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Deutscher Geist im Vergleich zu dem seiner Nachbarn (II)

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  • Deutscher Geist im Vergleich zu dem seiner Nachbarn (II)

    Fortsetzung des Ordners aus dem alten Forum
    Erich Franz schrieb 1930 ein Buch, das ausgezeichnet wurde. Es befaßt sich mit dem Zusammenwirken von Reformation und Klassik und heißt dementsprechend "Deutsche Reformation und Klassik" (als Preisschrift in Halle/Saale 1937 veröffentlicht). Es enthält interessante Ansichten, jedenfalls mich interessierende Ansichten, die ich im folgenden hier wiedergeben und kommentieren möchte:

    Franz glaubt, daß die idealistische Geschichtsphilosophie im Spannungsfeld von einer sich stets weiterentwickelten Erkenntnis und ewigen Ideen liege. Links und rechts von diesem Spannungsfeld, sozusagen ihre Extreme, liegen der skeptische Relativismus und dogmatischer Absolutismus.

    Der skeptische Relativismus, dieser Totengräber konstruktiven Denkens, nihilo minus sehr verbreitet unter den Psilophen, begreift den Wechsel als perpetuierend, er sieht nur Werden und Vergehen. Deshalb setzt ein beliebige Fixpunkte, nennt sie aber Neuheit, zugleich aber begreift er sie als vergänglich, eine vergängliche Realität. (Spürt hier jemand den beißenden Widerspruch? Wie will ich Neues anerkennen, wenn ich keinen Vergleichspunkt besitze, also das "Neue" an etwas orientiere, es vergleiche mit?) Tja, wie soll sich da etwas binden wollen? Dieser Weg kann nur irrwegig sein. Aber Franz formuliert als Denkvoraussetzung historischen Begreifens dann auch noch das Gegenteil, den Dogmatismus, er nennt es so und versteht darunter das Festhalten an einem Höhepunkt der Geistesgeschichte, eine Art von Fixation des Klassischen, woran sich das Neue messen lassen muß. Der Blick geht also nach hinten. Er hat auch zwei dieser Fixpunkte, das Christentum und den Humanismus. Auch hier beißt sich etwas: Wie kann ich die Gegenwart wertschätzen, wenn ich sie nur an etwas messe, was einst mal groß gewesen sein soll?

    Kurz gesagt: Die Geschichtsphilosophie hat einen Spagat zu leisten, einerseits muß sie etwas wertschätzen, andererseits die Gegenwart nicht zu einem nachzuordnenden Dezisiv machen. Aber wenn die Geschichtsphiloisophie ein Ziel bestimmen soll, dann braucht sie einen Zielpunkt. Wenn es aber keinen Zielpunkt gibt, dann braucht man auch keine Geschichtsphilosophie.

  • #2
    Hegels und Goethes Verschiedenheit
    Man sollte meinen, daß Goethe, der seinem Wesen nach Naturwissenschaftler war, und Hegel, der seinem Wesen nach ein Schriftgelehrter war, diesen Prämissen entsprechende Lehrinhalte vertraten. MItnichten, geneigte Leserschaft!
    Goethe glaubte den Grundirrtum in Hegels dialektischem System darin zu erkennen, daß er doch stets adaptieren werde müssen, um sein System an veränderte Umstände anzupassen. Klarerweise bezweifelte er die Möglichkeit. Goethe ging davon aus, daß die Zeit an den Grundfesten von schriftlich fixierten Überzeugungen nichts werde ändern käönnen, anders gesagt: Es gibt bei historischen Ereignissen keinen Interpretationsspielraum.
    Klarerweise sehe ich das anders. Gerade der Gang der Zeit schafft uns Interpretationsräume und macht das, was wir als felsenfeste Überzeugungen nehmen, löchrig, zeigt uns durch die Risse des Felsens nicht nur den Kern des Geschehens, sondern im beständig fließenden Wasser werden unsere Irrtümer gespiegelt. Geblendet wenden wir uns ab, ins eigene Innere schauend, und entdecken Neues, immer wieder Neues. Wir sind Abbild, Quell und Unentdecktes gleichermaßen.

    erstellt von Goethe in "Dichtung und Wahrheit", Band XII:
    Bei allem, was uns überliefert, besonders aber schriftlich überliefert werde (!), komme es auf den Grund, auf das Innere, den Sinn, die Richtung des Werkes an; hier liege das Ursprüngliche, Göttliche, Wirksame, Unantastbare, Unverwüstliche, und keine Zeit, keine äußere Einwirkung noch Bedingung [Umstände!] könne diesem inneren Urwesen etwas anhaben
    Andererseits, und bei Goethe-Interpretationen gibt es immer ein Andererseits, kann Veränderung auch nur das Akzidentielle betreffen, muß sich also nicht um Substantielles bekümmern. Wir leben in einer Welt des Scheins, erlesen also aus der Quelle das uns Zuträgliche für den historischen Augenblick, der den Kern der Sache selber nicht berührt.

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    • #3
      Ich schrieb es schon im Notizen-Ordner: Dugin ist für mich erledigt. Ich las vor einigen Jahren mal einen Artikel über ihn, weiß nicht mehr wo. Jedenfalls weckte dieser Artikel mein Interesse. Aber wie es manchmal so ist, anderes steht vornan. Nun drückte mir eine russische Kollegin dieser Tage eines seiner Bücher in die Hand, eines seiner neueren: Das großem Erwachen... Ich wollte es ganz lesen, kam aber über die weltanschaulichen Grundlagen nicht hinaus. Zwar weiß ich auch, daß falsche Prämissen nicht immer zu falschen Ergebnissen führen müssen, aber ich bin zu jung, als daß ich das wirklich glauben könnte.
      In seiner historischen Einführung differenziert er Nazis und Liberale. Er behauptet einen Gegensatz zwischen Sozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten gegenüber den Liberalen. Historisch ist das nicht korrekt, auch für die heutige Zeit trifft das nicht zu. Es gab vielleicht mal Zeiten, in denen Kommunisten und Liberale sich als Gegensätze begriffen oder begreifen wollten, derweil sind sie es nicht. Es sind zwei Seiten einer Münze. Beides sind liberale Bewegungen, weil sie glauben, daß eine gesellschaftlich zu erringende Freiheit auch die persönliche Freiheit herbeischaffe. Das ist ihr Grundirrtum, ihr gemeinsamer Grundirrtum. Auch der Nationalsozialismus ist, wie der Name schon anzeigt, eine sozialistische Bewegung, allerdings keine marxistische wie die sozialdemokratische oder kommunistische. Daß der Liberalismus letztlich den Sozialismus erzeugen muß, liegt auf der Hand, denn Sozialismus ist nur ein aufgeblähter Individualismus, der sich gegen diejenigen richten muß, von denen geglaubt wird, sie seien dagegen. Er ist also eine Art von Dogmatismus, der die Welt in Gute udn Nichtgute trennt.
      So stellt sich die Frage, was auf der anderen Seite, also in kontradiktorischer Verschränkung gedacht werden muß? Richtig, das muß ein Menschenbild sein, das den Menschen nicht fragmentiert oder fraktalisiert, sondern eines, das ihn eins in allem sein läßt.
      Dugin nun stellt den gängigen Gegensatz zwischen Nationalsozialismus und Liberalismus her, zerreißt also wie die von ihm angegriffenen westlichen Psilophen den Menschen weiter in Einzelteile. Bedeutet für mich: uninteressant. Gebe das Büchlein Montag zurück.

      Der nachfolgende Text entstand in Auseinandersetzung mit Dugins These von der Entwicklung der Individuen zu den Dividuen:

      Man kann den Individualismus als eine Geschichte der fortschreitenden Befreiung des Individuums von allen Formen der Identität betrachten: Identität im Freundeskreis, in der Familie, in der Klassengemeinschaft, in der Region, der Nation, des Kontinents, der Menschheit. Jede dieser Identitäten geht von einer Wechselbeziehung des unteilbaren Einzelwesens (Individuum) zu einem Übergeordneten aus, scheinen dieses Einzelwesen also in der Entwicklung seiner Freiheit zu beschränken. Ergo zielt die die Entwicklung des Liberalismus auf eine fortschreitende Befreiung von diversen Zwängen; zieht man diese Entwicklungstendenz konsequent nach, so steht am Ende eine Art von Posthumanismus, in dem der einzelne Mensch zunehmend durch Maschinenteile ersetzt wird, also eine Art von Entmenschlichung stattfindet, allerdings wird behauptet, der industrielle und zivilisatorische Fortschritt sei zum Nutzen des Einzelwesens. Man tauscht nicht funktionierende Körperteile aus und ersetzt sie durch Maschinenteile (Chips). Ist das eine Konsequenz des liberalen Menschenbildes?
      Hier gibt es einen Widerspruch: Die Befreiung des Menschen von seiner sexuellen, gesellschaftlichen oder auch weltanschaulichen Individualität garantiert keinen Fortschritt und eben keine individuell wahrgenommene Progression, sondern eine zunehmende Vereinheitlichung. Die Vereinheitlichung wird sogar so weit getrieben werden, daß Maschinen Erinnerungen im Hirn des Menschen simulieren werden, aus dem einen oder anderen Grund, und so eine Form von Unsterblichkeit finanzstarker Einzelwesen erzeugen, die den Tod nicht als Endpunkt einer individellen Entwicklung sehen, sondern als eine Art Zwischenstation, die dazu dient, einen verbrauchten Körper gegen einen unverbrauchten zu tauschen – bei Beibehaltung aller Erinnerungen und Fähigkeiten.
      Die Zukunft des Individualismus besteht also darin, das einst unteilbare Individuum zunehmend zu zersplittern (Organe, Hirn, Erinnerungen…), so daß etwas Teilbares besteht. Der Mensch wird in dieser neuen Welt kein Unteilbares sein, sondern die Summe aus dem, was er sein möchte: körperlich, genetisch und erinnerungstechnisch. Wir werden Maschinen sein, die aus austauschbaren Einzelteilen bestehen! Das ist Dividualismus.
      Naturwissenschaftlicher Aspekt: In der theoretischen Physik hat schon lange ein Übergang von der Theorie der Atome zur Theorie der Partikel stattgefunden. Quantenmechanik. Diese Partikel werden nicht als Teile von etwas Ganzem gedacht, sondern als Teile OHNE ein Ganzes. Das Individuum löst sich also, adaptiert auf die ethische Frage der Menschwerdung, in seine Einzelteile auf, die NEU zusammengesetzt werden könnte, die man aber auch nicht neu zusammensetzt, sondern sozusagen als Biokonstruktoren verwendet.
      Politischer Aspekt: Zwangsläufig zielt der Liberalismus auf die Abschaffung der Menschheit. Die Gegner des Liberalismus behaupten das jedenfalls. So schießen Verschwörungstheorien wild ins Kraut (Qanon), die eine Zukunft behaupten, gegen die „1984“ wie eine freundliche Utopie erscheint. So soll ein Weltkampf zwischen Globalisten und Konservativen toben, der zunehmend an Schärfe gewinnt und seinen politischen Ausdruck im Kampf der Trumpisten gegen die Globalisten gefunden haben soll.

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      • #4
        Im Serienfinale der 4. Staffel von Boston Legal (2003-08) wird vor Gericht über einen möglichen Austritt einer kleinen amerikanischen Stadt gestritten. Die Autoren nehmen dies zum Anlaß, um grundsätzlich über das Verhältnis eines Bundesstaates zur Union zu diskutieren. Da mir selber solche Gedanken nicht fremd sind, möchte ich einige der in dieser Folge geäußerten Gedanken hier wiedergeben:

        Die eine Seite: Wilson sperrte tausende Menschen ein, die gegen die Beteiligung der USA gegen den ersten Weltkrieg protestierten. Niemand sperrt jemanden ein, der auf Guantanamo Verbrechen verübte. Roosevelt sperrte hunderttausende Japaner in Internierungslager. Ihr Verbrechen: sie kamen irgendwann mal aus Japan nach Amerika. Viele starben, darunter viele Kinder. Und heute? Bespitzelung der eigenen Bürger. Die Liste der Verfehlungen der amerikanischen Politik ist endlos. Nixon benutzte staatliche Stellen, um seine politischen Gegner auszuspionieren. Auch die sogenannten guten Präsidenten, wie zum Beispiel Bill CLinton, ließen verdeckte Überwachungen durchführen, die sich gegen inneramerikanische politische Gegner richteten und keineswegs der nationalen Sicherheit dienten. Wer ihm nicht paßte, wurde an ausländische Staaten ausgeliefert, die folterten: Saudi-Arabien, China oder Ägypten. In den USA wurde an Menschen experimentiert, unschuldigen Menschen. Wer sagt, daß dies heute nicht mehr so ist? Die Menschen, an denen das durchgeführt wurde, wußten nichts davon oder wurden gefangengehalten und gequält. tests von LSD bis Nervengas. Schwarze wurden der Syphilis ausgesetzt, um ein Gegenmittel zu finden. Das sind alles vergangene Taten, aber auch heute wird ständig das Recht gebrochen - von staatlicher Seite, um eigene Macht zu erhalten oder auszubauen. Gegen Menschenrechte. Und das in einem Staat, bei dem die Menschenrechte in der Verfassung stehen und der sich weltweit für Menschenrechte einsetzt.
        Dagegen läßt sich behaupten, daß der Krieg eben seine eigenen Gesetze besitzt. Wichtiger ist, wofür man prinzipiell eintritt. Anders gesagt, im Krieg darf man anders handeln als dann, wenn man sich in Friedenszeiten befindet. In Friedenszeiten ist der Einsatz für Menschenrechte integral für die Politik der USA.

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        • #5
          1761 veröffentlichte Thomas Abbt seine Schrift "Vom Tod fürs Vaterland". Diese Schrift wurde aus zwei Richtungen angegriffen. Republikaner meinten, daß man für einen König, eine Monarchie als freier Mensch nicht freiwllig sterben könne, denn Untertanen hätten kein Vaterland. Die andere Widersacher seinerzeit meinten, daß das Vaterland eben das Land sei, worein man geboren sei. Man könne keine politische Tugend entwickeln und sich ein Vaterland aussuchen.

          Thomas Abbt stammte aus der protestantischen Reichsstadt Ulm. Ihn hatte es in jungen Jahren nach Halle (Saale) verschlagen, wo er Preußen zu lieben lernte und mit seiner Schrift das im Siebenjährigen Kriege bedrängte Preußen aufrichten wollte. Er selber hatte sich Preußen als Vaterland verschrieben und wollte so seinen Dienst leisten. Genau das machte er nämlich zu Kriterium, um eine Weltgegend sein Vaterland nennen zu dürfen: die Bereitschaft, für es sterben zu wollen, falls die Noth genau das verlange. Für etwas zu sterben, das bedeutet, man tritt für etwas ein, was größer als man selber ist, eine Idee, Verhältnisse oder eben ein Mensch, der einem wichtiger ist als man selber. "Falls die Noth es verlange", scheint mir entscheidend zu sein, denn zuerst einmal sollte es doch heißen, für etwas zu leben.

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          • #6
            Ich schaue mir zur Zeit die spannende Agentenserie "Blacklist" an. Der charismatische Soziopath, dessen Schicksal einen Pol der Handlung bildet, steht für westliches Denken. Er verlangt strikte Loyalität, worunter er versteht, daß seine Befehle ausgeführt werden, sofort, dem Wortlaut nach, ohne Eigeninitiative. Seine Leute müssen funktionieren, es wird nicht gefragt, sondern gehandelt. Hierarchie, Belohnung oder Bestrafung, keine Gewaltenteilung, keine Demokratie, Gottesgnadentum, welches er selber abbildet. Er entscheidet und vollstreckt.
            In den letzten Folgen, die ich sah, ungefähr 3. oder 4. Staffel, wagt es eine Mitarbeiterin, nur im Sinne des Befehls zu handeln, nicht aber strikt. Einzelheiten interessieren hier nicht. Entscheidend für mich ist, daß ich hier eine Parallele zu unserer Geschichte sehe. Im deutschen Militär gab und gibt es etwas, das nennt sich "Auftragstaktik". Diese Auftragstaktik existiert seit der Schlacht von Zorndorf, 1758 glaube ich (Siebenjähriger Krieg), als der General von Seydlitz einen unmittelbaren Befehl von Friedrich II. nicht strikt ausführte, sondern selber entschied, wann der Sinn des Befehls (die Zerschlagung der gegnerischen Kavallerie) am günstigsten durchgeführt werden sollte. Eine Insubordination, derer er sich bewußt war, denn dato galt auch in deutschen Heeren, daß ein Befehl nicht hinterfragt oder verzögert werden dürfe,sondern ausgeführt werden müsse. Sofort, strikt und bestmöglich. Der General war erfolgreich, zerschlug den überlegenen Gegner, indem er den seiner Meinung nach günstigsten Moment abpaßte, den der König nicht wahrnehmen konnte, weil er zu weit vom Geschehen weg war. Friedrich II. ist auch deshalb der Große genannt worden, weil er diesen Unterschied denken konnte und Seydlitz nicht a posteriori bestrafte, sondern sogar auszeichnete.
            Fortan war dieses Prinzip im preußischen Heer, zwar von manchen noch angegriffen, aber letztlich setzte es sich durch und fand als Prinzip Eingang in die Heeresordnung. Es erklärt den Erfolg deutscher Heere, die in Unterzahl ihren Gegnern oft voraus waren. Diese Form des Gehorchens setzt DENKFÄHIGKEIT voraus, dazu Verantwortungsbewußtsein und ist das Gegenteil von Kadavergehorsam, der uns Deutschen immer unterstellt wird.
            Zurück zu "Blacklist". Der charismatische Soziopath kann das nicht denken und tötet in einem abgelegenen Waldstück eine seiner besten Mitarbeiterinnen - glaubt er zumindest -, weil diese seiner Meinung nach "illoyal" gehandelt hatte, als sie selbständig handelte, in seinem Sinne zu handeln glaubte, was er so interpretiert, daß sie über ihn hinweg Entscheidungen fällte, die nur ihm zukämen.

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            • #7
              Och sowas kuckst du? Hätte ich gar nicht gedacht 😎 Paraderolle von James Spader, ähnlich die des Alan Shore in „Boston Legal“ 👌💪 ja die (vermeintliche) Hinrichtung von Mr. Kaplan bringt nochmal richtig Würze in die Serie. Später…

              wobei man das Militär nicht mit der Gesellschaft verwechslen sollte: wenn du beim militär einen befehl nicht sofort und exakt ausführst, sterben uU viele Kameraden. Darum haben Disziplin und Gehorsam dort einen anderen Stellenwert als in der Gesellschaft und taugt mMn nur bedingt zum Vergleich. Hast du doch sicher bei Liz schon mitgekriegt: typische Egotusse, die immer querschießen muss. Drum stirbt sie letztendlich auch. So bääh! Endlich mal gerechtigkeit! Normalerweise überleben diese Protsgonistinnen in solchen filmen ja unrealistischerweise immer. So eine gibts in jedem billigen Horrorfilm: die eine, die am Ende immer überlebt, wegen deren Unfug alle anderen aber immer sterben müssen. Das ist übrigens Manipulation und so gewollt: man impliziert den Frauen damit, dass Ungehorsam belohnt würde. Wird sie aber nur im Fernsehen. In der Realität stürzt man damit idR ab. Das erzählen die Filmemacher im Film allerdings nicht. Diese Schelme… 😏

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              • #8
                Meine derzeitige Befasse mit dem Rosenkreuzertum (einer meiner Ahnen war einer der wichtigsten Adepten dieser Strömung) ließ mich nun auch erkennen, warum Schiller, Goethe oder andere Klassiker dieser Bewegung gegenüber fremd blieben. Es kursieren ja Gerüchte über eine Freimaurermitgliedschaft einiger Klassiker, auch war Bode in Weimar sehr rührig. Goethe soll auch mal geschnuppert haben, aber eines hielt unsere Klassiker ab: die Verteufelung des Pantheismus. Die Rosenkreuzer lehnten pantheistische Gedanken schlichtweg ab, bezeichneten sie als Greuel, was schon mit der Ablehnung einzelner diesbezüglicher Gedanken bei Platon, Proklus oder Plotins einsetzte, also schon seinerzeit im 18. Jahrhundert eine lange Tradition besaß.
                Wie wir wissen, waren Schiller, Goethe oder auch etliche Romantiker Pantheisten, also inkompatibel mit dem Rosenkreuzertum resp. mit der Freimaurerei.

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                • #9
                  Interessant, ich hatte auch gerade mal bisschen über den sog. Pantheismus nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, diesen für die am wenigsten erkenntnis- und aufklärungsfeindliche Form von Religiosität zu halten. Aber etwa ganz anderes: Das Wörtchen "Befasse" finde ich schrecklich, noch erheblich schlimmer als das Wort "Befassung". Dort, wo Befassungen stattfinden, gerate ich leicht aus der Fassung, und wo gar die "Befasse" herrscht, da kann man nur wegrennen!

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                  • #10
                    Der Pantheismus hat den diskreten Charme, dass er die atavistische, archaische, letztlich primitive Gottes-/Göttervorstellung als personale Wesen überwindet. Insofern ein Fortschritt. Allerdings auch ein Ende, denn damit wird die Vorstellung eines Gottes hinfällig. Setze dagegen Natur, Kosmos, Quantenfeld und es ändert nix. Gott/Götter sind für die meisten nur intressant, wenn sie wie 'wir' sind.

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                    • #11
                      Schopenhauer merkte mal an, dass der Pantheismus ein höflicher Atheismus sei.

                      Es kommt natürlich auch darauf an, welchen Pantheismus man im Auge hat. Da scheint es ja so einige unterschiedliche Vorstellungen davon zu geben, was Pantheismus ausmacht.

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                      • #12
                        Befasse wabert doch ziemlich leicht - im Gegensatz zu einem Wort wie Beschäftigung oder Untersuchung. Und dann erst Analyse! Sind aber alle nicht schön, da stimme ich Peter zu. "Aufklärungsfeindlich"? Da muß ich fragen, welches Gottesbild am aufklärungsfeindlichsten ist. Fichte wurde aus Jena vertrieben, weil er Atheismus gelehrt haben soll. Dem möchte ich widersprechen. Allerdings war Fichte nicht unbedingt Pantheist, sage ich mal so: In seinem System wird Gott überflüssig. Wenn die Welt aus dem selbstvergotteten Ich und dem erst zu Gott werden könnenden Nicht-Ich besteht, dann benötige ich jedenfalls keinen persönlich zu fassenden Gott. Aber andererseits kann Gott dann erst wirklich frei sein, vom Menschen freigesetzt werden, wenn er aus allen Spekulationen herausfällt. Insofern also ist Fichtes System das ganze Gegenteil von Atheismus.
                        Ich habe die lutherischen Kirchenoberen Jenas jener Zeit im Verdacht, daß sie die eigentlichen Atheisten gewesen.
                        Till spricht vom Überwinden. Das klingt ja beinahe wie Negation, also gut hegelisch.
                        Streusalz, aus dem Munde Schopenhauers ist das ein Lob für den Pantheismus.

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                        • #13
                          Nun ja, Japan ist kein Nachbar, war aber mal so was ähnliches wie unser Verbündeter. Allerdings ließen uns die Japaner dann im Stich, schlichtweg darum, weil sie mit den Russen so eine Art Stillhalteabkommen hatten und ihre Kräfte gegen die Amerikaner benötigten. In einem wieder mal guten Beitrag in der jw las ich etwas über den Umgang der Japaner mit ihrer Geschichte. Die sind da viel entspannter als wir. Das liegt sicherlich auch daran, daß wir der Nabel der Welt sind und Japan eben nur eine Randmacht; dennoch läßt mich dieser Artikel aus mehreren Gründen nachdenklich werden:

                          erstellt von jw:
                          Es war für Japan das einschneidendste Ereignis des Jahres: die Ermordung des früheren Premierministers Shinzo Abe am 8. Juli 2022. Vor allem die Rechte im Land zeigte sich schockiert. Abe ist ihr unbestrittener Führer gewesen, der auch nach seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten, September 2020, in der japanischen Politik im Hintergrund die Fäden zog. Da er noch lange nicht ans Aufhören dachte, hatte er keinen Nachfolger bestimmt – die Rechte steht bis heute kopflos da. Die Abe-Fraktion, die zahlenmäßig stärkste in der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), konnte sich bisher auf keinen Nachfolger einigen, obwohl es Bestrebungen gibt, diesem Zustand ein Ende zu bereiten.

                          Von außerparlamentarischen Rechten wurde Abe als Messias verehrt: gekommen, um die verhasste Nachkriegsverfassung, die auf den Prinzipien »Friede, Demokratie und Achtung der Menschenrechte« beruht, ein für alle Mal zu begraben. Ihm ist zu danken, dass die Rechte in den vergangenen dreißig Jahren ins Zentrum der japanischen Politik rücken konnte. Diese Dynamik erlaubte ihr, auch außerhalb der Politik Ansichten klarer zu artikulieren. Sie mutierte von einer »geräuscharmen« zu einer »geräuschvollen Minderheit«, wie der Historiker und Publizist Mitsuru Kurayama gegenüber jW formulierte. Er gehört zu den wenigen rechten Kritikern Abes und wirft dem Expremier vor, in der zweiten Amtszeit (2012–2020) nichts Substantielles erreicht zu haben. Vor allem die Verfassung, deren Totalrevision – wie es ein LDP-Entwurf von 2012 vorsieht – das Potential hätte, das Nachkriegsjapan auf den Kopf zu stellen, sei unangetastet geblieben. Dabei blendet Kurayama aus, dass ein solcher Schritt aufgrund des Widerstands der japanischen Linken gegen Änderungen des sogenannten »Nachkriegsregimes« schwierig war. Und Anläufe zur Rückkehr ins Vorkriegsjapan gab es während Abes Amtszeit zuhauf.

                          Im Zentrum von Abes Ideen stand die Errichtung einer autonomen, selbst- und traditionsbewussten Nation, die wieder einen ihr gebührenden Platz in der Weltordnung einnimmt. Dazu unentbehrlich waren einerseits die Überwindung der sogenannten »masochistischen« Darstellung der japanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, andererseits der Aufbau einer starken Armee, so die Argumentationslinie. Als Abe 1993 zum ersten Mal ins Parlament gewählt wurde, stand Japan unter Druck, sich für die begangenen Kriegsverbrechen zu entschuldigen. Die japanischen Regierungen der Zeit antworteten darauf mit verschiedenen Statements und gestanden Japans Schuld ein. Für die Gruppe um Abe – später »Team Abe« genannt – war es, als ob jemand Öl ins Feuer gegossen hätte. Derart dürfe Japan sich nicht erniedrigen, so der Tenor. 1993 und in den folgenden Jahren gründete die Gruppe mehrere Kommissionen, die sich mit den japanischen Kriegsverbrechen beschäftigten und aufzeigen sollten, dass Japan im Zweiten Weltkrieg in Asien keinen Invasionskrieg geführt habe, sondern den Kontinent vom Joch der Westmächte befreien wollte. Das Team Abe wuchs schnell an. Seine Mitglieder sollten später wichtige Posten in Abes Regierung und der LDP erhalten, so etwa der spätere Premierminster Yoshihide Suga, der 1996 erstmals ins japanische Parlament einzog. Der Geschichtsrevisionismus entwickelte sich zu einem wichtigen Diskursfeld zwischen links und rechts. Gleichzeitig kam es zu einer Konsolidierung bei rechten zivilgesellschaftlichen Organisationen, die Abe als Berater dienten. In diesen Zusammenkünften spielen Vertreter des Shintoismus eine wichtige Rolle. Sie betrachten Japan als Land der Shintogötter – mit dem Kaiser im Zentrum – und wollen die Verehrung der Shintoschreine zum nationalen Kult erklären.

                          [..]

                          Kommentar


                          • #14
                            Stedinger behauptet, daß die Geistesentwicklung am Anfang des 20. Jahrhunderts neukantianisch gewesen sei. Das politische System, der Zeitgeist, die Auffassungen zur Kunst, Literatur oder Philosophie seien allesamt durch den Neukantianismus strukturell affiziert worden. Dabei sei das deutsche Denken maßgeblich aus Städten wie Locarno (politisch), Basel, Leiden, Genf, Amsterdam oder Zürich (fast alles Städte im Rheingebiet) nicht nur beeinflußt, sondern geprägt worden. Stedinger begründet das räumlich mit der Bestimmung des Rheins als Grenzfluß, wodurch das Raumempfinden entscheidend verändert wurde und aus den deutschen Rheingauen Grenzgauen wurden, die sich beinahe einseitig nach Westen und Süden "orientierten". So kam der Nachbar mit "freundlichen oder feindlichen Schuhen" überall mit herein. Das führte zur Neutralisierung Deutschlands, einer allmählichen Anpassung an das westliche Denken, wie es der Neukantianismus in Heidelberg als Schema jedweden politisch-kulturellen Handelns vorgeschrieben hatte. Er nennt das auch "Verschweizerung" oder "Verniederländerung". Für Stedinger ist das nichts Positives, sondern eine Verzwergung deutschen Denkens. Verkleinstaatlichung. Kleinstaaten definieren sich über ihre fühlbaren Grenzen. So soll dann auch das Denken sein. "Baselanisierung". Jung, Overbeck, Nietzsche, Burckhardt, Barth.

                            Kommentar: Interessanter Ansatz, aber ich teile ihn nicht. Jedenfalls teile ich nicht den Ansatz, daß "Verkleinstaatlichung" mit kulturellem Verfall einhergeht. Begründung: Kultur entstand noch niemals in Großstaaten, sondern immer in politisch-stabilen Klein- und Mittelstaaten, wo es meist auch Geld genug gab, um die schönen Dinge des Lebens entwickeln zu können. Florenz, Weimar, Athen. Großstaaten dagegen besitzen eine eindeutig-fixierbare Neigung zur Zivilisation, meist ging dieser Depravierung der Kultur eine Unzahl von Kriegen voraus, später dann nur noch nach außen getragene, man denke an Rom, Frankreich, Britannien, Amerika.

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