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20. Juli 1944 (II)

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  • 20. Juli 1944 (II)

    Fortsetzung des Ordners aus dem alten Forum

    Meine sich in den letzten Jahrzehnten mehrfach ändernde Meinung zu den Geschehnissen hat sich im vergangenen Jahr nicht geändert. Eine Rebellion von Verrätern, die den Zweck (eine bessere Welt) als heilig erklärten, um unethische Mittel anzuwenden, letztlich aber nur sich selber an die Macht bringen wollten.

  • #2
    Meine Sicht auf die Ereignisse um den 20. Juli 1944 hat sich in diesem Jahr ein wenig modifiziert. Ich lese derzeit Ernst von Salomon: Der Fragebogen. Das Buch kömmt immer wieder auf die Ereignisse vom 20. Juli 1944 zurück. Eine interessante Passage um Seite 150 verbindet dieses Ereignis mit der Bildungsproblematik. Ich möchte sie hier wiedergeben:

    erstellt von E.v.S., Seite 150-152:
    Nun muß es mich freilich stutzig machen zu erfahren, daß Arthur Schopenhauer, dieser Fels im flüchtigen Strom der Bildung des neunzehnten Jahrhunderts, den Charakter des Menschen für konstant hält. «Er bleibt derselbe, das ganze Leben hindurch. Unter der veränderlichen Hülle seiner Jahre, seiner Verhältnisse, selbst seiner Kenntnisse und Ansichten, steckt, wie ein Krebs in seiner Schale, der identische und eigentliche Mensch, ganz unveränderlich und immer derselbe. Nur der Erkenntnis schreibt Schopenhauer die Möglichkeit einer veränderlichen Haltung und Handlungsweise zu.
    Von den zahlreichen jungen Männern, welche die Pforten des Kadettenkorps verließen, hat es deren eine große Reihe zu Ruhm, Ehre und Ansehen gebracht. Hier freilich fällt es schwer, auch nur einen Namen zu nennen, der außerhalb des militärischen Bezirkes durch hervorragende Leistungen glänzte; wie groß aber muß doch die moralische Einwirkung auf die Berichtigung der Erkenntnis im Kadettenhause gewesen sein, daß ein so unverhältnismäßig großer Prozentsatz der Generalfeldmarschälle der preußischen Armee in allen Kriegen, auch und gerade im zweiten Weltkriege, ehemalige Kadetten sind. Wenn wir den lauten Stimmen von heute Glauben schenken wollen, dann ist es geradezu ein Kriterium der militaristischen Erziehung, sogar imstande zu sein, die an sich unveränderlichen Charaktere dergestalt zu vergewaltigen, daß es zu solchen Früchten kam! Doch hier erfrischt der Gedanke, daß die Zöglinge von West-Point, Sandhurst, Saint-Cyr und Leningrad an der Geschichte der ruhmreichen Armeen ihrer eigenen Länder den gleichen hohen Anteil haben.
    Von den Kadettenkameraden meines Jahrganges sind alle jene, welche dem Berufe treublieben, auf den ihre Erziehung hinzielte, und welche das Ende des zweiten Weltkrieges in diesem Berufe überlebten, General geworden. Ein unverhältnismäßig hoher Prozentsatz der ehemaligen Kadetten ist vor dem Feind gefallen. Und es hieße das Bild der Kadettenerziehung unvollständig in seinen schließlichen Ergebnissen lassen, wenn ich darauf hinzuweisen verzichtete, ein wie unverhältnismäßig hoher Prozentsatz ehemaliger Kadetten in jene tragischen Ereignisse des 20. Juli 1944 verwickelt war.
    Solche Vorgänge, wie sie sich an jenem Tage enthüllten, besitzen eine geradezu magische Eigentümlichkeit. In ihnen zeigt sich plötzlich die Fragwürdigkeit aller Begriffe, die bislang als fest wie der rocher de bronce [Ausdruck unerschütterlicher Festigkeit] der Souveränität des Königs von Preußen gegolten haben. Was sich zeigte, als der Vorhang vor den Ereignissen jenes Tages weggerissen wurde, war nicht so sehr eine Krisis der Moral; diese war schon lange vorher vor sich gegangen. Wenn es wirklich richtig ist, was Schopenhauer sagt, wenn wirklich «die Ausbildung der Vernunft durch Kenntnisse und Einsichten jeder Art», dadurch amoralisch wichtige ist, daß sie Motiven, für welche ohne sie der Mensch verschlossen bliebe, den Zugang öffnet», dann war es eine Krise der Bildung, die sich auf ihrem Höhepunkte zeigte.
    In der Brust jener Männer, die den Entschluß zum Morde faßten, wie auch in der jener, die ihn nicht faßten, muß sich eine Entscheidungsschlacht abgespielt haben, wie sie im Körper des Menschen im Fieber der Krise tobt. Hier ging es nicht um den Tod, welcher dem Soldaten in vertraute Nähe rückt, sondern um die Ganzheit nicht nur des eigenen Lebens. Das Leben jedes dieser Männer war geformt durch eine Bildung, welche auf Ganzheit ihren Anspruch erhob, als eine geschlossene Lebensmacht angesehen werden wollte. Der Augenblick des Entschlusses war der Augenblick der Sprengung dieser Ganzheit. Er gebar sich aus der Erkenntnis, daß die Lebensmacht der Bildung gegenüber dem Anspruch des Phänomens nicht ausreicht.
    Am 20. Juli 1944 ging nicht nur die preußische Armee, es ging auch die Bildungswelt des neunzehnten Jahrhunderts zugrunde. Der Versuch, nachzuweisen, daß der Prozeß der Auflösung der Bildung schon lange im Gange ist, hieße offene Türen einrennen, wenn in unserem Lande nicht dem nachfolgenden Vakuum gegenüber mit hektischem Eifer die Fiktion aufrechterhalten würde, sie bestimme noch zumindest die Wirksamkeit der unglaublich dünn gewordenen geistigen Oberschicht. Ehrenwerte Schulräte geben sich, gedankenvoll an der künstlichen Blume auf dem Vertiko rückend, ernsthaften Meditationen hin, wie der Krise des Schulwesens abzuhelfen sei. Die akademischen Fachzeitschriften sind voll von Klagen über Abwanderung der Studierenden zum reinen Brotstudium. Überall ist die Erscheinung evident, daß Männer, hervorragend in ihrem Fach, kaum über dieses hinaus über Kenntnisse und Einsichten verfügten, die im neunzehnten Jahrhundert allerorten für einen Abiturienten als selbstverständliche Voraussetzung galten. «Akademisch Gebildete» begegnen heute ganz allgemein keineswegs mehr jenem Grade der Bewunderung und Hochachtung, den sie noch vor wenigen Jahrzehnten mit schöner Sicherheit sich anrechneten, und jedermann weiß, daß Generaldirektoren in einer schöngeistigen Unterhaltung alles andere eher als belebend wirken. Ja, gerade die Vertreter wirklicher Mächte, Kapitäne der Wirtschaft, Führer der Parteien, Exponenten der Berufs verbände, zeigen eher Verachtung für das Gewese der Bildungsbeflissenen, als daß sie sich ihrer bedienen, so daß wirklicher Mut dazu gehört, vom Katheder und vom Pult und von den Redaktionstischen jener Zeitschriften, die bei rührender Bemühung um das Niveau spätestens nach der fünften Nummer steril wirken, die Postulate der Bildung zu verkünden und ihnen etwelche wirkende Kraft gegenüber den Dingen und Bewegungen unserer Zeit zuzusprechen, indes der Einzelne, von der Schule im Stich gelassen, vom Strome des Bildungsganges nicht erfaßt, sporadisch und spontan die verstreuten geistigen Güter aufsammelt, die Ausbildung seiner Vernunft regellos und durch die Zwänge des Zufalles und der Notwendigkeiten geschehen lassen muß, und zu guter Letzt besten Falles zu einer Allgemeinen Bildung» gelangt, die ihrem ganzen Wesen nach nichts anderes sein kann als eine rechte Kreuzworträtselbildung. Der großartige Prozeß der Bildung des neunzehnten Jahrhunderts ist zu Ende gegangen, und er hat keine Kultur» hinterlassen, nichts weniger als das.
    Hier eine «Schuld» zu suchen, ist unsinnig; sie setzt erst ein, wo die Selbsttäuschung beginnt. Der Besitz einer allgemeinen Bildung ist wohl zu schätzen. Die Dinge, durch den Bildungsfilter getrieben, verlieren ihre Magie und damit den Schrecken, der die Aura der Magie ist.
    Aber schon erscheint es, mitten im Vakuum, moralisch gerechtfertigt, eher die Existenz der Wahrheit zu leugnen, als in ihrem Namen zu lügen. Schon haben sich, vollkommen außerhalb der Bildungswelt und von ihr nicht faßbar und nicht zu beherrschen, die Massen zu formieren begonnen und formiert, welche das Bekenntnis mit ihrem strengsten Element der Aufrichtigkeit über die Wahrheiten stellen, keinen Zweifel lassend, daß zugleich mit diesem Akt auf eine Ganzheit Anspruch erhoben wird, innerhalb deren keine freie Willensentscheidung des Einzelnen mehr möglich ist, außer im Sinne einer funktionalen Bestimmung, und deren strenge moralische Setzung nicht mehr dem Wege des Menschen zur Erlösung, sondern seiner Beherrschung der Dinge und deren gültiger Ordnung dient. Allerorten rücken mit ihrer grausamen Forderung die Mauretanier vor, wie sie Ernst Jünger nennt, verschiedene Haufen unter verschiedenen Bannern; noch ist ungewiß, wer ihnen zu widerstehen vermag, gewiß ist nur, — das Alta Plana [Ort in Jüngers Werk „Die Marmorklippen“] der Bildung wird es nicht sein.
    In unserem Lande haben sich die Leute, wenigstens die Menschen meiner Generation, um einen vulgären Ausdruck abzuwandeln, mehr im Dreck als im Speck herumgetrieben, indes die Einwohner anderer, glücklicherer Länder geruhsam hinter dem Ofen sitzen und sich mit Fleiß der Dinge bemächtigen konnten, welche die köstliche Lust des geistigen Lebens ausmaßen. Und es ist wirklich nur nacktes Interesse an den Tatsachen, wirklich nur eine Wißbegier ohne eine Beimischung häßlicher Gemütsbewegung, wenn hierzulande der Wunsch besteht, zu erfahren, was etwa der in Charakter und Kenntnis gebildete Schweizer im Rahmen seiner wohlgeordneten Häuslichkeit und im Kreise seiner ehrsamen Lieben für ein Verhalten an den Tag legen wird, wenn in der Tür das Phänomen des Pavel Michailowitsch aus Swjerinogolowskaja erscheint und mit lächelndem Gesicht und vorgehaltener Maschinenpistole sagt: Frau, komm!» [Anspielung auf die zahlreichen Vergewaltigungen ungebildeter sowjetischer Soldaten 1945]
    Ich glaube, daß sich die Attentäter sehr lange mit dem Problem des Attentats selber befaßt haben und in großer Noth standen. Einem gebildeten Menschen verschließt sich das Mittel des Attentats. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, daß die meisten der Verschwörer gebildete Menschen waren. Vielleicht erklärt das das Halbgare des Attentats. Ich goutiere es immer noch nicht, gebe aber zu, daß die Männer der Tat in großer Noth standen. Doch das rechtfertigt eben nicht jede Tat.

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    • #3
      Im Gegenteil, einem gebildeten Menschen stellt sich das Mittel des Attentats im Falle des 20. Juli 44 (klassischer Fall von Tyrannenmord).

      Meiner Meinung nach war das Attentat vom 20. Juli eine Forderung, die direkt aus dem kategorischen Imperativ folgt. Es stellte sich doch die Frage, lassen wir Hitler und seine Mordbuben weiter machen, was weiterhin unzählige Menschenleben kosten würde, oder bringen wir ihn und ein paar seiner Komplizen um, damit der Krieg schneller beendet wird. Aus moralischer Sicht war das Attentat sogar Pflicht. Es sei denn, es wäre aus niederen Motiven geschehen, etwa um selbst die Stelle Hitlers einzunehmen, sich zu bereichern etc.

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      • #4
        Zu kurz gesprungen, Till. Drei Aspekte möchte ich nennen, die gegen eine Gutheißung jedweden Attentats sprechen:

        1. Wer der Meinung ist, daß der Staat, in dem er lebt, tyrannisch ist, von einem Tyrannen angeführt wird, totalitär etc. pp ist und er selber möchte eine Strukturveränderung, der sollte sich nicht per Eid an diesen Tyrannen binden. Der muß dann eben leiden, wenn es darum geht, Farbe zu bekennen. Unrecht erleiden ist besser, als Unrecht zu tun. Hat er den Eid geleistet, muß er ihn halten. Andernfalls ist er nicht ernstzunehmen. Sein Wort gilt nichts, wenn er es je nach den Umständen anpaßt.
        2. Ein Attentat ist unmoralisch. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Es gilt hier auch kein pragmatisches Argument, daß mit dem Tod des Einen viele Leben gerettet werden würden. Abgesehen davon, daß das nur eine Hypothese ist (ich habe jahrelang geglaubt, daß meine Großväter den Krieg überlebt hätten, wenn das Attentat gelungen wäre), die nicht bewiesen werden kann, weil sie sich im Bereich des Irrealen bewegen muß, so ist doch nicht belegbar, ob Hitlers früher Tod verhindert hätte, daß unsere Feinde nicht eben weiter als Feinde gehandelt hätten. Schließlich gibt ein Attentat, das moralisch gerechtfertigt wird, all denen recht, die selber mit gewaltsamen MItteln zu ihren politischen Zielen kommen wollen, ganz gleich, welche das sein mögen.
        3. Für den Fall eines erfolgreichen Attentats hätte sich die neue Ordnung einen denkbar schlechten Start gegeben. Jeder ihrer Gegner würde das vorhalten können, jede neue Ordnung würde sich daran messen lassen müssen, wie sie zur Macht kam und welche moralischen Umgangsformen sie pflegen will. Wie will sie dem politischen Gegner verbieten können, daß er eben die gleichen MIttel benutzt?

        Widerstand gegen das Unrecht ist Pflicht, da stimme ich Dir zu. Aber die Ermordung des politischen Gegners reicht über das Widerstandleisten weit hinaus.

        Wenn man eine Erneuerung Deutschlands herbeiführen will, dann muß das auf der Basis eines ethischen Impulses erfolgen, der beispielgebend für die Zukunft ist. Die Entscheidung, jemanden zu ermorden (wobei es dann sicherlich nicht bei der Tötung des Einen geblieben wäre), ist kein solcher zukunftsfähiger Impuls, zmal man immer auch bedenken muß, daß die Welt immer noch nach Deutschland schaut, wie wir hier unsere Probleme lösen. Eidbruch ist es nicht, Tyrannenmord ist es nicht, das kleinere Übel zu wählen ist es nicht...

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        • #5
          Da bin ich anderer Meinung.

          1. Ein Eid - ich nehme an, du meinst den Fahneneid der Offiziere um Stauffenberg und ihn selbst - kann nicht verpflichten, wenn er mich zum Verbrecher macht und von mir verbrecherische Taten verlangt werden. Im Übrigen hat sich der Führer und seine Entourage einen Dreck um das dt. Volk gekümmert und es millionenfach in den Tod geschickt und verheizt. Was redest du da von Eidestreue? Ist ja absurd.

          2. Nicht jedes Attentat ist unmoralisch per se. Wenn es dazu dient, einen verlorenen Krieg früher zu beenden und Millionen Menschenleben zu retten, was soll daran unmoralisch sein? Im Gegentum, es wird zur moralischen Verpflichtung. Nicht für jedermann, sondern für jene, die die Einsicht in die Lage und die Mittel und Gelegenheit haben, es auszuführen.

          3. Selbst im Falle des Erfolgs, wären die Attentäter nicht reingewaschen worden. Hatten sie dem Mordsregime doch jahrelang gedient. So oder so waren sie keine Engel. Dass Stauffenberg - anscheinend - schon länger fremdelte und nie der NSDAP beigetreten ist, spricht für ihn und seine Motive. Aber das ist zweitrangig. Als Skeptiker jeglicher Gesinnungsethik bin ich sowie der Meinung, dass nicht das Motiv, sondern allein die Tat ausschlaggebend sind für eine moralische Bewertung.

          Ein Tyrannenmord ist dann ethisch blitzsauber und nicht zu bekritteln, wenn der Nutzen ungleich höher ist als der Schaden. Die Folgen sind in den meisten Fällen nur abschätzbar, was aber nicht bedeuten kann, alles einfach hinzunehmen und weiter laufen zu lassen, vor allem wenn es so schlecht und mörderisch lief wie 1944.

          Aber da werden sich der Preusse in dir und der Ösi in mir wohl nicht einig werden.

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          • #6
            Also ich bin da auch bei Robert: ein Attentat ist NIE eine in irgendeiner Art und Weise heldenhafte oder ehrenwerte Tat. Erst recht nicht für einen Soldaten, der einen Eid auf sein Land, sein Volk, seinen Führer geleistet hat. Eidesbruch ist Hochverrat. Hochverrat (Landesverrat) ist die übelste Form aller Schandtaten. Darum wurde sie speziell im Mittelalter such mit aller grausamer Hörte bestraft. Zur Abschreckung. Sonst käme ja jeder, der seine Ideologie für die (einzig) Richtige hält auf die Idee, jemanden umzubringen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

            auch wenn man in dem einen oder anderen Fall zumindest diskutieren könnte, um ein Attentat die bessere Lösung (gewesen) wäre: man darf so etwas niemals tolerieren! Sonst kommt morgen der Linksextremist auf die Idee, ein Mord wäre legitim, weil es der (seiner Meinung nach) guten Sache diene, sonst würden wir Terrorismus eine Daseinsberechtigung, da sogar eine Rechtmäßigkeit verleihen, denn wenn Mord im Namen Gottes nicht legitim wäre, was wäre dann legitim?

            Wir dürfen so etwas niemals akzeptieren, weil sonst jeder nach seiner eigenen Meinung morden würde, nur weil er das für richtig hält. ?‍♂️

            Darm gilt es auch, was Stauffenberg-Attentat zu ächten, auch wenn es wirklich die beste Lösung gewesen wäre, was sich jedoch nie belegen läßt. Wer weiß, welche Folgen das - v.a. Für das deutsche Volk - gehabt hätte?

            das Leben findet nicht im Konjunktiv statt, darum darf man für diesen auch keine Morde gutheißen ?‍♂️

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            • #7
              Was redet ihr da von Fahneneid und Hochverrat? Wenn jemand das dt. Volk verraten hat, waren es Hitler und seine Mordbuben! Statt für das Wohl des Volkes zu wirken, haben sie es verraten, verkauft und in einem sinnlosen Krieg verheizt. Und Attentat ist nicht Attentat. Das vom 20. Juli war Notwehr, weil ohne den Tod Hitlers uns seiner Mörderbande kein Ende des Elends zu erreichen war. Die Generalität war nicht dafür zu gewinnen, das waren durchwegs Karrieristen und Opportunisten. Die Verschwörer haben es sich nicht einfach gemacht und hegten selbst Zweifel, ob ihr Tun rechtens sei. Ich sage, ja und es war nicht nur rechtens sondern moralisch geboten!

              Wer Kinder und Jugendliche am Ende des Krieges noch in den Tod schickt, um die Kapitulation ein paar Stunden oder Tage hinauszuschieben, der sollte noch Anspruch auf Gefolgstreue haben? Dass ich nicht lache. Zynischer und menschenverachtender kann man gar nicht handeln als der feige Führer, der sich selbst richtete, weil er nicht die Schneid hatte, sich einem Gericht zu stellen.

              Nicht jedes Attentat ist per se unmoralisch und jeder Fall ist ein Fall für sich. Im Falle Hitlers und seiner Verbrecherbande ist der Fall eindeutig: Massenmörder, die nicht anders von ihrem Wüten abgehalten werden können, muß man beseitigen. Das ist Notwehr.

              Ich kann keiner Fliege was zuleide tun, doch glaub ich, dass ich fähig gewesen wäre Adolf und seine Tafelrunde in die Luft zu jagen, ohne die geringsten Skrupel.​

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              • #8
                Erster und zweiter Weltkrieg hängen ursächlich zusammen. Ob es keinen zweiten Krieg ohne Hitler gegeben hätte, wage ich stark zu bezweifeln. Es gab starke Anschluß-Wünsche der Auslandsdeutschen, die in Polen und Böhmen unterdrückt wurden, es gab einen 98%igen Anschlußwunsch in Österreich und die Südtirolfrage war auch nicht geklärt, geschweige denn die Elsaß-Lothringen-Frage... Deutschland wurde bis in die 1930er Jahre hinein wirtschaftlich ausgebeutet und versuchsweise kleingehalten, zugleich als Bollwerk gegen den sich ausbreiten wollenden Bolschewismus gebraucht, also wenn das keine Kriegssituation ist, dann weiß ich auch nicht. Hitler hin oder her.

                Mal ganz pragmatisch betrachtet, Till, denn das ist es doch, was Dir hier eher vorschwebt: Wenn Partei A den Anführer der Partei B tötet, um die politische Macht durch einen Staatsstreich zu gewinnen, wie sicher und moralisch integer ist dann eine solch gewordene Machtstellung? Auch für den Fall, daß Partei B bösartig, unmoralisch oder eben das ist, was im Ausland unbeliebt ist, Partei A hat mit dem Mord ein unmoralisches MIttel eingesetzt, woran sie nun selber von ihren anderen Gegnern gemessen werden kann. Wirbel hat es auch erkannt: Man kann nicht einfach den politischen Gegner mit einem Attentat aus der Welt schaffen und sich dann hinstellen und sagen: "Aber der war doch böse. Der mußte weg!" Und einen Eid muß man nicht geben. Wer es ehrlich meint mit seinen Absichten, der lügt nicht, wenn er schwören soll. Das verletzt jede moralische Grundordnung. Wenn sich die Bedingungen ändern, unter denen man einen Eid abgab, noch dazu einen persönlich-gebundenen, dann muß man sich lossagen und auch die Konsequenzen tragen, aber nicht nach vorn so tun, als ob man noch zum Eid steht, dann aber hinterrücks Bomben in Hinterzimmern basteln und Eidnehmer töten wollen. Unsere Verschwörer-Generale! Allesamt Hinterzimmerverschwörer. Keiner hatte den Mut, es Hitler offen zu sagen, daß der Eid erloschen war, weil der Mann, dem sie ihn gaben, in ihren Augen nicht mehr als "Führer" anerkannt wurde. Statt dessen meucheln und eine Revolution von oben machen wollen.

                Hier ein kleiner historischer Rückblick, um die verfahrene Situation Deutschlands nach dem ersten Krieg deutlich zu machen:

                Während sich die Reichsdeutschen gegen Polen und Balten behaupten mußten, hatten es die Deutschösterreicher mit Südslawen, Ungarn und Rumänen zu tun, auch italienische Raumbedürfnisse spielten eine Rolle In Kärnten und der Steiermark lag die Hauptlast der Verteidigung auf den Schultern der Bauern. Heim- und Bauernwehren, notdürftig ausgerüstet, zogen mit einigen Resten regulärer k.u.k.-Militärs gegen die von den Siegern gut ausgerüsteten neuen Armeen und Söldner der Jugoslawen und Italiener. Sie wollten die Unversehrtheit ihres „Landls“ sichern. Die Amerikaner schickten Oberst Sherman Miles, der die Situation im Kärtner Abwehrkampf beruhigen konnte. Eine Volksabstimmung im Klagenfurter Becken (von 72000 Bewohnern waren nur 30000 deutsch) ergab im Juli 1920 ein Verhältnis von 22025 Stimmen für Kärnten und 15279 für Jugoslawien (Südslawien). Wie schon in Teilen Polens zogen es die slawischen Bewohner vor, lieber von Deutschen als von ihresgleichen verwaltet zu werden. Die Alliierten gaben hier nach und ließen Kärnten beinahe ungeteilt, nur ein kleiner Teil (von Slawen besiedelt) kam zu Jugoslawien. Tirol und die Steiermark dagegen kamen nicht ungeschoren davon. In Tirol trennten die Italiener Südtirol ab und nahmen es in Besitz; die Steiermark verlor vom einstigen Herzogtum Steiermark die Untersteiermark an Jugoslawien, etwa ein Dritteil ihrer Bevölkerung und Fläche. Die Deutschen in dieser Region wagten nach dem Blutsonntag von Marburg keinen militärischen Widerstand mehr. Eine 1921 anberaumte Volksabstimmung über den Anschluß der Steiermark ans Reich wurde von den Siegermächten verboten. Artikel 88 des Vertrages von St. Germain betonte die „Unabhängigkeit“ Österreichs. Allerdings war das ein Mißbrauch dieses Wortes, denn der genaue Wortlaut des Artikels lautet: „Die Unabhängigkeit Österreichs ist unabänderlich, es sei denn, daß der Rat des Völkerbundes einer Abänderung zustimmt.“ Der Völkerbund wurde von Britannien und Frankreich gelenkt. Die Unabhängigkeit Österreichs lag demnach nicht in den Händen der Österreicher, sondern des Völkerbundes. Das ist keine Selbstbestimmung, sondern eine Abhängigkeit. Die Siegermächte beließen es nicht dabei, sondern zwangen die Deutschösterreicher noch zur Abgabe folgender Erklärung durch die Unterschrift unter den Vertrag von St. Germain: „Daher übernimmt Österreich die Verpflichtung, sich außer durch Zustimmung des gedachten Rates jeder Handlung zu enthalten, die unmittelbar oder mittelbar oder auf irgendwelchem Wege, namentlich – bis zur Zulassung als Mitglied des Völkerbundes – im Wege der Teilnahme an den Angelegenheiten einer anderen Macht seine Unabhängigkeit gefährden könnte.“ Die Amerikaner, selber kein Mitglied des Völkerbundes, wollten auch keine Vereinigung der Deutschen, denn sie befürchteten ein Zusammengehen der Deutschen mit den Russen. Der „New York Herald“ vom 18.März 1919 entließ folgende Überlegung: Wenn die Deutschen über die Hilfsquellen Rußlands verfüge, könnte es die ganze Welt herausfordern. Eine Vereinigung der Deutschen kam daher, trotz der Betonung des Selbstbestimmungsrechts der Völker durch die Amerikaner, für die Deutschen aus ihrer machtpolitischen Sicht nicht in Frage. In der Tschechoslowakei kam der sozialdemokratische Abgeordnete Nemec 1921 in einer Parlamentsdiskussion zu folgenden Überlegungen: Der Westen habe den Tschechen angeblich ihre Selbständigkeit gegeben. Nemec fragte, ob das aus Liebe geschehen sei oder deshalb, weil er jemanden brauche, der im Osten die Stellung halte? Nemec betonte, die Tschechen hätten nichts gegen eine Bestrafung der Deutschen, fragte aber auch, ob diese Bestrafung ewig dauern sollte, denn die Perpetuierung würde die Deutschen dazu treiben, einen neuen Krieg zu entfachen. Er fragte weiter, ob es im Interesse der Tschechen oder auch des Westens liegen könne, den Deutschen alles zu nehmen. Er mutmaßte, daß Deutschösterreich früher oder später dem Reich angeschlossen werden würde, was für die Tschechoslowakei bei gleichbleibender Politik gegenüber den Deutschen Probleme mit sich bringen würde. Er stellte die Frage, wie das für die Tschechoslowakei ausgehen würde.

                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: grafik.png Ansichten: 0 Größe: 360,4 KB ID: 3838
                Bei so einer Verteilung der Deutschen in Österreich-Ungarn ist das in Zeiten einer Nationalstaatspolitik eine Kriegslage. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, hier dauerhafte politische Zustände zu schaffen, entweder man vertreibt die Deutschen aus den Siedlungsräumen oder man tötet sie, macht sie mundtot. (Minderheitenrechte verfangen hier nur, wenn der Nationalstaat Hoheitsrechte aufgibt, was gegenüber der eigenen Bevölkerung - Polen, Tschechen, Ungarn, Kroaten.. -.politisch nicht durchsetzbar war.) Nach Auflösung der k.u.k.-Monarchie wurde es den deutschen Teilen Österreich-Ungarns untersagt, sich dem Reich anzuschließen. Nach zwei Volksabstimmungen 1919/1920 in Tirol und Salzburg (beide mit jeweils über 98% für den Anschluß ans Reich) untersagte die Entente weitere Volksabstimmungen und verlangte die Neugründung eines Staates namens „Republik Österreich“.
                Im Elsaß sah es ganz ähnlich aus, sogar noch böser: Politisch-korrekt war es im Frühjahr 1919, daß Frankreich durch etwaige deutsche Forderungen nach einer Volksabstimmung im Elsaß nicht provoziert werde. Als sich beim tagenden Reichstag in Weimar eine Abordnung unter Führung des elsässischen Pour le Merite-Trägers General Schëuch vorstellig machte, um eine Abstimmung in Elsaß-Lothringen über die Zugehörigkeit zum Reich zu fordern, wurde sie nicht vorgelassen. Die Mehrheit der Parlamentarier ließ das nicht zu, um nicht die Gefühle Frankreichs zu verletzen. Das ist der Geist der Domestikation. (Winnig, S. 168) – Frankreich wollte es auch nicht riskieren, im Elsaß eine Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zu Frankreich oder Deutschland abzuhalten. Somit werden wir es wohl nie erfahren, wo sich die Elsässer selber mehrheitlich sahen.
                Entgegen oft geäußerter Annahmen, daß Lothringen mehrheitlich französisch gewesen sei, spricht die Statistik von einem Verhältnis von etwa 3:2 oder 61,2% Deutschen (300000) gegenüber 38,8% Franzosen (190000), wie die Volkszählung 1875 ergab. Das Verhältnis verschob sich angesichts des starken deutschen und schwachen französischen Bevölkerungszuwachses und zahlreicher Aussiedlungen französischsprachiger Reichsbürger zwischen 1875 und 1918 nicht zugunsten Frankreichs: 1910 gaben von 1,87 Millionen Elsaß-Lothringern 1,63 Millionen deutsch als Muttersprache an. (Vogel, S. 253.)


                P.S. Ich glaube, daß Stauffenberg sehr lange mit sich gerungen hat, weil ihm diese Dinge auch alle bekannt waren und er am Ende das tat, was alle Realisten in einer Zwangslage tun, er entschied sich für das kurzfristig kleinere Übel. Er hielt sich als Kopf der Verschwörer bereit und plazierte die Bombe. Mit Gesinnungsethik hat das wenig zu tun. Er handelte ganz pragmatisch, glaubte er zumindest. Aber es war auch das nicht. Vielleicht hätte er anders gehandelt, wäre er ein Protestant oder Schriftsteller gewesen. Aber das ist dann wohl eine andere Geschichte. Als Militär war ihm der Tod Begleiter. Sehe ich es so, daß er als Soldat handelte und seinen Vorgesetzten töten wollte, weil der für ihn das größere Übel abgab, dann wird die Tat zwar auch nicht gut, aber verständlicher.

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                • #9
                  Ich habe alles gesagt, was ich dazu zu sagen habe und will mich ungern wiederholen. Deine Einwände halte ich für Rabulistik und absolut unhaltbar. Im Übrigen schlag nach bei Schiller.

                  Btw., ein Krieg aufgrund des Versailler Vertrages und der anderen von dir genannten 'Gründe' mag vielleicht noch argumentierbar sein, spätestens nach der Kriegserklärung an die SU und der massenhaften Vernichtung deutscher Bürger im Inneren (Sinti, Roma, Juden, unwertes Leben etc.) war klar, dass dieses Mordsgesindel nicht das Wohl des eigenen Volkes im Sinne hatte, sondern nur seine kranken Allmachtsfantasien, seinen Rassenwahn und sonstige irrationalen Spinnereien befriedigen wollte.

                  Und damit hab ich fertig.
                  Zuletzt geändert von eulenspiegel; 22.07.2024, 09:01.

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                  • #10
                    Das sehe ich auch so: der Krieg gegen die Sowjetunion war ein imperialistischer Raubkrieg, rassistisch und weltanschaulich motiviert, im Kern ein imperialistischer Raubkrieg um Macht, Besitz und Bodenschätze, also unmoralisch.
                    In diesem Ordner geht es nur um den 20. Juli und die damit verbundene Frage, ob ein Attentat ein politisches Mittel ist. Du sagst, ja... Ich sage, nein...

                    Mal sehen, ob sich meine Meinung dazu im nächsten Jahr ändert. 1984, nach einer Dokumentation im DDR-Fernsehen, sagte ich auch ja. Um 2000 änderte sich meine Meinung dazu.

                    einige neu erworbene Fakten:
                    • in der BRD kam man erst in den Mitt1950ern dazu, neben dem innerkirchlichen, nationalgesonnenen Bürgern und Intellektuellen auch den Kreisauer Kreis um Stauffenberg als Widerständler wahrzunehmen, bis dahin galten sie schlichtweg als Eidbrüchige;
                    • in der DDR gab es ab 1964, eine Dokumentation im DDR-Fernsehen "Revolution am Telefon" (Karl Gaß), eine immer stärker werdende Erfassung;
                    • Stauffenberg unterstützte den Rußland-Angriff 1941, war aber seit 1942 dafür, Hitler zu töten: Hitler erfüllte in seinen Augen nicht die Aufgaben des Staates, also war er ein Verräter am Reich; statt dessen sollte das Militär das Reich verteidigen und auf zusätzliche Gebiete verzichten; im Inneren sollte es eine Militärdiktatur geben - Stauffenberg ignorierte die Haltung der Westmächte zum Reich: unconditional surrender, wie sie am 23. Jänner 1943 in Casablance formuliert worden war;
                    • seit dem Juni 1944 stand Stauffenberg auch mit Kommunisten in Kontakt, die in die Kommandostruktur der kommende Militär-Diktatur miteingebunden werden sollten;
                    • im Osten standen einem deutschen Soldaten sechs sowjetische gegenüber, die nichtdeutschen Hilfstruppen veränderten das Kräfteverhältnis 1:5 gegen das Reich und seine Helfer

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