Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Deutscher Geist im Vergleich zu dem seiner Nachbarn (II)

Einklappen
X
  •  
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Deutscher Geist im Vergleich zu dem seiner Nachbarn (II)

    Fortsetzung des Ordners aus dem alten Forum
    Erich Franz schrieb 1930 ein Buch, das ausgezeichnet wurde. Es befaßt sich mit dem Zusammenwirken von Reformation und Klassik und heißt dementsprechend "Deutsche Reformation und Klassik" (als Preisschrift in Halle/Saale 1937 veröffentlicht). Es enthält interessante Ansichten, jedenfalls mich interessierende Ansichten, die ich im folgenden hier wiedergeben und kommentieren möchte:

    Franz glaubt, daß die idealistische Geschichtsphilosophie im Spannungsfeld von einer sich stets weiterentwickelten Erkenntnis und ewigen Ideen liege. Links und rechts von diesem Spannungsfeld, sozusagen ihre Extreme, liegen der skeptische Relativismus und dogmatischer Absolutismus.

    Der skeptische Relativismus, dieser Totengräber konstruktiven Denkens, nihilo minus sehr verbreitet unter den Psilophen, begreift den Wechsel als perpetuierend, er sieht nur Werden und Vergehen. Deshalb setzt ein beliebige Fixpunkte, nennt sie aber Neuheit, zugleich aber begreift er sie als vergänglich, eine vergängliche Realität. (Spürt hier jemand den beißenden Widerspruch? Wie will ich Neues anerkennen, wenn ich keinen Vergleichspunkt besitze, also das "Neue" an etwas orientiere, es vergleiche mit?) Tja, wie soll sich da etwas binden wollen? Dieser Weg kann nur irrwegig sein. Aber Franz formuliert als Denkvoraussetzung historischen Begreifens dann auch noch das Gegenteil, den Dogmatismus, er nennt es so und versteht darunter das Festhalten an einem Höhepunkt der Geistesgeschichte, eine Art von Fixation des Klassischen, woran sich das Neue messen lassen muß. Der Blick geht also nach hinten. Er hat auch zwei dieser Fixpunkte, das Christentum und den Humanismus. Auch hier beißt sich etwas: Wie kann ich die Gegenwart wertschätzen, wenn ich sie nur an etwas messe, was einst mal groß gewesen sein soll?

    Kurz gesagt: Die Geschichtsphilosophie hat einen Spagat zu leisten, einerseits muß sie etwas wertschätzen, andererseits die Gegenwart nicht zu einem nachzuordnenden Dezisiv machen. Aber wenn die Geschichtsphiloisophie ein Ziel bestimmen soll, dann braucht sie einen Zielpunkt. Wenn es aber keinen Zielpunkt gibt, dann braucht man auch keine Geschichtsphilosophie.

  • #2
    Hegels und Goethes Verschiedenheit
    Man sollte meinen, daß Goethe, der seinem Wesen nach Naturwissenschaftler war, und Hegel, der seinem Wesen nach ein Schriftgelehrter war, diesen Prämissen entsprechende Lehrinhalte vertraten. MItnichten, geneigte Leserschaft!
    Goethe glaubte den Grundirrtum in Hegels dialektischem System darin zu erkennen, daß er doch stets adaptieren werde müssen, um sein System an veränderte Umstände anzupassen. Klarerweise bezweifelte er die Möglichkeit. Goethe ging davon aus, daß die Zeit an den Grundfesten von schriftlich fixierten Überzeugungen nichts werde ändern käönnen, anders gesagt: Es gibt bei historischen Ereignissen keinen Interpretationsspielraum.
    Klarerweise sehe ich das anders. Gerade der Gang der Zeit schafft uns Interpretationsräume und macht das, was wir als felsenfeste Überzeugungen nehmen, löchrig, zeigt uns durch die Risse des Felsens nicht nur den Kern des Geschehens, sondern im beständig fließenden Wasser werden unsere Irrtümer gespiegelt. Geblendet wenden wir uns ab, ins eigene Innere schauend, und entdecken Neues, immer wieder Neues. Wir sind Abbild, Quell und Unentdecktes gleichermaßen.

    erstellt von Goethe in "Dichtung und Wahrheit", Band XII:
    Bei allem, was uns überliefert, besonders aber schriftlich überliefert werde (!), komme es auf den Grund, auf das Innere, den Sinn, die Richtung des Werkes an; hier liege das Ursprüngliche, Göttliche, Wirksame, Unantastbare, Unverwüstliche, und keine Zeit, keine äußere Einwirkung noch Bedingung [Umstände!] könne diesem inneren Urwesen etwas anhaben
    Andererseits, und bei Goethe-Interpretationen gibt es immer ein Andererseits, kann Veränderung auch nur das Akzidentielle betreffen, muß sich also nicht um Substantielles bekümmern. Wir leben in einer Welt des Scheins, erlesen also aus der Quelle das uns Zuträgliche für den historischen Augenblick, der den Kern der Sache selber nicht berührt.

    Kommentar


    • #3
      Ich schrieb es schon im Notizen-Ordner: Dugin ist für mich erledigt. Ich las vor einigen Jahren mal einen Artikel über ihn, weiß nicht mehr wo. Jedenfalls weckte dieser Artikel mein Interesse. Aber wie es manchmal so ist, anderes steht vornan. Nun drückte mir eine russische Kollegin dieser Tage eines seiner Bücher in die Hand, eines seiner neueren: Das großem Erwachen... Ich wollte es ganz lesen, kam aber über die weltanschaulichen Grundlagen nicht hinaus. Zwar weiß ich auch, daß falsche Prämissen nicht immer zu falschen Ergebnissen führen müssen, aber ich bin zu jung, als daß ich das wirklich glauben könnte.
      In seiner historischen Einführung differenziert er Nazis und Liberale. Er behauptet einen Gegensatz zwischen Sozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten gegenüber den Liberalen. Historisch ist das nicht korrekt, auch für die heutige Zeit trifft das nicht zu. Es gab vielleicht mal Zeiten, in denen Kommunisten und Liberale sich als Gegensätze begriffen oder begreifen wollten, derweil sind sie es nicht. Es sind zwei Seiten einer Münze. Beides sind liberale Bewegungen, weil sie glauben, daß eine gesellschaftlich zu erringende Freiheit auch die persönliche Freiheit herbeischaffe. Das ist ihr Grundirrtum, ihr gemeinsamer Grundirrtum. Auch der Nationalsozialismus ist, wie der Name schon anzeigt, eine sozialistische Bewegung, allerdings keine marxistische wie die sozialdemokratische oder kommunistische. Daß der Liberalismus letztlich den Sozialismus erzeugen muß, liegt auf der Hand, denn Sozialismus ist nur ein aufgeblähter Individualismus, der sich gegen diejenigen richten muß, von denen geglaubt wird, sie seien dagegen. Er ist also eine Art von Dogmatismus, der die Welt in Gute udn Nichtgute trennt.
      So stellt sich die Frage, was auf der anderen Seite, also in kontradiktorischer Verschränkung gedacht werden muß? Richtig, das muß ein Menschenbild sein, das den Menschen nicht fragmentiert oder fraktalisiert, sondern eines, das ihn eins in allem sein läßt.
      Dugin nun stellt den gängigen Gegensatz zwischen Nationalsozialismus und Liberalismus her, zerreißt also wie die von ihm angegriffenen westlichen Psilophen den Menschen weiter in Einzelteile. Bedeutet für mich: uninteressant. Gebe das Büchlein Montag zurück.

      Der nachfiolgende Text entstand in Auseinandersetzung mit Dugins These von der Entwicklung der Individuen zu den Dividuen:

      Man kann den Individualismus als eine Geschichte der fortschreitenden Befreiung des Individuums von allen Formen der Identität betrachten: Identität im Freundeskreis, in der Familie, in der Klassengemeinschaft, in der Region, der Nation, des Kontinents, der Menschheit. Jede dieser Identitäten geht von einer Wechselbeziehung des unteilbaren Einzelwesens (Individuum) zu einem Übergeordneten aus, scheinen dieses Einzelwesen also in der Entwicklung seiner Freiheit zu beschränken. Ergo zielt die die Entwicklung des Liberalismus auf eine fortschreitende Befreiung von diversen Zwängen; zieht man diese Entwicklungstendenz konsequent nach, so steht am Ende eine Art von Posthumanismus, in dem der einzelne Mensch zunehmend durch Maschinenteile ersetzt wird, also eine Art von Entmenschlichung stattfindet, allerdings wird behauptet, der industrielle und zivilisatorische Fortschritt sei zum Nutzen des Einzelwesens. Man tauscht nicht funktionierende Körperteile aus und ersetzt sie durch Maschinenteile (Chips). Ist das eine Konsequenz des liberalen Menschenbildes?
      Hier gibt es einen Widerspruch: Die Befreiung des Menschen von seiner sexuellen, gesellschaftlichen oder auch weltanschaulichen Individualität garantiert keinen Fortschritt und eben keine individuell wahrgenommene Progression, sondern eine zunehmende Vereinheitlichung. Die Vereinheitlichung wird sogar so weit getrieben werden, daß Maschinen Erinnerungen im Hirn des Menschen simulieren werden, aus dem einen oder anderen Grund, und so eine Form von Unsterblichkeit finanzstarker Einzelwesen erzeugen, die den Tod nicht als Endpunkt einer individellen Entwicklung sehen, sondern als eine Art Zwischenstation, die dazu dient, einen verbrauchten Körper gegen einen unverbrauchten zu tauschen – bei Beibehaltung aller Erinnerungen und Fähigkeiten.
      Die Zukunft des Individualismus besteht also darin, das einst unteilbare Individuum zunehmend zu zersplittern (Organe, Hirn, Erinnerungen…), so daß etwas Teilbares besteht. Der Mensch wird in dieser neuen Welt kein Unteilbares sein, sondern die Summe aus dem, was er sein möchte: körperlich, genetisch und erinnerungstechnisch. Wir werden Maschinen sein, die aus austauschbaren Einzelteilen bestehen! Das ist Dividualismus.
      Naturwissenschaftlicher Aspekt: In der theoretischen Physik hat schon lange ein Übergang von der Theorie der Atome zur Theorie der Partikel stattgefunden. Quantenmechanik. Diese Partikel werden nicht als Teile von etwas Ganzem gedacht, sondern als Teile OHNE ein Ganzes. Das Individuum löst sich also, adaptiert auf die ethische Frage der Menschwerdung, in seine Einzelteile auf, die NEU zusammengesetzt werden könnte, die man aber auch nicht neu zusammensetzt, sondern sozusagen als Biokonstruktoren verwendet.
      Politischer Aspekt: Zwangsläufig zielt der Liberalismus auf die Abschaffung der Menschheit. Die Gegner des Liberalismus behaupten das jedenfalls. So schießen Verschwörungstheorien wild ins Kraut (Qanon), die eine Zukunft behaupten, gegen die „1984“ wie eine freundliche Utopie erscheint. So soll ein Weltkampf zwischen Globalisten und Konservativen toben, der zunehmend an Schärfe gewinnt und seinen politischen Ausdruck im Kampf der Trumpisten gegen die Globalisten gefunden haben soll.

      Kommentar

      Zuvor eingegebener Inhalt wurde automatisch gespeichert. Wiederherstellen oder verwerfen.
      Auto-Speicherung
      Smile :) Embarrassment :o Big Grin :D Wink ;) Stick Out Tongue :p Mad :mad: Confused :confused: Frown :( Roll Eyes (Sarcastic) :rolleyes: Cool :cool: EEK! :eek:
      x
      x

      Wie heißt die größte deutsche Insel?

      Lädt...
      X