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Unser Bildungs- und Erziehungsordner (II)

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  • #16
    Immer mehr Kommunen verbieten die Elterntaxis...sperren temporär die Zufahrtsstraßen zu den Schulen. Finde ich gut. Inzwischen wird sogar nach einer bundesweiten...nach einer allgemeingültigen Lösung gesucht. Diese Elterntaxis sind irgendwie auch ein Synonym für den Geistes- Zustand unserer Gesellschaft. Der Deutsche ist einfach nur noch peinlich...und das in fast jeder Hinsicht.

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    • #17
      Zu Elterntaxis habe ich keine ganz schlechte Meinung. Einerseits glaube ich, daß die lieben Kleinen verwöhnt werden sollen, immer und überall, andererseits aber müssen sie auch gefordert werden, gerade sozial und emotional, also in der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt. Ich bin also für ein klares Jein in dieser Frage.

      Mich beschäftigt im Augenblick aber etwas anderes, nämlich die Verengung des Meinungshorizontes. Zunehmende Spezialisierung führt dazu, daß im Wissenschaftsbetrieb kaum jemand noch zusammenhängend denken kann; ich staune manchmal, was meine überaus belesene und kluge Tochter mich so fragt. Folge des Spezialistentums. Nun ist Spezialistentum eine Folge der arbeitsteiligen Gesellschaft, also kein Produkt der letzten Jahre, sondern letztlich der Industrialisierung. Für mich steht die Frage, ob diesem Prozeß entgegenet werden muß oder ob man das schlichtweg hinnimmt.
      In einem Entwicklungsbereich stehe ich für Widerstand, dem der Bildung und Erziehung in der Schulzeit. Das deutsche Bildungssystem ist gut, sogar sehr gut. Aber wir haben zur Zeit ein Problem damit, daß zu viele Nichtmuttersprachler die Klassenräume belegen, was die deutschen und nichtdeutschen Kinder gleichermaßen in ihrer natürlichen Entwicklung behindert, jedenfalls die aus ärmeren gesellschaftlichen Schichten. Das blende ich nun mal zugunsten der Betrachtung an den Universitäten aus. Abgesehen davon, daß von 90% der dort Studierenden keine wissenschaftlichen Leistungen zu erwarten sind, sie also getrost auf Fachschulen und Fachhochschulen ihre Ausbildung fortsetzen sollten, ist die Spezialisierung hier doch nothwendig, um im erstrebten Berufsfeld konkurrenzfähig zu sein. Anders gesagt, die Ausbildung von "Fachidioten", wie wir das früher nannten, ist für eine postmoderne Industriegesellschaft nothwendig.
      Aber traurig ist es schon, wenn die meisten Fachidioten nicht wissen, wer Thomas von Aquin war.

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      • #18
        Dabei weiß doch jedes kleine Kind, dass Thomas von Aquin dieser legendäre Linksaußen von Olympique Marseille war - zu jener Zeit (90/91)...als Beckenbauer diese Mannschaft trainierte.

        Zu den Elterntaxis: Studien und Statistiken belegen, dass es dort...wo vermehrt Elterntaxis auftauchen...es auch vermehrt zu Unfällen kommt. Ebenso nachgewiesen ist, dass es für die Entwicklung (Hirn) der Kinder gut ist, wenn sie den Schulweg alleine gehen/bewältigen. Oder anders herum: Elterntaxis lassen die Kinder verdummen.

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        • #19
          Einschlägige Medien bedauern die Zunahme von Gewalt in den Schulen.
          Nun ja. Ich habe mich seinerzeit beinahe jede Woche prügeln dürfen. Meist gewann ich, manchmal aber auch nicht. Meist ging es auch um meinen vorlauten (jüngeren) Bruder, der wußte, daß er mich hat. Seinerzeit galten seine verschiedenfarbigen Augen als ein Merkmal von Mißbildung. Entsprechende Hänseleien waren an der Tagesordnung. Außerdem gab es etliche "Straßenjungs", die gern den starken Max markierten. Also kam es ständig zu Anfeindungen, bis zur beliebten "Klassenkeile". Zuweilen schlugen ganze Klassen aufeinander ein. Meist nach der Schule. Es gab da so Plätze, Revierkämpfe. Meine Mutter verbot es mir schon mit fünf, sechs Jahren, eine bestimmte Straße zu begehen. Soll noch mal einer behaupten, in der DDR sei alles gleich gewesen. Vergeßt es! Ich kann da auch keinen Unterschied erkennen, ob es nun russische, arabische, türkische oder deutsche "Straßenjungs" sind. Damals eher russischer und deutscher Plebs, heute eher andere. Am Ende ist Romeo und Julia überall.

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          • #20
            Auch "wir" hatten uns auf den Schulhöfen geschlagen und Mobbing betrieben, aber was da heute so an den Schulen geschieht...das hat nochmal eine ganz andere Dimension. Ging es damals doch im Wesentlichen darum sich mit dem Anderen zu messen...oder ihm eins auszuwischen....ist heute oft das Ziel den Gegner vollends zu vernichten.

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            • #21
              Also ich muss gestehen, dass ich inder schule von Dichtern auch eher gelangweilt oder gar genervt war. V.a., weil deren Gedichte meist auswendig gelernt und vorgetragen werden mußten, was mir damals so gar nicht lag. Stures Auswendiglernen ist nix für Freigeister und Wissenschaftler, die Dinge verstehen und begreifen wollen. Dazu noch die Aufführung - nee. Ich war iwie schon immer zu authentisch, um andere Rollen zu spielen. Das war einfach nicht meins. Grundsätzlich glaube ich, dass der menschliche Geist - bis auf Ausnahmen - in den frühen Jahren des Teenageralters auch noch nicht wirklich reif dafür ist. da hat er andere Flausen im Kopf 😎 zumal man sich dafür wohl auch in die damalige Zeit hineinversetzen müßte, was ein zusätzlicher erschwerender Aspekt ist, da Geschichte damals auch nicht so meins war. Zuviel Pauken*, zu wenig lernen 😎 (gleiches Problem bei Fremdsprachen - Vokabeln „pauken“ ging bei mir gar nicht 🙈). Die geistige Reife für anspruchsvolle Poesie bekommt der Mensch glaub ich eher in den 30ern und später.

              *Pauken ist lt. meiner Mentorin VFB das stupide auswendiglernen von ZDF (Zahlen, Daten, Fakten), während Lernen das Verstehen und Begreifen von Vorgängen ist. Gelerntes verlernt man nie, Gepauktes spätestens nach der nächsten Prüfung 🤷‍♂️

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              • #22
                Wenn das so wäre, MM, gäbe es schon längst Meldungen über Tote auf den Schulhöfen. Gibt es aber nicht.

                Lehrer müssen einmal im Jahr sogenannte curricula anfertigen, also ein Curriculum fürs Schuljahr. Diese enthalten so eine Art Lehrplan für die jeweiligen Klassenstufen, die sich einerseits an den vom Land vorgegebenen orientieren müssen und andererseits spezielle Klassen-, Eltern und Lehrerbedürfnisse enthalten sollen. Das Problem liegt hierbei nicht in der Erstellung eines solchen Curriculums, sondern im Tatbestand der vorhandenen Lehrbücher. Diese sind zumeist extrem linkslastig, werden von Eltern und Schülern aber als sinngleich mit dem Lehrplan verstanden, so daß mancher Lehrer schon überlegt, ob er überhaupt auf ein Lehrbuch aus einem der gängigen Verlage zurückgreifen möchte. Es existieren zwei Extreme:
                1. der Lehrplan darf nicht hinterfragt werden und es wird gemacht, was eben darinsteht oder
                2. was interessiert mich der Lehrplan; ich habe Lehrfreiheit.
                Schlechte Lehrer vertreten meist die eine oder andere Auffassung. Gute Lehrer versuchen, beides miteinander zu verknüpfen. Aus Verantwortung. Sehr gute Lehrer stehen hinter jedem Unterrichtsinhalt und können imemr wieder auftretende Fragen nach dem Sinn bestimmter Unterrichtsinhalte beantworten, weil sie diesen Sinn vor dem Unterricht durchdacht haben und ihn mittragen.

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                • #23
                  Run, baby, run!

                  https://www.youtube.com/shorts/ix4JyFy5hxM

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                  • #24
                    Auswendiglernen ist schon wichtiger, als daß man ihm das Adjektiv "stures" verpassen dürfte. Ohne Formalkenntnisse keine Auswahlmöglichkeit in moralisch diffizilen Angelegenheiten. Klarerweise fragen sich viele, wozu Meiose und Mitose lernen, wozu einen Dreisatz auswendig pauken, wozu ein Gedicht oder die Anordnung der Planeten in unserem Sonnensystem? Braucht doch kein Mensch, ich werde Kanzler, da muß ich nichts wissen oder verstehen.

                    Nein, ich will dagegen argumentieren: Die Vernunft prägt sich erst mit Kenntnissen, man muß das zarte Pflänzchen im Kind füttern, manchmal mit Autorität, aber erst mit vielem Wissen ist es möglich, Motive zu verstehen, sich zu öffnen und nicht zu verstocken, wie das die westliche FAchidioterie will, denn so funzt der kapitalistische Staat am besten. Diese Leute fragen zuerst nach einem offensichtlichen Nutzen, der doch verschlossen bleiben muß, wenn man nur das lernen will, was einem unmittelbar zu nutzen scheint.
                    Der Lehrer muß Zugänge öffnen, aber manchmal ist es auch nothwendig, das factum zum factum est zu bringen. Versagt der Lehrer in diesem Bereich, so erzieht er eine Horde von künftigen Brotstudenten oder von Leuten, die nach der Mode gehen und am Ende als akademisches Prekariat der Gemeinheit dienen, der Allgemeinheit auf der Tasche liegen. Verzichtet man auf Bildung und pflegt statt dessen nur das, was man "braucht" oder zu brauchen glaubt, werden Fachidioten, vornehmer Spezialisten, die wichtigsten Entscheidungen fällen, d.s. Leute, die immer aus Noth handeln, aber nicht aus innerer, sondern aus dem eingeschränkten Blickfeld ihrer Spezifikationen.

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                    • #25
                      Mein Deutschlehrer in der Oberstufe war ein richtiger Bildungszelot. Ihr hättet euch gut verstanden und zugleich mit allen intellektuellen Waffen duelliert. Für ihn war Bildung die Basis und Voraussetzung für Humanismus. Er war glühender Kant-verehrer, Göthe und Schiller-Fan - was heisst Fan, er hielt sie für die Allergrößten schlechthin und in jeder Beziehung, das waren seine Götter - und hatte kein Verständnis und keinen Draht für alles, was der 'Moderne' zugerechnet wird. Er glaubte, mit seinem Gymnasialwissen auch über Logik, Philosophie und Physik gültige Aussagen machen zu können - da irrte er aber gewaltig. Seine Milchmädchenmathematik und seine simple, damals schon längst überholte Mechanikerphysik ließen ihn diesbezüglich größten Unsinn verzapfen.

                      Aber ich fand ihn irgendwie sympathisch und habe ihn auch nach der Matura noch einige Male privat getroffen. Leider trennten sich unsere Wege später.

                      Was wollte ich sagen? Ach ja, zweck-lose, ziellose Anhäufung von Bildungsinhalten, getrieben von Interesse und Neugier, im besten Falle intensiviert durch Talent und Begabung, das hat schon was. Ist aber in unserer kapitalistischen Daseinsform wert-los. Der klassische Bildungskanon - Philosophie, Literatur, bildende Künste, bissl Naturwissenschaft, vier Grundrechnungsarten, Musik und eventuell ein Taufschein - hat weitestgehend ausgedient. Damit kannst du dir kein Brot verdienen. Außer du hast das studiert, einen akad. Grad und die richtigen Beziehungen, dann kannst du damit im Kulturbetrieb oder Medienzirkus oder gar Politik unterkommen. Bist du rücksichtslos und skriupellos genug, kannst du sogar Karriere machen. Dann sogar ohne Studium.

                      Jetzt hab ich den Faden verloren. Kurz und gut, Bildung ist monetär wert-los, doch für ein menschlich erfülltes Dasein unersetzlich. So lernte ich das und ein wenig glaub ich das noch heute.

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                      • #26
                        Bildungszelot? Die Zeloten waren Bauern und kleine Händler, Widerständler und Eiferer. Ich nehme an, Du meinst den Teilbereich "Eiferer". Hm - und "keinen Draht für alles, was der Moderne zugerechnet wird"?

                        Schiller und Kollegen sind Vertreter der Moderne. Ich nehme an, Du meinst mit "Moderne" Leute von heute, Zeitgeistler des 21. Jahrhunderts. Das sind aber keine Modernen, sondern meist Rückwärtsgewandte, die auf der Basis technischen Fortschritts, globaler Sinnkrisen und autoritärer Machtphantasien so alles in Frage stellen, was unsere Altvorderen auf den Weg gebracht haben und ein politisches System installieren wollen, das sie "Demokratie" nennen, das aber nicht auf Einzelverantwortung, sondern auf sogenannte Sachzwänge reagiert. Ich kann in dieser politischen und gesellschaftlichen Ausrichtung keine Moderne mehr erkennen, möchte sie deshalb auch nicht mit diesem Begriff ausstatten, sondern besser Postmoderne nennen.

                        Der Kern der Bildung ist nicht das Detailwissen, sondern die Erlernung einer Fähigkeit, auf Ereignisse und Veränderungen im eigenen Leben angemessen reagieren zu können: ethisch, sachlich und emotional. Die Kenntnis von Grundrechenarten gehört ebenso dazu wie der kategorische Imperativ. Der Mensch benötigt einen Kompaß, der ihm Hilfestellung gibt, wenn sein Leben aus den Fugen zu geraten scheint. Ein gebildeter Mensch sucht darum auch keinen Brotberuf oder will irgendwo "unterkommen" und "skrupellos" agieren, um "Karriere" zu machen. Hierin liegt allerdings ein Dilemma, das ich gern zugeben will: Es sind zu oft ungebildete, aber machtgeile Leute mit postmodernen Vorstellungen in wichtigen Positionen einer sich als flachhierarchisch verstehenden Gesellschaft/Firma. Peter-Prinzip. Die Folge ist, was auch so gewollt ist, daß sich der Gebildete ins Private zurückzieht.

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                        • #27
                          Zelot im Sinne von Eiferer, ja.

                          Mit Moderne meine ich ungefähr den Zeitraum von 1900 bis 1960. Danach beginnt für mich die Postmoderne, ein Niedergang, eine Dekadenz, ich meine das ohne moralische Wertung.

                          Für meinen alten Lehrer endete die Literatur, also das, was er als schöngeistige, gültige Literatur ansah, etwa mit der Romantik. Auch die war ihm schon zu beliebig. Danach ließ er nur wenige Einzelexemplare gelten wie z. B. Thomas Mann.

                          Naja, jedenfalls schade, dass ich den Kontakt zu ihm verlor.

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