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Mein Ahn Emil ist wieder zuhause in Ungarn. America hat ihn einestheils fascinirt - wegen seiner pragmatischen Lebensart, der democratischen Thugenden, der Freiheit des Bürgers. Er schimpft über das secessionistische Gesindel des Südens, dar marodierend, plündernd und brandschatzend durch die Lande zieht. Er critisirt aber auch die Ränkespiele der republicanischen Politik und Generalitäten, die - z. B. - einen so verdienten General wie Fremont absetzten und durch den unfähigen General Hunter ersetzten. Nach nur wenigen Monaten Dienst desertirte er und machte zurück nach Europa, unter falschem Namen. Er ist hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Abneigung gegen die 'Deutschen' - worunter er Deutsche, Schweizer, Österreicher und alles, was irgendwie deutsch spricht zusammenfasst, genauso geht es ihm mit den Yankees - das sind die in America Geborenen. Er bewundert ihren Sinn für praktische Lösungen, Ablehung aller Bürokratie, Gängelung und Bevormundung von 'oben', aber er verachtet sie zugleich wegen ihres völligen Mangels an Cultur und Civilisation. Am meisten verachtet er die Iren. Er nennt sie nur Säufer, verkommen und uncivilisiert wie die Thiere. Er war schon ein Original, flunkerte viel, stellte sich selbst meist in gutem Lichte dar, ist aber im Handumdrehen ehrlich bis auf die Knochen wenn es um seine Gefühle geht. Rührend und fast herzerweichend schildert er seine Liebe zu seiner späteren Frau. Tja, für die meisten heute unvorstellbar ....
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Die Digitalisierung des Tagebuchs meines Urahns Emil geht zügig voran. Die OCR hilft mir dabei ca. 50% des Textes automatisiert zu übergtragen. Den Rest muß ich händisch eintippen, weil die Kopien der Maschinschrift meines *-Onkels Julius einfach zu schlecht und unterschiedlich sind. Er mußte am Farbband sparen und die Kopien sind dementsprechend transparent ...
Es hat mich interessiert, in welchem Verwandtschaftsverhältnis dieser Emil und Julius zu mir standen. Der erste gemeinsame Vorfahr ist ein Matthias Josephus, geb. 1734 in meinem Heimatort. Dessen Sähne Franciscus und Simon begründen die beiden Linien, deren österreichischer (Franciscus) ich in direkter Linie entstamme, Emil der ungarischen, ist der Enkel von Simon, Julius der UrUrEnkel von Simon.
Wer ist Emil für mich, wer Julius? Der Verwandtschaftsrechner gibt Folgendes an.
Emil ist mein UrUrGroßonkel 3. Grades. Julius ist mein Großonkel 5. Grades.
Ich bin der UrUrGroßneffe 3. Grades von Emil und der Großneffe 5. Grades von Julius.
Hoffe, das stimmt so. Inzwischen ist Emil aus America wieder nach Ungarn heimgekehrt, nachdem er aus den chaotischen Zuständen in der Nordstaatenarmee geflohen (desertiert) ist und unter falschem Namen die Überfahrt nach Europa absolvirt hat. Sein ambivalentes Verhältnis zu America und der Heimath ist rührend.
***
Es kam nun eine schwere Zeit fur mich, die ich, der kaum aus den freien, unabhängigen Prairien Americas zurückgekehrt war, doppelt fühlte.- War es schon im Allgemeinen eine große Schwierigkeit für mich, die hiesigen drückenden Verhältnisse servilen, kleingeistigen und krähwinklerischen sozialen Sitten und all den Plunder von Gesetzen, Vorschriften, Maßregeln, Rücksichten u.s.w. mit dem das ganze Europa besonders aber unser mittelalterliches Österreich gesegnet ist, wieder zu gewöhnen und überhaupt mich wieder in dieser schwülen Athmosphäre des politischen Himmels die, Engbrüstigkeit erzeugend, auf Jedem von America Zurückgekehrten lastet und unter dieser speichelleckerischen und augendienerischen Herde von großen und kleinen Knechten aller Art - zu aklimatisiren, so war es um so unerträglicher in eine Verhältniß zu treten, das dem meiner Lehrzeit ganz ähnlich war. Höffler unter dem Deckmantel des Onkels erlaubte sich die gemeinsten Ausfälle und es kamen Szenen vor, die mir meine Lehrzeit lebhaft vor die Augen brachte. Außerden war schon das dienende Verhälniß eines Commis (Gehilfen)und die engbrüstige Luft, die stets im Hause
Höffler's und in seiner Umgebung wehte, höchst drückend und unendlich quälend für mich. Die ungewohnten, mechanischen, geisttötenden Beschäftigungen machten mir das Leben langweilig und ließen Geist und Gemüth leer, öde und ohne Nahrung. Es gab Stunden in denen ich mich höchst unglücklich fühlte und bitter bereute, aus der frischen freien Luft Americas wieder in dieses Joch zurückgekehrt zu sein.- Nur die Liebe zu meinen guten Eltern, die ich regelmäßig jeden Sonntag besuchte und die Aussicht, daß dieses Verhältniß nicht ewig dauern wird, machten mir das Leben einigermaßen erträglich.- Mein von Jugend auf eingeimpfter Haß gegen Höffler flammte aber von Neuem auf und, älter und erfahrener geworden und auf geistigem Gebiete ihm weit überlegen, paarte sich damit noch Verachtung und ein tiefer Abscheu, der unauslöschlich mein ganzes Leben zwischen mir und diesem Menschen stehen wird.
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Die Forschungen bezüglich meines Ahnen Johann Georg S. werden hinsichtlich der Verstrickungen in internationale Machenschaften immer absonderlicher. Ein gewisser Friedrich Bülau behauptete 1870, daß er nicht nur im Auftrage des Herzogs von Braunschweig (Chef der deutschen Freimaurer) gehandelt habe, sondern auch in dem des Herzogs von Orleans (Chef der französischen Freimaurer). Leider verstieg sich Bülau auch zu der abstrusen Behauptung, mein Ahne wollte Freimaurer und Jesuiten miteinander versöhnen und zu einem neuen mächtigen Orden zusammenschweißen. Das ist natürlich Blödsinn. Diesen Unsinn schrieb Bülau bei Crusius ab, der das bereits 100 Jahre zuvor behauptet hatte. Ich folge ein bißchen dem Geld. Das (lutherische) Bankhaus Bethmann soll um 1770 Millionen sächsische Schuldverschreibungen gehalten haben, über die mein Ahne verfügt haben soll. Mal sehen, ob Bethmann eine entsprechende Anfrage beantwortet.
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*schmunzel*:
Papendick ein noch junger Mensch von etwa 22 Jahren bildete das lebende Beispiel, wie in america Bildung, Talente und gute Anlagen zu Grunde gehen können. In Magdeburg geboren, wurde er zum Kaufmann bestimmt, erhielt eine exquisite Erziehung sowohl in kaufmännischer als wissenschaftlicher Beziehung , brachte seine Lehrzeit in einem der ersten Handlungshäuser Magdeburgs zu und entfloh dann um den Folgen böser Streiche zu entgehen nach America. (wie Morgensterns Architekt ...) Statt sich hier mittelst seiner mehrseitigen Sprachkenntnisse und tüchtigen Fähigkeiten /er schrieb unter anderen ein prachtvolle Handschrift, wie man sie selten findet/ emporzuschwingen, war er zu Allem zu faul und sank immer tiefer. In Chicago z.B. verkaufte er Blumen, blos weil dies eine mäßige Beschäftigung war. Bei unserer Compagnie trieb er sich mit tief unter ihm stehenden Individuen herum und gab sich zum Koch her, blos weil er dadurch von Dienst befreit war. Überhaupt gab er sich zu allen bösen Streichen als Werkzeug her. Als einmal ein Gemeiner unserer Compagnie durch den Capitain zum corporal ernannt wurde, worüber die Deutschen - weil dieser in Yankee war - empört waren, schrieb er mit verstellten Handschrift einen anonymen Brief an den Capitain, worin ihm gedroht wurde, daß er wenn er den Yankee nicht wider absetzen würde, in der nächsten Schlacht von rückwärts eine Kugel bekomme.
Nach langen Forschungen brachte jedoch der Geheimpolizist blind den Anonymus ans Tageslicht und Papendick wurde vor ein Kriegsgericht gestellt, dessen Urtheilsspruch ich jedoch nicht mehr vernahm, da ich damals bereits wieder in Chicago war. -
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... "als ich eine hohe Gestalt über die Fence steigen sah. /In America steigt man viel lieber über die Fence, als daß man erst viel nach der Thüre sucht." ...
Das erinnert mich an diesen komplett blödsinnigen Vers, der sich irgendwann eingeschlichen und sein Bleiberecht in meinem Kopf ertrotzt hat:
"Hey Boss!
The Cow is overn fence gejumpt
und hat dabei den Benz gerammt."
Ansonsten, wie sagt der Schwabe so treffend: "Schaffe is ne schwere Arbeit!"
Mit Vergnügen gelesen:
Der Sense.
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to whom it may be interesting:
Es war eine böse Stunde. Was ich stets heimlich gefürchtet hatte, war nun gekommen, ich war gebrochen! /Oh America, America, du bist ein gräulich Land, du strafst mich schwer! Wo ist dein Zauber, diene Freiheit, dein goldener Traum? Oh über dich Farmerei, wie abscheulich siehst du aus der Nähe aus! - Doch halt ein, halt ein mit deinen Anschuldigungen! Mein Gewissen mußte mir sagen, daß America und die Farmerei nichts dafür können, wenn ich ein verweichlichter, übercivilisirter Schwächling war./
Beim Mittagessen wiederholten sich die Bemerkungen des Alten, die noch durch bissige Worte seiner Frau unerträglicher wurden.~ Dies kam mir gerade recht, mein Entschluß war gefaßt. Mit kurzen Worten erklärte ich ihnen nicht länger bleiben zu wollen und daß sie sich um einen anderen "help" umsehen mögen. - Dies war gerade das, was die beiden gewünscht und erwartet hatten, sie waren sichtlich erleichtert und auf einmal wie umgewandelt.- Der Alte meinte ich solle es nicht so übel nehmen. er bedauere die Sache lebhfft, aber er könne nichts dafür. Der Ernte sei vor der Thür und das Haus voll Arbeit und er aber sei schon zu alt und immer kränklich um die Arbeit ohne Hülfe eines tüchtigen "helps" "standen" zu können. Es wäre ganz was anderes gewesen wenn ich im Frühjahr auf die Farm gekommen wäre, da ist die Arbeit nicht so hart und dringend und man kommt nach und nach hinein; allein jetzt mitten in der "harvest" könne kein "Grüner" anfangen die Farmerei zu lernen.- Ich solle nach der Stadt gehen, wo ich gewiß etwas für mich weit Passendes finden Werde: er wolle mir jedoch so lange "Board und Lodging" gegen späterer Bezah1ung geben, als ich Lust hätte in Anspruch zu nehmen.
Ich War so übel gestimmt daß ich auf Alles dies kein einziges Wort zur Antwort gab, sondern ruhig aufstand und in den Garten ging, um die am Vormittag begonnene Arbeit gänzlich zu beendigen.- Ich mußte wohl oder übel dem Alten in allen Stücken Recht geben, und sah zuletzt ein, daß er wenigstens im Grunde genommen doch ein guter Kerl war.
Ja, nach der Stadt! - Das war mein fester Entschluß. Welche Stellung immer ich dort auch erhalten werde, sie wird jedenfalls eıne leichtere sein als die gegenwärtige. Kein Frauenregiment, keine so harte Arbeit und vor Allem keine so
heißen Sonnenstrahlen.- /Und wenn›s auch nicht so wäre, was liegt's mir auf? Jedenfalls ist's wieder was Neues und bietet eine Abwechslung.
Am Abend hatte ich meine Arbeit gänzlich vollendet und nach dem Supper zündete ich mir eine Pfeife an und setzte mich vor die Hausthüre. Die dämmernden Schatten eines herrlichen Sommerabends lagen über der ruhigen Landschaft und boten verein mit der dampfenden Pfeife alle Bedingnisse zu ruhigen, besonnenen Reflexionen einerseits und schwermüthiger Phantasie anderseits.
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Die Alten waren noch nicht lange zu Bette geangen und ich in der stillen Nacht dasitzend in in tiefer Gedanken versunken, als ich eine hohe Gestalt über die Fence steigen sah. /In America steigt man viel lieber über die Fence, als daß man erst viel nach der Thüre sucht./ - Es war Cornél, er kam mir wie gewunschen.
Er war sehr erstaunt, als er meinen Entschluß hörte, nach der Stadt gehen zu wollen, und hot Alles mögliche auf, um mich davon abzubringen. "Was wird aus unserem Plan werden“ fragte er endlich, worauf ich ihm erwiderte, daß ich im
nächsten Frühjahr wieder herauskommen wolle, und dann von Neuem mich in der Farmerei versuchen werde. Er meinte jedoch, daß wenn ich einmal in der Stadt sei, ich mich gar bald von unserem Plane trennen würde u.s.w. und bewog mich endlich so weit, bei Mr. Patrick noch einmal einen Versuch zu machen, und wenn's dort auch nicht ginge, möge icb in Gottes Namen in die Stadt ziehen, in welchen Falle er mich jedoch als für unseren Plan verloren aufgeben müsse. -
Bis jedoch auf Patricks Farm eine Stelle frei sei, was nach wenigen Tagen zu erwarten ist, solle ich bei Müller “Board und Lodging" gegen spätere Bezahlung nehmen, und somit einstweiles hier bleiben. Dabei brachte er einige "Goddems" auf die Deutschen aus. Es war Mitternacht als wir uns trennten und ich begleitete Cornél bis zum nächsten "Corner".-
30.-31. July 1861
Diese zwei Tage sind in meinem Notizbuche von jener Zeit blos mit dem Worte "Prıvatisırt" bezeichnet. Es ist daher auch von denselben wenig zu berichten.
Da ich nun kein "Help" sondern vielmehr ein "Boarder" war, so arbeitete ich nur ganz wenig zum Zeitvertreib, und selbst das Wenige behagte mir nicht; Ein bleierne Apathie hatte sich meiner bemächtigt, die mir Alles zuwider machte. Die
ungewohnte heiße Prairieluft, die ungesunden Ausdünstungen aus den "Swamps" hatten wohl dieser Zustand erzeugt, es waren vielleicht der Vorboten des Fiebers, dem auf der Prairie der frische Ankömmling selten entgeht.- Ich entrann demselben vielleicht gerade noch zu rechter Zeit.- Die Leute im Hause waren jetzt immer sehr freundlich und wohlwollend gegen mich.
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Der alte Müller fuhr nach Chicago hinein und holte sich einen anderen "help". Wieder ein Original! Es war ein Mann von 40 Jahren von hoher, herkulischer Gestalt und harten aber auch abgehärmten Zügen, die noch den Stempel von Intelligenz und früheren besseren Verhältnissen an sich trugen. Er besaß wissenschaftliche Bildung und war Schweizer von Geburt. Wenn ich seinen schweizerischen Dialekt, dem er mit einer sonoren Stimme sprach und seine kühn gewölbte Stirne und schwermüthig zusammengezogenen Augenbrauen sah, dachte ich unwillkürlich der Helden von Rütli.- Er war bis jetzt in Iowa Farmer auf eigene Faust, hatte es auch es auch schon zu einem hübschen Vermögenen gebracht, als der Krieg kam und ihn gänzlich ruinirte. Seine Farm wurde gepfändet und verkraucht (verkauft?). Seine zahlreiche Familie zurücklassend kam er nun nach Illinois um da als Knecht zu arbeiten und für Weib und Kinder Brot zu schaffen, denen er seinen Lohn monatlich zuschicken wollte. Die durch den Krieg in Iowa entstandenen traurigen Zustände schilderte er in lebhaften Farben. Er prophezeite für Illinois in Kürze dasselbe. Trotz seiner Verschlossenheit und Düsterheit gewann ich ihn doch lieb, was ıch auch um so mehr mußte, als er mit mir in einem Bette schlief /!/ -
In dieser Zeit schrieb ich auch an meine Freunde Carl Paul Ullmann und Gustav Horn Briefe, da ich den selben versprochen hatte gleich nach meiner Ankunft in America zu schreiben, was ich jedoch bis jetzt aus naheliegenden Gründen nicht gethan hatte.- Am Abend des zweiten Tages kam Cornél zu mir, mit der Nachricht, daß ich bereits bei Patrick eintreten könne, welcher gerne bereit ist, mich zu engagiren. Patrick, obwohl ein Irländer von Abstammung, war ein guter Mann.- Ich machte einige Wäsche in ein Bündel zusammen, und meine übrigen Effeckten bei Müller in einstweiligen Gewahrsam lassend, nahm ich von ihm und seiner Familie kurzen Abschied und wanderte mit Cornél nach Patricks Farm. Dort angelangt, erhielt ich ein famosen Bett angewiesen und war bald häuslich niedergelassen. Cornél meldete mir mit wichtiger Miene daß ich, "der schöne Blonde", bei einer der Ladies im Hause große Eroberung gemacht habe. Auch gut.-
1. August 1861
Nun war ich neuinstallirter "Help" bei Patricks Farm. Früh morgens gings an die Arbeit; außer mir und Cornel waren noch drei handfeste Helps da, lauter junge Leute /einer war ein Schotte/ und zwei kleine Buben Patricks, die trotz ihrer Jugend beinahe ebensoviel leisteten als die Erwachsenen.
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Außerdem arbeitete auch der Alte wacker mit und überbot selbst Cornél. Mit einer großen Mähmaschine wurde Thimotheusgras gemäht, das Patrick des Samens wegen baute und ihm jedes Jahr mehrere tausend Doller einbrachte. Cornél, mir und noch Einem fiel das Geschäft des Bindens der von der Maschine regelmäßig abgelegten Halme zu.~ Ich konnte jedoch mit meinen Gesellschaftern nicht zur Wette arbeiten und blieb bald zurück. Die alte Hetze war wieder los und trotz der Ermuthigungen meiner Cameraden gab ich gänzlich erschöpft gegen Mittag die Arbeit auf und ging nach Hause, wo mir eben die rufende Mittagsmahl-Glocke entgegentönte.
Nachmittag legte ich mich mit der Erklärung unwohl zu sein zu Bette und sagte Cornél daß mit der Farmerei bei mir zu Ende sei; ich habe keine Lust und er solle sich keine Mühe geben, es sei ausgespielt.~
Abends erneuerte Cornél seine Bemühungen mich zurückzuhalten, und sagte mir Patrick sei bereit mich in Kost und Wohnung zu halten wo ich dann und so viel zu arbeiten brauchte, als ich gerade Lust habe. Allein auch dieser Angrifg nützte ihm nichts; ich war einmal die Prairie mit ihren heißen Sonnenstrahlen satt, und sehnte mich nach den kühlen Schattender Stadt.-
2. August 1861
Früh Morgens schnürte ich wieder mein Bündel und nach dem ich von Cornel Abschied genommen hatte, machte ich mich frei und froh mit leichtem Herzen auf die Wanderschaft. Lieder trillernd, mit meinem Bündel auf einem Knotenstocke am Rücken, pilgerte icn hinein nach Denby, der Eisenbahnstation. Obwohl ich keinen Kreuzer Geld in der Tasche hatte /Cornél konnte mir keins mitgeben/ beschloß ich, doch per Bahn nach der Stadt zu fahren, da ich keine Lust hatte zu Fuß zu
gehen. In Bezug auf der Fahrgeld vertraute ich dem Zufall und meinem guten Glücke. - Bald brauste der Zug heran, gerade so lange anhaltend, daß ich mit noch eınigen Passagieren mit Lebensgefahr hineinspringen konnte. Als der Conducteur um mein Ticket fragte, sagte ich ihm, ich werde in Chicago zahlen,
ich habe jetzt kein Geld bei mir, worauf er mir blos bedeutete ich möge meinen Bündel in der Office 1assen und dann weiter ging. Schon gut, dacht' ich mir, sind wir nur mal in Chicago, dann wollen wir schon sehen, wer schneller draußen
ist.
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Ich rollte nun zur Stadt hinein, und einer neuen Sphäre, neuer Verhältnis an, einer anderen Laufbahn entgegen. Ich aøtte genügend Zeit über die letzten Tage, über meinen so schnell beendigten Farmer Dilettantismus nachzudenken. Ich war um Jahre von Überzeugungen und Erfahrungen reicher geworden. - Ich hatte wohl an Cornél das lebende Beispiel und Beweis gefunden, daß es wohl möglich ist aus einen europäischen Civilisations- oder besser gesagt Stadtmenschen, ein tüchtiger mit Lust und Liebe seinem Fache obliegender amerikanischer Farmer zu werden. Allein ich hatte auch die Überzeugung gewonnen, daß ich für meine Person dazu wenigstens vorläufig nicht fähig sei. Das Schreibpult hatte mich während der letzten zwei Jahre so zu sagen zu einem Krüppel gemacht, und mich jeden körperlichen Arbeit vollständig entwöhnt. Ich war ein vollkommener Stubenschwächling geworden. Es fehlte mir gewiß nicht am guten Willen, allein wo die körperlichen Kräfte versagen, da ringen die geistigen vergebens. - Wäre ich so wie Cornél und Hefter mitten aus der Specereyhandlung als kräftiger an schwere Arbeit gewöhnte Jüngling nach America gegangen, so wäre es ohne Zweifel auch mir gelungen in diese Beschäftigung mich hineinzufinden, denn ich stand ihnen damals an Körperkraft durchaus nicht nach; doch wie gesagt, die Bureau~, Theater-, Tanzsaal- u.s.w. Luft hatte meine Muskeln schon viel zu viel inficeirt.-
Vielleicht wäre es mir trotzdem gelungen, wenn ich so wie Pfeifer der auch 4 Monate Farmer war, im Frühjahr begonnen hätte, so aber war dies der schlechteste Zeitpunkt den ich wählen konnte.
Dass Ferdinand bis zum Winter Farmer blieb, /wo dann auch er in die Stadt ging/ und zwar wie ich erfuhr, zur Zufriedenheit seines Herrn, blieb mir stets ein Räthsel. Jedenfalls aber trug die Güte und Nachsicht dieser Leute viel dazu bei, seine Lage zu erleichtern und ihn zu veranlassen dieselbe nicht zu verändern, während ich nur Ungeduld und böse Mienen sah. Es waren ganz andere Leute und um ein gutes Theil intelligenter als die meinigen. So z.B. machte Ferdinands Farmer ihm für den Winter den Antrag wie bisher bei ihm zu bleiben und gar nichts zu arbeiten, sondern blos seine Kinder in Lesen und Schreiben zu unterrichten. Das wäre gleich etwas gewesen, wofür ich mich hätte begeistern können, Ferdinand aber keinen Sinn hatte.-
Überhaupt bildete bei Ferdinand der Mangel jeder Erwerbsaussicht in der Stadt einen großen Faktor seines Bleibens auf der Farm, wo er wenigstens eine sichere Unterkunft hatte, während er nicht den Muth und das Selbstbewußtsein besaß, sich
in der Stadt eine andere zu suchen. Er äußerte sich selber in ähnlicher Weise gegen mich. Er hatte nicht nur nichts gelernt, so alt er auch war, sondern verstand auch was die Hauptsache war, kein Wort Englisch. Außerdem wollte er sich aus der Nähe seines Bruders nicht entfernen, der ihm im Falle der Noth stets sehr behilflich sein konnte.
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Bei mir nun war nach den meisten Richtungen das Gegentheil der Fall. Zu stolz, mich auf die Unterstützung Cornéls zu verlassen, fühlte ich mich fähig, in so mancher städtischer Situation und Beschäftigung, mich zu versuchen, wobei meine wenigstens theilweise Kenntniß der eng. Sprache in Wort und Schrift sehr zu Statten kommen konnte. Außerdem war es mir ein eigenthümlicher Reiz, mich in den Strudel des Schicksal und der Zufälle zu werfen und mir ganz selbständig auf eigene Faust eine Situation zu suchen. Es mein Stolz eine solche zu finden und zu begründen. Und wäre der unselige Krieg nicht gewesen, so wäre mir dies auch jedenfalls, so wie vielen anderen jungen Leuten, vollkommen gelungen und hätte in commercieller Richtung bald eine befriedigende Stellung eingenommen, und ich säße heute wahrlich nicht in Pest als etablirter Specereyhändler.
So aber verdarb der Krieg alles, der überhaupt an allen unseren Unfällen die Schuld trug. Veranlaßte er doch Leute, die schon jahrelang drüben waren, wieder nach Europa zurückzuwandern.
So hatte denn mein Verlassen der Pernerischen Laufbahn, wohl den ersten Anlaß zur Auflassung unserer Ansiedlungpläne gegeben.. Ich der stets das thätigste und unermüdlichste Mitglied in unserem Verband gewesen war, hatte der Farmerei einstweilen Valet gesagt: kein Wunder, daß Alles auseinanderfiel.
Mir allein jedoch die Schuld des Mißlingens unseres gemeinschaftlichen Vorhabens beizumessen, ist Unvernunft. Cornél war stets kurzsichtig genug und ungerecht noch mehr dies zu thun. Die obwaltenden Verhältnisse, der colossale Krieg, der über ganze Land wüthetete, /und bis heute am 14. Jänner 1864 noch nicht geendet hat/ war die verzügliche, alleinige Ursache. Was hätte ein schwaches neues Unternehmen zu hoffen, wenn langjährig gekräftigte zu Grunde gingen. Und kam nicht Pfeifer nach wenigen Wochen zu mir nach Chicago und sagte mit fester Uberzeugung, daß (für) es Blödsinn wäre, jetzt an die Gründung einer Ansiedlung oder irgend eines Unternehmens zu denken.- Ohne von meinen Thun und Lassen etwas zu wissen hatte auch er das Farmen vorläufig aufgegeben, da dabei unter den obwaltenden Verhältnissen besonders in Iowa nichts zu verdienen war, und in Hinblick der Auflassung unseres Planes keinen Zweck hatte.
Wäre späterhin bessre Zeiten gekommen und die Verhältnisse zur Gründung unseres Unternehmens günstig gewesen, so wäre die Unkenntniß der Farmerei eines einzelnen Mitgliedes gewiß kein Hinderniß gewese. So wurden die Verhältnisse von Tag zu Tag schlechter und unsere Hoffnung, daß dieser Zustand in kurzer Zeit aufhören werde, schwand immer mehr und mehr.
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Wenn in einem Land der Krieg auf alle öffentlichen und Privatverhältnisse einen großen Einfluß hat, so ist dies ganz besonders in America der Fall, wo man an Kriege nicht gewöhnt, und in keiner Richtung je etwas gethan wurde, um diesem Einflusse mit geeigneten Waffen pariren zu können und auf die Geschäfts- und Erwerbsverhälnisse einigermaßen unschädlich zu machen.
Ich wollte also äer Stadt zu und freute mich schon auf den Anblick der großen Häuser, den schönen reichen Strassen und den Getümmel auf denselben.- Das Verlassen des Landlebens bedauerte ich nicht im geringsten, so sehr es auch in fruheren Jahren mein Ideal gewesen war.- Ich hatte schon zu viel städtischen Leben(s) und Sündigen(s) gekostet, um noch an der Einfachheit udd Eintönigkeit des Landlebens einen Gefallen finden zu können. Ist in Europa das Landleben schon langweilig, so ist ee in America ganz besonders, und ist der Yankee in der Stadt schon ein Feind aller Vergnügen /als echter Puritaner/ wie es die vielen Soonntagsgesetze beweisen, so ist es der Yankee auf dem Lande noch viel mehr. Die Kirche und die Schule sind die einzigen Unterhaltungsorte. Wie fade ist so ein Sonntag am Lande: Vormittag Kirche, Nachmittag Kirche, oder wenn's schon sehr amüsant ist ein Besuch in der Nachbarschaft mit langathmiger Conversation. Die Deutschen machen sich's wohl gemüthlicher und versammeln sich in den Bierkneipen der Villagen , allein dies sind meist Leute aus gröberem Stoff und ihre Gesellschaft in intellectueller Beziehung für unser Einer nimmer die angenehmste, obwohl Jeder vor ihnen in Nachahmung der Yankees 2-e Zeitungen hält.
Nichtsdestoweniger kann ich nicht umhin den americanischen Farmern an dieser Stelle eine Lobrede zu halten. Zwischen ihnen und den europäischen Bauern ist ein himmelhoher Unterschied. Sowohl in geistiger als auch in socialer Beziehung sind sie auf einer bei weitem höherer Stufe. Hier hat die Freiheit und demokratische Verfassung die schönsten Segnungen verbreitet, die erfreulichsten Resultate bewirkt. Der americanische Farmer betreibt die Landwirtschaft und Viehzucht nicht nur weit rationeller, sondern bedient sich einer Masse von Maschinen und vortrefflichen Werkzeugen, von denen die meisten europäischen Bauern keine Ahnung haben. Deshalb erzielt er auch mit wenig Menschenhände ungeheuere Resultate und hat dabei mehrere hundert Acrer Land in Cultur. Dann wohnen selbst die ärmeren Farmer in schönen gesunden Häusern, die mit hübschen bequemen Môbel versehen, und in denen besonders bei den Yankees der Teppich und die Tapeten nirgends fehlen darf.
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Die Wohnungen sind in der That höchst comfortable und gehaglich eingerichtet. Ferner essen sie eine höchst schmackhaft oft luxurieuse, stets aber reichliche Kost. In dieser Beziehung wird nicht im Geringsten gespart. - Jeder Farmer hält mehrere Zeitungen, besitzt seine Bibliothek in der Shakespeare selten fehlt, und sein Clavier oder Melodeon, das von seinen Töchtern prächtig gespielt wird. Die Kinder besuchen unentgeldlich sehr praktisch eingerichtete Schulen, wo sie auch Singen lernen, welches überhaupt bei Jung und Alt große Pflege findet und insbesondern hört man die Ladies den ganzen Tag über bei allen ihren Beschäftigungen Lieder singen.- Besonders ist der Winter wo die Arbeiten ruhen der Pflege der Schulen, des Lernens und der Gesänge gewidmet. Jung und Alt, Herr und Knecht geht da in die Schule.- Von einen Unterschiede zwischen beiden Letzteren wie man ihn in Europa macht, ist überhaupt keine Spur. Es giebt auch im Englischen für das Wort "Knecht" gar keinen Ausdruck; er heißt: "Help" oder "Hand" d.h. Gehülfe oder "Hand", welches letztere Wort eine besonders sinnige Bedeutung hat. Er ist in jeder Beziehung nicht nur Mitglied des Hauses sondern auch der Familie. Wenn derselbe auch noch wissenschaftliche Bildung besitzt, so ist er besonders geachtet und geschätzt und übt in der That einen großen Einfluß auf die Familienglieder aus. Cornél war deshalb auf allerorts beliebt und besondere seiner schönen Schrift wegen berühmt.
Hit einem Worte der americanische Farmer steht auf einer weit höheren Stufe als der europäische Bauer, und es ist unleugbar daß dieses erfreuliche Resultat des überall auf Wohlstand wenn nicht Reichtum basirt ist, vorzüglich den freien Institutionen des Landes zu verdanken ist.- Deshalb ist aich America für den einwandernden Deutschen Bauern der hier sich niedergelassen hat und oft mit gar keinen Mitteln begonnen hat, ein Paradise geworden, in dem es ihm in jeder Hinsicht weit besser ergeht als in seinem alten Vaterlande. Sie kommen alle zu Wohlstand und Vermögen und habe nie einen einzigen derselben den Wunsch ausdrücken hören, wieder nach Europe zurückkehren zu wollen. -
2. August 1861
UM 10 Uhr Morgens stand ich nun wieder in Chicago ohne Cent Geld in der Tasche. Meinem Vorhaben gemäß ging ich zu Mr. Schlund dem Agenten der Deutschen Gesellschaft und fragte nach einer Beschäftigung. "Nothing" war die Antwort. Indessen Schlund war ein guter Kerl. Er machte eine Promenade mit mir durch die Stadt, wobei er mir von seinen Erlebnissen in America erzählte und mir schilderte, wie Chicago vor 20 Jahren ausgesehen habe, als er dahin kam u.s.w.
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.... so dann ist mal ne Weile Schluß mit Kostproben .... aber es macht Spaß, diese amüsanten Aufzeichnungen zu übertragen und nachbearbeiten .....
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Liest sich schon ein bißchen wie Karl May ?
ich sehe da eine wirtschaftssimulation ala Sim City und/oder Farming Simulator ??
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In der Tat, liest man sich diese Gedanken eines Auswanderers von 1860 durch, dann sind das radikal-kapitalistische, wirtschaftsliberal extreme Ansichten. Spekulation, Profitgier, Reichtumsfantasien - da versteht man eher, dass die USA tickt, wie sie tickt. Allerdings gilt das genauso für Europa, nur heuchelt man hier mehr und faselt von Sozialstaat, Solidarität und Gerechtigkeit. Im Grunde das gleiche System, bloß mit Sozial-Make-Up.
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Köstlich zu lesen. Landnahme, Siedlungspolitik, Bodenspekulation - und das alles ganz ehrenwert, legal und so weiter. Interessant! Im Prinzip läuft's ja heute auch noch so.
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Ein Anfang ist gemacht. Hier eine Textprobe. Orthografie und Satzbau habe ich belassen, wie vom Onkel auf 'deutsch' übersetzt. Original ist ungarisch. Meine Anmerkungen sind in runde Klammer kursiv gesetzt. Emil war ein Phantast, ein Träumer voller Hoffnungen und Luftschlösser. Er sollte krachend auf dem Boden der Realität aufschlagen. Seine Fabulierlust liest sich sehr amüsant und erzählerisches Talent hat er zweifellos besessen.
***
24. July 1862
An diesem Tage beginnt mein Wanderleben in America. Bisher war ich stets noch auf der Reise gewesen,ich hatte noch keinen sicheren Halt gefunden. Heute jedoch glaubte ich meinen endgültigen Bestimmungs- und Aufenthaltsort - vielleicht später meine zweite Heımath - gefunden zu haben, ich sollte mich indessen geirrt haben. In diesem Lande sollte es für mich keine Ruhe und keine Rast geben, ich sollte wandern und wandern gleich dem "Juıf errant", bis ich mich aus dem Bannkreis dieses Welttheils entfernt hätte.
Well go on!
Als die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne über die thaubenetzte Prairie schossen, waren wir schon auf dem Wege nach H.F. Patricks Farm. Ein herrlicher Hochsommer-Morgen lag über den sanften welligen Hügeln. Aus den Swamps stieg feuchter Rauch auf, der sich am Horizonte zu dichten Dampfwolken zusammenballte. Eine mit wenigen aber lieblichen Groves besetzte Rollprairie bildete die Landschaft. Sie trug einen cultivirten, freundlichen Character an sich und wo der Boden nicht in Mais, Weizen und Thimotheus-Feldern umgeschaffen war, da schoß hohes, primitives Prairiegras in vollem Saft und Kraft empor. Wenn die Strasse eine langgestreckte, wellenförmige Erhebung des Bodens hinanstieg, so schaute das Auge weit und breit ein schönes Culturland, mit Farmen dicht besetzt, aus deren Mittelpunkten sich hübsche schneeweiße, in der Sonne hell blinkende Wohnhäuser, Scheunen usw. erhoben.
Ich überfloß von Freude, in diesem Lande willst du wohnen, hier willst du arbeiten, mit deinen Freunden in nächster Nachbarschaft. In diesem Paradiese willst du deine Lehrzeit der Farmerei verbringen.
Nachdem unser Cicerone von gestern uns noch einige Weisungen gegeben hatte, sagte er uns 'Good bye'. Wir hatten bald Patrıcks Farm gefunden. Das Wohnhaus, ein zweistockwerkhohes großes Gebäude stand in einem Garten dicht an der Strasse
und zeugte so wie die Einzäunung und die ganze Umgebung von der Wohlhabenheit des Besitzers. An dem Thorpfosten lehnte ein Mann mit ziemlich abgenützten Kleidern und schnitzte wie aus Langeweile mit einem Taschenmesser an einem kleinen Stückchen Holz - ein Lieblingsvergnügen der Yankees -.
"Wenn das einer der Farmarbeiter ist", dachte ich „so sind diese grade nicht sonderlich angestrengt." "Good morning Sir" sagte ich und fragte ihn ob dies
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Patricks Haus sei. Aus seinem Nicken entnahm ich die Bejahung. Dies war jedoch auch alles. Weiter ging die Verständigung nicht, denn der Teufel konnte dıeses "Farmer-englisch" verstehen. Auf alle meine Fragen erhielt ich nur Antworten die ich nicht verstand. Was war zu thun? Ich verzweifelte beinahe. So viel war gewiß, dies war Patricks Farm und Cornél hielt sich hier auf. Ich ließ daher den Holzschnitzer stehen und wendete mich von Ferdinand gefolgt mit Todesverachtung nach dem Hause, mit der Hoffnung, daß uns der Zufall begünstigen werde. Um das Haus herumgehend trat ich rückwärts in die Küche ein, wo mehrere nett bekleidete Ladies geschäftig und laut singend herumhandthirten. Sie schienen durch meinen plötzlichen Eintritt sichtlich überrascht zu sein, und ich mußte meine Frage nach Cornél wiederholen, bis ich verstanden wurde. Hier hatte ich indessen mehr Glück und verstand deutlicn die Antwort: "Er ist draußen auf dem Felde", nämlich "Cornelius" wie sie ihn nannte. "What direction please, Madam?" fragte ich, worauf sıe lachend zur Thüre ging und mir freundlich die Richtung des Feldes angab, wo Cornél arbeitete. Ich dankte, rief nach Ferdinand und wir schritten nun über den Hof und kamen auf eine Wiese hinaus auf der wir einer ausgefahrenen Wagenspur folgten. Nur wenige Minuten waren wir derselben gefolgt, als ich zwei herankommende Heuwagen bemerkte. Wir waren bald in unmittelbarer Nähe und ich rief den Gouverneur des ersten Wagens mit den Worten "Please Sir, can't you tell me where is Mr. Cornelius?" an ..... doch o Himmel, die Worte waren kaum über meine Lippen gegangen, als vom zweiten Wagen ein lauter Freudenruf erschollte, und von dem hoch aufgeschichteten Heu eine große kräftige Gestalt in breitem Hut und blauem Farmeranzug in einem Satze herabsprang und mit einem freudigen "Jesus Christ" in unsere Arme stürzte. - Es war Cornél. - Man kann sich unsere Freude denken. Nach der Trennung eines ganzen Jahres, eines langen unendlichen Jahres voll Hoffnung und Erwartungen, sahen wir uns unter solchen, von unseren früheren Lebensstellungen weit verschiedenen Umständen wieder. Nun waren alle Sorgen um die Zukunft verschwunden, nun war alles wieder gut. "Arbeit so viel ihr wollt, macht euch keine Sorgen", sagte Cornél. - Unseren Brief hatte er erst vor drei Tagen erhalten, und seine Antwort, in welcher er uns alle Anweisungen gab, kam zu spät nach Chicago. In einem späteren Zeit fand ich diesen Brief auch richtig in dieser Stadt auf der Post.
Diese Stunde des Wiedersehens war eine der glücklichsten, die ich in America erlebte. Unsere Pläne und Träume der Jugend waren also keine Hypothesen mehr, alle Zweifel waren geschwunden: Cornél hatte sie in die praktische Wirklichkeit übersetzt.
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Hier stand er, eine hohe durch Arbeit gekräftigte schöne Gestalt, voll Kraft und Humor und war mit Lust und Liebe, Leib und Seele Farmer, - er der frühere Kaufmann. Und er war es nicht etwa nur halb und vielleicht unvollkommen, sondern war im Gegentheile in der ganzen Gegend als einer der tüchtigsten Arbeiter bekannt. Er leistete nicht nur mehr als Andere, die dabei aufgewachsen waren, sondern vermöge seiner größeren Intelligenz hatte er in Allem ein moralisches Übergewicht, einen schärferen Blick und schnelleres Urtheil, und wußte jedes Ding von der vortheilhaftesten Seite anzupacken. Er war mit einem Worte "smarter" als die als "smart" bekannten Yankees. War irgend in der Umgegend ein Pferd zu brechen, das Niemand zu bändigen im Stande war, so war man sicher, daß es Cornél konnte. Er war überall gesucht und geschätzt. - Es stand also fest: durch langsame Gewöhnung und Lust und ernsten Willen konnte auch aus einem europäischen Civilisations Menschen ein tüchtiger amerikanischer Farmer werden.-
Cornél meinte wir sollten wegen einer Unterkunft nur nicht ängstlich sein,- dies sei "grün" - und uns vorläufig darum nicht kümmern. Ich wollte jedoch nicht schmarotzen und fragte ihn, ob er keinen leeren Platz wisse. Einen solchen wüßte er zwar nicht, jedoch meinte er, wenn wir von Farm zu Farm gingen und nschfragten, würden wir gar bald einen solchen finden, "und überall", sagte er, "wo Ihr ein weißes Haus seht, da ist auch eine Farm".
Cornél fuhr nun wieder hinaus Heu einzuheimsen und ich und Ferdinand machten uns sogleich auf den Weg, mit dem Versprechen zur "Dinner time" wieder bei Patrick zu sein. ~ Wir schlugen aufs Gerathewohl eine westliche Richtung ein, stiegen über mehrere Fencen und kamen bald auf eine Country-Strasse hinaus. Hier erfuhren wir auf einer Farm, daß einige`"County-Süd-Strassen" weiter westlicher bei Mr. Müller, einem Dutchmen, ein leerer Platz sei. Es dauerte nicht lange, so erblickten wir auf einer kleinen Bodenerhebung das kleine aber hübsche, schneeweiße Wohnhaus desselben. Als wir näher kamen, trafen wir auf einen Mann der seine Sense schärfend hinter der Strassenfence stand. Es war Mr. Müller "himself", ein wackerer Würtemberger von cca. 45 Jahren und zwar derben aber gutmüthigen und wohlwollenden Zügen. Ich ward auf der Stelle amtirt und Ferdinand erhielt die bestimmte Zusicherung eines Platzes bei Müllers Bruder, der zwei Meilen südlich domicilirte. -
Er fragte mich, was für "Profession ich in Europa getrieben hätte, worauf ich fleißig log und sagte, ich sei früher Kaufmann, in letzter Zeit aber Tischler gewesen.- Er nickte freundlich, meinte "nu's wird schon werde, seid mir doch lieber wie so ein Yankeeboy" und fragte, ob ich mit 1o Dollars monatlich zufrieden sei. - Herr Jemine wie sollt ich nicht zufrieden sein. -
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Darauf führte er uns ins Haus, "damit wir etwas lunchen sollten", indem er mich verstohlen von Zeit zu Zeit mit sichtlicheren Gefallen musterte. - Ich sah auch nicht so übel aus. die Seereise hatte mich rund und gesund gemacht und mein wohlberechneter Anzug, der in einer weiten Zwirnhose, Segeltuchjacke und großem Strohhute bestand, ließ keine Ahnung von dem früheren "Comptoiristen" aufkommen.
In der Stube saß Müllers "Ehegattin" in häuslicher Beschäftigung von Kindern umgeben. Sie war eine behäbige Frau mit noch pechschwarzem Haar und regelmäßigen Zügen, in ihren Blicken jedoch die aus dunkelschwarzen Augen entsendet wurden, lag etwas Mistrauisches und Unfreundliches. Beim ersten Blick sagte mir eine geheime Ahnung, daß sie hier die heimliche Regentin sei und daß wir beide nicht harmonieren würden. Ihre Redensarten bestätigten nur meine Besorgnisse. "Oh ja,
Kaufmann warst Du", sagte sie, "da wird's hagern, da wird's stark hagern" - kalter Schauer lief mir über den Rücken. Der Alte jedoch meinte, es sei ganz gleich was man in Europa gewesen sei, in diesem Lande müsse doch jeder von Neuen in die Lehre gehen. Sie schien damit zufrieden zu sein und wartete uns Schinken, Butter, Whisky u.s.w. auf.~
Nach dem Lunch entfernten wir uns wieder und ich versprach Müller morgen oder übermorgen sobald ich mein Gepäck aus Chicago herausgebracht hätte, bei ihm in Arbeit treten zu wollen.- Ferdinand trennte sich von mir um nach Anweisung des Alten auf seines Bruders Farm zu gehen und dort wegen Arbeit nachzufragen.
Ich wanderte also allein nach Patricks Farm zurück und kam dort gerade zur Mittags-Zeit an. -
Cornél war damit, daß wir bei einem Deutschen Dienst genommen hatten, nicht zufrieden, denn Alles was in America "dutch" sei, da sei nicht viel Werth. -
Er führte mich nun den Ladies und seinem "Bars" (Boss?) als einen guten Freund aus der Heimath auf,- doch wie sehr erstaunte ich, als ich in Letzterem den schäbig aussehenden, Holz schnitzenden Mann von heute Morgen erkannte. Also dies war der Besitzer eines Vermögens von über 1oo.ooo Doll. ! ? Ja, und trotz dieses Vermögens arbeitet dieser Mann gerade so wie seine Farmarbeiter selbst mit und zwar ganz gehórig und tüchtig. Er ist nicht mehr jung und doch leistet er mehr als mancher Junge. Dies zog mich mächtig an: ein demokratisches Prinzip! Hier war es Wirklichkeit! -
Mr.Patrick schüttelte lachend meine Hand und meinte, wo beim Teufel ich mein Englisch erlernt hätte. Zum Mittagessen lud er mich nicht erst ein, denn dies verstand sich ganz von selbst, und wird in diesem Lande über solche Dinge auf
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den Farmen kein Wort verloren. Der amerikanische Farmer ist als ungastfreundlıch verschrien; jedoeh mit Unrecht. Ich hatte mich mehrmals vom Gegentheıl überzeugt.-
Nach dem vielen Marschieren mundete mir das Mittagessen herrlich. Es bestand aus gebratenen Scnweınfleisch, geschmorten Kartoffeln, gekochten Fisch, Bohnen, zweierlei Kuchen, "Toast", d. h. gebächtem Weißbrod, Butter usw. Als Getränk war Thee servirt wie dies in allen "Temperance-Familien" der Fall ist. Wasser kommt gar kein's auf den Tisch aber noch weniger Wein oder Whisky. Ist man einmal an den Thee, der jedoch ohne Rum und von vielen auch ohne Zucker getrunken wird, gewohnt, so schmekt es sehr gut und ersetzt vollkommen den Wein.
Nach dem Dinner wurde sogleich wieder an die Arbeit gegangen; was mir nicht ganz recht war. Dieser Mangel aller Siesta war unangenehm.
Ich half so gut ich konnte beim Heu-Einfahren und Abends traf wieder Ferdinand gerade zum Supper zurecht bei Patrick ein. Er war bei Franz Müller mit 9 Dollar monatl. amptırt. Man zahlte in dieser Gegend zur dieser Zeit auch 18 Doll., allein für uns Anfänger war auch dies schön genug. /Giebt es doch in Europa Commis die jahrelang nicht mehr als F 16,- also nicht einmal 8 Doll. Salär haben. /
Ich und Ferdinand erhielten im ersten Stock ein großes zweischläfriges Bett angewiesen. Wir besprechen noch bis tief in die Nacht hinein unsere Pläne für die Zukunft.- Cornél entwickelte in langer Auseinandersetzung seine Ansichten und Erfiahrungen in Anwendung auf unser Ansiedlungs-Projekt. Er versicherte uns, daß dasselbe mehrfach abgeändert und den amerikanischen Verhältnissen die von den europaischen himmelweit verschieden sind, angepaßt, sehr gut ausführbar ist.
Der Staat wo unsere Niederlassung gegründet werden solle, ist jedenfalls Iowa, welches er von vielen Seiten als ein fruchtbares, gesegnetes Land schildern hörte. Wisconsin, der ausgewählte Staat unserer früheren Pläne, ist im Süden schon zu dicht besiedelt, im Norden aber zu kalt und ohne Prairien blos mit dichten Urwäldern bedeckt. Eine Rodung auf Waldboden ist zu anstrengend und bezahlt selten Zeit und Mühe. /Über Theodor Wettstein unserem Carrespondenter in Milwaukee hat Cornél viel Übles gehört, er sei ein Schwindler und Humbugger, und habe sein Weib davon gejagt.- Später habe ich übrigens von anderer Seite gerade das Gegentheil gehört und zwar von achtbahrer Seite; von amerikan. Standpunkt kann man ihn nur als Ehrenmann betrachten, und seine Frau habe er nur deshalb fortgejagt, weil sie nichts nutz war. /
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In Iowa berichtete Cornél weiter, ist noch genug billiges Land vorhanden, und zwar leicht zu bearbeitendes Prairie-Land. Pfeifer und Hefter farmen nun in diesem Staate - in Dixon, Scott County - und studieren die Verhältnisse und Farmerei-Weise desselben. Was unser Project selbst betrifft, so muß dieses sehr abgeändert werden, wenn man mit der Ausführung desselben auf Rentabilität rechnen will, und dabei sowohl unsere körperlichen als auch pecuniären Kräfte schonen will. Das leitende Prinzip soll nicht so sehr Farmerei und körperliche Arbeit sein, sondern vielmehr spekulative Ausnutzung der obwaltenden amer. Verhältnisse, wobei uns unsere Intelligenz und erworbenen Kaufmännischen Kenntnisse sehr zu Nutzen kommen werden. Wir sollten nicht so sehr eigentliche Farmer, sondern vielmehr commercielle und industrielle Unternehmer sein.-
Bis zum Frühjahr werden wir drei /Schweikëls Tod hatte Cornél bereits von Kölber in New York erfahren, welcher Verlust ihm auch große Trauer verursachte/ hier in Illinois farmen, dann aber auch nach Iowa gehen und dort im Verein mit Pfeifer und Hefter uns nach einem passenden Ort für unsere Ansiedlung umsehen. Im Herbst, bis wann wir von Europa aus noch einige Nachzügler erhalten haben durften, wird diese(s) stattfinden. Pfeifer wird sein Capital aus Europa kommen lassen, Cornél auch einige Geld von dort erhalten, und wir anderen werden die mittlerweile gemachten Ersparnisse einschießen. /Dabei war es freilich sehr zu bedauern daß Cornél, Hefter und Pfeifer bisher nicht in Stande waren solche zu machen./
Mit dem größten Theil dieses Grundfondes wird dann an einem schiffbaren Fluß ein möglichst großer Complex guter Prairielandes angekauft, von dem wir jedoch nur so_viel cultiviren, als wir für die Erzeugung unserer Lebensmittel benöthigen. Dagegen errichten wir einen Seed Store, etwas das was man in Europa Granarium nennt, und übernehmen von den Farmern der ganzen Umgebung ihre Erzeugnisse - die in solcher Entfernung vom Markte froh sind, sie an den Mann zu bringen, - entweder zum commissionsweisen Verkauf oder auf feste Rechnung in Tausch gegen Bedürfnisse der Industrie u.s.w. die wir auf Credit aus der nächsten großen Stadt beziehen können. Ist auf diese Weise die ganze Ernte der Gegend beisammen so lassen wir ein Dampfschiff herauf kommen, welches, wenn diese erste Expedition gelingt, im zweiten Jahre freiwillig kommt; /so entsteht die Dampfschiffstation/ und bringen die Vorräthe auf den convenirendsten Markt.-
Unweit des Seed Stores wird eine Tavern, die später zum Hotel wird, erbaut und ein Wirthsgeschäft etablirt, welches in America sehr einträglich ist. An Sonntagen werden hier kleine Picniks, Tänze u.s.w. gegeben, die Allen etwas eintragen. Verbunden mit diesem Geschäfte wird ein Grocerie Store etablirt, der den Farmern Specereywaren, Kurzwaren u.s.w. in Tausch gegen ihre Producte liefert. Diese Tauschgeschäfte sind die einträglichsten in Westen der Verein.
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Staaten. Ferner braucht die Gegend auch eine Apotheke und einen Doctor. Wie wenig hier zu einer solchen gehört und wie leicht ein sogenannter Doctor hier zu haben ist, ist bekannt.~ Doch wir müssen auch für die moralischen Bedürfnisse unserer Nachbarn sorgen und schenken Grund und Material für eine Singig und Spelling School und lassen diese mit großer Ostentation und gehörigen Reclamen bauen.~ Noch mehr! Die Umgegend ist schon dicht besiedelt und hat lebhaft das Bedürfniß einer Kirche. Wir sind großmüthig und lassen diese, gleichviel, ob die Bevölkerung nun methodistisch oder mormoniscn ist, mit gleich großem Spektakel bauen und mit Pomp einreichen. Wir werden von der ganzen Gegend gesegnet als Wohlthäter betrachtet. Aber auch in der Entfernung werden wir berühmt und alle Zeitungen des Staates berichten über unsere "Settlement" - später "Village" und endlich - "Town". Wir sind natürlich auch Correspondenten von mehreren Blättern. Wir haben nun einen Seed Store, Hotel, Drugstore, Grocerieshop, School und eine Church, Steamboat-Station, und die Village ist fertig. Diese Gebäude bilden mit unserem Wohnhaus und Scheunen u.s.w. schon zwei Gassen die sich in rechtem Winkel schneiden. An einem Ende derselben steht ein Pfosten der auf einer großen Tafel mit Riesenlettern den hoch und wohlklingenden Namen der Village trägt. Im nächsten Jahre erscheint dieser stolze Name schon auf jeder Landkarte, und in den Zeitungen ist es ein häufig gelesener Ort. - Doch noch lange nicht genug. Wir machen Wege und erhalten in unserem Ort eine "Post-Office". Wieder liest man in den Zeitungen, daß jene berühmte Village ein Postamt erhalten hat. Nun spricht schon Jedermann weit und breit von unserer Ansiedlung wie von einer Stadt. Unsere Agenten in den östlichen Städten an Mississippi machen auch gehörigen Lärm und fangen nun an, unser Land das früher rohe Prairie war, als Stadtgründe auszubieten. Die Zeitungen machen dazu gehörige Reclamen. Die in diesen Städten ankommenden grünen Einwanderer wissen daher auch nichts Besseres zu thun, als von uns Land zu kaufen. Dieses ist in "Lots" von einigen hundert Quadratklaftern abgestreckt und kostet ein solches "Lot" je nach der Situation lo-loo Doll.- Nun siedeln sich verschiedene Handwerker an, ein Schuster und Schneiderschild prangt bald auf der Strasse; Schmied, Schlosser und eine Sägemühle machen gehôrigen Lärm dazu, und sind die Farmer in der Umgegend "Dutchmans" so wird schon allgemein von der Errichtung einer "Bräuerei" gesprochen. Unser Land steigt mittlerweile immer mehr im Preise, gerade in dem Verhältniß als mehr Hausstellen verkauft worden sind. Das umliegende Farmland kostet nun 20-5o Doll. der Acre, das wir vielleicht mit 2-5 Dollar gekauft haben.- Wir gehen noch weiter. Die ganze Gegend ist nun schon so dicht besiedelt, daß eine geordnete "Regierung", "Verfassung", Gerichte" und all die
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staatlichen Einrichtungen als unabweisbares Bedurfniß erscheint. Wieder machen wir Wege und es kann nicht fehlen, unsere Stadt wird zum "County-Sitz" erhoben. In der Mitte derselben steht binnen kurzen das "Courthouse" der stolze Sitz der Behörden fix und fertig da. Mit der Errichtung einer Zeitung von der wir natürlich "Chefredacteure" sind, ist der Gipfelpunkt unseres Ehrgeizes. Es fehlt nur noch die "Railroad-Station" und die läßt auch nicht lange auf sich warten, denn wir waren schon im Anfang bei der Wahl des zu kaufenden Landes auf diesen wichtigen Umstand bedacht. Im Übrigen wird in America eher eine Eisenbahn als in Europa ein "Feldweg" gebaut. - Nun lässt's sich denken, welchen enormen Werth unsere Ländereien haben, wir sind gemachte Leute und sind nun sehr reich. -----
Dieser Plan entsprang nicht aus Cornéls Phantasie, sondern bildet im Westen der Verein. Staaten einen häufigen Fall, der meist gelingt. Alle Städte im Westen sind auf diese Weise entstanden. Es gehört freilich auch etwas Glück dazu, die Hauptsache bleibt jedoch die gute Wahl des Ansiedlungsortes und Kenntniß der eigenthümlichen Verhältnisse. Das Andere findet sich von selbst. Die größere Intelligenz bildet einen mächtigen Facktor, und außerdem werden alle Unternehmungen von den eigenen Interesse der benachbarten Farmer getragen. Dies ist die beste Bürgerschaft für das sichere Gedeihen. ------
Es schauderte mich freilich vor den vielen Schwindel und Humbug der in dem Plane lag, später jedoch kam ich zur Genüge zur Überzeugung, daß ohne dem nichts in America ausführbar sei. Humbug ist hier der mächtigste Regent, die höchste angebetete Majestät. ---
25. July 1861
Morgens stand Ferdinand bei F. Müller in Arbeit ein, während ich und Cornél am Nachmittag uns in die Stadt begaben, mit der Absicht mein Gepäck und auch Ferdinands von dort herauszubringen. Der Billigkeit wegen und weil des Wetter herrlich und wir Zeit genug hatten, gingen wir zu Fuß. Patricks Pferde, die wir sonst leicht hätten haben können, waren zu sehr beschäftigt.
Wir marschirten in fortwährenden Genplauder vertieft so langsam, und hielten so oft Absteigsquartier, daß, als es anfing zu dunkeln, wir lange die Stadt noch nicht erreicht hatten.
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Erstmal muß das Ganze digitalisiert und in eine lesbare und brauchbare Form überführt werden. Wenn ich pro Tag 10 Seiten mache, bin ich in 6 Monaten fertig. Sprich, realistisch werden es wohl 12 Monate werden. Und 12 ist ein heilige Zahl ....
Ob sich ein Verlag dann findet, ist eher zweitrangig. Hauptinteressenten werden wohl Bibliotheken, wissenschaftliche Institute etc. sein. Die öst. Nationalbibliothek z. B. oder amerikanistische Einrichtungen etc. Eine Aufgliederung auf mehrere Bände, evtl. nach Inhalten, Orten etc. ist überlegenswert. Ob ein Seller draus wird, liegt in den Sternen. Oft werden Bücher nach Jahren oder Jahrzehnten Selbstläufer, meist nützt oft die beste PR nix ..... Mal sehen, das ist nicht meine Motivation ... Nicht den 2. oder 3. Schritt vor dem ersten machen.
Wenn ich viel Glück habe, übernimmt ja irgendein Interessent die Digitalisierung, ich versuch das mal. Die ÖNB ist da ein heißer Kandidat.
Da die Texte weit mehr als 100 Jahre alt sind, dürfte es keine urheberrechtlichen Probleme geben. Die Familie in Ungarn werde ich allerdings in mein Vorhaben einweihen.
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Naja wie er sich eingeschifft hat muss ich jetzt nicht im detail wissen ??
naja mit dem wolkensteinverlag hast du da ja im grunde genau den richtigen verlag gefunden ?
meine erste idee wäre, das etappenmäßig in bände aufzuteilen (reise hierhin, reise dahin, emil im wilden westen band I,II,III) und zuerst ein buch zu veröffentlichen und den gewinn daraus dann ins marketing für „Emil im wilden westen“ verwenden, um daraus dann einen bestseller zu machen. Mit der kohle aus dem verkauf könnte man dann über eine verfilmung nachdenken. Entweder „in echt“ oder als 3D-Film (ich kenne da den richtigen mann für).
könnte mir aber auch vorstellen, dass eine kleinere geschichte toll als Youtube-Serie funktionieren könnte (bspw. 6 kurzgeschichten von 10-15min oder so, ich denke da an die Alien 40th anniversary shorts), um das hauptwerk zu promoten. Allerdings dürfte das schwierig werden, weil du dafür ja ein historisches setting brauchst, was deutlich mehr kostet ?
vll. kannst ja mal eine kurzübersicht über die verschiedenen ereignisse reinstellen, über die er berichtet hat?
wie steht Robert eigentlich zu der ganzen sache?
btw: der aufwand wird auch mit dem scan stehen und fallen. Evtl. würde ich da mal versuchen, professionelle hilfe zu finden, als leute mit erfahrung, knowhow und der nötigen technik, sowas zu digitalisieren. Da gibts mit sicherheit experten für. Nur wo findet man die? ? ich würde mich da mal in museen oä umhören, wo alte bücher bearbeitet werden.
und was ich noch ganz vergessen habe: das Computerspiel natürlich ?
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Danke für dein Angebot. Ich werde mich mal selber damit spielen, mehrere OCR-Apps ausprobieren und sehen, was am besten kommt. Da die Kopien sehr unterschiedlich sind, was Kontrast, Auflösung, Helligkeit, Hintergrund usw. angeht, wird man mit einer Einstellung nicht klar kommen. Überhaupt ist das ein Projekt, wo die Zeit keine große Rolle spielt, bei einem Textkörper von ca. 1500 A4-Seiten kommt es auf ein halbes Jahr mehr oder weniger nicht an. Die Kopien liegen jetzt schon 25 Jahre bei mir im Schrank. Nehme mir mal vor, dass ich das ganze Konvolut bis Jahresende in Buchform vorliegen habe.
Es ist klar, dass ich in den Text inhaltlich und auch bezüglich Wortwahl, Satzbau, altvaterischer Grammatik etc. nicht eingreifen werde. Ich korrigiere lediglich die 'Fehler' des Textgenerators und die gröbsten Tippfehler meines Onkels. Und nur dort, wo der Text sinnentstellt oder nicht eindeutig ist. Ansonsten bleibt das orginalgetreu erhalten. Das macht ja grad den Reiz des Textes aus. Neben der Überfülle an Details über die Lebensumstände der Menschen im 'Wilden Westen', in der Nordstaatenarmee, in den Städten. Ich denke, es gibt auf Deutsch kaum etwas Vergleichbares, selbst Erlebtes, Authentisches über die damaligen Verhältnisse in Ungarn, Österreich, Deutschland und Amerika. Allein die Reiseschilderung von Budapest nach Hamburg, wo er sich einschiffte, ist ungeheuer. Dann die Überfahrt. Unglaubliche Zustände unter Deck bei den armen Schluckern, die für die Schiffsfahrt nicht oder nur wenig bezahlen konnten.
Für die belletristischen Verlage dürfte das kaum interessant sein. Mehr für Amerikanisten oder Historiker, die nach Originalquellen suchen. Ein Film wär natürlich ein Traum. Gut gemacht und nicht hollywoodesk verfälscht und verkitscht. Na ja. Erstmal an die Arbeit.
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Ja da muss noch einiges gemacht werden. Wenn du mir mal ein paar scans schicken könntest würde ich selber mal ein wenig rumprobieren. Da kommt es am ende echt drauf an, wieviel man vorarbeitet: das einscannen selber, den richtigen filter für die nachbearbeitung finden, die richtige software. Je nachdem um wieviele seiten es überhaupt geht, kann man dann beim dinalen arbeitsgang viel zeit sparen, auch mit der nachbearbeitung.
wobei ich fast überlegen würde, ob man das überhaupt „übersetzt“ und nicht einfach die originalseiten quasi 1:1 zusammenfaßt und das ganze im originallook als tagebuch herausgibt. Wie oft gibt es sowas überhaupt? Quasi ne tatsachenerzählung aus dem wilden westen? Das liest sich doch so schon ganz ordentlich und schaut auch so aus. Wird vermutlich nicht den spannungsbogen der karl may geschichten haben aber dafür ist es halt völlig authentisch! ?♂️ und wenn er da auch was Abenteuerliches erlebt hat und das ganze buch nicht nur aus kartoffeln schälen und flinte putzen besteht, findet das auch Fans!
wenn man das richtig aufzieht könnte das ein kassenschlager werden ?? über die filmrechte will ich gar nicht erst nachdenken ?
Wieviele Seiten sind das eigentlich?
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Ein erster Test; Naja, es bleibt einige Editierarbeit. Einerseits Tippfehler des Onkels, andererseits unleserliche Buchstaben oder Zeichen, dann erkennt es Sonderzeichen wie '=' nicht etc.
Aber immerhin, besser als alles eintippen.... ?
11-12. Nov. 1862
Aufenthalt in Springfield.
Ich war aufi Vorposten zwei Meilen vor der Stadt, als des Abends eine sonderbarer
Larm aus derselben zu unseren Ohren drang. Rauschende Mnsick
und anhaltende tausenflstimmige Cheer’s mischten sioh in ein
unverstandliches Gewirr von T6nen. Als eir des anderen Mor-
gens abgelost nach Hause kamen vernahmen wir die Ursache des
Lérmes. Es ging namlich eine gefahrliche Krises durch alle
Lager und in grofien Theil der Truppen bewirkte grofiartigpe
Demonstrationen fur Fremont, unter dem allein sie weiterdienen
wollten. General Fremont war das Loosungswort geworden. Wieder
waren es die Deutschen die den Kern der Aufruhrer bildeten,
wéhrend sich die Yankee’s ferne hielten. Es wurde sohleunigst
Kriegsrath gehalten und selbst in diesem soll die Wage beinahe
tiefer fur Fremont gesunken sein. Nur das energische Auftreten
General Curtis’ rettete die Situation. Dieser war ein "know
nothing" und daher ein Freund Huter’s. Sammtliche Regimenter
wurden in Reih’ und Glied gerufen und die respeotiven Ober-
sten mufiten eindringliche Reésn halten ums der Mannschaft
vorstellen daB es zwar sehr bedauerlioh ist daB Fremont ge-
sturzt wurde, trotzdem aber ein solches Beginnen die Union
zum Hohnlachen ihrer Feinde zum Untergang bringen musse. Dies
wirkie, die Gemfithen beruhigten sioh und die Lagerrevolution
war gedampft.
Die Abwesenheit Fremonts sollten wir fibrigens noch
bitter ffihlen. Von diesem Tags an lit ten wir an Nahrungs -
und Kleidungsmitteln fortwahrenden Mangel. Fremont war ein
ganzer Soldat und sorgte fur seine "Boys".
13. Nov. 1862
Schon den napohsten Tag trat die neue Kriegspolitik
Ger Defensive in volle Kraft und trieb ihre fur Missouri
verderbnilreichen Bluthen. Unser ganzes Corps erhielt Marsch-
befehl und wiresollten uns bis auf Rolla der Endstation der
lissouri—Sfidwest-Bahn 140 Meilen von Springfield zuruckziehen.
nashdem wie man vorgab der Winter vor der Thur, und wéhrend
desaelben die Verproviantirung eines solchen Truppen-Corps
in Springfield nicht moglioh sei. So sohmahlich endete also
fiieser nit so vielen Anstrengungen und Kosten unternomener
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