erstellt von nds:
Es ist eine sprachpolitische Maßnahme und somit auch völlig zurecht Gegenstand eines politischen Diskurses, für den die Linguistik keine Deutungshoheit beanspruchen kann.
Sprachwissenschaftler sind es gewohnt, ihren Gegenstand und ihre Disziplin als unpolitisch zu betrachten. Ich denke, daß das in beiden Fällen ein Trugschluß ist. Sicher, Sprache wird von uns als quasi naturgegebener Gegenstand angesehen und die theoretischen Vorstellungen, die man über die Beugung des Verbs, über Kasus, Numerus oder Genus entwickelt, sind, sofern sie wissenschaftlich sind, tatsächlich frei von gesellschaftsideologischen Aspekten.
In der Geschichte der Linguistik war dies nicht immer so. In Grammatiken des Deutschen aus dem 18. Jahrhundert oder von noch früher findet sich meist eine Mischung aus Beschreibung und Bewertung dergestalt, daß Variantenvielfalt in der deutschen Sprache beschrieben wird, aber gleichzeitig klar gesagt wird, welche Varianten nicht schicklich seien, meist verbunden mit einem verächtlichen Zungenschlag gegenüber den vermeintlich ungebildeten Schichten, Handwerker, Bauern usw. Im 19. Jahrhundert findet sich parallel zur Restauration des deutschen Nationalstaats auch eine Linguistik, die die deutsche Sprache zu einem Organismus aufwertet. Hier ist der Ursprung der sprachideologischen Haltung, die jeden Sprachwandel als Sprachverfall deutet, und die Übernahme von Lehnwörtern als eine Art Verschmutzung der ursprünglich reinen deutschen Sprache. Die moderne Linguistik enthält sich seither solcher Wertungen.
Gleiches gilt für uns aber auch für die Ausdrucksvielfalt innerhalb einer einzigen Sprache. Man kann „Sonnabend“ oder „Samstag“ sagen. Beide Ausdrucksweisen sind gleich viel wert. Und darin stimmen wir mit den Trägern der Sprache, den Menschen, die sie verwenden und denen sie folglich gehört, überein. Frei nach Rosa Luxemberg könnte man daher ein Prinzip des sprachlichen Pluralismus formulieren: Freiheit ist immer die Freiheit des Anderssprechenden. Nennen wir es das linguistische Rosa-Prinzip, oder im Folgenden einfach Rosa-Prinzip. Ich mag dieses Prinzip auch deshalb, weil es einem eine Haltung abverlangt, die jenseits der Frontlinien der Gendern-Debatte liegt.
Ist das Rosa-Prinzip ein linkes Prinzip? Ich würde denken, ja – eines von vielen natürlich, aber wer sich nicht daran hält, kann eigentlich nicht für sich beanspruchen, links zu sein.
Das Rosa-Prinzip hat eine weitere Konsequenz: Wer die Ausdrucksweise eines anderen nicht akzeptiert, versucht sich über ihn zu stellen. Da die Abschaffung von Herrschaftsverhältnissen zwischen Menschen ein linkes Ziel ist, ist diese Selbsterhöhung wiederum nicht links.
Eine Sprache ist ein Zeichensystem, bei dem grundsätzlich willkürlich Formen und Bedeutungen zu Zeichen verbunden werden. Aber diese Verbindungen, einmal gesetzt, definieren dann die Sprache. Ein Fisch ist ein Fisch und ein Tisch ist ein Tisch, und wer die beiden Wörter verwechselt, wendet die Sprache falsch an. Daß dem so ist, ist eine soziale Tatsache, wie überhaupt alle sprachlichen Tatsachen soziale Tatsachen sind.
Gleichwohl sind diese konventionalisierten sprachlichen Zeichen nur Werkzeuge der Kommunikation. Wir verwenden diese Werkzeuge, um uns auszutauschen, also Bedeutungen, Ideen, Vorstellungen, Wünsche usw. zu kommunizieren. Was dabei für den Adressaten einer Äußerung zählt, ist nicht, was die verwendeten Wörter konventionell bedeuten, sondern was der Sprecher mit der Verwendung dieser Wörter meint, was er versucht zu kommunizieren.
Wenn Sie sich oben gefragt haben, wie es gelingt, einander zu verstehen, ohne die gleiche Sprache zu haben, dann liegt hier die Antwort: Eine streng genommen gemeinsame Sprache ist nicht nötig, weil gelingende Kommunikation davon nicht abhängt. Die sprachlichen Zeichen sind beim Verstehen einer Äußerung eher so etwas wie Anhaltspunkte.
Das Wesen des Verstehens liegt also darin, zu erkennen, was jemand mit einer Äußerung meint, nicht in dem, was die verwendeten Wörter hergeben, wenn sie quasi wortwörtlich verstanden werden. Wenn es anders wäre, könnte es sprachkreative Erscheinungen wie beispielsweise Metaphern gar nicht geben, keinen Sprachwandel, generell keine sprachlichen Neuerungen, aber damit auch keine Sprache, weil alle Einheiten der Sprache irgendwann einmal als Neuerungen in die Sprache aufgenommen wurden. Das ist also auch wieder ein fundamentaler Aspekt der Sprache.
Verstehen beruht also auf Empathie. Auch diese sprachliche Brüderlichkeit ist eine Konsequenz des Rosa-Prinzips, die sich allerdings wie gesagt erst ergibt, wenn man die Eigenarten sprachlicher Kommunikation berücksichtigt.
Sind Linke dafür anfällig, gegen das Rosa-Prinzip zu verstoßen? Eindeutig ja. Es gab mal eine Zeit, in der Befürworter und Gegner einer Technologie, nennen wir sie behelfsweise mal Atomkernkraft, an ihrer Bezeichnung für diese Technologie erkennbar waren, wie eine Art sprachliches Parteiabzeichen.
Der linke Verstoß gegen das Rosa-Prinzip besteht hier in der Nicht-Akzeptanz des Ausdrucks Kernkraft. Der Verständigung tat das Ganze im Übrigen aber keinen Abbruch. Schließlich kann man sich nicht streiten, wenn man sich nicht versteht.
Nehmen wir noch ein anderes Beispiel, bevor wir zum Gendern kommen. Im Zuge der Flüchtlingskrise der EU wurde von Seiten der Aktivisten Geflüchteter als neue Bezeichnung anstelle von Flüchtling eingeführt. Das am Beispiel Atom-/Kernkraft beschriebene Muster wiederholt sich hier. Man kann wieder Vertreter einer bestimmten politischen Position an der Ausdrucksweise erkennen.
Das Problem mit dem linken Aktivismus ist aber auch hier, daß er das Bedürfnis nach einer Begründung hat, die auch hier darauf basiert, die nicht verwendete Alternative schlechtzureden. Flüchtling soll irgendwie verächtlich oder diskriminierend klingen, was auch an der Endung -ling liegen soll wie in Häftling, Schwächling. Erneut sehen wir selektive Wahrnehmung: Varianten, die nicht in die Argumentation passen, wie Säugling, Zwilling, Liebling, werden ausgeblendet. Daß hier mit der Verwendung des Partizips auch eine Strategie des Genderns angewandt wird, mag eine weitere Motivation für die Ausdrucksweise sein.
Grundsätzlich, und das ist beim Gendern auch so, versucht hier eine Minderheit, der Mehrheit ihr Sprachgefühl aufzuzwingen: “Ich empfinde Flüchtling als diskriminierend, und wenn du das nicht genauso fühlst, dann stimmt mit deinem Sprachgefühl etwas nicht.”
Kommen wir nun zum Gendern. Wer mir bis hierher gefolgt ist, wird zunächst einmal schlußfolgern, daß eine neue Ausdrucksweise an sich nichts Schlechtes sein kann. Wer dem Rosa-Prinzip folgt, der kann sich weder gegenderter Ausdrucksweise verschließen, noch beispielsweise Anglizismen oder jugendsprachlicher und anderweitiger Sprachakrobatik.
In dem Moment aber, wo spielerische Praxis den politischen Raum betreten hat, war alle Unbefangenheit dahin. Das Gendern wurde zu einem sprachlichen Parteiabzeichen. Die Gleichstellungsbüros öffentlicher Institutionen verfassen Sprachratgeber, die als Empfehlungen tarnen, was mit empfindlichen sozialen Sanktionen bewehrt einer Forderung nach unbedingtem Sprachgehorsam entspricht.
Alternative Mittel, wie das landauf landab in allen Schichten und Regionen höchst gebräuchliche und vorrangig verwendete Mittel des sogenannten generischen Maskulinums, werden als diskriminierend diffamiert. Diejenigen, die mit Überzeugung gendern, tun das ausgesprochen demonstrativ und inszenieren sich als die besseren Menschen. Es ist offensichtlich, daß das Rosa-Prinzip hier gravierend verletzt ist. In mehreren Punkten.
Es beginnt aber damit, daß auch hier die Abwertung der Ausdrucksalternative keine Basis in der Realität hat. Nehmen wir eine Durchsage in einem Kaufhaus kurz vor Ladenschluß: Liebe Kunden, bitte beenden Sie zügig Ihren Einkauf. Wir schließen in fünf Minuten. Vielen Dank für Ihren Besuch.
Das ist ganz gewöhnlicher Sprachgebrauch, wie er ständig im deutschen Sprachraum vorkommt. Niemand, auch keine Gendern-Befürworter, würde bestreiten, daß der hier verwendete Ausdruck Kunden geschlechtsneutral gemeint ist und dass das auch problemlos so verstanden wird. Das ist ein unbestreitbares linguistisches Faktum. Auch die weiblichen Kunden werden das Kaufhaus verlassen.
Wenn es wirklich so wäre, daß wir uns bei der Verwendung generischer Maskulina ständig mißverstehen, dann wäre uns das längst aufgefallen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte aus der Beobachtung der tatsächlich stattfindenden Kommunikation, daß dem so wäre. Sprache ist nicht perfekt, und Mißverständnisse kommen immer wieder vor, aber die generischen Maskulina sind hier in keiner Weise auffällig.
Das Problem liegt also nicht in den sprachlichen Mitteln des Genderns an sich (jeder darf sich so ausdrücken, wie er möchte), sondern darin, daß wir es hier mit einer sprachpolitischen Maßnahme zu tun haben, die gegen das Rosa-Prinzip verstößt, weil sie alternative Ausdrucksweisen und ihre Verwender diskriminiert.
Es ist eine sprachpolitische Maßnahme und somit auch völlig zurecht Gegenstand eines politischen Diskurses, für den die Linguistik keine Deutungshoheit beanspruchen kann.
Sprachwissenschaftler sind es gewohnt, ihren Gegenstand und ihre Disziplin als unpolitisch zu betrachten. Ich denke, daß das in beiden Fällen ein Trugschluß ist. Sicher, Sprache wird von uns als quasi naturgegebener Gegenstand angesehen und die theoretischen Vorstellungen, die man über die Beugung des Verbs, über Kasus, Numerus oder Genus entwickelt, sind, sofern sie wissenschaftlich sind, tatsächlich frei von gesellschaftsideologischen Aspekten.
In der Geschichte der Linguistik war dies nicht immer so. In Grammatiken des Deutschen aus dem 18. Jahrhundert oder von noch früher findet sich meist eine Mischung aus Beschreibung und Bewertung dergestalt, daß Variantenvielfalt in der deutschen Sprache beschrieben wird, aber gleichzeitig klar gesagt wird, welche Varianten nicht schicklich seien, meist verbunden mit einem verächtlichen Zungenschlag gegenüber den vermeintlich ungebildeten Schichten, Handwerker, Bauern usw. Im 19. Jahrhundert findet sich parallel zur Restauration des deutschen Nationalstaats auch eine Linguistik, die die deutsche Sprache zu einem Organismus aufwertet. Hier ist der Ursprung der sprachideologischen Haltung, die jeden Sprachwandel als Sprachverfall deutet, und die Übernahme von Lehnwörtern als eine Art Verschmutzung der ursprünglich reinen deutschen Sprache. Die moderne Linguistik enthält sich seither solcher Wertungen.
Gleiches gilt für uns aber auch für die Ausdrucksvielfalt innerhalb einer einzigen Sprache. Man kann „Sonnabend“ oder „Samstag“ sagen. Beide Ausdrucksweisen sind gleich viel wert. Und darin stimmen wir mit den Trägern der Sprache, den Menschen, die sie verwenden und denen sie folglich gehört, überein. Frei nach Rosa Luxemberg könnte man daher ein Prinzip des sprachlichen Pluralismus formulieren: Freiheit ist immer die Freiheit des Anderssprechenden. Nennen wir es das linguistische Rosa-Prinzip, oder im Folgenden einfach Rosa-Prinzip. Ich mag dieses Prinzip auch deshalb, weil es einem eine Haltung abverlangt, die jenseits der Frontlinien der Gendern-Debatte liegt.
Ist das Rosa-Prinzip ein linkes Prinzip? Ich würde denken, ja – eines von vielen natürlich, aber wer sich nicht daran hält, kann eigentlich nicht für sich beanspruchen, links zu sein.
Das Rosa-Prinzip hat eine weitere Konsequenz: Wer die Ausdrucksweise eines anderen nicht akzeptiert, versucht sich über ihn zu stellen. Da die Abschaffung von Herrschaftsverhältnissen zwischen Menschen ein linkes Ziel ist, ist diese Selbsterhöhung wiederum nicht links.
Eine Sprache ist ein Zeichensystem, bei dem grundsätzlich willkürlich Formen und Bedeutungen zu Zeichen verbunden werden. Aber diese Verbindungen, einmal gesetzt, definieren dann die Sprache. Ein Fisch ist ein Fisch und ein Tisch ist ein Tisch, und wer die beiden Wörter verwechselt, wendet die Sprache falsch an. Daß dem so ist, ist eine soziale Tatsache, wie überhaupt alle sprachlichen Tatsachen soziale Tatsachen sind.
Gleichwohl sind diese konventionalisierten sprachlichen Zeichen nur Werkzeuge der Kommunikation. Wir verwenden diese Werkzeuge, um uns auszutauschen, also Bedeutungen, Ideen, Vorstellungen, Wünsche usw. zu kommunizieren. Was dabei für den Adressaten einer Äußerung zählt, ist nicht, was die verwendeten Wörter konventionell bedeuten, sondern was der Sprecher mit der Verwendung dieser Wörter meint, was er versucht zu kommunizieren.
Wenn Sie sich oben gefragt haben, wie es gelingt, einander zu verstehen, ohne die gleiche Sprache zu haben, dann liegt hier die Antwort: Eine streng genommen gemeinsame Sprache ist nicht nötig, weil gelingende Kommunikation davon nicht abhängt. Die sprachlichen Zeichen sind beim Verstehen einer Äußerung eher so etwas wie Anhaltspunkte.
Das Wesen des Verstehens liegt also darin, zu erkennen, was jemand mit einer Äußerung meint, nicht in dem, was die verwendeten Wörter hergeben, wenn sie quasi wortwörtlich verstanden werden. Wenn es anders wäre, könnte es sprachkreative Erscheinungen wie beispielsweise Metaphern gar nicht geben, keinen Sprachwandel, generell keine sprachlichen Neuerungen, aber damit auch keine Sprache, weil alle Einheiten der Sprache irgendwann einmal als Neuerungen in die Sprache aufgenommen wurden. Das ist also auch wieder ein fundamentaler Aspekt der Sprache.
Verstehen beruht also auf Empathie. Auch diese sprachliche Brüderlichkeit ist eine Konsequenz des Rosa-Prinzips, die sich allerdings wie gesagt erst ergibt, wenn man die Eigenarten sprachlicher Kommunikation berücksichtigt.
Sind Linke dafür anfällig, gegen das Rosa-Prinzip zu verstoßen? Eindeutig ja. Es gab mal eine Zeit, in der Befürworter und Gegner einer Technologie, nennen wir sie behelfsweise mal Atomkernkraft, an ihrer Bezeichnung für diese Technologie erkennbar waren, wie eine Art sprachliches Parteiabzeichen.
Der linke Verstoß gegen das Rosa-Prinzip besteht hier in der Nicht-Akzeptanz des Ausdrucks Kernkraft. Der Verständigung tat das Ganze im Übrigen aber keinen Abbruch. Schließlich kann man sich nicht streiten, wenn man sich nicht versteht.
Nehmen wir noch ein anderes Beispiel, bevor wir zum Gendern kommen. Im Zuge der Flüchtlingskrise der EU wurde von Seiten der Aktivisten Geflüchteter als neue Bezeichnung anstelle von Flüchtling eingeführt. Das am Beispiel Atom-/Kernkraft beschriebene Muster wiederholt sich hier. Man kann wieder Vertreter einer bestimmten politischen Position an der Ausdrucksweise erkennen.
Das Problem mit dem linken Aktivismus ist aber auch hier, daß er das Bedürfnis nach einer Begründung hat, die auch hier darauf basiert, die nicht verwendete Alternative schlechtzureden. Flüchtling soll irgendwie verächtlich oder diskriminierend klingen, was auch an der Endung -ling liegen soll wie in Häftling, Schwächling. Erneut sehen wir selektive Wahrnehmung: Varianten, die nicht in die Argumentation passen, wie Säugling, Zwilling, Liebling, werden ausgeblendet. Daß hier mit der Verwendung des Partizips auch eine Strategie des Genderns angewandt wird, mag eine weitere Motivation für die Ausdrucksweise sein.
Grundsätzlich, und das ist beim Gendern auch so, versucht hier eine Minderheit, der Mehrheit ihr Sprachgefühl aufzuzwingen: “Ich empfinde Flüchtling als diskriminierend, und wenn du das nicht genauso fühlst, dann stimmt mit deinem Sprachgefühl etwas nicht.”
Kommen wir nun zum Gendern. Wer mir bis hierher gefolgt ist, wird zunächst einmal schlußfolgern, daß eine neue Ausdrucksweise an sich nichts Schlechtes sein kann. Wer dem Rosa-Prinzip folgt, der kann sich weder gegenderter Ausdrucksweise verschließen, noch beispielsweise Anglizismen oder jugendsprachlicher und anderweitiger Sprachakrobatik.
In dem Moment aber, wo spielerische Praxis den politischen Raum betreten hat, war alle Unbefangenheit dahin. Das Gendern wurde zu einem sprachlichen Parteiabzeichen. Die Gleichstellungsbüros öffentlicher Institutionen verfassen Sprachratgeber, die als Empfehlungen tarnen, was mit empfindlichen sozialen Sanktionen bewehrt einer Forderung nach unbedingtem Sprachgehorsam entspricht.
Alternative Mittel, wie das landauf landab in allen Schichten und Regionen höchst gebräuchliche und vorrangig verwendete Mittel des sogenannten generischen Maskulinums, werden als diskriminierend diffamiert. Diejenigen, die mit Überzeugung gendern, tun das ausgesprochen demonstrativ und inszenieren sich als die besseren Menschen. Es ist offensichtlich, daß das Rosa-Prinzip hier gravierend verletzt ist. In mehreren Punkten.
Es beginnt aber damit, daß auch hier die Abwertung der Ausdrucksalternative keine Basis in der Realität hat. Nehmen wir eine Durchsage in einem Kaufhaus kurz vor Ladenschluß: Liebe Kunden, bitte beenden Sie zügig Ihren Einkauf. Wir schließen in fünf Minuten. Vielen Dank für Ihren Besuch.
Das ist ganz gewöhnlicher Sprachgebrauch, wie er ständig im deutschen Sprachraum vorkommt. Niemand, auch keine Gendern-Befürworter, würde bestreiten, daß der hier verwendete Ausdruck Kunden geschlechtsneutral gemeint ist und dass das auch problemlos so verstanden wird. Das ist ein unbestreitbares linguistisches Faktum. Auch die weiblichen Kunden werden das Kaufhaus verlassen.
Wenn es wirklich so wäre, daß wir uns bei der Verwendung generischer Maskulina ständig mißverstehen, dann wäre uns das längst aufgefallen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte aus der Beobachtung der tatsächlich stattfindenden Kommunikation, daß dem so wäre. Sprache ist nicht perfekt, und Mißverständnisse kommen immer wieder vor, aber die generischen Maskulina sind hier in keiner Weise auffällig.
Das Problem liegt also nicht in den sprachlichen Mitteln des Genderns an sich (jeder darf sich so ausdrücken, wie er möchte), sondern darin, daß wir es hier mit einer sprachpolitischen Maßnahme zu tun haben, die gegen das Rosa-Prinzip verstößt, weil sie alternative Ausdrucksweisen und ihre Verwender diskriminiert.
Kommentar: Gendern ist ein sprachpolitischer Akt, der seine Berechtigung besitzt. Allerdings hat das Deutsche ein Problem, daß nämlich zwischen dem generischen masculinum und der Nutzanwendung auf den individuellen männlichen Akteur formal nicht unterschieden werden kann, hier also eine semantische Lücke entsteht, die auch nicht dadurch ausgeglichen werden kann, daß es generische feminina gibt, denn dann liegt das Problem eben in der Nutzanwendung auf den weiblichen Akteur. Aber ist das wirklich ein Problem im sprachlichen Alltag?
Ich widerspreche dem Autoren in der Hinsicht, daß das Rosa-Prinzip durchgängig Anwendung finden sollte. Der Grund ist einfach: Es wird immer jemanden geben, der sich durch ein Wort diskriminiert fühlt. Man kann es nicht allen recht machen. Kontext und Milieu sind bedeutsam, imgleichen Rasse und sozialer Stand. Wenn in Pulp Fiction das Wort "Nigger" gebraucht wird, dann kömmt es darauf an, ob es ein Neger oder ein Nichtneger sagt. Der eine darf das, der andere darf das im Sprachgebrauch nicht. Wenn jemand sagt "80% der Lehrer an meiner Schule sind weiblich", dann stößt auch die Genderschickeria an ihre Grenzen, es sei denn, sie entblödet sich und glaubt, daß mit Lehrer_innen beide Geschlechter erfaßt werden können. Können sie eben nicht, weil es dieses Wort nicht gibt.
Und so bleibt das Gendern, was es dem Wesen nach ist und wie es in der Quelle auch gesagt wird: ein sprachpolitischer Akt einer Minderheit, der gewaltsam zu neuem Sprachgebrauch führen soll udn kräftige Unterstützung durch das Establishment genießt. Das Volk will es nicht? Egal. Es wird durchgedrückt.
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