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Deutsch-Südwest - deutsche Kolonien

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  • #16
    Götzen übernahm 1901 als vom Kaiser eingesetzter Gouverneur mit Verordnungsrecht die Leitung der Kolonialverwaltung und war zugleich auch der militärische Befehlshaber der Kolonialtruppen, ein paar Hundert Mann samt afrikanischer Hilfskontingente. Deshalb sind seine Beobachtungen der Verhältnisse in Ostafrika und seine Anmerkungen von doppelter Bedeutung. Bevor er die administrative Leitung übernahm, war er Reisender durch Ostafrika, kannte das Land im Norden, weit über den Viktoriasee hinaus, als er Teil einer Expedition um 1880 (er wurde 1866 geboren) war, die seinerzeit eine Verbindung nach Westafrika suchte und fand. Diese Kenntnisse stellen seine Kritik an der deutschen Kolonialpolitik in ein besonderes Licht. Götzen monierte, daß es der deutschen Kolonialpolitik daran mangele, sich mit den örtlichen Häuptlingen gutzustellen. Statt dessen werde eine zentralistische Politik betrieben, die auf strikte Durchführung behördlicher Anordnungen zurückgreife und darüber das Potential einer auch inneren Erschließung Ostafrikas für das Reich außen vor lasse. Man setze zu sehr auf die Segnungen der deutschen Zivilisation und deren allmähliche Erschaffung in Ostafrika. Die Eingeborenen hätten sich dieser Segnungen zu erfreuen, weil sie nur Vorteile für sie ergäben.
    Die Kritik spricht einen Webfehler des ZDR an. Der jahrhundertelange Föderalismus des alten Reiches hatte 1871 u.a. dazu geführt, daß statt eines Zentralstaates ein Staatenbund entstanden war. Das Reich war der Kostgänger der einzelnen Staaten, die zum Teil so frei waren, daß sie eigene Botschaften im Ausland unterhielten. Man denke nur an Bayern! Die dialektische Gegenbewegung des Reiches bestand darin, ein Gegengewicht zu diesem Konföderalgebilde aufzubauen, das Reich allmählich zu einem eigenen Machtkonstrukt zu modeln, also letztlich war das eine Gegenbewegung zum Föderalismus. Kulturkampf!
    Diese Sichtweise wendete das Reich auch in Elsaß-Lothringen und in den Kolonien an. Es gab hier keine politischen Gegenspieler, keine Fürsten oder flächendeckenden Herrschaftsstrukturen. Zwar beherrschten manche Häuptlinge Gebiete in Ostafrika, die größer als manche Fürstentümer im Reich waren, allerdings gab es in Ostafrika keine Staatlichkeit. Die Deutschen stießen sozusagen in ein administratives Nichts. Aber es war kein Nichts, wie sie glaubten. Afrikanische Herrschaftsausübung funktioniert anders als die deutsche. Das nicht erkannt zu haben, monierte Götzen.

    Götzen, S. 33.
    Diese Verhältnisse [ungenaue territoriale Abgrenzungen zu den Nachbarn] nahmen der deutschen regierung von vornherein die Möglichkeit, die eigene staatliche Autorität ohne weiteres an die Stelle einer im ganzen Land anerkannten einheimischen Gewalt zu setzen, wie es im Interesse einer sparsamen Politik und eines ruhigen Einwirkens auf die Bevölkerung bei Okkupationen fremder Gebiete im allgemeinen ratsam ist. Es blieb nur übrig, entweder das Land allmählich ganz in direkte Verwaltung zu nehmen [also zentralistisch vorzugehen] oder die staatlichen Formen wenigstens der größeren Volksstämme und Sultanate bestehen zu lassen und in den Organismus des Gouvernements einzugliedern [also die föderative Methode].
    Daß die [koloniale Verwaltung, die ihre Weisung allerdings aus Bärlin erhielt] Regierung lange Zeit [vor Götzens Regierungsantritt 1901] fast ausschließlich den ersteren Weg eingeschlagen hat, betrachte ich als einen Fehler ihrer Politik.
    Anders gesagt, Götzen versuchte ab 1901 die Sultanate (muslimisch geprägte Landstriche in Küstennähe und im Norden der Kolonie) und Stammesfürsten (heidnisch oder schon christlich geprägte Gegenden im Süden der Kolonie) als selbständige politische Einheiten zu behandeln und schlug vor, diese allmählich mit kleineren Leitungsfunktionen zu versehen, was dann im Laufe der Jahrzehnte (!) dazu führen müsse, diese Stammesfürsten als Beamte zu bezahlen, also zu vollwertigen Gliedern der Kolonialverwaltung zu modeln. Götzen betonte, daß er in seiner fünfjährigen Amtszeit Akidas eingesetzt habe, Mischlinge oder Araber, die deutsche Schulen besucht haben und in die Prinzipien deutscher Verwaltung eingeweiht worden seien und als Verwalter einiger Dörfer oder Landschaften fungierten.
    Leider mußte Götzen wegen Krankheit (wahrscheinlich Malaria) Ostafrika schon bald wieder verlassen (kurz nach Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstands, zu dem ich bald kommen werde) und starb 1910 in Deutschland einen ziemlich jungen Tod mit 44.

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    • #17
      Die Schutztruppe in Ostafrika unterstand dem Gouverneur, dem das Recht zustand, den Chef der Schutztruppe zu benennen und Aufgaben zu erteilen resp. Einzelkontingente mit besonderen Aufgaben zu betrauen. Die Schutztruppe setzte sich zum Großteil aus Ostafrikanern zusammen, die freiwillig in dieser dienten und durch Werbung gewonnen wurden. Insbesondere Söldner aus den Stämmen der Wanjamwesi, Wasuaheli und Manjema (siehe oben) dienten in dieser Truppe. Dazu stießen Sudanesen, Zulus aus Südfrika und andere afrikanische Söldner. 76 Deutsche dienten in dieser Truppe, meist als Offiziere, Unteroffiziere, als Ärzte oder Rückwärtige. Das Gros entstammte der Wißmann-Truppe, die bereits 1889 arabische Aufstände in Ostafrika unterbunden hatte. Die Freiwlligen verpflichteten sich auf fünf Jahre und erhielten 30 Rupien Monatslohn. Nach dem heutigen Silberpreis entspricht das 342 € (nach heutiger Kaufkraft sind das etwa 3500 €). Die negriden Söldner können es bis zum Feldwebel schaffen, d.s. 60 Rupien monatlich. Es kam vor, daß ein besonders begabter negrider Söldner zum Effendi befördert wurde, also 200 Rupien (etwa 16000 € monatlich). Die Bewaffnung der Schutztruppe: die Jägerbüchse, Modell 71.


      Die deutschen Söldner rekrutierten sich aus dem Armeedienst Ausgeschiedene, denen man die Rückkehr in die deutsche Armee gestattete, sofern sie nach 2,5 Jahren Schutztruppendienst dies begehren sollten. Es gab genug Freiwillige aus der Heimat. Effendis waren Deutschen gegenüber nicht weisungsberechtigt, auch wenn diese dem Rang nach niedriger waren. Umgekehrt durften deutsche Unteroffiziere auch keinen gleich- oder höhergestellten Einheimischen Befehle erteilen. Die Strukturierung der Schutztruppe war grundsätzlich, aber nicht streng nach Rassen getrennt. Deutsche kämpften zumeist an der Seite von Deutschen. Die afrikanischen Söldner blieben unter sich, es sei denn, sie wurden deutschen Unteroffizieren zugeteilt. Dann befahlen die Deutschen den Afrikanern. Nie umgekehrt. Es kam jedoch angesichts eines 90%igen Anteils von Afrikanern in der Schutztruppe oft genug vor, daß rein afrikanische Verbände zu Spezialaufträgen ausgeschickt wurden.
      Die zahlenmäßige Stärke läßt sich in einer Tabelle darstellen. Zum besseren Verständnis über die Stärke der deutschen Schutztruppe in Ostafrika wird hier das Verhältnis der Gesamtbevölkerung im jeweiligen Gebiet in bezug zu einem stationierten Soldaten genannt:
      Kongo (Belgien) 1110
      Britisch-Ostafrika 1300
      Uganda 1800
      Britisch-Indien (Briten und indische Söldner) 1275
      Deutsch-Ostafrika (Deutsche und afrikanische Söldner) 2650
      Britisch-Indien (Verhältnis der Einheimischen zu den Briten) 4120
      Deutsch-Ostafrika (nur Einheimische je einem deutschen Söldner) 25550
      Daraus läßt sich ersehen, daß wenige Deutsche in Ostafrika dienten. Den größten Teil der Schutztruppe bildeten Afrikaner, etwa 90%.

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      • #18
        Der Maji-Maji-Zauber
        Der kriegerisch ausgetragene Konflikt im Jahre 1905 kam für die Schutztruppe überraschend. Ebenso überraschend kam sie für die ersten Opfer dieser "Rebellion", wie man sie im Reich nannte, für die zahlreichen arabischen und gemischtrassigen Händler. Zu den Gründen später. Jedenfalls wurden diese Händler, die doch immer das Ohr am Puls des Landes hätten haben müssen, überrascht und landesweit getötet, wo immer auch Rebellen sie antrafen. Ebenfalls überrascht waren die deutschen Kolonialbehörden davon, daß sich etliche Stämme dieser Rebellion anschlossen, nicht jedoch die als renitent geltenden Wanjamwesi und die wilden Stämme in der Kilimandscharo-Gegend. Die rebellion begann im Süden Ostafrikas. Ein Rebellenführer ist nicht zu fixieren. Es steht aber fest, daß die Erhebung aus der Spitze der Stammeshierarchien der Wagindo und Wapogoro erfolgt sein muß, also ein Aufstand elitärer Einheimischer gegen die neue Ordnung gewesen sein muß.

        erstellt von tradition.de
        Die Ursachen des Aufstandes, über die nach dessen Ausbruch lange gerätselt worden war, lagen nicht, wie man heute vielfach glauben machen will, in einer „Unterdrückung“, „Ausbeutung“ und schlechten Behandlung der Bevölkerung durch deutsche Behörden, vielmehr war der Ursprung in erster Linie bei der Unzufriedenheit von Häuptlingen, zunächst der Wagindo und Wapogoro, mit der neuen Ordnung zu suchen, die sich durch arabischen und deutschen Einfluß alter Rechte und damit verbundener Einnahmen beraubt oder in diesen eingeschränkt sahen, wozu in gewissem Umfang auch die – freilich sehr milde – Besteuerung und der „ewige Ansporn zu Arbeit“ (August Fonck) gehörten. „Dazu kam wohl das Bestreben, sich von Verschuldung, von Ausbeutung durch gierige Händler und von Bedrückung durch einzelne farbige Beamte, politische Agenten und dergleichen frei zu machen“ (August Fonck).


        Ein Beleg für diese Behauptung zur Schuldzuweisung liegt eben darin, daß die ersten Opfer keineswegs deutsche Siedler waren, sondern sich die Rebellion gegen die Schutztruppe und Logistiker richtete, also Leute, die die neue Ordnung in Ostafrika durchsetzten. Daß sich nördliche kriegerische Stämme nicht an dieser Rebellion beteiligten, belegt zusätzlich: Es war kein Aufstand der Afrikaner gegen die Deutschen. Etliche Askari (schwarze Söldner in der Schutztrupe) kehrten, insofern sie ihre Dienstzeit bereits beendet hatten, ohne Aufforderung zur Schutztruppe zurück und schlossen sich keineswegs den Aufständischen an.

        Ein im Krisengebiet stationierter deutscher Offizier namens Merker berichtete kurz vor seinem Tode (er fiel während dieser Rebellion) an seinen Vorgesetzten:

        erstellt von Hauptmann Merker:
        »Nun hatte die deutfche Verwaltung für die Kulturen der Eingeborenen ein befonderes Interesse gezeigt, hatte auch bei drohender Hungersnot große Mengen von Lebensmitteln aufgefpeichert und damit den Hungernden bis zur nächsten Ernte geholfen. Ein in diefem Sinne gefärbtes Mäntelchen der vorbereitenden Beeinflussung umzuhängen, war daher ficher kein törichter Gedanke und bewies wieder einmal, daß der Naturmenfch den Charakter des Europäers inftinktiv beffer durchschaut, als dieser mit Vernunft, Logik und Gemüt das Herz des Wilden sondieren kann. Die Häuptlinge der Matumbi- und Kitfchiberge verbreiteten unter ihren Leuten, daß ein in den Pangani-Schnellen des Rufijiflusses in Gestalt einer Schlange lebender Geist dem in Ngarambi wohnenden Medizinmann, der fich jetzt den Amtstitel Bokero (Vermittler zwischen den Menfchen und jenem Geist) beigelegt hatte, eine Zaubermedizin gegeben habe, die den, welcher sie befäße, von allen Landwirtsforgen befreien würde. Sie würde ferner Wohlstand und Gefundheit verleihen, Hungersnot und Seuchen fernhalten und im besonderen die Pflanzungen vor den Verwüstungen durch Wildfchweine schützen. Sie garantierte reiche Ernte, so daß die Leute in Zukunft nicht mehr für die Fremden Lohnarbeiten zu verrichten brauchten, um sich den gewohnten Luxus (Stoffe, Glasperlen ufw.) zu verschaffen. Die Medizin sollte schließlich auch — und dabei war nur auf die früher ständigen Kriege der Eingeborenen untereinander Bezug genommen— unverwundbar machen, sollte bewirken, daß die Geschosse des Gegners von den Zielen wie Regentropfen von gefetteten Leibern abfielen; Weiber und Kinder sollte sie für die in Kriegszeiten übliche Flucht und die damit verbundenen Strapazen und Entbehrungen stärken, sowie vor einer Verschleppung durch den hegenden Angreifer schützen, der Weiber und Kinder als Beute mitzunehmen pflegte. Die Medizin bestand aus Waffer, Mais und Sorghumkörnern (eine große Hirfeart). Das Waffer wurde in Ngarambi durch Übergießen des Kopfes und Trinken appliziert, aber auch in kleinen Bambusbüchsen, die um den Hals zu hängen waren, verabfolgt. Die Getreidekörner sollten die Weiber in die von ihnen bearbeiteten Felder legen zur Erzielung reicher Ernte und Fernhaltung von Wildschweinen; die Männer sollten je eines der beiden Arten in das Pulver jeder Gewehrladung hecken, wodurch Treffsicherheit erreicht würde.

        Die Sache fah durchaus harmlos aus und wurde auch von den vielen Leuten, die zum Medizinmann pilgerten, im eben skizzierten Sinne aufgefaßt. Keineswegs heimlich, sondern offen und ungeniert wanderten unter den Augen der später in Mitleidenschaft gezogenen Araber, Inder und Küstenleute große Trupps (es wurden solche von über 300 Erwachsenen beobachtet) zum Medizinmann.
        Die eigentliche Aufreizung sollte erst im lebten Moment vor Beginn der Feindseligkeiten erfolgen, die von allen verschworenen Häuptlingen zu einem bestimmten Termin, der einige Monate nach dem ersten August lag, gleichzeitig aufgenommen werden sollten. Zum Glück für die vielen weit ab von Militärstationen liegenden und daher schutzlosen Europäeransiedlungen kam es indes nicht dazu, sondern man schlug, anscheinend infolge eines Privatstreits zwischen Matumbi-Jumben Ende Juli in Kibata los.“
        Der Aufstand wurde von Süden nach Norden vorgetragen und erfaßte alle Bantu-Stämme, nicht aber, wie gesagt, die Einheimischen von anderen Stämmen oder Araber, Inder und afrikanische Ausländer (z.B. Sudanesen), die dem Maji-Maji-Zauber nicht verfielen und sich entweder mit den Deutschen verbanden oder zurückhielten. Man muß sich das so vorstellen: ein Schutzzauber verhinderte die natürliche Furcht des Afrikaners vor seinen (mutmaßlichen) Gegnern, eine Art Droge, die den Nimbus der eigenen Unzerstörbarkeit erzeugte. Dies nutzten die durch die deutsche Kolonialpolitik, Schulden bei den Händlern und Nachrangigkeit gegenüber anderen Stämmen geratenen Stammesfürsten der südlichen Bantu-Stämme aus und initiierten einen Krieg, der sie an die Spitze der Macht in Ostafrika führen sollte. Der Krieg richtete sich gegen die Deutschen, Araber, Inder und Nichtbantus.

        Als die Rebellion ausbrach, dienten 1701 Askari in der Schutztruppe, die von 76 deutschen Unteroffizieren und Offizieren geleitet wurde. Diese "Schutztruppe" hatte ein Gebiet von etwa 1000000 km² zu beschützen. In Ostafrika lebten zu dieser Zeit etwa 3000 Deutsche und sieben Millionen Einheimische, dazu etwa 500000 Inder und Araber in der Küstenregion. Außerdem versahen 659 negride Polizisten mit Pistole ihren Ordnungsdienst. Die Schutztruppe besaß Hinterlader, später einige MGs. Die Aufständischen besaßen etwa 8000 Vorderlader, die sie ins Land geschmuggelt hatten (meist durch Inder), denn es war Einheimischen verboten (bis auf wenige Ausnahmen), Gewehre zu besitzen. Die etwa eine Million Aufständischen nutzten Speere, Giftpfeile und andere archaischen Waffen, aber das Wichtigste für ihren Kampf war das Maji-Maji, das heilige Wasser, von dem sie annahmen, daß es sie unverwundbar machen würde. Kurz gesagt, die Aufständischen waren 500fach überlegen, hatten aber die schlechtere Ausrüstung, v.a. aber besaßen sie keine militärische Disziplin. Diese kleine Streitmacht besaß den Auftrag, die deutschen Siedler, die Investitionen des Reiches (Erzberger nannte am 18. März 1905 im Reichstag die Zahl 30 Millionen RM, also etwa eine halbe Milliarde € nach heutiger Kaufkraft) und die nicht mit den Bantu verbündeten Stämme zu schützen. Eine unlösbare Aufgabe!
        Nachdem Götzen erkannt hatte, daß es sich bei den Maji-Maji-Kriegern um keine lokal begrenzbare Rebellion handelte, schrieb er nach Bärlin und ersuchte die Reichsregierung, ihm 5 (fünf!) Offiziere, 5 (fünf!) Unteroffiziere und drei "Sanitätssergeanten" zu schicken, außerdem ersuchte er um die Bewilligung von MItteln, um 200 Söldner in Eritrea anwerben zu dürfen.

        210 Soldaten, um Zentausende Maji-Maji-Kriege in Schach zu halten. Wahrlich, es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann! Und dabei waren diese Krieger keineswegs unorganisiert und ziemlich verschlagen hinsichtlich ihrer Kriegsführung, wie der folgende Bericht Hauptmann Merkers offenbart:

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Matumbi_Gefecht_1905 - 0001.jpg Ansichten: 0 Größe: 165,3 KB ID: 2758
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Matumbi_Gefecht_1905 - 0002.jpg Ansichten: 0 Größe: 166,0 KB ID: 2759
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Matumbi_Gefecht_1905 - 0003.jpg Ansichten: 0 Größe: 167,7 KB ID: 2760
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Matumbi_Gefecht_1905 - 0004.jpg Ansichten: 0 Größe: 168,3 KB ID: 2761
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Matumbi_Gefecht_1905 - 0005.jpg Ansichten: 0 Größe: 172,8 KB ID: 2763
        Angehängte Dateien

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        • #19
          Eine kritische Betrachtung des Treibens einzelner Kolonialgesellschaften bei der Erwerbung von Land nimmt der SPD-Politiker Ledebour 1905 im Reichstag vor:

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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Ansichten: 41
Größe: 116,0 KB
ID: 2756

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          • #20
            Die Niederschlagung der Rebellion erfolgte in zwei Etappen:
            1. Schutz der deutschen Besitzungen und Missionsstationen, der Handelswege und nichtaufständischen Bevölkerung;
            2. Verfolgung der verbliebenen Aufständischen in deren Schlupfwinkeln.

            Am Anfang der Niederschlagung besetzten einige deutsche Kriegsschiffe wichtige Häfen, sicherten die Nachschublinien (Soldaten und Material) und schützten die ostafrikanischen Küstenstädte vor den vordringenden Rebellen. Anschließend zogen kleinere Trupps (meist jeweils nur ein Offizier, einige Unteroffiziere und etwa 100 Askari) durch das südliche Deutsch-Ostafrika und versuchten die Ausbreitung der Rebellion zu verhindern, wobei sie die einzelnen Horden (nach Aussage Götzens zuweilen bis zu 8000 Mann stark) aufspürten und zum Kampf stellten, was aufgrund der besseren Bewaffnung und Disziplin immer zugunsten der Schutztruppe ausfiel, etwa ein toter Askari auf zehn bis zwanzig Rebellen. Selten fiel einer der deutschen Söldner. Die deutschen Toten waren meist Zivilisten: Pflanzer, Missionare, Angehörige derselben, Nonnen, Reisende... Zugleich plünderten und ermordeten die Rebellen Missionsstationen, Plantagen, Handelsstationen; sie töteten Araber, Inder und ihnen nicht zueilende Afrikaner. Allmählich schlossen sich der Schutztruppe örtliche "Sultane" an, die zuweilen bis zu 1500 Krieger stellen konnten, aber keine Waffen von den Deutschen erhielten, wohl aber die Verfolgung zersprengter Rebellenkontingente übernahmen. Damit wendete sich das Blatt. Der Aufstand hatte sich endgültig zu einem innerafrikanischen Machtkampf zwischen den die Deutschen unterstützenden Stämmen und den Anhängern des Maji-Maji-Zaubers entwickelt.
            Am Ende der ersten Phase hatten sich die Rebellen in unwegsames Gelände zurückgezogen, von wo aus sie Plünderungszüge unternahmen und verbrannte Erde hinterließen, um ihren Rückzug zu sichern. Partisanentaktik. Kleinere Gefechte aus Hinterhalten heraus. Die Schutztruppe hatte nun die Wahl, in unbekanntes Terrain vorzurücken oder dieses Terrain zu erkunden und letztlich die Rebellen zu umzingeln und zu Ausbruchsversuchen zu nötigen, wonach im beabsichtigten Kampf die bessere Bewaffnung und Disziplin den Ausschlag geben mußte. Dabei war zu bedenken, daß die Rebellen das Hundertfache an Mannschaftsstärke besaßen.
            Die Form des Krieges nahm nun immer mehr den Charakter von Guerilla-Kämpfen an, was bedeutet, daß beide Seiten die "Felder und Lebensmittel, soweit die eigene Truppe ihrer nicht bedurfte, zu vernichten" (Götzen, S. 132). Die Deutschen machten das nicht selber, sondern nutzten die Dienste der Ruga-Ruga. Diese Hilfstruppen, die nicht zu den Kolonialtruppen gehörten und keinen Sold erhielten, haßten die Bantu-Krieger und taten alles, um diese zu töten oder auch deren Felder und Gebiete zu verwüsten. Stammesfeindschaft und Beutegier. Die Kolonialverwaltung richtete Konzentrationslager ein, in die "die sich Unterwerfenden gesammelt und angesiedelt [wurden], damit sie unter dem Schutz des Postens Lebensmittel anbauen konnten." (S. 133.) - Diese Schutzbefohlenen mußten zuvor ihre Waffen abgeben, erklären, daß sie Schutz suchten und eine Strafe von 3 Rupien zahlen, nach heutiger Kaufkraft 260 €.
            Entscheidend für den Ausgang der Rebellion war das Verhalten der Wanjamwesi, die über etwa 30000 Gewehre verfügten und in ihrer Haltung schwankend waren. Götzen nennt die Gründe für den glücklichen Ausgang des gesamten Krieges fürs Reich:
            1. das glückliche Vorgehen der Militärstation von Iringa, die die Wahehe daran hinderte, weiter nach Norden vorzustoßen;
            2. die Militärstation von Tabora in Unjamwesi besaß mit Hauptmann Charisius einen wagemutigen Anführer, der die aufbegehrenden Wanjamwesi beeindruckte, so daß diese die Kräfteverhältnisse nach anfänglicher Skepsis gegenüber der Schutztruppe zugunsten dieser neu bewerteten;
            3. das Auftauchen einiger deutscher Marine-Infanteristen (3 Unteroffiziere plus 29 Soldaten) am Viktoriasee, das von den Aufständischen so gedeutet wurde, daß da bald sehr viel mehr auftauchen würden und schließlich
            4. das harrsche Auftreten des Feldwebels Glatzel, der, obgleich etliche Stammesangehörige ihren Sultan bewachten, eben diesen Sultan Makongolo verhaftete und in einem nachfolgenden Gefecht die erst verblüfften, dann Glatzel nachsetzenden Krieger mit einigen wenigen Askari zurückwerfen konnte, wobei der Sultan getötet wurde; das alles veranlaßte die Getreuen des toten Sultans, das Land zu verlassen und weiterzuziehen, sich jedenfalls nicht gegen die Kolonialverwaltung zu stellen.
            Die Wanjamwesi, um den Gedanken zu beenden, erkannten, daß der Krieg verloren war und schlugen sich auf die Seite der Kolonialverwaltung.

            In der letzten Phase des Krieges geschah das, was in solchen Guerilla-Kriegen beinahe immer geschieht, die Intensität der Zerstörung nahm zu. Auf Seiten der Kolonialverwaltung kämpften die Ruga-Ruga, die neben dem Beutemachen auch Rache trieb, denn die Maji-Maji-Krieger hatten nicht nur Europäer verfolgt und getötet, sondern auch Araber, Inder und afrikanische Stämme, die nicht mit ihnen zusammen kämpfen wollten, also beinahe alle Nichtbantustämme. Die Ruga-Ruga verbrannten Felder, zerstörten Siedlungen und auch mal Steppenland, um Rückzugsgebiete des Feindes zu verhindern. Die deutsche Kolonialverwaltung sah das gar nicht gerne und hob Kopfprämien für die Brandstifter aus, schließlich fiel oft genug auch Wald und Kulturland den Flammen zum Opfer. Andererseits waren die Ruga-Ruga eben deswegen auch mit der Schutztruppe verbündet, weil diese so rechtssicher war, denn Brandschatzung wurde durch die Kolonialverwaltung verfolgt. Im Zweifelsfall beriefen sich deutsche Pyromanen darauf, daß es die Ruga-Ruga waren, für die Brandschatzung eine normale Kriegstaktik war. Die Ruga-Ruga dagegen (siehe Bild unten) waren kein Teil der Schutztruppe, also konnten sie von dieser auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Im Streitfall verließen Ruga-Ruga die Schutztruppe. Auch die Maji-Maji-Krieger setzten ganz klar auf Verwüstung. Diese Form der Kriegsführung waren sie seit Jahrhunderten gewohnt.

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            • #21
              Am Ende des Buches (ab Seite 236), das sich nach eigenen Worten "schildernd", tatsächlich jedoch in weiten Teilen chronistisch und wenig kausal oder gar analysierend mitteilt, zieht Götzen einige Schlußfolgerungen, die hier kommentierend wiedergegeben werden sollen:
              Die Weltanschauung Götzens würden wir heute rassistisch nennen. Er erklärt den Aufstand als Rassenkampf. Materielle (z.B. Beutegier) oder ideelle Gründe (Freiheitsdrang, Rache) werden dem untergeordnet. Er betrachtet die bisherige Kolonialgeschichte, nicht nur die der Deutschen, und er glaubt feststellen zu müssen, daß es bisher zwei Extreme gab, die die Kolonialgeschichte bestimmten:
              1. Extrem: das auf "rein egoistischer Ausbeutung beruhende Kolonialsystem früherer Jahrhunderte" und
              2. Extrem: "altruistische Bestrebungen zum Wohle der Eingeborenen" aus der Neuzeit, womit er die Kolonialgeschichte seit dem späten 19. Jahrhundert meint, also vornehmlich die deutsche.
              Beide Systeme lehnt Götzen ab. Er glaubt vielmehr, daß "Rassengegensätze zwischen Europäer und Neger" erklären helfen, wie es zu der Rebellion hatte kommen können und eben immer wieder kommen wird. (alle Zitate Seite 236)
              Aus dieser Ursache heraus betrachtet er historische Ereignisse und benennt Anlässe für die Rebellion.
              1. die Unzufriedenheit des alten Establishments mit ihrer Zurückstufung nach dem Eintreffen der Deutschen, weil "die unter dem neuen Regime ihren bisherigen Einfluß in irgendeiner Weise gemindert sehen" - der alte Kolonialismus beließ die archaischen Strukturen und nahm sich aus dem Land, dessen er bedurfte; der neue deutsche Kolonialismus aber will das Land "deutsch" machen, also nach eigenen Idealen umgestalten, zerschlägt also die alten Strukturen und ersetzt sie durch moderne;
              2. damit zusammenhängt die neue Ordnung, die u.a. durch Nichteuropäer (Neger, Araber oder Inder) umgesetzt wird, die die neue Ordnung als Lebenschance begreifen und sich in den Dienst der neuen Herren stellen (Lehrer, Soldaten, städtische Unternehmer, Arbeiter...) und damit ein Auskommen für sich und ihre Angehörigen finden, das unabhängig von den alten Strukturen funktioniert und diese reich macht;
              3. durch Häupütlinge und Medizinmänner einzelner Stämme leicht lenkbarer Aberglaube, beispielsweise das Aufkommen des Maji-Maji-Zaubers, der einerseits die Unverwundbarkeit gegenüber europäischen Waffen lehrte, andererseits aber den Tod als Teil des Lebens erklärte und die Toten wiederauferstehen ließ.
              Götzen setzte Beamte ein, die eine Tiefenprüfung vornehmen sollten. Diese Beamte befragten Einheimische, die sich auf die Seite der Rebellen geschlagen hatten, nach ihren Beweggründen und stellten folgende Anlässe fest:
              • der durch die deutschen Behörden eingeführte Baumwollanbau wurde abgelehnt, weil er traditioneller Landwirtschaft nicht entsprach (die auf den Plantagen der Deutschen arbeitenden Einheimischen traten als Teil des Herrschaftssystems auf und wurden von den weiter traditionelle Landwirtschaft betreibenden Einheimischen als lästige Neuerer betrachtet, die ihre Ahnen verrieten);
              • die von den Kolonialbehörden eingeführte Wegepflicht (also die Pflege der öffentlichen Wege durch Anrainer) wurde als lästige Pflicht betrachtet, die man nicht kannte und nicht wollte, weil sie Arbeit erforderte und Geld kostete (ist wie heute in Deutschland u.a.O.: außerhalb der Ortschaften übernimmt der Staat die Pflege der Straßen, innert der kleineren Ortschaften die Anwohner);
              • der eingeführte Wald- und Wildschutz war dato unbekannt und wurde als Eingriff in die Freiheit betrachtet;
              • das Viehseuchegesetz wurde als Belästigung und Eingriff des Staates empfunden (man höre: Impfschutzgesetz fürs Vieh!) und
              • die Einführung von Schulen und christlichen Missionen wurde ebenfalls als störend empfunden: man wollte keine Bildung und keine Einmischung in die Ausbildung des eigenen Nachwuchses

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              • #22
                Lösungsvorschläge, um kommende Rebellionen zu unterbinden, zugleich Prüfung der benutzten Methoden:
                • die bisherige Elite in die Verwaltungsprozesse miteinbinden und irgendwann zu Kolonialbeamten machen;
                • das Einholen von Rat von den arrivierten Stammesvätern, Respekt zollen und nicht deren ethische Grundlage bemäkeln;
                • besonders bewährt hat sich die Entschlußfreiheit der Unterführer, die Struktur der Schutztruppe war auf selbständig agierende Unterführer orientiert, das Führen mit Auftrag, das im deutschen Heeres seit dem Siebenjährigen Kriege der Befehlsführung vorgezogen wurde und u.a. dazu führte, daß deutsche Heere eine höhere Schlagkraft als ihre Gegner besaßen - diese Befehlsstruktur hatte sich auch bei den negriden Abteilungen bewährt;
                • das Verbrennen feindlicher Ortschaften und die Vernichtung der Felder, "die planmäßige Schädigung der feindlichen Bevölkerung an Hab und Gut" hält Götzen für "unerläßlich" (dira necessitas), bezeichnet dies zwar als "barbarisch", zugleich aber verweist er darauf, daß "Negerhütten" in kurzer Zeit wieder erstehen und die tropische Natur binnen kürzester Zeit "neue Feldfrüchte hervorbringt" (S. 248)
                • die Offensive hat sich als geeignete Taktik erwiesen, wobei da ein Lerneffekt einsetzte: die zerschlagenen Negerverbände flüchteten ins Buschwerk, anfangs setzte man nach (meist Ruga-Ruga), was sich aber als wenig effizient erwies, wichtiger ist es, strategische Punkte (Militärposten) zu befestigen und als Ausfallbastionen zu nutzen;
                • die Schutztruppe muß mit Tragbooten ausgerüstet werden, jedem Militärposten muß ein fester Stamm von 50 verläßlichen Trägern (in Bereitschaft) zugewiesen werden, die in Friedenszeiten beschäftigt (z.B. mit Feldarbeit) und entlohnt werden müssen;
                • die Bewaffnung mit dem Mauser und MG ist ausreichend, solange feindlich gesonnene Stämme nur über Vorderlader und ihre alten Waffen (Giftpfeile, Bogen, Lanzen, Messer) verfügen;
                • Götzen schlägt eine Trennung von militärischen und polizeilichen/verwaltungstechnischen Kräften vor
                Am Ende des Buches formuliert Götzen den Anspruch der deutschen Kolonialverwaltung in bezug auf die Sicherheitsinteressen der ostafrikanischen Bevölkerung:

                Götzen, S. 257:
                Je mehr Land durch Eisenbahnen erschlossen wird, desto mehr Deutsche werden sich auf die weiterab gelegenen Flächen verteilen. Sie alle haben Anspruch auf behördlichen Schutz, ebenso wie der Neger, der in Frieden seinen Acker bestellen will. Daß wir nicht vermochten, diesen Schutz im letzten Aufstand in ausreichendem Maße zu gewähren und daß deshalb tausende von Landeseinwohnern durch die Horden der Rebellen um Leben und Eigentum gebracht worden sind, hat nicht nur unserm Ansehen, sondern auch unsern Besitz schwer egschädigt.
                Sorgen wir also dafür, daß, sollten abermals schwere Zeiten über die Kolonie hereinbrechen, wir dann besser gerüstet den Ereignissen gegenüberstehen. Die schöne Kolonie ist manches großen Opfers wert.

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