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Der dystopische Flaneur

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  • Der dystopische Flaneur

    Wer links denkt, der will am Ende eine Gesellschaft ohne Herrschaftsformen. Zugleich, so sagt ja der Kommunismus, müßte jeder seine Bedürfnisse erfüllen können. Er hätte ja das Bewußtsein dafür, stets das Richtige zu tun. Aufeinander eingehen, kommunizieren, inkludieren, empathetisieren... Aber unsere Gesellschaft ist das nicht, nicht mal in Ansätzen. Da waren wir schon viel weiter. Unsere Gesellschaft ist eine aus lauter kleinen Egos, eine exkludierende Gesellschaft, in der der Grundsatz Smiths gilt: Wenn jeder sich nützt, ist auch allen genützt. Ergo: Jeder beutet den anderen, so gut es ihm möglich ist, aus, dann haben wir dieser neoliberalen Logik nach auch eine kommunistische Gesellschaft. Denkfehler!

    Was wir brauchen, ist ein Entwurf, einer, der weit in die Zukunft reicht und doch fest im Hier und Heute steht. Entweder das oder wir brauchen eine Idee, die unsere Menschen verändert, transformiert. Was wir nicht brauchen, das ist eine oligarchische Klicke (Clique), die uns sagt, was wir alles nicht tun dürfen oder, schlimmer noch, die uns sagt, wen wir hassen und mit Sanktionen belegen sollen, um den Weltfrieden oder das Klima zu retten. So was gibt es gar nicht, den Weltfrieden. Das ist so was wie ein Einhorn oder Che Guevara.

    Wer aber soll dann die Revolution machen, wenn nicht das Einhorn? Schüfen wir mit neuen Che Guevaras nicht neue Herrschaftssymbole, neue Anführer, die dann, früher oder später, doch nur eines im Sinne hätten, nämlich ihre Macht zu erhalten? Aber wenn ich das nun umdrehe, ganz demokratisch frage, dann müßte ich mich fragen, wie ich es anstellen sollte, Menschen, die den ganzen Tag nur auf ihr smartphone schauen oder glauben, sie täten was gegen den Welthunger, indem sie aufhören, Fleisch oder Süßwaren zu essen, irgendwann gelangweilt aus ihrem Vorstadthaus herausschauen, in ihren SUV steigen, um in der Innenstadt eine vegane Pizza zu schleckern, wie ich es also anstellen sollte, die zu Menschen zu machen?

    Dinge ändern sich erst, wenn die Menschen sich ändern. Die aber ändern sich nur dann, wenn sie einen Vorteil für sich entdecken können. Doch das wiederum bildet neue Herrschaftsräume aus. Es ist also fruchtlos, sich um die Beßrung der Menschheit auch nur kümmern zu wollen. Die Menschheit will sich nicht ändern. Einzelne wollen es. Die Depressiven und die Zwanghaften wollen es nicht. Die sind aber in jeder Gesellschaft in der Mehrheit. Sie belächeln die Hysterischen und Schizoiden, die sich abmühen, um Dinge auf den Weg zu bringen, die sie dann, Gott sei es gedankt, mit dem Arsch wieder einreißen. Das ist deren Natur. Also ist alles umsonst?

    Nein, wenn sich etwas ändern sollte, dann kann das nur von oben geschehen. Leute, die genug Geld haben, um den Krebs zu besiegen (geht nicht, weil dann hunderttausend Ärzte arbeitslos würden) oder den Welthunger (geht nicht, weil dann die Weltwirtschaft zusammenbrechen würde) oder das Wettrüsten (geht nicht, weil sich die Menschen dann mit Pfeil und Bogen bekämpfen würden)... Nichts funktioniert.

    Man könnte auch das Arbeitsethos abschaffen und zugunsten einer Halbtagsbelohnung bei den Arbeitswütigen darüber nachdenken, diese früh in die Rente zu schicken. Nein, das würde gar nicht funzen, denn die würden dann Dummheiten machen, schlimme Dummheiten, die ihnen Anerkennung verschaffte - bei ihresgleichen. Also braucht man ein anderes Belohnungssystem als Geld und materielle Dinge. Wie soll das denn gehen? Das würde ja eine Umkehrung menschlichen Strebens bedeuten. Eine Gesellschaft von Spätaufstehern? Das verschöbe nur den Tagesrhythmus, würde aber am System nichts ändern.

    Der Sozialismus konnte nicht funktionieren, weil die Menschen in der DDR kapitalistisch dachten, zu viele jedenfalls. Also bleibt die Arbeit doch wieder bei uns Geistmenschen hängen. Und wir haben in den letzten fünftausend Jahren ja auch kräftig versagt. Was haben wir nicht alles erdacht: Von Atlantis bis zum nationalen Sozialismus war alles dabei. Nichts funktionierte. Am Ende setzte sich immer das Schwein im Menschen durch, der Allesfresser, der alles frißt - und dann vielleicht nachdenkt, meist aber nur darüber, wo er das nächste Freßchen herbekommt. Solange das so ist, bleiben Utopien eben genau das, eine Art von Angelhaken, der einen Fisch anlocken will, den, wenn er ihn denn an Land ziehen hülft, doch nur wieder vom Angelhakenauswerfer ins Bächlein zurückgeworfen wird, denn es ging nie um den Fisch, sondern um die Macht, die man über die Mächte der Natur zeigen kann, v.a. gegenüber der eigenen Natur.

    Also alles umsonst?

  • #2
    Also Robert, so kenn ich dich gar nicht. Die Glosse könnte ja fast von mir stammen. Ich sagte ja immer schon, der Pessimismus sei der wahre Realismus. Aber mal ehrlich, die Lage ist hoffnungslos aber nicht ernst. Und nicht umgekehrt.

    1. Die Dinge werden sich nur ändern, wenn die Menschen sich ändern.
    2. Die Masse ändert sich nicht, nur der Einzelne kann sich ändern.
    3. Dazu braucht er eine Utopie, eine Blaupause, wie man heute sagen würde.
    4. Die Utopien, die wir bis jetzt hervorgebracht haben, haben alle versagt. Nur ein paar zu nennen: antike Vielgötterei, Judentum, Christentum, Kapitalismus, Sozialismus, alle übrigen Religionen detto.
    5. Das Einzige, woraus Menschen vorübergehend lernen, sind Katastrophen (Pest, Weltkriege, Klimakrise - ist erst am Anfang). Aber nur sehr vorübergehend. Nach 1-2 Generationen ist der Lerneffekt verpufft.

    Also? Der Mensch kann lernen, die Menschheit offensichtlich nicht.

    Kommentar


    • #3
      Zitat von eulenspiegel Beitrag anzeigen
      ..

      Also? Der Mensch kann lernen, die Menschheit offensichtlich nicht.
      Optimist! (eine heftigere Beleidigung fällt mir itzt nicht ein)

      Kommentar

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