.


        Kofferl:
        Da hast recht. Heute gilt allerdings: Wer schnell kommt, geht gleich wieder. Mein Flug geht um zehn.


        Aequalia:
        Schad‘. Aber mir is‘ eh alles gleich.


        Kofferl:
        Na dann komm‘ gleich amal her und hilf mir aus dem Sakko.


        Aequalia:
        Ich werd‘ dir gleich helfen, Burli. Den Schlips, den brauch‘ ma net.


        Kofferl:
        Und das Hemd auch net.


        Aequalia:
        Man braucht überhaupt sehr wenig, um glücklich zu sein.


        Kofferl:
        Schön wär’s. Sag‘ das amal meinen Mitarbeitern oder meiner Frau.


        Aequalia:
        Ich mein das ja nicht finanziell sondern ideell, Schatzi.


        Kofferl:
        Ich dachte schon, du meinst es sexuell.


        Aequalia:
        Wie kommst’n da drauf? Fehlt dir was?


        Kofferl:
        Wer kann schon von sich behaupten, dass ihm gar nix abgeht … aber laß‘ ma das. Ich bin ja net hier, um über meine Defizite zu jammern.


        Aequalia:
        Na geh, Kofferl, ein Mann wie du und Defizite! Höchstens in den Bilanzen aber doch net im Bett!


        Kofferl:
        Das ist schön, dass du das sagst. Da geht’s mir gleich besser. Komm, stoß‘ an, trinken wir auf das Leben!


        Aequalia:
        Ja, und die Liebe.


        Kofferl:
        Auf die Gleichheit!


        Aequalia:
        Dass grad‘ du das sagst.


        Kofferl:
        Ja, ich. Ich will dich. Gleich, gleich, gleich!


        Aequalia:
        Net so stürmisch.


        Kofferl:
        Ich will vorm Abheben noch einmal richtig Bodenkontakt, Süße!


        Auequalia:
        Kontakt hast ja jetzt. Vollen Kontakt.


        Kofferl:
        Wenn nur die Spannung nicht einbricht.


        Aequalia:
        Nicht, wenn du Widerstand leistest.


        Kofferl:
        Spürst ihn eh, meinen Widerstand?


        Aequalia:
        Und wie er widersteht.


        Kofferl:
        Ja, wie er wieder steht.


        Aequalia:
        Hör auf, sonst muß ich lachen.


        Kofferl:
        Na und?


        Aequalia:
        Man kann nicht lachen und ficken zugleich. Des Lachen vertreibt die Lust. Weil’s die Spannung abbaut wie ein Kurzschluß


        Kofferl:
        Hör‘ mal, du bist ja eine richtige Elektrikerin.


        Aequalia:
        Und du bist ein Schwätzer. Die meisten Männer sind stumm wie ein Fisch. Beim Fischen.


        Kofferl:
        Hör‘ auf, sonst muß ich lachen. Und dann weißt eh, fällt der Widerstand in sich zusammen und die Spannung ist weg.


        Aequalia:
        Aber es fließt ein riesengroßer Strom.


        Kofferl:
        Wart‘ noch ein Weilchen.


        Aequalia:
        Wie Sie wünschen. Ich komme gleich oder später. Ganz nach Belieben.


        Kofferl:
        Aufhör’n!


        Aequalia:
        Aufhör’n?


        Kofferl:
        Nein, natürlich weiter machen. Ich mein‘, aufhör’n mit dem Blödeln, sonst muß ich lachen.


        Aequalia:
        Ich sag‘ eh nix mehr.


        (Er stöhnt in rhytmischen Zügen, sie gibt nur leise Kehllaute im Takt seiner Stöße ab).


        Kofferl:
        Jetzt komm‘ ich.


        Aequalia:
        Gleich oder sofort?


        Kofferl:
        Ah, ah, ah. Kurzschluß, Stromfluß, Sicherung brennt durch, das Licht geht aus, es wird finster.


        (Sie schließt die Augen. Kofferl zuckt ein paar mal, dann bleibt er reglos auf ihr liegen).


        Aequalia:
        Du bist ein bissl schwer. You’re so heavy!


        Kofferl:
        So fühl ich mich auch.


        Aequalia:
        Geh‘, leg dich auf die Seite.


        Kofferl:
        Wie war ich?


        Aequalia:
        Na ja, gleich halt. Gleich wie immer.


        Kofferl:
        Gleich gut?


        Aequalia:
        Gleich besser. Zufrieden?


        Kofferl:
        Heut‘ bist aber gar nicht lieb.


        Aequalia:
        Das ist auch nicht meine Aufgab‘. Ich hab‘ nicht lieb‘, sondern unparteiisch zu sein. Ich behandel‘ meine Kunden alle gleich.


        Kofferl:
        Des is‘ fad. Du musst jedem das Gefühl geben, er is‘ was Besonderes! Das is‘ Marketing und Verkaufspsychologie!


        Aequalia:
        Das hamm‘ wir bei der Justizia nicht nötig. Weil wir ja keine Konkorrenz haben. Wir sind konkurrenzlos.


        Kofferl:
        Monopolisten seid’s ihr von der Justiz.


        Aequalia:
        Wir hamm‘ das Rechtsmonopol! Wir sitzen auf dem Recht und keiner kann uns davon vertreiben.


        Kofferl:
        Und lasst‘ euch das Recht teuer bezahlen.




        Aequalia:
        Zurecht!


        Kofferl:
        Mitnichten! Recht sollte für alle erschwinglich sein. Das solltest grad du wissen mit deinem Gleichheitsfimmel. Gleiches Recht für alle. Für arm und reich. So heißt es doch in den Sonntagsreden und Verfassungsartikeln. Ich glaub‘ eh nicht dran. Aber ihr, ihr predigt’s des ja rauf und runter.


        Aequalia:
        Ich muß dir was gestehen. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Aber hinterher nimmer.


        Kofferl:
        Wie? Was soll denn das heißen?


        Aequalia:
        Soll heißen, die Gesetze sind für alle die gleichen. Aber die Auslegung und Anwendung, die is‘ sehr, sehr individuell. Kommt auf die Kundschaft an. Und wer nix hat, der kriegt auch nix. Wer zahlt, schafft nicht nur an, der kriegt auch Recht nach Bestellung. A la carte, sozusagen.


        Kofferl:
        Das is‘ jetzt nicht umwerfend neu.


        Aequalia:
        Aber jedesmal umwerfend, wenn’st siehst, wie so ein armer Schlucker verknackt wird wegen einer Lappalie und die großen Gauner frei herum rennen und nichts zu befürchten haben.


        Kofferl:
        Dass jetzt grad du des sagst.


        Aequalia:
        Eine wie ich, die hat alles schon hinter sich. Ich hab nix zu verlieren, nichts als meine Selbstachtung. Jugend, Schönheit, Ehre, guter Ruf, alles dahin!


        Kofferl:
        Na geh‘. Verdirb uns nicht die Stimmung.


        Aequalia:
        Da, trink aus. Prost du Führungskraft, du Leiter und Lenker, du toller Hecht!


        Kofferl:
        Prost Quali!


        Aequalia:
        Tät! Qualität!


        (Sie lachen beide).


        Kofferl:
        Du, ich muß jetzt!


        Aequalia:
        Ciao! Guten Flug.


        Kofferl:
        Ciao! Hab ich alles: Handy, Koffer, Brieftasche.


        Aequalia:
        Den Schlips, Schatzi! Nächstes mal sing‘ ma: You can leave your Schlips on!


        Kofferl:
        Versteh ich nicht. Also ciao, meine Süße!


        (Ab).



        *



        Kommentar


        • #5
          Ja, so ist das manchmal mit dem Schreibfluß. Ich finde es gut, daß Du in Deinem gesetzten Alter noch so etwas kennst. Da muß dann was raus.

          Der Text ist nicht schlecht. Er hat Geschwindigkeit (Tempo), wahrlich. Die Figuren sind nicht sehr scharf gezeichnet, zum Teil sogar klischeebeladen, was bei einer Groteske wahrscheinlich der Fall sein muß. Die erfolgreichsten Stücke basieren auf dem Einsatz von Klischees., die deshalb nichts Schlechtes sind, weil sie zumeist auf Wahrheiten beuhen, sonst würden sie nicht funzen. Einen Spannungsbogen kann ich allerdings in der Tat nicht ausmachen, den braucht's aba.

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          • #6
            Im Klischee steckt viel Kraft, es ist ja die Verdichtung schlechthin. Dass es pauschalisiert, macht nichts, solange man es nicht bierernst, sondern gebrochen, augenzwinkernd verwendet. Meine Justizgroteske ist formal mangelbehaftet und ungenügend. Sie wurde aber, wei gesagt, in einem Schreibfluß herausgespuckt, wie ich ihn nie wieder erfuhr. Und deshalb bleibt sie wie sie ist. Danke für deine Reaktion.

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            • #7
              Na dann, der Farce 3. Aufguß.



              3. Aufzug




              Noblerone:
              Grüß Gott und Servus, Gnädigste!


              Justizia:
              Ah, der Herr Graf, ich hab Sie gar nicht kommen hör’n.


              Noblerone:
              Worin war‘n Madame denn so vertieft?


              Justizia:
              In Gedanken und meine Bücher.


              Noblerone:
              Ersteres ist bei mir erfreulich selten, Letzteres selten erfreulich.


              Justizia:
              Raunzen gehört zum noblen Geschäft, nicht wahr?


              Noblerone:
              Ich kann nicht genug klagen, aber die Zeiten waren schon mal besser.


              Justizia:
              Solang die Vergangenheit nur besser war als die Gegenwart, ist diese noch nicht schlecht.


              Noblerone:
              Das hat sie vornehm ausgedrückt. Aber vom Adel allein kann man net leben heute. Geld regiert die Welt. Und Geld verdirbt den Charakter. Also regieren lauter verdorbene Charaktere die Welt.


              Justizia:
              Das war früher anders?


              Noblerone:
              Früher war manches anders. Aber Sie, Gnädigste, Sie haben immer Saison. Die Justiz wird immer gut genährt und gefüttert. Denn jeder Staat braucht eine Justiz. Egal ob Monarchie oder Demokratie. Eine Gerechtigkeit brauchen sie alle.


              Justizia:
              Ja, ich bin zufrieden. Die Justiz ist das Fundament jeder Gesellschaft, vom Faustrecht bis zum Rechtsstaat.


              Noblerone:
              Von der Faust zum Recht, es regiert der Herr, es dient der Knecht. Hihi.


              Justizia:
              Herr Graf ist ja ein Poet.


              Noblerone:
              Ja, ein Hungerpoet.


              Justizia:
              Jetzt übertreibt er aber. Am Hungertuch nagt er noch nicht, wenn ich ihn so anseh‘.


              Noblerone:
              Ja, die Jagd und mein Weib nähren mich redlich. Ohne die Jagd wär ich pleite, ohne mein Weib ein reicher Mann.


              Justizia:
              Frau Gräfin hat einen großen Haushalt zu bestreiten. Ich kenn‘ das. Mein Haus hält mich ganz schön auf Trab. Und meine 8 Damen leben auch nicht von der Luft und der Liebe. Die Luft wird immer schlechter und die Liebe bringt immer weniger. Nur die Gerichtsbarkeit lässt die Kassa klingeln.


              Noblerone:
              Wegen Letzterer bin ich nicht hier. Aber ein bissl Liebe kann keinem schaden.


              Justizia:
              Ja, wem sagt er das. Die Justiz ist ein ungeliebtes Gewerbe. Und die Liebe mehr eine Kunst. Und alles, was eine Kunst ist, macht nur Mühe und Zores, bringt aber nix ein.


              Noblerone:
              Heute hätt‘ ich Lust auf ein bissl Demokratie. Weil eine Monarchie ist bei ihr ja nicht zu haben. Keine Prinzessin, keine Königin, nicht einmal eine Gräfin.


              Justizia:
              Die hat er ja zuhaus‘. Aber die Demokrazia, die ist noch zu haben. Ihr wärt ein feines Paar, der Herr Graf und die Demokrazia.


              Noblerone:
              Ja, heut kauf ich mir eine Mehrheit. Eine satte, absolute Mehrheit!


              Justizia:
              So ist’s recht. Adel und Volk in Liebe vereint!


              Noblerone:
              So war’s auch immer in der guten alten Zeit. Bis sie kamen, die Aufklärer und der Sozialismus, die Spaltpilze der gottgefälligen Ordnung.


              Justizia:
              Na ja, die Vereinigung von Adel und Volk bestand mehr in der Lust als in der Gottgefälligkeit. Die Herren hatten ihren Spaß, die Mätressen das Nachsehen. Die einen hatten ihr Plaisir, die anderen keine Wahl. Und am End landeten sie in der Gosse, die Herrschaften im nächsten Bett. Der Adel hatte die Lust, das Volk die Last.


              Noblerone:
              Sie ist sehr streng heute mit meinesgleichen.


              Justizia:
              Ach was, nur weil er von der gottgefälligen Ordnung gesprochen hat. Die gottgewollte Ordnung war gewollt von den Herrschenden.


              Noblerone:
              Und gesegnet von Gott, vergeß‘ sie das nicht.


              Justizia:
              Verwechselt er da nicht die Kirche mit dem lieben Gott?


              Noblerone:
              Als ob da ein Unterschied wär‘. Kann man die Justiz mit der Gerechtigkeit verwechseln? Die Justiz steht für die Gerechtigkeit.


              Justizia:
              Da irrt er sich. Die Justiz steht für das Recht. Und das hat rein gar nichts zu tun mit der Gerechtigkeit. Man verwechselt mich immer mit ihr. Aber nicht einmal ich weiß, was gerecht ist. Wie sollten es dann die Menschen wissen? So macht sich halt jeder eine Gerechtigkeit, wie sie ihm paßt. Beim einen wird draus ein Maßanzug, beim andern ein verbeulter Trachtenjanker. Der eine macht draus ein Gefängnis, der andere ein Puff.


              Noblerone:
              So wie Sie, Gnädigste. Also, wenn Sie mich fragt, ein Puff ist mir allemal lieber als ein Gefängnis. Das kennt unsereins, Gott‘ und meinen Freunden sei’s gedankt, nur von außen.


              Justizia:
              Schad‘, so ein bissl Innenansicht tät seinen Horizont sehr erweitern.


              Noblerone:
              Was sagt Sie da? Das hab ich nicht gehört. Man ist ja als erfolgreicher Mann eh gejagt wie ein Stück Wild auf einer Treibjagd. Überall blasen’s zum Halali auf unsereins, als wär man ein Wildhas‘ oder ein Fasan.


              Justizia:
              Das sind wir sicher nicht, Herr Graf. Die Viecherl sind unschuldig und schmecken besser.


              Noblerone:
              Sie ist sehr ungerecht heute, unsere Göttin der Gerechtigkeit. Na dann, auf in ein demokratisches Abenteuer, hoffentlich ein Genuß ohne Reue.


              Justizia:
              Bei der Justiz tut sich ein bissl Reue immer gut. Er glaubt gar nicht, wie das oft hilft. Nicht nur die Kirche hat reuige Sünder lieber, als trotzige Rechthaber. Das Recht haben schon wir gepachtet, für das Volk bleibt nur die Strafe. Und über die kann man verhandeln. Reue ist da eine gute Währung, steht hoch im Kurs.


              Noblerone:
              Jetzt wird’s mir zu philosophisch. Bleiben wir doch beim Physischen. Also, einmal Demokratie in allen Gängen und Tonarten, wenn ich bitten darf.


              Justizia:
              Zweitausend.


              Noblerone:
              Ich wollt sie nicht für ein Monat, die Demokratie, eine Nacht reicht mir.


              Justizia:
              Ja, zweitausend die Nacht.


              Noblerone:
              Himmel, das kann sich ja keiner leisten. Kein Wunder, wenn’s überall pleite sind die Demokratien. Bei den Tarifen.


              Justizia:
              Herr Graf, jetzt tu er nicht wie ein Schnorrer, ein bürgerlicher. Er hat doch Stil.


              Noblerone:
              Ja, gleich zwei, einen im Benehmen und einen in der Hose. Der kostet mich noch das letzte Hemd. Sagen’S, Gnädigste, was kostet denn die Republik, wenn man für die Demokratie schon zwei Tausender löhnt?


              Justizia:


              DieRepublica, die kostet schon noch ein bissl mehr. Je nach den Wünschen der Freier. Es gibt viele Spielarten vom Republikanismus. So eine richtig schön ausgewachsene Republik, die kriegt er nicht unter fünftausend die Nacht.


              Noblerone:
              Na dank schön. Da ist die Monarchie preiswerter zu haben. Die kost‘ mich nur eine Dienerschaft und ein paar Mätressen, beides kommt um Häuser billiger als die vielen Abgeordneten, Präsidenten und Tintenburgen. Für heute bleib ich bei der Demokratie. Eintausendfünfhundert die Nacht.


              Justizia:
              Zweitausend.


              Noblerone:
              Grafenrabatt.


              Justizia:
              Tausendachthundert.


              Noblerone:
              Adelsdiskont.


              Justizia:
              Tausendsiebenhundert.


              Noblerone:
              Nobelpreis.


              Justizia:
              Also gut, Tausendfünfhundert und jetzt ab mit ihm in den Volkspalast, die Demokrazia ist schon auf dem Weg.


              (Er legt ein paar Scheine auf das Pult und verschwindet im Aufzug).






              *


              (In einer Suite, genannt ‚Volkspalast‘. Der Graf und die Dirne Demokrazia).




              Demokrazia:
              Einen schönen Abend, nobler Herr.


              Demokrazia:
              Grüß‘ Sie Gott, Madame. Wie ich seh‘, hat nicht nur der Adel seine Paläste. Auch das Volk hat einen.


              Noblerone:
              Wenn auch sehr bescheidenen. Schön, dass er auch einmal zu mir kommt, der Herr Graf.


              Noblerone:
              Ja, heut‘ geh‘ ich gleich doppelt fremd. Zum einen betrüg‘ ich meine Alte, das g’hört‘ aber praktisch zum guten Ton, zum anderen betrüg‘ ich meinen Stand, meine Herkunft, das ist pikant. Sehr pikant, wenn Sie weiß‘, wie ich’s meine.


              Demokrazia:
              Pikant ist ganz was anderes, Süßer.


              Noblerone:
              So, was denn? Sie macht‘ mich neugierig.


              Demokrazia:
              Pikant ist, wenn sich ein Habsburger zum Präsidenten wählen lassen möcht‘ und ein Gezeter darüber anstimmt, dass ihm das ein Gesetz nicht erlaubt.


              Noblerone:
              Das ist nicht pikant, das ist undemokratisch.


              Demokrazia:
              Vielleicht. Allerdings ham‘ sich die Habsburger nicht grad als Musterdemokraten einen Namen gemacht.


              Noblerone:
              Was nicht ist, kann ja noch werden. Vielleicht wird dann aus einem Habsburger ein Hofburger. Der erste Bürger unter Bürgern in der Hofburg. Gewählt vom Volk.


              Demokrazia:
              Genau das ist mein Problem.


              Noblerone:
              Ich versteh‘ sie nicht.


              Demokrazia:
              Dass man mit der Demokratie die Demokratie abschaffen kann. Eine einzige Mehrheit genügt und aus is‘ es mit der Herrschaft derselbigen.


              Noblerone:
              Da hat sie’s noch gut, die Demokratie. Bei mir zuhaus‘ genügt eine einzige Stimme zur Tyrannei. Aber was für eine Stimme! Die müsste sie gehört haben.


              Demokrazia:
              Ich kann mir’s schon denken, was für eine Stimme er meint. Alle, die zu uns kommen, matschger’n über ihre Ehefrauen. Ein Gesuder is‘ des, gar nicht zum anhören.


              Noblerone:
              Nix da, jetzt wird getrunken und gefeiert, gelebt und geliebt wie Gott in Frankreich. Her mit dem Schampus.


              (Sie füllt zwei Gläser und reicht ihm eines).


              Noblerone:
              Komm‘ in meine Arme, Demokrazia, wir zwei sind eine absolute Mehrheit, was sag‘ ich, eine Übermacht wie einst die Türken vor Wien.


              Demokrazia:
              Ein schlechtes Beispiel. Beide Male sind sie geschlagen worden.


              Noblerone:
              Wir zwei sind unschlagbar! Komm‘ setz‘ dich auf mein‘ Schoß. Was hat sie denn da? Das sind mir aber zwei süße Früchtchen!


              (Er küßt sie auf‘s Dekollete).


              Noblerone:
              Das sind mir aber zwei satte Mehrheiten, mehr brauchst‘ nimmer.


              (Er streift ihr die Träger von den Achseln und entblößt ihre Brüste).


              Demokrazia:
              Na hallo, was nimmt er sich heraus!


              Noblerone:
              Eine reife Frucht. So viel pralle Schönheit darf man nicht verstecken, meine Süße!


              Demokrazia:
              Er ist wie ein kleines Kind.


              Noblerone:
              In jedem Grafen steckt ein Kind und das will geliebt werden.


              Demokrazia:
              Ich glaub, in dem Grafen steckt noch was. Etwas, was sich jetzt regt und hebt.


              Noblerone:
              Da hat sie recht. Eine richtige Adelserhebung ist das.


              Demokrazia:
              Dann wollen wir ihn doch mal befreien, den Rittersporn.


              Noblerone:
              Ja, tu‘ sie das. Und jetzt schnell aufgesessen und geritten, meine Amazone.


              Demokrazia:
              Sei nicht so ungeduldig, mein Ritter Blaubart.


              Noblerone:
              Ja, so eine Volksherrschaft lass‘ ich mir gefallen.


              Demokrazia:
              So macht Demokratie Spaß, mein Graf, gell?


              Noblerone:
              Die zwei geteilten Gewalten über mir, die muß‘ ich in den Griff kriegen.


              (Er fasst nach ihren Brüsten).


              Demokrazia:
              Hände weg‘ von der Gewaltentrennung.


              Noblerone:
              Ich bin vom Adel, für mich gilt das nicht.


              Demokrazia:
              Er vergreift sich an der Verfassung.


              Noblerone:
              Nein, ich fass‘ nur nach der Verheissung. Mein Gott, das ist ja wie im Paradies, wo Milch und Honig fließen.


              (Er nuckelt an den Brüsten).


              Demokrazia:
              Blutsauger.


              Noblerone:
              Ah, Sie ist aber eine harte Reiterin. Ich krieg‘ keine Luft mehr.


              Demokrazia:
              Noch bäumt er sich auf, der gräfliche Stammbaum.


              Noblerone:
              Noch, aber bald liegt er in den letzten Zuckungen.


              (Er stöhnt mehrmals laut auf und bleibt dann ermattet liegen).


              Demokrazia:
              Ich steig‘ dann mal ab.


              (Sie erhebt sich. Er bleibt mit geschlossenen Augen liegen).


              Demokrazia:
              Das war’s wohl mit der Adelserhebung. Ich glaub‘ nicht, dass der Rittersporn heut nochmal ausschlägt. Glatter Sieg für die Demokratie. Prost, Herr Graf!


              (Sie trinkt und streckt sich neben dem schlafenden Freier aufs Bett).




              *

              Kommentar


              • #8


                4. Aufzug




                (Lüfterl und Freunderl kommen gemeinsam. Freunderl öffnet Lüfterl die Tür).




                Lüfterl:
                Schönen guten Abend, gnädige Frau.


                Freunderl:
                Freundschaft Genossin.


                Justizia:
                Abend die Herren. Die Finanz und der Sozialismus, was für eine seltsame Symbiose.


                Freunderl:
                Also ich würd sagen, von der Werkbank zur Weltbank ist es nur ein Schritt!


                Lüfterl:
                Ein logischer. Die Werkbank produziert, die Weltbank finanziert. Zwei Seiten einer Medaille.


                Justizia:
                Ich würd‘ sagen, auf der Werkbank schuften die Arbeiter, auf der Bank arbeiten die Schufte.


                Lüfterl:
                Na, na, Madame, das geht zu weit.


                Freunderl:
                Freundschaft. Vertragen wir uns. Auch der Sozialismus braucht Geld. Von Arbeit allein kann man nicht leben in dieser Welt.


                Lüfterl:
                Du lernst schnell, mein Freund. Sehr richtig, sehr richtig. Geld ist der Motor der Wirtschaft und die Banken sind das Schmiermittel. Ohne uns läuft nix.


                Justizia:
                Ein Ölwechsel wär‘ an der Zeit. Der Motor stottert schon.


                Lüfterl:
                Wir wurden grad servisiert, Madame. Runderneuert und getuned starten wir in ein neues Rennen. Die Steuerzahler haben uns geliftet, jetzt heulen die Motoren, wir stehen am Start in der Pole position. Es kann losgehen. Champagner Madame und zwei knackige Mädels für zwei tatendurstige Herren.


                Justizia:
                Gemach, erst müssen die Konditionen vereinbart werden.


                Lüfterl:
                Das dürfte wohl kein Problem sein, unsere Kriegskasse ist prall gefüllt.


                Justizia:
                Ihre Parteikasse auch, Genosse?


                Lüfterl:
                Das übernehm‘ ich. Heute machen wir einen auf soziale Marktwirtschaft, gell Freunderl!


                Freunderl:
                Ja, damit hamm‘ wir kein Problem.


                Justizia:
                So, so, wenn das nur keine Freunderlwirtschaft wird.


                Lüfterl:
                Also ich schlag vor, du nimmst die Proporzia und ich übernehm‘ die Republica. Die gehört nämlich in diskrete Hände. Und mit dem Proporz da kennst du dich am besten aus, Genosse Freunderl.


                Freunderl:
                Das ist mir sehr recht. Die Proportionen von dieser Dame sind wirklich sehr sozialpartnerschaftlich, da könnt‘ sich manche Genossin ein Beispiel nehmen.


                Justizia:
                Beide Damen sind zufällig frei. Die Republica kann sich kaum einer leisten und die Proporzia zieht nimmer so wie früher, seit es heißt ‚Mehr privat – weniger Staat‘. Seither sind die Proportionen ziemlich einseitig bemessen. Die Gewinne hat man privatisiert, die Verluste verstaatlicht. Die Staaten sind pleite und ein paar Privatiers hamm’ sich die Taschen voll gestopft.


                Freunderl:
                Wir haben das alles sozial abgefedert. Da hamm‘ wir keine Kosten und Mühen gescheut.


                Lüfterl:
                Und wir haben das alles finanziert. Wir sind wahre Wohltäter. Ohne uns wären die kleinen Leute schon zahlungsunfähig.


                Justizia:
                Ja, die kleinen Leute zahlen die Zinsen für die Schulden von gestern mit den Krediten von heute in die Taschen der Milliardäre von morgen.


                Lüfterl:
                Das stimmt nicht. Die Banken finanzieren den Wohlstand für alle mit den Gewinnen der Leistungsträger.


                Freunderl:
                Ja und wir Genossen schauen, dass die soziale Verträglichkeit bei den vielen bitteren Pillen, die die Leute schlucken müssen, gewahrt bleibt.


                Lüfterl:
                So greift ein Rädchen ins andere.


                Justizia:
                Und der Leistungsträger in die Taschen des Arbeiters. Der eine hat die Arbeit, der andere die Leistung.


                Lüfterl:
                Man leistet sich ja sonst nix. Sogar die Boni hamm’s uns gekürzt voriges Jahr. Wie sollen wir da liquid bleiben und die Bonität bewahren?


                Freunderl:
                Das war eine Frage der Solidarität. Lasten müssen auf möglichst viele Schultern verteilt werden.


                Lüfterl:
                So isses. Wir tragen die Leistung und die Verantwortung, das Volk die Belastungen. So ist der soziale Ausgleich gesichert.


                Freunderl:
                Ihr tragt’s die Leistung davon, wir nehmen euch die Verantwortung ab. Keine angenehme Aufgabe. Wir Politiker kriegen die Prügel für eure Leistung.


                Lüfterl:
                Arbeitsteilung mein Freund! Die Wirtschaft lebt von Arbeitsteilung. Ihr fahrt’s doch net schlecht dabei.


                Freunderl:
                Ich beklag mich ja nicht.


                Justizia:
                Das Klagen ist mein Metier. Die Justiz ist ein einziges Klagsgemäuer. Alle klagen’s. Die Staatsanwälte über zu viel Arbeit, die Richter über zu viel Einmischung, die Angeklagten über Fehlurteile und die Kläger sowieso. Nur ich kann nicht klagen. Das Geschäft mit dem Recht geht recht gut. Die Gerichtsgebühren hamma kräftig erhöht. Die Tag- und Nachtsätze sind auf einem Allzeithoch und die Advokaten honorieren sich selbst fürstlicher als die Salzbarone.


                Freunderl:
                Die Justiz schützt die kleinen Leute vor Willkür und Ausbeutung und sichert soziale Gerechtigkeit.


                Lüfterl:
                (lacht). Das hast du schön gesagt Freunderl! So isses recht. Das musst du deinen Leuten da draussen immer wieder sagen. Immer wieder, verstehst? Bis sie es glauben. Damit der soziale Friede gewahrt bleibt.


                Justizia:
                Und der Sozialbetrug unerkannt. Für einige Bankiers wüsst‘ ich die einzig richtige Bank: die Anklagebank!


                Lüfterl:
                Madame, das ist ein sehr hartes Urteil. Das wird kaum standhalten in der nächsten Instanz.


                Justizia:
                (seufzt). Es wird ja auch kein Urteil geben. Sei er ganz beruhigt. Dafür sorgen schon die Freunderl. Mehr als die Augen sind mir die Hände gebunden. Was nutzen alle Verfassungen und Grundrechte der Welt! Geld regiert die Welt und nicht Gerechtigkeit. Geld ist Macht. Macht macht Recht. Die Gerechtigkeit ist nur eine Fiktion. Eine Fiktion der Mächtigen zum Beherrschen der Ohnmächtigen.


                Freunderl:
                Was für ein Pessimismus! Das ist Sozialismus alter Schule. Wir müssen mit der Zeit gehen! Der moderne Sozialstaat, das ist es! Der real-existierende Sozialismus ist gescheitert. Es lebe der nicht existierende Idealsozialismus!


                Lüfterl:
                Sehr schön! Ich seh‘ schon, wir geben ein tolles Paar!


                Justizia:
                Apropos. Die Damen warten schon in der Bonusmeile auf das tolle Paar.


                Lüfterl:
                Ja, wir haben uns verplaudert. Geht auf Rechnung, Sie wissen schon, mein Spesenkonto. Macht wieviel heute, das Quartett aus Bank, Werkbank, Proporz und Republik?


                Justizia:
                Neuntausend die Nacht. Ohne Zinsen.


                Lüfterl:
                Meine Liebe, die Justiz kommt einem teuer zu stehen!


                Justizia:
                Ja, so ein Ständer hat eben seinen Preis. Hier ein Autogramm bitte.


                Lüfterl:
                (unterschreibt). Teurer Spaß, das Lustprinzip.


                Freunderl:
                Aber sehr sozial. Das muß uns der Sozialismus wert sein.


                (die beiden verschwinden im Aufzug).


                Justizia:
                Respekt. Die Banken machen sogar mit dem Sozialismus noch ein Geschäft!




                *






                (Eine noble Suite mit der goldenen Aufschrift ‚Bonusmeile‘. Proporzia sitzt an einem riesigen Schreibtisch, die Beine auf der Tischplatte aus rotem Samt. Republica sitzt vor einem Spiegel und pudert sich den Hals).




                Lüfterl:
                Hallo, meine Teuren! Da sind wir! Jetzt lassen wir die Korken knallen.


                Republica:
                Die Korken sind aus Plastik, die Flaschen sind echt.


                Freunderl:
                Solang‘ der Schampus nicht aus Plastik ist.


                Proporzia:
                Hereinspaziert, zwei und zwei, was ist dabei, fertig ist die Packelei!


                Lüfterl:
                Was für ein garstig‘ Wort, heut heisst das Kooperation.


                Proporzia:
                Na dann, kooperieren wir halt‘.


                Freunderl:
                Ja, lasst’s uns kopulieren!


                Republica:
                Mit dem Wording wird er keinen Staat machen, der Herr Genosse.


                Lüfterl:
                Wir machen eine Arbeitsteilung aus dem Staat: Er ist zuständig für die Dekoration, wir für die Kassen.


                Freunderl:
                Mit den Kassen ham‘ wir eh keine gute Erfahrung gemacht. Erst die Parteikassa, dann die Gerwerkschaftsbank. Ausgeräumt wie ein Regal nach dem Abverkauf.


                Proporzia:
                Und die Schnäppchenjäger habt’s ihr laufen lassen.


                Freunderl:
                Wir nicht, die werte Justiz hat sich alle Augen verbunden, damit sie nur ja nix sieht.


                Lüfterl:
                Deshalb is‘ es gut, wenn wir die Konten führen und ihr die Massen.


                Freunderl:
                Die Massen sind genauso verschwunden wie die Millionen.


                Republica:
                Millionen ham‘ wir keine, gönnen wir uns die Promille, Prost Leute!




                Lüfterl:
                Zum Wohle die Damen!


                Freunderl:
                Freundschaft!


                Propozia:
                Auf die Harmonie! Es geht nix über die rechte Ausgewogenheit!


                Lüfterl:
                Dafür sind die Sozialpartner da! Die verteilen das Geld, das wir verdienen.


                Republica:
                Ihr kassiert’s das Geld, was die erarbeiten.


                Freunderl:
                Für die gerechte Verteilung ham‘ wir einen Schlüssel.


                Republica:
                Ihr findt’s nur net das dazu passende Schloss!


                Lüfterl:
                Wir verwalten den Überschuß, die Genossen den Mangel.


                Proporzia:
                Das ist mir die rechte Arbeitsteilung.


                Republica:
                Rechts die Kassen, links die Massen.


                Freunderl:
                Gerechter Lohn für alle.


                Lüfterl:
                Das kann ich unterschreiben.


                Republica:
                Ein ungedeckter Scheck. Einlösbar auf der Parkbank.


                Lüfterl:
                Wir finanzieren die Wirtschaft. Und die Wirtschaft finanziert den Sozialstaat.


                Freunderl:
                Und wir garantieren den Sozialstaat.


                Lüfterl:
                So is‘ recht, er lernt schnell, mein Freund. Wir finanzieren, die Genossen garantieren (zu sich): satte Gewinne. (laut): Wir privatisieren, die Genossen kollektivieren (zu sich): die Verluste. (laut): So ist alles im Lot im Staat!


                Proporzia:
                Es heißt nicht umsonst lot-recht! Das Recht erst bringt alles ins Lot!


                Lüfterl:
                Was sind das für Unterhaltungen? Wir wollen feiern, nicht die Welt erkären.


                Freunderl:
                Genau. Erklärungen bringen nix ein, höchstens einen Notstand.


                Proporzia:
                Komm‘ in meine Ausgewogenheit, Freunderl. (Sie umarmt ihn). Ich leiste dir Genossenschaft.


                Freunderl:
                Was für ein Genuß! Wir Genossen müssen lernen, zu genießen.


                Proporzia:
                Du hast es erfasst: Wer nicht genießen kann, ist ungenießbar! Die Leute lieben Genußspechte!


                Lüfterl:
                Und Genußscheine! Wir haben den Genuß und die Kundschaft den Schein!


                Republica:
                Und der trügt. Wie immer, wenn man sich auf Scheine verläßt. Egal ob Geld oder Genuß, der Schein trügt!


                Lüfterl:
                Nicht immer. So ein Schuldschein ist schon fein. Und erst ein ganzer Stapel davon! Was das an Zinsen herein spült! Auf den Zins!


                Freunderl:
                Auf den Zins! Wenn wir den besteuern, hamma immer was zu feiern!


                Proporzia:
                Mit Maß und Ziel!


                Lüfterl:
                Steuern sind immer zuviel.


                Republica:
                Ohne Steuern ist kein Staat zu machen.


                Lüfterl:
                Es kommt drauf an, was man besteuert.


                Freunderl:
                Er sagt es, es kommt immer drauf an.


                Proporzia:
                Na dann lassen wir’s drauf ankommen. Komm‘ schon Freunderl, meine Sozialpartnerschaft wartet schon.


                Freunderl:
                Laß‘ dich über den Tisch ziehen. (Er legt Propozia auf die samtbespannte Tischplatte).


                Proporzia:
                Das werden lange Verhandlungen.


                Freunderl:
                Und sehr eindringliche. Mein Obmann steht bereit!


                Proporzia:
                Herein mit ihm!


                Lüfterl:
                Die Sozialpartner sind schon im Clinch.


                Republica:
                Komm‘ in meine öffentlichen Arme. Seid umschlungen, Milliardäre!


                Lüfterl:
                Ich bin zwar kein Milliardär, aber mein Kontostand ist auch nicht zu verachten.


                Republica:
                Öffne meinen Tresor.


                Lüfterl:
                Der Schlüssel steckt schon.


                Republica:
                Du mußt‘ ihn herum drehen.


                Lüfterl:
                Ich dring‘ in deine Schatzkammer ein.


                Republica:
                Die Schätze sind längst geraubt.


                Lüfterl:
                Sie liegen sicher auf der Bank.


                Republica:
                So sicher, dass keiner mehr dran kommt, als die Bank.


                Lüfterl:
                Unser Kapital sind Verschwiegenheit und Diskretion.


                Republica:
                Mein Kapital ist Öffentlichkeit und Diskussion.


                Lüfterl:
                Ihre Öffentlichkeit ist ein unerschöpflicher Quell der Lust.


                Republica:
                Meine Öffentlichkeit ist begehrt. Aber jeder will sie für sich privatisieren.


                Lüfterl:
                Bei mir ist ihre Öffentlichkeit gut aufgehoben.


                Republica:
                Sie gehört nicht ihm allein. Sie gehört allen.


                Lüfterl:
                Aber jetzt gehört sie mir. Mir allein.


                Republica:
                Das glaubt jeder, der in der Öffentlichkeit steht.


                Lüfterl:
                Spürst du, wie er steht in deiner Öffentlichkeit?


                Republica:
                Exhibitionist!


                Lüfterl:
                Republikaner!


                Republica:
                Kapitalist!


                Lüfterl:
                Geldgeber!


                Republica:
                Wucherer!


                Lüfterl:
                Wohltäter!


                Republica:
                Geldwäscher!


                Lüfterl:
                Unschuldig!


                Republica:
                Ja, ja. Schuld sind immer die andern.


                Lüfterl:
                Schuldner sind die beste Kundschaft! Wer uns nix schuldet, dem schulden wir. Da wird’s dann höchste Zeit für eine Umschuldung.


                Republica:
                Ja, das nennt man Schuldumkehr: Aus Gläubigern mach‘ Schuldner! Die Kernkompetenz der Banken.


                Lüfterl:
                Alles streng nach dem Gesetz.


                Republica:
                Dem Bankgesetz, welches lautet: Schulden haben immer die Kunden.


                Lüfterl:
                Und: Die Bank hat keine Schulden, nur uneinbringliche Forderungen!


                Republica:
                Was treiben die Sozialpartner?


                Proporzia:
                Wir stehen kurz vor dem Abschluß!


                Republica:
                Nur keine Schnellschüsse! Wir brauchen ein ausgewogenes Ergebnis.


                Proporzia:
                Das Ergebnis kann sich sehen lassen!


                Lüfterl:
                Das wird ein Rekordergebnis. So liquid waren wir schon lange nicht!


                Freunderl:
                Auf die Sozialpartnerschaft!


                Lüfterl:
                Auf gute Geschäfte!


                Proporzia:
                Auf die Ausgewogenheit!


                Republica:
                Es lebe die Republik!






                *



                Kommentar


                • #9
                  Des Schmierenstücks vorletzter Akt:


                  5. Aufzug




                  (Winkel und Wichtel kommen gemeinsam).


                  Wichtel:
                  Nach Ihnen, Herr Rat!


                  Winkel:
                  Nach Ihnen, Herr Hofrat!


                  (Vor lauter Rücksichtnahme bleiben beide vor der offenen Tür stehen. Als sie dann gemeinsam los gehen, stoßen sie in der Türöffnung zusammen).


                  Wichtel:
                  Verzeihung, Herr Rat, wie ungeschickt von mir.


                  Winkel:
                  Nix g’scheg‘n, Herr Hofrat, nach Ihnen.


                  Wichtel:
                  Nach Ihnen, Herr Rat.


                  (Schließlich schaffen sie es doch durch die geöffnete Tür).


                  Winkel:
                  Grüß Gott, Exzellenz!


                  Wichtel:
                  Gott zum Gruß, Verehrteste!


                  Justizia:
                  Hebt’s Euch die Schmäh auf für Eure Vorgesetzten, mir braucht’s net imponier‘n.


                  Winkel:
                  Keine Schmeichelei, Gnädigste, nur die Wahrheit, so wahr ich Richter bin.


                  Wichtel:
                  Nichts als die Wahrheit, Verehrteste, so wahr ich Hofrat bin.


                  Justizia:
                  Die Wahrheit aus eurem Mund hört sich ziemlich verlogen und verbogen an. Da lob‘ ich mir die einfachen Leut‘. Bei denen is‘ eine Lüge noch ehrlicher als eure Wahrheiten.


                  Winkel:
                  Womit haben wir das verdient, warum so bös‘ und unnachsichtig heut‘, Madame?


                  Justizia:
                  Wenn ich unnachsichtig wär, tät‘ ich euch Hausverbot erteilen. Aber wie schaut‘ denn das aus, wenn die Richter und Hofräte aus der Justiz ausgeschlossen wär’n!


                  Wichtel:
                  Ja, das Ansehen der Justiz ist ein hohes Gut. Sonst herrschten Sodom und Gomorrha und Zuständ‘ wie im Wilden Westen..


                  Justizia:
                  Gegen die Zuständ‘ in der heutigen Justiz waren Sodom und Gomorrha Inseln der Anständigkeit und der Wilde Westen ein vorbildlicher Rechtsstaat.


                  Winkel:
                  Was erzürnt sie denn so? Hamma‘ was falsch gemacht?


                  Justizia:
                  Falsch machen kann man nur was, wenn man weiß, wie’s richtig g’hört. Aber das ist bei euch beiden nicht anzunehmen. Euch fehlt nicht nur das Unrechtsbewusstsein sondern auch der Tatvorsatz. Ihr seid’s so!


                  Winkel:
                  Wie soll sich da einer auskennen. Also ich kenn‘ mich nimmer aus.


                  Wichtel:
                  Ich plädiere für unschuldig, Gnädigste. Hamm’S ein Erbarmen. Auch Richter und Beamte sind nur Menschen.


                  Justizia:
                  Das ist aber jetzt eine Neuigkeit, das hätt‘ ich nie vermutet! Umso mehr tät euch eine kleine Lektion in Rechtskunde nicht schaden.


                  Winkel:
                  Darum sind wir ja eigentlich hier. Wir fordern unsere gerechte Strafe.


                  Justizia:
                  Verstehe, die Schikanen und Demütigungen in euren Amtsstuben reichen euch nicht. Ihr wollt’s eine richtige Abreibung, euch steht der Sinn nach einer saftigen Bestrafung.


                  Winkel:
                  Wie Sie das wieder erraten hat, das hat schon was Überirdisches.


                  Wichtel:
                  Eher was Übersinnliches.


                  Justizia:
                  Den Mannen kann geholfen werden. Die Domina ist zwar ein bissl indisponiert heute, aber für eine ordentliche Züchtigung reicht’s schon.


                  Winkel:
                  Ja, wir brauchen nur ihre strenge Hand. Alles andere besorgen wir schon selber.


                  Wichtel:
                  Ja, nur ihre Hand.


                  Justizia:
                  Wichser.


                  W+W:
                  Wie?


                  Justizia:
                  Also ein flotter Dreier mit der Domina in der strengen Kammer. Ich sag‘ ihr, sie soll euch richtig ins Kreuzverhör nehmen.


                  Wichtel:
                  Ja, keine Schonung, keine Gnade, keine Unschuldsvermutung.


                  Justizia:
                  Möchtest gern mal Angeklagter spielen, Herr Rat?


                  Winkel:
                  Rein hypothetisch, rein theoretisch.




                  Justizia:
                  Eine Reitgerte ist was sehr praktisches, mein Herr. Geht ganz schön unter die Haut.


                  Wichtel:
                  Es muß‘ richtig weh tun. Richtig weh.


                  Justizia:
                  Keine Sorge, ihr sollt’s richtig bedient werden. Diesbezüglich ist Verlaß auf mein Personal. So eine Vernehmung kann ganz schön schmerzhaft sein. Und wenn dann ein Befragter noch renitent wird, so hamm‘ wir schon unsere Mittelchen, ihn wieder zur Räson zu bringen.


                  Winkel:
                  Ja, beim Eid auf die Verfassung, die hamm‘ wir.


                  Wichtel:
                  Rein praktisch.


                  Winkel:
                  Im Sinne der Wahrheitsfindung.


                  Wichtel:
                  Und der Verfahrenseffizienz.


                  Justizia:
                  Die Domina kennt sich aus mit der Effizienz. Das ist meine effizienteste Rechtsdienerin. Die anderen Mädel sind mehr fürs Repräsentative. Die Domina geht ans Eingemachte.


                  Winkel:
                  Was hab‘ ich dir g’sagt, Wichtel. Ich hab‘ nicht zu viel versprochen.


                  Wichtel:
                  Mein Gott, es kann einem richtig Angst und Bang werden vor der Justiz.


                  Winkel:
                  Alles ein Spiel, Wichtel. Und wir machen die Regeln, sind Schiedsrichter und Partei in Personalunion. Kein Wunder, dass wir immer gewinnen. Hier ist alles ein Spiel. Wenn auch sehr echt, sehr gefühlsecht, mein lieber Wichtel.


                  Wichtel:
                  Hätt‘ ich fast vergessen.


                  Justizia:
                  Ja, für euch ist das alles ein Spiel. Noch dazu eines, wo ihr nicht verlieren könnt‘. Ihr genießt Rechtsschutz all-inclusive.


                  Winkel:
                  Das ist notwendig. Wegen der Unabhängigkeit. Das brauch‘ ich ihr doch nicht zu erklären.


                  Wichtel:
                  Ja und von wegen der Unkündbarkeit. Die Pragmatisierung, die ist unabdingbar. Damit wir nicht korrumpierbar sind. Versteht Sie?


                  Justizia:
                  Und wie ich versteh‘. Vor lauter Unabhängigkeit und Unkündbarkeit verliert’s ihr den Boden unter den Füssen und die Realität aus den Augen. Kein Wunder, wenn man sich für den Nabel der Welt hält. Ich sag‘ jetzt nicht, welcher Körperteil treffender wär‘.


                  Winkel:
                  Das geht zu weit! Bei allem Respekt, ich verlang‘ eine Rücknahme, sonst werd‘ ich Sie verklagen!


                  Wichtel:
                  Na geh‘, sei vorsichtig, du kannst SIE doch net klagen!


                  Justizia:
                  Nur zu, Winkel, das wird ein Jux werden. Richter klagt Justizia. Wegen was denn? Ehrenbeleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung? Und was, wenn ich den Wahrheitsbeweis antrete?


                  Wichtel:
                  Und dann kommt raus, dass du hier verkehrst! Und ich häng‘ mit drin. Ich bitte dich! Ich verbiete dir, hörst du, ich verbiete dir, zu klagen!


                  Winkel:
                  Reg‘ dich net auf, Wichtel. Ich bin doch net deppert. Ich kenn doch die Spielregeln. Gegen den Wind kannst net brunzen. Ich hab mich halt geärgert über diese Anzüglichkeiten. Muß man sich das g’fallen lassen?


                  Justizia:
                  Muß man nicht. Man muß ja nicht herkommen.


                  Winkel:
                  Schließen wir einen Vergleich, Gnädigste. Sie sind wieder nett zu uns und wir vergessen das.


                  Justizia:
                  Ich hab schon vergessen. Wenn ich net so gut vergessen tät, wär ich längst verrückt geworden.


                  Winkel:
                  So is‘ recht.


                  Wichtel:
                  Na Gott sei Dank. Geh, Winkel, schau‘ ma, dass ma hier weg kommen. Wir steh’n ja buchstäblich in der Auslag‘ da. Welches is‘ die strenge Kammer? Ich geh‘ schon mal voraus.


                  Justizia:
                  Erster Stock, Suite zur Hl. Inquisition. Viel Spaß, Hofraderl. –
                  Sie zahlen alles zusammen, Herr Rat?


                  Winkel:
                  Ja. Geht auf Dienstreisen. Tatortinspektion.


                  Justizia:
                  Tatortinspektion in der Folterkammer. Fesch. Auf Steuerzahlers Kosten.


                  Winkel:
                  Fangt Sie schon wieder an damit. Des geht schon in Ordnung, d’accord mit der Dienstreiseordnung sozusagen. Sie ist sehr mißgünstig heut. Wo wir doch alle eine Familie sind. Quasi.


                  Justizia:
                  Wie heisst es doch: Wer Familie hat, braucht keine Feinde.


                  Winkel:
                  Na geh! Ich mein, wir müssen doch z’samm halten. Wo doch alle heut‘ auf der Justiz herum hacken. Niemand können wir’s recht machen. Obwohl wir uns auskennen mit dem Recht machen.


                  Justizia:
                  An ihm ist ja förmlich ein Poet verloren gangen. Falsche Berufswahl. Scheint unter Juristen eine Berufskrankheit zu sein. Bei soviel Berufsirrtümern sind Justizirrtümer nur die logische Folge.


                  Winkel:
                  Jetzt muß ich aber. Der Wichtel ist sicher schon im Verhör. Ich darf nichts verpassen als Richter. Rechnung brauch‘ ich keine. Meine Jus-Master-Card-Nummer hat sie ja.


                  Justizia:


                  Mach‘ schon, sonst entgeht dir noch was.


                  (Winkel ab).




                  Justizia:
                  Solche Kundschaft verleidet einem die ganze Freud‘ am Geschäft. Ein ehrlicher Rechtsbrecher ist mir lieber als diese scheinheiligen Rechtspreller. Die glauben, sich alles kaufen zu können: Recht und Unschuld, Mehrheit und Macht. Auf Spesenkonto, Kreditkarte oder mit einem Griff in den Klingelbeutel. Kein Wunder, dass meine Mädels den Glauben an sich verlieren. Diese Kundschaft macht aus meinem honorigen Haus einen Selbstbedienungsladen der Gier, einen Ramschladen für Eitelkeit und Heuchelei. Die Unschuld zum Schnäppchenpreis, die Gleichheit zur flat-rate, die Mehrheit mit Kundenkarte geschenkt, die Verhältnismässigkeit als Draufgabe und die Freizügigkeit als Bonus für VIPs. Adel und Klerus genießen Narrenfreiheit, Politik die unbegrenzte Unschuldsgewissheit. Nur der kleine Mann zahlt den vollen Preis, kriegt weder Diskont noch Kredit. Der blecht für Recht! – Alles, was nichts kostet, ist nichts wert. Sagen sie, unsere Eliten. Weil sie es sich wert sind und weil sie immer einen Idioten haben, der für sie zahlt. Die Schäfchen zahlen für die Hirten, die Wähler für die eigene Dummheit. Für ihre Bequemlichkeit und Feigheit berappen sie einen sehr teuren Preis. Er kostet sie die Mündigkeit, die Unabhängigkeit. Im Diesseits wartet der Häf'n, im Jenseits die Hölle. Sie brauchen die Androhung von Gefängnis und Verdammnis, um ruhig schlafen zu können. Ist das nicht paradox? Vor nix hamm sie mehr Angst, als vor der Freiheit, für sich selbst zu entscheiden. Die verschenken’s ungeniert an jeden dahergelaufenen Betrüger, an den Pfaff‘ und den Henker, den Richter und den Gesetzgeber. Und dann kommen’s zu mir und wollen Gerechtigkeit. Sie haben ihre Gerechtigkeit schon gekriegt: die gerechte Straf‘ für ihren Verrat sind Kaiser und Kardinal, Richter und Henker. Ihre Seele haben’s an die Kirche verraten, ihren Arsch an die Bank verpfändet. Und der Verstand, den hamm’s verloren, zwischen Verrat und Pfändung. Kein Wunder, dass nix weiter geht in dieser Welt. Jeder Despot hat sein‘ Idiot. Und von denen gibt’s mehr als sie aushält, die Welt. Drum wird’s auch immer Despoten geben, weil die Idioten nicht aussterben. Und das Recht ist nur das Vehikel, mit dem der Despot dem Idiot ans G‘stell fährt. Die Streckbank für die Buckeln und Beine, die ganz krumm sind vom Bücken und Knien. Und vom Lügen. Das Recht ist die Peitsche für die Ochsen im Joch. Aber sie haben nix anderes verdient. Wer die Knechtschaft der Freiheit vorzieht, wird immer ein Knecht bleiben.




                  *




                  (In der Suite ‚Zur Heiligen Inquisition‘.
                  Wichtel kniet auf dem Boden. Winkel daneben auf allen Vieren.
                  Vor den beiden steht Domina im schwarzglänzenden Lederdress, eine Art Geissel aus Leder in der rechten Hand).


                  Domina:
                  Sag‘ die Wahrheit, Wicht, warst du unfolgsam?


                  Wichtel:
                  Ja, meine Herrin, ich war ganz unartig.


                  Domina:
                  Und worin bestand deine Ungezogenheit?


                  Wichtel:
                  Ich hab‘ Geld genommen.


                  Domina:
                  Das ist ja noch kein Verbrechen.


                  Wichtel:
                  Aber es war der Lohn für eine kleine Gefälligkeit


                  .Domina:
                  Meinst du Schmiergeld, du Flegel?


                  Wichtel:
                  Na ja, nicht wirklich.


                  Domina:
                  Sag‘ die Wahrheit. (Sie klatscht mit der Geissel auf seinen Rücken)


                  Wichtel:
                  Ja, es war Schmiergeld.


                  Domina:
                  Wofür?


                  Wichtel:
                  Das unterliegt dem Amtsgeheimnis. (Sie schlägt wieder zu).


                  Domina:
                  Raus mit der Sprache, hier gilt kein Amtsgeheimnis.


                  Wichtel:
                  Für eine Genehmigung.


                  Domina:
                  Eine illegale.


                  Wichtel:
                  Nein, so kann man nicht sagen. (Sie schlägt wieder zu). Gnade, Herrin. Sagen wir, eine amikale Lösung.


                  Domina:
                  Was hat er genehmigt?


                  Wichtel:
                  Nur einen Betrieb.


                  Domina:
                  So, so. Und was betreibt der so, der Betrieb?


                  Wichtel:
                  Es ist sozusagen ein Resozialisierungsprogramm.


                  Domina:
                  Lüg‘ nicht, Schuft. (Sie schlägt wieder zu).


                  Wichtel:
                  Also ein Wiedereinstieg für gefallene Mädchen.


                  Domina:
                  Wiedereinstieg? Wohin?


                  Wichtel:
                  Ins Berufsleben.


                  Domina:
                  Sag‘ nicht, er hat ein illegales Puff genehmigt.


                  Wichtel:
                  So kann man es nicht sagen. (Sie schlägt wieder zu). Nicht ganz. Es ist alles ganz sauber. Und offiziell.


                  Domina:
                  Wofür hat er dann Geld gekriegt?


                  Wichtel:
                  Na ja, der Betreiber. Er hatte noch eine Strafe im Register. Einen Sperrvermerk für Animierlokale und dergleichen.


                  Domina:
                  So, und du hast die Sperre aufgehoben?


                  Wichtel:
                  Sozusagen. (Sie schlägt zu). Au. Es war die Sperre sowieso kurz vor der Aufhebung. (Sie schlägt nochmal zu). Es ist nur eine Beschleunigung des Amtswegs gewesen.


                  Domina:
                  So, so. Kleine Geschenke als Amtsschimmelbeschleuniger. (Sie schlägt wieder zu). Die bleibst knien. Und jetzt zu dir!


                  (Sie wendet sich Winkel zu. Es beginnt eine ähnliche Prozedur wie vorhin).






                  *

                  Kommentar


                  • #10
                    So, der Posse letzter Akt.


                    *

                    6. Aufzug




                    (Hackl kommt).




                    Justizia:
                    Ah, wenn man vom Ochsen spricht, kommt er gerannt.


                    Hackl:
                    Grüß Gott, gnä‘ Frau.


                    Justizia:
                    Servus, kleiner Mann. Schluß für heut‘?


                    Hackl:
                    Mit der Arbeit, jetzt kommt’s Vergnügen.


                    Justizia:
                    Und da kommt er zu mir? Die Gerechtigkeit war noch nie ein Vergnügen, nur eine vergebliche Hoffnung und ein leeres Versprechen.


                    Hackl:
                    Wie der gerechte Lohn.


                    Justizia:
                    Gibt’s beides erst im Jenseits.


                    Hackl:
                    Wer’s glaubt.


                    Justizia:
                    Glaube, Hoffnung und Liebe, kleiner Mann, die göttlichen Tugenden.


                    Hackl:
                    Hörn’S mir auf damit. Mir is‘ nicht nach Predigten, ich will mich unterhalten.


                    Justizia:
                    Da ist er bei mir recht. Was glaubt er, wie schnell aus Unterhaltung eine Klage auf Unterhalt wird.


                    Hackl:
                    Wem sag‘n Sie das! Ich zahl mehr Unterhalt als mir Selbstbehalt bleibt zum Leben. Ich bin ein lebendiges Exekutionsobjekt. Was an mir schon exekutiert wurde, geht auf kein Gehaltskonto. Ich bin immer im Minus. Bei mir hat Minus und Minus noch nie ein Plus ergeben. Ich bin wie der arktische Winter, immer tief im Minus.


                    Justizia:
                    Na ja, wenigstens hat er seinen Humor noch nicht verpfändet. Bei mir gibt’s aber nix umsonst, kleiner Mann.


                    Hackl:
                    Die Gerechtigkeit hat ihren Preis, ich weiß. Und das Recht erst recht. Aber ich will ja auch nur ein bissl Ablenkung. Bin eh nega und hundsmüd‘ ausserdem. Aber ein bissl Gesellschaft, bevor ich mich in die Koje hau‘, das wär‘ schön.


                    Justizia:
                    Ich glaub, ich hab was für ihn. Eins meiner Mädel hat grad‘ Pause. Die Innozenzia, die Unschuld, sie paßt zu ihm. Setz‘ dich drüben an die Bar, ich schick‘ sie dir runter.


                    Hackl:
                    Danke schön, Gnädigste, das ist aber sehr nobel von Ihnen.


                    Justizia:
                    Es ist nur recht und billig.


                    (Er geht an die Bar. Innonzenzia kommt).


                    Innozenzia:
                    Servus Kleiner, zahlst mir einen Drink?


                    Justizia:
                    Heut‘ geht’s aufs Haus, ihr beide seid‘s eingeladen.


                    Innozenzia:
                    Das sind ja ganz neue Sitten und Gebräuche. Seit wann gibt’s hier was umsonst?


                    Justizia:
                    Weil ich es sag‘. Und weil ihr zwei ein feines Paar seid’s. Die Unschuld und der Hackler. Die eine steht für’s Ideal, der andere für die Wirklichkeit. Beide ham’s sehr undankbare Aufgaben. Die Unschuld wird meistens verschenkt, der Hackler immer verkauft. Für die Unschuld kann man sich nix kaufen, für die Plackerei erst recht nicht. Für die Unschuld wird man meistens bestraft, zur Arbeit verdammt. Die eine ist angeboren, die andere angelernt. Die eine verliert man sehr leicht, die andere wird man ein langes Hacklerleben nicht mehr los. Da hört sich die Gemeinsamkeit auf. Einmal Hackler, immer Hackler, was man von der Unschuld nicht behaupten kann. Kommt’s her ihr zwei, heut‘ gibt’s Champagner auf Kosten des Hauses.


                    Innozenzia:
                    Frau Chefin, wenn das der Rechnungshof spitz kriegt.


                    Justizia:
                    Ach Mädel, was ist sie naiv. Der verkehrt doch auch bei uns. Und was glaubst‘, natürlich zum Sondertarif.


                    Innozenzia:
                    Wem kann man dann noch vertrauen?


                    Justizia:
                    Nicht den Kaisern, nicht den Göttern, nicht einmal sich selbst.


                    Innozenzia:
                    Bei meiner Ehr‘, da kriegt man ja richtig Angst. Wo soll man sich da noch fest halten?


                    Justizia:
                    Am besten gar nicht. Das Leben ist ein Seiltanz ohne Netz. Die Dummen steigen selber rauf, die Cleveren bleiben unten und schau’n zu. Jetzt kannst‘ dir ausrechnen, wer abstürzt.


                    Innozenzia:
                    Hör’n’S auf, Chefin, mir wird schon ganz schwindlig.


                    Justizia:
                    Prost, ihr zwei!


                    Hackl:
                    Zum Wohlsein und danke vielmals, Gnädigste!


                    Innozenzia:
                    Prost Frau Chefin, Servus Burli!


                    Hackl:
                    Servus, hätt net glaubt, dass i‘ heut‘ no Schampus trink‘.


                    Justizia:
                    Da is‘ die Flasche, schenkt’s euch ein. Ich schau nach der Kundschaft. Damit wir keine schlechte Nachred‘ hamm‘. Das Renommee ist gleich verspielt.


                    Innozenzia:
                    Ja, ist der Ruf‘ erst runiniert, ist die Unschuld dahin.


                    Hackl:
                    Unsereins hat da nix zu verlieren. Einen Ruf kann ich mir net leisten und eine Unschuld net kaufen.


                    Innozenzia:
                    Geh‘ her Burli, trink‘! Meinen Ruf kaufen sich die Freier. Die leisten sich so viel Unschuld, dass für Leut‘ wie dich keine mehr übrig bleibt. Sie haben die Ehre, du das Nachsehen. Sie haben das Geld, du die Arbeit.


                    Hackl:
                    Du bist gar net so naiv, wie die Chefin sagt.


                    Innozenzia:
                    Das gehört zum Geschäft. Als Unschuld musst du so tun, als ob.


                    Hackl:
                    Hätt‘ ich mir gleich denken können, dass in der Justiz nicht einmal die Unschuld echt ist.


                    Innozenzia:
                    Unter uns Burli: Ich bin ein Bluff. Die anderen Madeln sind auch alle Bluff. Die ganze Justiz ist ein Bluff. Und die Chefin ist die größte Blufferin. Die gibt es nämlich gar nicht, die Gerechtigkeit. Die ganze Justizia samt ihrem Laden ist ein Schmäh‘.


                    Hackl:
                    Des wiss‘ ma eh! Für so dumm, wie wir verkauft werden, wir kleinen Leut, darfst uns net halten.


                    Innozenzia:
                    Und warum lasst ihr euch dann verkaufen?


                    Hackl:
                    Warum lasst du dich verkaufen?


                    Innozenzia:
                    Du lasst dich für dumm verkaufen, weil es bequem ist. Solang das Schnitzl in der Pfann liegt und das Bier zum Fernsehen da ist, solang is‘ es bequemer die Goschen zu halten, net wahr? Und ich, ich laß mich verkaufen, weil ich gut damit fahr‘. Ich werd‘ zwar ziemlich malträtiert von den Staatsanwälten, den Richtern und Angeklagten, ein jeder reit‘ auf mir herum, wie’s ihm passt, aber ein ordentliches Schweigegeld schaut immer dabei raus. Weil, weißt, nix ist so schweigsam wie die Unschuld. Dort wo sie laut hinaus posaunt wird, dort is meistens was faul. Je lauter sie beteuert wird, die Unschuld, umso teurer wird sie erkauft.


                    Hackl:
                    Da komm‘ ich nimmer mit, Fräulein. Ich hab schon zu viel Schampus intus.


                    Innozenzia:
                    Macht nix. Ich bin ja auch nimmer ganz nüchtern. Für heut‘ bin ich suspendiert von der Justiz. Für heut‘ hab ich frei.


                    Hackl:
                    Und ich bin fur heut‘ justifiziert und hab auch frei.


                    Innozenzia:
                    Justifiziert, geh‘, das gibt’s doch gar net.


                    Hackl:
                    Ach was, justament gibt’s des, dann hab ich’s halt erfunden.


                    Innozenzia:
                    Ui, ein Erfinder bist auch noch. Was findet er denn sonst noch?


                    Hackl:
                    Er findet justamentifizerte Dingsbums.


                    Innozenzia:
                    Komm‘ mach‘ ma eine Runde durch die Stadt. Es ist ein so schöner Abend. Ich war schon lang nicht mehr spazieren. Ich möchte wieder mal den Himmel sehen, die Sterne, vielleicht den Mond.


                    Hackl:
                    Ja komm‘, gemma, hier haben wir beide nix verloren, du, die Unschuld und ich, der Hackler.




                    (Beide ab).






                    *




                    Justizia:


                    Jetzt sind’s alle wieder weg und die Mädchen schlafen schon. Zeit für mich, den Laden zu schließen. Der Morgen schaut schon rein beim Fenster. Was tät‘ ich nur ohne meine Dirndl’n! Ich wär‘ verloren. Niemand tät‘ herkommen, ich könnt‘ betteln gehen. Eine alte, abgetakelte Fregatte, angewiesen auf Almosen. Käm‘ noch ins Kriminal bei den Bettelverboten, die überall aus den Pflastersteinen und dem Asphalt schießen wie das Unkraut. Die Gerechtigkeit als Gesetzesbrecherin, eine Illegale, überall unerwünscht und hin- und hergeschoben, vielleicht auch abgeschoben. Wohin könnt‘ man die Gerechtigkeit abschieben? Ins Ausland. Aber wohin? Wer würd‘ sie aufnehmen? Am ehesten irgendein Diktator oder Tyrann. Denn von nichts reden die Diktatoren lieber als von der Gerechtigkeit. Nur die Freiheit könnt‘ mit mir konkurrieren. Das wär‘ was. Zusammen mit der Freiheit in den Iran oder nach Nordkorea abgeschoben werden. Unserer Polizei und unserer Justiz tät‘ ich das zutrauen.


                    Meinen Mädeln verdank‘ ich mein behagliches Leben hier. Der Innozenzia, der Favoritin des Kardinals und der weltlichen Eliten. Wie sie nach ihr schreien, wenn’s bei irgendeiner Sauerei erwischt werden. ‚Unschuldig‘ schallt es unisono durch die Vorstandsetagen, Parteisekretariate, Klostermauern und Parlamentshallen. Es gilt die ‚Unschuldsvermutung‘. Je größer das Tier, umso hartnäckiger die Unschuldsvermutung. Nur der kleine Fisch, der sich durch den Dschungel des Alltags schlängeln will, der gerät in die feinen Maschen des Gesetzes. Wer anständig sein will, kann nicht unschuldig bleiben. Er kommt unweigerlich mit dem Gesetz in Konflikt. Weil das Gesetz längst den Pfad des Rechts verlassen hat.


                    Oder die Prinzipia. Eine ehrliche Haut, der ich manchmal eine Auszeit gönnen tät‘. Aber nix da. Ohne sie geht’s net, schreien sie. Die Unbestechlichkeit sei das höchste Gut im Rechtsstaat, predigen sie. Dabei wuchert die Korruption wie ein Krebsgeschwür in diesem Land, wächst noch schneller als die Verschuldung. Selbst in der Justiz hat sie sich breit gemacht. Heut braucht’s keine Weisungen mehr, um einen eifrigen Staatsanwalt zu stoppen, eine Ermittlung gar nicht erst zu starten. Heut‘ genügt ein Anruf oder eine Bemerkung beim Kaffee am Gang. Und schwupp, die Sache ist erledigt. Und übers Jahr verjährt. Sehr praktisch. Alles verjährt, nur ein guter Wein nicht. Der wird immer wertvoller mit den Jahren.


                    Meine Domina hat’s auch net leicht. Immer muß sie herhalten, wenn’s drum geht, wieder mal ein Stück Freiheit oder Bürgerrecht zu stutzen. Der Staat dürfe sich keine Blöße geben, keine Schwäche zeigen, das Recht müsse konsequent mit aller Härte vollzogen werden. Wer nix zu verbergen hat, habe ja nix zu befürchten! Was für eine Hinterfotzigkeit! Die, die am meisten zu verbergen haben, haben am wenigsten zu befürchten. Wer nix zu verbergen hat, hat alles zu befürchten! Ich kenn‘ Leute, die haben ganze Gebirge unter einen Fleckerlteppich aus Unschuldsvermutungen, Ehrenerklärungen und Meineiden gekehrt. Minister sind ja von Haus aus über jeden Verdacht erhaben. Aber auch Bankiers, Lobbyisten und überhaupt alle Spezies von Leistungsträgern sind unangreifbar. Weil sie so unverzichtbar sind. Da soll meine Domina Recht und Ordnung herstellen? Das schafft nicht einmal sie samt ihren neunschwänzigen Katzen, Reitgerten und Daumenschrauben. Die lachen sie nur aus! Ich beneid‘ sie nicht um ihren Job.


                    Die gute Demokrazia hat’s allerdings auch net viel besser, obwohl sie an Hinz und Kunz verkauft wird wie das tägliche Brot. In Wahrheit ist sie nurmehr Falschgeld. Die Mehrheit! Was ist nicht alles schon begründet und legitimiert worden mit ihr! Was ist nicht alles schon verbrochen worden in ihrem Namen. Was hat man nicht alles verabschiedet, beschlossen und verboten, wofür sie herhalten musste! Die Mehrheit ist zur statistischen Größe geschrumpft. Heute kann jede beliebige Mehrheit herbei argumentiert, heraus gesampelt und hoch gerechnet werden. Die Demokratie ist zur Demoskopie verkommen. Demokrazia konkurriert mit ‚Mille grazie‘ für bezahlte Anzeigen und Imagekampagnen. Pomade und Make-up ziehen mehr als Argumente und Verstand. Die Inszenierung der Mehrheit ersetzt ihre Legitimation durch Diskurs und Abstimmung. Mehr Macht und Mittel ist wichtiger als als die besseren Argumente zu haben. Mehr Präsenz ersetzt mehr Intelligenz. Und mehr Skrupellosigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil. Die ehrliche Mehrheit ist zur Minderheit verkommen, Lobbying ist Trumpf, Vernunft ein Erfolgshindernis. Und für all das muß sie ihr Gesicht und ihren Hintern her halten, die Demokrazia.


                    Ihren Schwestern Gleichheit, Freizügigkeit und Ausgewogenheit geht’s noch viel mieser. Diese Kardinalstugenden der Gerechtigkeit sind nicht einmal mehr geschenkt an den Mann zu bringen. Keiner will sie haben. Vor der Gleichheit haben sie Angst. Weil jeder doch was Besseres sein will. Keins meiner Mädel wurde mehr verunglimpft und verhöhnt wie die Gleichheit. Sie sei nur was für die Faulen und Schmarotzer, sie sei die Patronin der Revoluzzer und linken Fantasten. Ein Gift sei sie für Gesellschaft und Moral. Ein Virus, der Anarchie und Chaos zur Folge habe. Gott habe eine Ordnung geschaffen, die Gleichmacher wollten diese Ordnung zerstören. Gleichmacherei ist zur Killerphrase gegen alles geworden, was die Privilegien der Reichen und Erfolgreichen gefährden könnte. So wurde und wird sie verteufelt, die Gleichheit. Genauso die Freizügigkeit und Ausgewogenheit. Liberalität fürchten sie wie die Pest, die Rechts- und Ordnungsfanatiker. Nur beim Raffen und Taschenvollstopfen, da pochen sie auf Freizügigkeit. In der Wirtschaft geht’s ihnen nicht liberal genug. Da soll der Stärkere, Schnellere, Skrupellosere frei sein. ‚Ich-bin-so-frei‘ gilt für sie nur beim Abkassieren. Damit hört sich die Freizügigkeit auf für unsere Leistungsträger. Und über die Ausgewogenheit können’s eh nur milde lächeln. Die ist ihnen ein Mauerblümchen, ein lästiges Anhängsel, ein Hindernis für Erfolg und Unternehmergeist. Ausgewogen, das klingt wie anständig, fair und nachhaltig. Uncool und urfad. Zum Erbarmen ist’s mit den dreien.


                    Fehlt noch Republica als letzte Säule der Justitia. Die Öffentlichkeit, sie ist die wirksamste Kontrollinstanz im Staat. Und alles, was den Staat angeht und was der Staat so tut, das sollte öffentliche Sache sein. Unter den Augen aller. Das aber war den Amts- und Würdenträgern schon immer ein Dorn im Auge, dem öffentlichen. Also haben sie die öffentliche Sache mit allerhand Schleiern verhängt: Amtsgeheimnis, Amtsverschwiegenheit, Vertraulichkeit und Geheimhaltung gehören seit Anbeginn zum Handwerkszeug aller Verwaltungen und Regierungen. Zum Schutz, wie sie sagen. Wer wen und was schützt, das ist umstritten. Schützt der Staat den Bürger und seine Privatsphäre oder willl er eigene Versäumnisse und Straftaten vertuschen? Heute landen die privatesten Daten von Bürgern auf den Festplatten der Polizei. Jedes Handy kann zu jeder Zeit geortet werden, jedes Gespräch nachverfolgt und damit der Aufenthalt jeder Person zu jeder Zeit ermittelt werden. Zum Schutz des Einzelnen, wie sie treuherzig versichern. Und für Sicherheit, wenn auch nur vorgegaukelte, geben die Kleinbürger alles: Geld, Freiheit, Leben. So sind sie eben. Dafür werden die wirklich interessanten und für die Allgemeinheit wichtigen Angelegenheiten hinter dem Schleier des Privaten verborgen: Besitzverhältnisse, Auftragsvergaben, Geldflüsse und Entscheidungen, die für die Bürger schicksalhafte Bedeutung haben. Intimes wird in Internet und auf Quotenmedien platt gewalzt, während Politisches und Wirtschaftliches zunehmend zur Privatangelegenheit gemacht werden. Die öffentliche Sache wird zur Privatsache, die Intimsphäre zum Spektakel. Und das Recht? Es wird zur Auslegungssache einiger Adepten, seine Anwendung liegt in den Händen obskurer Behörden. Am liebsten tät‘ die Justiz ganz im Geheimen agieren. Recht als Privatsache des Staates. Den meisten Bürgern wär’s egal. Sie haben ja nix angestellt und also nix zu befürchten. Die Dummheit der Massen ist die Macht der Regierenden. Und die tut alles, damit das ja so bleibt. Öffentlichkeit würde da nur stören. Mehr privat heisst in Wirklichkeit nicht weniger Staat, sondern weniger Öffentlichkeit im Staat. Der privatisierte Staat als Zukunftsmodell? Eher ein zurück ins Mittelalter. Sie reiben sich schon die schmutzigen Hände, die Ortskaiser, Bezirkskönige, Landesfürsten und ihre Günstlinge. Bürgernähe nennen sie’s. Ich heiß‘ es Vetternwirtschaft. Und die Justiz?


                    Die Justiz ist ein Freudenhaus und Justitia und ihre Prinzipien sind Huren der Macht. Und jetzt gute Nacht!


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                    • #11
                      So, jetzt setzt's mal eine Gardinenpredigt, ihr Banausen! Da stellt unserseits einen Text ein, der gleich mehrfach exzeptionell und von litrarischer Wucht wie ein Tsunami ist und was kriegt man? 2 oder 3 dürre Reaktionen, nicht mal Kommentare. Für das nach eigener Aussage älteste deutschsprachige Litraturforum wahrlich kein Ruhmesblatt. Der Text, ganz in der Tradition Nestroyscher Spottstücke, Raimundscher Zauberpossen, Altwiener Barockstücke, einer genialischen Verquickung von Allegorie, Posse, Satyrspiel und Gesellschaftskritik, sprühend vor östreichischem Sprachwitz und einer Wortgewalt in der Tradition von Kraus bis Jelinek, der Text nötigt euch nichtmal einen müden Antwortreflex ab? Schämt euch ihr stummen Mitleser und litrarischen Mitesser. Aber die Existenz als verkanntes Genie bin ich ja gewohnt. Ich schreib ja nicht fürs Publikum. So, das habt ihr jetzt davon. Und ich auch. In diesem Sinne, schlafet wohl, döset dahin in Frieden, ich kann meine Zeit nicht mit Raunzerei vergeuden. Zieh weiter du Tor, auf geht's zu neuen Ufern und Horizonten!

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                      • #12
                        Es ist einfach ein bissel lang, um es mal eben zwischendurch zu lesen ?‍♂️?
                        und wir deutschen haben ja eh nen bissel anderen humor als ihr Ösis. Wir lachen bspw. am liebsten über Ösis ?

                        Beispiel: was passiert, wenn eine Blondine von DE nach AT auswandert?

                        in beiden Ländern steigt der Durchschnitts-IQ ?‍♂️?

                        kurz und trocken und gemein, so geht deutscher Humor ?

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                        • #13
                          Tja, lieber Wirbel, das genau ist euer Problem: ihr könnt nicht über euch selbst lachen, Selbstironie ist ein Fremdwort für Deutsche, drum tut ihr euch so schwer mit dem Humor. Bissl locker bleiben ?

                          Wir Ösis sind es gewohnt, uns selbst nicht so ernst zu nehmen .... ?

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                          • #14
                            Ich find's eine feine Sache. Der gesellschaftliche Ist-Zustand als Nummern-Revue, die Träger der Institutionen lassen ihre Hosen runter und Justitia besorgt's ihnen nach Wunsch und Vermögen. Liegt recht nahe beieinander alles, und die sich ergebenden Wortspiele sind oft entlarvend, machen Spaß. Was dann natürlich auch einen Hauch von Versöhnlichkeit ins Thema zaubert, die man da vielleicht gar nicht haben möchte oder sollte - die man andrerseits als Mitglied, Mitspieler, Teilhaber dieser Räuberbande gar nicht vermeiden kann.

                            Vielleicht sollten sie dort noch ein Mädel namens Dissidenzia einstellen, wenn's die denn gäbe, wenn die sich nicht an innerem Widerspruch auf- und hinwegheben würde.

                            Wir alle spielen das Spiel mit, in irgendeiner Weise. Weil die vollständige Dissidenz eben nicht zu haben ist.​

                            Nun ja, eine ausgebaute Handlung, dramatische Ver- und Entwicklungen im eigentlichen Sinne gibt's hier nicht. Allerdings: Die hier aufgerufenen Institutionen kennen ebenfalls nur sehr eingeschränkte, strerotype Handlungsmuster, streben die immer gleichen Ziele an, nämlich den Orgasmus des Freiers bzw. das Urteil über den Deliquenten. In beiden Fällen können Verfahrensstörungen auftreten, Revision wird gestattet oder nicht - viele Varianten, Möglichkeiten, Feiheitsgrade der Handlung sind da wahrlich nicht vorgesehen.

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                            • #15
                              Zitat von eulenspiegel Beitrag anzeigen
                              Tja, lieber Wirbel, das genau ist euer Problem: ihr könnt nicht über euch selbst lachen, Selbstironie ist ein Fremdwort für Deutsche, drum tut ihr euch so schwer mit dem Humor. Bissl locker bleiben ?

                              Wir Ösis sind es gewohnt, uns selbst nicht so ernst zu nehmen .... ?
                              Kunststück, ich denke, das ist eine überlebenswichtige Grundfunktion aller Ösis ?
                              Ja aber zumindest auf die „modernen Deutschen“ scheint das zuzutreffen. Wir Ossis sind da wesentlich humorvoller, auch was das Lachen über sich selber angeht, aber die Wessis und die „neuen Ossis“ gehen zum Lachen tatsächlich in den Keller ?

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