Odysseus erkennt Penelope

[Gast]

Freue dich du Mütterchen, nun aller Freudentränen kalt,
Jetzt erst erlaubte Odysseus der rührigen Alten aus dem Schlaf zu wecken.
Freudig staunten Bewerber auf aufdringlich zu wirken mit Gewalt.
Bald, bald glaubte sie sein Angesicht zu verstecken, zu bedecken, zuverhecken..
Weinend vor Glück und vor Freude warf sie sich an seinen Hals und küsste in zärtlich, aller Ehegatten alt.
" Zürne mir nicht Odysseus, dass ich dich nicht willkommen geheißen mag mit ehrlicher Gewalt.
Was will mich Gott vor allem Tränen, Träumen Irrtümlich keit vergecken.
Rauchwerk zu bedecken.
Der Wolken malt,
Der endlos Wolken malt.

Als er heimkehrte.

[aerolith]

Merkwürdiger Zufall. Ich behandelte dieser Tage den Begriff "Anagnorisis". Die Anagnorisis schlechthin ist die Heimkehr des Odysseus und das Wiedererkennen. Allerdings nicht duch Penelope, der sich Odysseus auf Rat seiner Beschützerin Athene nicht zu erkennen gibt. Es ist der treue Jagd-Hund des Odysseus, der seit zwanzig Menschen-Jahren (140 Hundejahre) auf die Rückkehr seines Herrn wartet und ihn sofort trotz Oddyseus' Verkleidung als Bettler erkennt, den altersschwachen Kopf hebt, mit dem Schwanz wedelt und kurz darauf stirbt. Penelope erkennt ihn eben nicht, das "ehrlicher" ist hier falsch, es muß "ehelicher" heißen. Sie tut es eben nicht, also Odysseus erkennen, erst recht nicht willkommen heißen, denn es tritt ein Verwandelter in ihr Haus. Sie haben durch den Krieg verloren - beide. Das, lieber Gast, ist das Thema der "Anagnorisis" des Odysseus. Homer hin oder her.