Fortsetzungsordner aus dem alten Forum
Die zweite Auflage wird derzeit vorbereitet. Ich habe ein Nachwort geschrieben. Der Veränderungen gegenüber der erfolgreichen ersten Auflage sind nicht viele. Der text wurde neu gesetzt, das Cover ein wenig verändert, eine Illustration eingefügt. Warum etwas Gutes verändern?
Nachwort zur zweiten Auflage
Als Crane seine Gedichte schrieb, waren Gedichte eine absterbende literarische Gattung. Wer um 1890/1900 literarisch etwas zu sagen hatte, der packte seine Botschaft in eine short story, nicht aber in ein Gedicht. Gedichte galten in Amerika als etwas Europäisches. Die Neue Welt las selten Gedichte und wenn, dann nur in Form von Sinnsprüchen. Crane konnte also nicht damit rechnen, mit dieser Textsorte Furore zu machen. Die short story schien ihm ein unpassendes Sujet zu sein; er schrieb dennoch Gedichte, aber er brachte einen modernen Ton in die Form, denn die Moderne hält klassische Muster selten aus.
Gedichte um 1890 versanken in Amerika ins Nirgendwo, erst recht kritische Texte über the american way of life oder die Gernegroße, die imperialistische Träume entwickelten und im Kuba-Krieg auch erstmals das Festland verließen, um ihre geopolitisch wachsende Bedeutung der Welt zu zeigen. Crane stand in den Schützengräben auf Kuba, er berichtete. Er sah die Wirkungen der amerikanischen Zivilisation, die den Krieg bis heute als Waffe benutzt, um eigene Machtstellungen auszubauen. Er fokussierte seine Erfahrungen. Und so finden sich der Dreck aus den Hinterhöfen Neuyorks genauso in den Texten wieder wie der blutige Schlamm aus den Schützengräben des modernen Krieges. Hier finden sich die Prediger des amerikanischen Traums als bigotte Phraseure und die Noth des Liebenden.
Man wird in Cranes Werk selten Ironie finden, so gut wie nie Persiflierung oder Travestie. Crane schrieb ernsthaft, aber er war kein Eiferer. Sein Humor ist sardonisch, ein trotziges und heiseres Pulsieren aus dem Herzen, das seinen Leser gefangennimmt und ihn daran erinnert, welcher Kraftanstrengung es bedarf, um dieses Herz reinzuhalten.
Genau das ist es, was Cranes Texte auch heute noch lesbar macht: ernsthafter Humor eines ganzen Menschen, humana humaniorum. Die Grenzen verschoben sich. Heute liest man wieder Gedichte, jedenfalls eher als short stories. In Gedichten läßt sich etwas Allgemeingültiges in antithetischer Verschränkung in ein poetisches Bild gießen, das im Leser Platz sucht und durch das einzelne Wort meist auch findet. Wer ein Gedicht liest und am Ende fühlt ‚das war gut‘, in dem wirkt das Wort fort. Es wird sich zur Tat modeln, zur Macht werden. Ein gutes Gedicht ist, um ein heutiges Wort zu verwenden, ein Influenzer, aber ein stiller und im Reich der Taten wirkender Influenzer, kein materialistischer.
Deshalb wurde es Zeit für diese zweite Auflage.
Magdeburg in Ostfalen, Herbst 2022.
P.S. Mein Dank gilt Robert Neumann (Großalsleben), der die Gestaltung dieser Auflage übernahm, Sandra Kilian (Magdeburg), die sich um das Organisatorische bekümmerte und Maya Müller (Alikendorf), die illustrierte.
Die zweite Auflage wird derzeit vorbereitet. Ich habe ein Nachwort geschrieben. Der Veränderungen gegenüber der erfolgreichen ersten Auflage sind nicht viele. Der text wurde neu gesetzt, das Cover ein wenig verändert, eine Illustration eingefügt. Warum etwas Gutes verändern?
Nachwort zur zweiten Auflage
Als Crane seine Gedichte schrieb, waren Gedichte eine absterbende literarische Gattung. Wer um 1890/1900 literarisch etwas zu sagen hatte, der packte seine Botschaft in eine short story, nicht aber in ein Gedicht. Gedichte galten in Amerika als etwas Europäisches. Die Neue Welt las selten Gedichte und wenn, dann nur in Form von Sinnsprüchen. Crane konnte also nicht damit rechnen, mit dieser Textsorte Furore zu machen. Die short story schien ihm ein unpassendes Sujet zu sein; er schrieb dennoch Gedichte, aber er brachte einen modernen Ton in die Form, denn die Moderne hält klassische Muster selten aus.
Gedichte um 1890 versanken in Amerika ins Nirgendwo, erst recht kritische Texte über the american way of life oder die Gernegroße, die imperialistische Träume entwickelten und im Kuba-Krieg auch erstmals das Festland verließen, um ihre geopolitisch wachsende Bedeutung der Welt zu zeigen. Crane stand in den Schützengräben auf Kuba, er berichtete. Er sah die Wirkungen der amerikanischen Zivilisation, die den Krieg bis heute als Waffe benutzt, um eigene Machtstellungen auszubauen. Er fokussierte seine Erfahrungen. Und so finden sich der Dreck aus den Hinterhöfen Neuyorks genauso in den Texten wieder wie der blutige Schlamm aus den Schützengräben des modernen Krieges. Hier finden sich die Prediger des amerikanischen Traums als bigotte Phraseure und die Noth des Liebenden.
Man wird in Cranes Werk selten Ironie finden, so gut wie nie Persiflierung oder Travestie. Crane schrieb ernsthaft, aber er war kein Eiferer. Sein Humor ist sardonisch, ein trotziges und heiseres Pulsieren aus dem Herzen, das seinen Leser gefangennimmt und ihn daran erinnert, welcher Kraftanstrengung es bedarf, um dieses Herz reinzuhalten.
Genau das ist es, was Cranes Texte auch heute noch lesbar macht: ernsthafter Humor eines ganzen Menschen, humana humaniorum. Die Grenzen verschoben sich. Heute liest man wieder Gedichte, jedenfalls eher als short stories. In Gedichten läßt sich etwas Allgemeingültiges in antithetischer Verschränkung in ein poetisches Bild gießen, das im Leser Platz sucht und durch das einzelne Wort meist auch findet. Wer ein Gedicht liest und am Ende fühlt ‚das war gut‘, in dem wirkt das Wort fort. Es wird sich zur Tat modeln, zur Macht werden. Ein gutes Gedicht ist, um ein heutiges Wort zu verwenden, ein Influenzer, aber ein stiller und im Reich der Taten wirkender Influenzer, kein materialistischer.
Deshalb wurde es Zeit für diese zweite Auflage.
Magdeburg in Ostfalen, Herbst 2022.
P.S. Mein Dank gilt Robert Neumann (Großalsleben), der die Gestaltung dieser Auflage übernahm, Sandra Kilian (Magdeburg), die sich um das Organisatorische bekümmerte und Maya Müller (Alikendorf), die illustrierte.
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