Alt aber blöd – eine Abrechnung
Ich bin ja selber schon alt. Noch nicht uralt oder am Ende angelangt, aber doch schon tief in der 2. Halbzeit oder vielleicht gar in der Nachspielzeit. Wie lange es noch geht, weiß ich nicht, weil mir die Sicht auf die Stadionuhr verstellt ist. Na gut, genug der Vorrede. Als alt bezeichne ich hier alle Rentner, Pensionisten, Privatiers und sonstige Leute über 60. Leute wie ich also, die von staatlicher und sonstiger Altersvorsorge leben. Leute, die ich treffe, wenn ich tagsüber ein Cafehaus besuche, den Supermarkt oder eine andere öffentlich zugängliche Lokalität. Und ich muß sagen, meistens muß ich mich schämen. Ich kann es nicht ändern, die Scham steigt unwillkürlich in mir hoch. Schämen wofür? Schämen, dass ich dazu gehöre, allein schon altersmäßig. Schämen, dass ich mich dazu geselle, allein durch meine Anwesenheit. Schämen, dass ich nicht auf und davon renne. Schämen, dass ich sie nicht anspreche auf ihre Ansichten, Meinungen, Lebenseinstellungen. Und um genau diese geht es.
Also mal langsam, tief durchatmen, lächeln. Wobei so ein erzwungenes Lächeln immer was Dämliches, Dümmliches an sich hat. Aber da sind wir schon beim Thema. Blödheit über 60. Nein, keine Demenz, keine sonstige Hirnkrankheit, sondern der ganz normale, gängige, allseits gehätschelte Schwachsinn. Die tägliche Dosis Tratsch, Empörung, Selbstbestätigung, Raunzerei, Unzufriedenheit. Der tägliche Konsum Nachrichtenmix, Zeitung und Kaffee, Jammern und Tortenecke, Koch-TV und Serientopfen. Die alltägliche Dosis Betäubung, Selbstsucht, Kränkung. Der Pillencocktail, Arztbesuch, Kuraufenthalt. Dreimal im Jahr eine Urlaubsreise, ein Fernflug, Ferien im Tourismustross. Cremen, Salben, Diäten, Physiotherapie, Thermenbesuche, Nabelschau, Achtsamkeit, Qigong, Yoga, Bachblüten, Ernährungstipps, Kulturevents, Spiritualität, Esoterik, Sonntagsmessen, Lebensversicherung. Der ganz normale Wahnsinn also.
Was soll die Suderei? Bin ja auch kein besserer Mensch, vielleicht bloß ein Neidhammel, Miesling? Besser bin ich nicht. Klüger auch nicht. Weiser schon gar nicht. Ein bissl Yoga, Bibellesen oder Meditieren täte mir vielleicht ganz gut. Vielleicht eine Psychotherapie? Nein, danke. Alles viel trivialer, banaler. Mich regt die Einstellung meiner Altersgenossen auf. Ganz einfach. Leute, die meinen, Ansprüche zu haben. Ansprüche gegenüber der Allgemeinheit. Auf Grund ihres Alters, ihrer Lebensleistung. Ganz einfach. Einfach so. Weil sie es sich wert sind. Leute, die bei Kuchen und Kaffee verhungern, Leute, die im Billigflieger über den schlechten Service klagen, Leute, die am berstenden Buffett im Ferienressort über fehlende Brotsorten oder Smoothiemischungen bruddeln.
Typisch Boomer höre ich meinen Sohn. Ja, so nennt man uns. Uns frustrierte Alt-68er, uns Salonrevoluzzer, uns Mao-Bibeljünger, uns Marxapologeten, uns Friedensbewegte. Uns Weltretter, die in den Institutionen sich ein kuscheliges Plätzchen erobert haben. Uns Establishmentzertrümmerer, die in Parteien, Kammern, Bundes-, Land- und Kreistagen sich veritable Pensionsansprüche ersaßen. Uns Frührentner, Wegrationalisierte, Ausgesourcte, die sich die müden Augen reiben und feststellen, dass sie nicht mehr gefragt sind. Nicht mehr gefragt werden. Ist trotziges Anspruchsdenken die selbstverständliche Reaktion? Ist stures Beharren auf erworbenen Rechten nicht menschlich, allzu menschlich? Haben wir nicht ein Recht auf ein materiell sorgenfreies Leben, auf medizinische Rundumversorgung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, an kulturellen Events, Essen auf Rädern und am Ende auf Pflege all-inclusive?
Natürlich. Sagen die Seniorenvertreter. Selbstverständlich, blöken Caritas und Diakonie unisono. Unbedingt, flöten Minister, Gewerkschaften, Kommentatoren, Analysten, Sozialeinrichtungen, Kirchen, Gesundheitsexperten und Interessensvertreter im Chor. Alles für die Alten tönt es vor Wahlen. Und Wahlen sind immer irgendwo. Je mehr Alte, desto mehr Stimmen. Also bloß nicht auf die Alten vergessen. Die wählen sonst in Scharen AfD und FPÖ. (Tun sie sowieso. Das weiß ich, ich lausche ja mit am Nachbartisch im Cafehaus). Entgegen der gerontophilen Slogans und Parolen fühlen sich die Alten benachteiligt, verlassen und vergessen. Als ob Altsein nicht genung wäre der Schmach und Kränkung. Alles nur für die Jungen, das ist es, was sie wahrnehmen. Beklagen. Bejammern.
Kurz und schlecht, ich will nicht dazugehören. Mein Alter kann ich nicht ändern. Meine Einstellung schon. Wer Hilfe braucht, soll sie erhalten. Wer zuwenig zum Leben hat, der soll unterstützt werden. Auf meine schriftliche Empörung über die mehr als satten Pensionserhöhungen auch für Leute, die ein Mehrfaches an Pension beziehen, als ein Durchschnittsverdiener, der diese Leute durch seine Abgaben ja erhält, erzählten mir die Seniorenvertreter aller 3 Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ (!), ich solle doch bitte nicht unsolidarisch sein, möge doch bitte einsehen, dass es sich bei den Pensionsanpassungen um gesetzliche und wohl erworbene Rechte handle usw. usw. Mir wurde übel, als ich das Gesülze las. Die Mindestpensionen soll man getrost überproportional erhöhen, aber Leute mit Ruhebezügen, die ich nur als sittenwidrig bezeichnen kann (3000 und mehr Euro, bis hinauf zu 5-stelligen Beträgen), die ihre Schlaraffiapensionen auch noch als recht und billig ansehen, die nenne ich Schmarotzer, Parasiten, Abschaum. Punkt.
Ich bin ja selber schon alt. Noch nicht uralt oder am Ende angelangt, aber doch schon tief in der 2. Halbzeit oder vielleicht gar in der Nachspielzeit. Wie lange es noch geht, weiß ich nicht, weil mir die Sicht auf die Stadionuhr verstellt ist. Na gut, genug der Vorrede. Als alt bezeichne ich hier alle Rentner, Pensionisten, Privatiers und sonstige Leute über 60. Leute wie ich also, die von staatlicher und sonstiger Altersvorsorge leben. Leute, die ich treffe, wenn ich tagsüber ein Cafehaus besuche, den Supermarkt oder eine andere öffentlich zugängliche Lokalität. Und ich muß sagen, meistens muß ich mich schämen. Ich kann es nicht ändern, die Scham steigt unwillkürlich in mir hoch. Schämen wofür? Schämen, dass ich dazu gehöre, allein schon altersmäßig. Schämen, dass ich mich dazu geselle, allein durch meine Anwesenheit. Schämen, dass ich nicht auf und davon renne. Schämen, dass ich sie nicht anspreche auf ihre Ansichten, Meinungen, Lebenseinstellungen. Und um genau diese geht es.
Also mal langsam, tief durchatmen, lächeln. Wobei so ein erzwungenes Lächeln immer was Dämliches, Dümmliches an sich hat. Aber da sind wir schon beim Thema. Blödheit über 60. Nein, keine Demenz, keine sonstige Hirnkrankheit, sondern der ganz normale, gängige, allseits gehätschelte Schwachsinn. Die tägliche Dosis Tratsch, Empörung, Selbstbestätigung, Raunzerei, Unzufriedenheit. Der tägliche Konsum Nachrichtenmix, Zeitung und Kaffee, Jammern und Tortenecke, Koch-TV und Serientopfen. Die alltägliche Dosis Betäubung, Selbstsucht, Kränkung. Der Pillencocktail, Arztbesuch, Kuraufenthalt. Dreimal im Jahr eine Urlaubsreise, ein Fernflug, Ferien im Tourismustross. Cremen, Salben, Diäten, Physiotherapie, Thermenbesuche, Nabelschau, Achtsamkeit, Qigong, Yoga, Bachblüten, Ernährungstipps, Kulturevents, Spiritualität, Esoterik, Sonntagsmessen, Lebensversicherung. Der ganz normale Wahnsinn also.
Was soll die Suderei? Bin ja auch kein besserer Mensch, vielleicht bloß ein Neidhammel, Miesling? Besser bin ich nicht. Klüger auch nicht. Weiser schon gar nicht. Ein bissl Yoga, Bibellesen oder Meditieren täte mir vielleicht ganz gut. Vielleicht eine Psychotherapie? Nein, danke. Alles viel trivialer, banaler. Mich regt die Einstellung meiner Altersgenossen auf. Ganz einfach. Leute, die meinen, Ansprüche zu haben. Ansprüche gegenüber der Allgemeinheit. Auf Grund ihres Alters, ihrer Lebensleistung. Ganz einfach. Einfach so. Weil sie es sich wert sind. Leute, die bei Kuchen und Kaffee verhungern, Leute, die im Billigflieger über den schlechten Service klagen, Leute, die am berstenden Buffett im Ferienressort über fehlende Brotsorten oder Smoothiemischungen bruddeln.
Typisch Boomer höre ich meinen Sohn. Ja, so nennt man uns. Uns frustrierte Alt-68er, uns Salonrevoluzzer, uns Mao-Bibeljünger, uns Marxapologeten, uns Friedensbewegte. Uns Weltretter, die in den Institutionen sich ein kuscheliges Plätzchen erobert haben. Uns Establishmentzertrümmerer, die in Parteien, Kammern, Bundes-, Land- und Kreistagen sich veritable Pensionsansprüche ersaßen. Uns Frührentner, Wegrationalisierte, Ausgesourcte, die sich die müden Augen reiben und feststellen, dass sie nicht mehr gefragt sind. Nicht mehr gefragt werden. Ist trotziges Anspruchsdenken die selbstverständliche Reaktion? Ist stures Beharren auf erworbenen Rechten nicht menschlich, allzu menschlich? Haben wir nicht ein Recht auf ein materiell sorgenfreies Leben, auf medizinische Rundumversorgung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, an kulturellen Events, Essen auf Rädern und am Ende auf Pflege all-inclusive?
Natürlich. Sagen die Seniorenvertreter. Selbstverständlich, blöken Caritas und Diakonie unisono. Unbedingt, flöten Minister, Gewerkschaften, Kommentatoren, Analysten, Sozialeinrichtungen, Kirchen, Gesundheitsexperten und Interessensvertreter im Chor. Alles für die Alten tönt es vor Wahlen. Und Wahlen sind immer irgendwo. Je mehr Alte, desto mehr Stimmen. Also bloß nicht auf die Alten vergessen. Die wählen sonst in Scharen AfD und FPÖ. (Tun sie sowieso. Das weiß ich, ich lausche ja mit am Nachbartisch im Cafehaus). Entgegen der gerontophilen Slogans und Parolen fühlen sich die Alten benachteiligt, verlassen und vergessen. Als ob Altsein nicht genung wäre der Schmach und Kränkung. Alles nur für die Jungen, das ist es, was sie wahrnehmen. Beklagen. Bejammern.
Kurz und schlecht, ich will nicht dazugehören. Mein Alter kann ich nicht ändern. Meine Einstellung schon. Wer Hilfe braucht, soll sie erhalten. Wer zuwenig zum Leben hat, der soll unterstützt werden. Auf meine schriftliche Empörung über die mehr als satten Pensionserhöhungen auch für Leute, die ein Mehrfaches an Pension beziehen, als ein Durchschnittsverdiener, der diese Leute durch seine Abgaben ja erhält, erzählten mir die Seniorenvertreter aller 3 Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ (!), ich solle doch bitte nicht unsolidarisch sein, möge doch bitte einsehen, dass es sich bei den Pensionsanpassungen um gesetzliche und wohl erworbene Rechte handle usw. usw. Mir wurde übel, als ich das Gesülze las. Die Mindestpensionen soll man getrost überproportional erhöhen, aber Leute mit Ruhebezügen, die ich nur als sittenwidrig bezeichnen kann (3000 und mehr Euro, bis hinauf zu 5-stelligen Beträgen), die ihre Schlaraffiapensionen auch noch als recht und billig ansehen, die nenne ich Schmarotzer, Parasiten, Abschaum. Punkt.
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