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  • Weltbild

    Dem Verfasser ist es nichts Ungewohntes, auf metrische Mängel hingewiesen zu werden.
    Deshalb stellt er dies voran:

    Frühmorgens bringt der Dichtersmann
    schöne neue Reime an.
    Er zählt die Silben, stählt die Jamben
    die sich über Nacht einfanden.

    Doch, aufgrund der Kniearthrose
    geht rhytmisch manches in die Hose.
    Arthritis in dem großen Zeh
    tut auch in den {F,V}ersen weh!

    **************************************************

    Weltbild

    Jüngst fiel mein Weltbild von der Wand,
    denn ich hatte nicht erkannt
    dass der Haken locker sitzt
    sonst hätte ich ihn längst vergipst.

    Spachtelmasse angerührt
    und ins Loch hineingeschmiert
    den Haken an die alte Stelle -
    das geht einfach, leicht und schnelle.

    Derweil liegt am Boden schief,
    das Weltbild, das gefallen tief.
    Es ist noch völlig ungeklittert
    und kein Teilchen abgesplittert.

    Jedoch, einmal genau betrachtet
    ist sein Zauber jäh entmachtet.
    Diese Linien, diese Farben
    erinnern stark an alte Narben.

    Wie hatte ich nur gut befunden
    solchen Ausdruck schlimmer Wunden?
    Nein, das will ich nie mehr sehn!
    Doch nun gibt es ein Problem:

    Ein weißer Fleck prangt an der Wand
    wo vorher sich das Bild befand.
    Und der Rest vom ganzen Zimmer
    scheint in dunklem, grauen Schimmer.

    Soll ich den ganzen Raum anmalen
    oder einem Maler zahlen?
    Nein, ein neues Bild muss her!
    Ich hol mir fünfe oder mehr,

    häng' eines nach dem andren hin
    nur leider macht das keinen Sinn
    denn alle neuen sind zu klein
    und fügen sich am Platz nicht ein.

    Verzweifelt sinne ich auf Rat
    und schreite mutig dann zur Tat:
    Ich greife mir den alten Schinken
    und dreh ihn um, den ollen Zinken

    und häng ihn auf, zur Wand gekehrt.
    So wird, was sich bewährt, geehrt
    und ich brauch's nicht mehr anzublicken.
    Denn schön ist auch ein blanker Rücken.


  • #2
    Da hat der Sense ja ganz schön ein Weltbild, zwar nicht zertrümmert, doch immerhin erschüttert und dann gedreht. Gefällt mir, dieses Bild vom Bild. Mein Weltbild hab ich inzwischen auf dem Sperrmüll entsorgt, das haben sich andere geholt und in ihr Scheisshaus gehängt. Naja, isses wenigstens noch für was gut. Wo es hing, hab ich jetzt ein rotes Mascherl mit ebensolcher Nelke hingehängt. Als Memento mori erinnert es mich an den Tod der Sozialdemokratie. Sobald ich was Bessres gefunden hab, wird es ausgetauscht. Zu Ostern vllt. ein blaues Ei. Der Schrei von Munch gefiele mir auch. Ist mir aber zu teuer. Wenn ich eine schöne Kopie finde ....

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    • #3
      …und ich brauch‘s nicht mehr anzublicken,
      drum kann es mich auch nicht mehr f….n 😁

      Kommentar


      • #4
        Dazu noch was Ungereimtes, doch tierisch ernst Gemeintes ...



        Kleine Weltanschauung

        Früher suchten Menschen Erkenntnis
        erst in sich
        dort fanden sie aber nichts Neues
        nichts von Belang und Bestand
        mehr Trug und Lug als Weisheit
        dann in der Natur
        dort fanden sie Kräfte, Materie, Energie
        zuletzt Quanten, Felder, Fluktuation

        Weit draussen im Kosmos
        fanden sie Unendlichkeit
        überabzählbar viele Galaxien
        Weiten jenseits aller Beobachtung
        Schwarze Löcher, Dunkle Energie, Nichtauffindbare Materie
        ein Panoptikum seltsamsten Spuks
        doch alles gefasst in Gleichungen
        alles geschnürt in Pakete
        alles gemessen, belegt, geprüft

        fast - beinah - annähernd

        es bleibt am Rande unscharf
        das Bild von der Welt
        ein unüberschaubarer Rest
        eine Ungewissheit über jedes Maß
        am End ein Wald von Fragezeichen
        rund um unser Wissen

        sollt ich deshalb mich aufs Glauben verlegen
        an Götter, Geister, Engel, Teufel
        an Gurus, Meister, Pfaffen
        sollt ich mich ergeben
        der süßen Versuchung der Schwärmerei

        das glaub ich nicht
        Autsch!
        Ganz ohne Glauben geht's wohl nicht

        Kommentar


        • #5
          Zum Weltbild:

          Das Gedicht...sprich das Thema ist originell - dafür schon mal "Hut ab". Aber (Du hast es selbst geahnt) das Handwerk ist ausbaufähig.

          Schon in Vers 1 gehst Du einen faulen Kompromiss ein...schreibst "sitzt" statt "saß"...wie es eigentlich heißen müsste. Das lässt sich jedoch leicht korrigieren (ohne, dass Du das Bild ändern musst). Und zwar so:

          Jüngst fiel mein Weltbild von der Wand,
          denn ich hatte nicht erkannt
          dass der Haken locker saß,
          weil ich einst den Gips vergaß.

          Das ist Schritt eins...die Sprache als solche

          Für Silbenfetischisten ist der Text immer noch nicht rund...also rein mathematisch betrachtet (8/7/7/7)..aber ich finde er klingt dennoch rhythmisch. Ich selbst würde wohl "jüngst" durch "es" ersetzen. Da spielen aber auch regionale Besonderheiten eine Rolle...in manchen Gegenden wird bei "es" das "e" gezogen und überbetont...in anderen nur das "s" betont.

          Zu allen weiteren Versen könnte ich auch noch etwas anmerken. Wenn Du den Auftakt mit einer gewissen Akribie gestaltest...dann gelingt Dir auch der Rest.







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          • #6
            Zur Kleinen Weltanschauung:

            Ebenso originell...aber auch hier fehlt die Liebe zum Detail.

            Früher suchten Menschen Erkenntnis
            erst in sich
            dort fanden sie aber nichts Neues
            nichts von Belang und Bestand
            mehr Trug und Lug als Weisheit
            dann in der Natur
            dort fanden sie Kräfte, Materie, Energie
            zuletzt Quanten, Felder, Fluktuation

            Weit draussen im Kosmos
            fanden sie Unendlichkeit
            überabzählbar viele Galaxien


            Früher suchten Menschen Erkenntnis
            erst in sich
            entdeckten dort aber nichts Neues
            nichts von Belang und Bestand
            mehr Trug und Lug als Weisheit
            dann in der Natur
            dort fanden sie Kräfte, Materie, Energie
            zuletzt Quanten, Felder, Fluktuation

            Weit draussen im Kosmos
            spürten sie Unendlichkeit
            überabzählbar viele Galaxien


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            • #7
              Zitat von Mario Morgenroth (a.d.) Beitrag anzeigen
              [..] faulen Kompromiss ein...schreibst "sitzt" statt "saß"...wie es eigentlich heißen müsste. Das lässt sich jedoch leicht korrigieren (ohne, dass Du das Bild ändern musst). Und zwar so:
              [..]
              dass der Haken locker saß,
              weil ich einst den Gips vergaß. [..]
              Erst mal vielen Dank für Deine Kritik, aber gerade über diesen Punkt habe ich wiederholt nachgedacht und auch Varianten probiert. Ich habe mich dann bewusst entschlossen, es bei der scheinbar falsche Zeitfolge zu belassen. Also faul war ich, an der Stelle, ganz gewiss nicht. In der 2. Strophe wird ja lediglich ausgesagt, dass das lyr. Ich sehr wohl weiß, wie man das macht mit dem Gips. Aber wird der Haken tatsächlich fixiert? Wir wissen es nicht. Ich vermute stark, dass der Haken noch immer locker sitzt, weil das lyr. Ich ja auch den offensichtlich notwendigen Neuanstrich weit von sich weist. Haken mit dem Finger reingedrückt, vielleicht mit einer gerade zuhanden stehenden leeren Weinflasche ein bisschen festgekoppt, Bild umgedreht, aufgehängt, fertig! So einer ist das, könnt Ihr mir glauben.

              Im Gedicht "Kleine Weltanschauung" mag ich das mehrmalige Finden nicht als Flüchtigkeitsfehler sehen.
              In der ersten Zeile heißt es "Früher suchten Menschen Erkenntnis"
              Ich traue dem Autor zu, dass es Absicht ist, dass der Mensch früher suchte und heute eher findet, und zwar gleich mehrmals. In sich selber hat er nichts Gescheites gefunden, in der Natur dann irritierenderweise lauter Sachen, mit denen er letztlich nichts anfangen kann. (Rein technisch-produktiv schon, als Erkenntnis in dem Sinne, wie er sie früher in sich selbst gesucht hat, eher nicht.) Und die Unendlichkeit haben sie weit draußen bestimmt nicht gespürt, sondern sondern z.B. mittels der Dopplereffekte beim Licht nachgerechnet. Unendlichkeit spürt man vielleicht, wenn man am Meer auf den Horizont schaut (räumlich) oder die Pyramiden besichtigt (zeitlich) obwohl beides vergleichsweise sehr endlich ist. Jedenfalls sehe ich ein Dilemma zwischen Erkenntnis und Glauben recht deutlich in diesen Zeilen.

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              • #8
                Danke ihr beiden für die Befasse mit meinem Verslein. Also ich finde das finden-fanden durchaus passend und es ist auch mehr oder minder mit Absicht gesetzt. Der Einwand von MM hat was, allerdings würde ich es, wenn schon, dann gerade umgekehrt machen.

                Soll heissen, die Wahrheit/Erkenntnis sucht man und findet sie - vielleicht oder nicht. Und Entdecken tut man in der Wissenschaft. Also ist das fanden beim Suchen der Erkenntnis (in mir) durchaus zutreffend, das Entdecken jedoch bei der Suche in der Natur(wissenschaft).

                Und das Spüren der Unendlichkeit, ja, das kann man so sehen, ist mir aber zu diffus und gefühlsduselig. Tatsächlich findet sich die Unendlichkeit ja erstmal nur in den Gleichungen der Kosmologen, wie diese.Unendlichkeit draußen im All aber tatsächlich realisiert sein könnte, darüber können selbst die klügsten Köpfchen nur 'hatscherte' Vergleiche anbieten. Die sind genauso ratlos wie ich, wie das realiter im All funktionieren soll. Unendlichkeiten sind in der Mathematik sowas wie Horrorgestalten, man kann kaum damit rechnen.

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                • #9
                  Na Faulheit hatte ich Dir auch gar nicht unterstellt...sondern einen faulen Kompromiss eingegangen zu sein - und das hast Du mit deiner obigen Aussage (Ich habe mich dann bewusst entschlossen, es bei der scheinbar falsche Zeitfolge zu belassen) auch bestätigt. Wie Du das machst, das ist letztendlich deine Sache - ich kann nicht wissen, welche Ansprüche Du an dich selbst stellst. Grundsätzlich solltest Du aber wissen: selbst dem geübtesten Leser gelingt es nicht immer zwischen Dilettantismus und Stilmittel unterscheiden zu können.

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                  • #10
                    Unendlichkeit finden ist der Anfang eines Gottesbezuges und kömmt nach dem Staunen. Staunen, ja, aber Unendlichkeit finden resp. gefunden zu haben ist bei Till schlechterdings auszuschließen. Also fand er "draußen" nichts anderes als das, was er in sich schon längst gefunden zu haben glaubte.

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                    • #11
                      Unendlichkeit finden ist der Anfang eines Gottesbezuges und kömmt nach dem Staunen.
                      Ich staune tatsächlich täglich. Über dies und das, auch über die Vorstellung einer Unendlichkeit. Und darüber, wie man daraus einen Gottesbezug herstellen kann.

                      Niemand kann sich Unendlichkeit räumlich oder zeitlich - bzw. ihre Schwester nach allen Zeitrichtungen, die Ewigkeit - vorstellen. Bestenfalls deren Ränder erahnen. Unendlich ist mathematisch jene Menge, von der man beliebig viel wegnehmen oder dazugeben kann und sie danach unverändert groß ist.

                      Um es mal - ich wiederhole mich ständig - so zu sagen, Gott ist bloß ein Begriff, ein idealer Lückenfüller für alles und jedes, somit ein leere Begriff. Was du reintust, das kriegst du raus. Gott ist nur ein Wort, um es mit Simmel zu sagen. Oder war es F. Sagan? Egal. Ich hab noch keinen getroffen, der mir überzeugend glaubhaft machen konnte, mit Gott gesprochen/kommuniziert zu haben. Ich selber jedenfalls nicht. Obwohl ich früher, als katholisch indoktriniertes und malträtiertes Kind und später als idealistisch schwärmerischer Jugendlicher tatsächlich mir einbildete, Gott 'rede' mit mir. Stellte sich alles als Selbstbetrug heraus. Und würde ich diesen Gott heute oder irgendwann mal treffen, würd ich ihm gehörigt das Gestell putzen und die Wadeln 'viere richten', wie man bei uns so lautmalerisch sagt. Was der sich nämlich schon alles geleistet haben soll, geht ja auf keine Kuhhaut, oder passt ja in kein noch so unendliches Universum. 😉

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