Studien. Nein, nicht die Lehrgänge an den Unis, sondern die unzähligen Pamphlete aus der scientific community in welchen alles und jedes vom Hörvermögen des Haushunds bis zumFeinstaubgehalt unserer Wohnzimmerluft, von der Höhe der Schuhabsätze in Korrelation zum Famileneinkommen bis zum Krebsrisiko der Hausstaubmilbe analysiert, verglichen, normiert, standardisiert und schließlich publiziert wird. Damit die Studienautoren endlich die gebührende Aufmerksamkeit und das entsprechende Renommee durch die Platzierung in einem international renommierten Wissenschaftsjournal genießen können. Schließlich herrscht gerade in universitären und sich der Forschung widmenden Einrichtungen ein beinharter Wettbewerb um Fördermittel, Projektfinanzierung und Prestigeposten. Aber darum geht es mir nicht. Auch nicht um die inhaltliche Qualität und Relevanz der Studien. Ich schau mal bissl auf die weit verbreitete und wie mir scheint zunehmende Hörigkeit besonders halbgebildeter Kreise was Studien angeht. Wenn du in einer Diskussion um was auch immer mit der Einleitung 'eine kürzlich durchgeführte Studie hat eindeutig bewiesen ...' beginnst, hast du schon halb gewonnen. Studien haben heute beinahe die Bedeutung kirchlicher Lehren in früheren Zeiten. Nicht ganz. Wenn Rom entschied, dass Weiber keine Weiheämter empfangen durften, dann war das so, Punkt. Wenn eine Studie heute die Nützlichkeit eines generellen Tempolimits auf Autobahnen 'beweist', dann kommt die nächste Studie um die Ecke, die genau das Gegenteil 'beweist'. Das gabs bei den Pfaffen nicht. Wer das Gegenteil der kirchlichen Lehrmeinung öffentlich behauptete, landete entweder auf dem Scheiterhaufen oder in den Folterkellern der Inquisition. Insofern haben sich die Verhältnisse doch gebessert. Man verbrennt seine Gegner nicht mehr, man stellt sie an den Pranger, den sozialen, wissenschaftlichen, medialen Pranger. Dank der segensreichen Wirkung der allgegenwärtigen Präsenz der digitalen Medien, ist das ein globaler Pranger. Auch nicht sehr human, finde ich.
Mit einer Studie kannst du fast alles beweisen oder widerlegen. Die geeignete Auswahl an Probanden, Proben, Messwerten, Objekten, dazu eine maßgeschneiderte statistische Auswertung samt vieler Querverweise auf andere Studien, Zitate wissenschaftlicher Prominenz sorgen für den richtigen 'bias', das gewünschte Ergebnis. Womit ich nicht allen Studien Manipulation vorwerfen will, doch bei der Mehrzahl der Studien steht schon am Anfang fest, was am Ende rauskommen soll. Dafür sorgt schon der Auftraggeber, der den ganzen Spaß finanziert. Wirklich unabhängige Studien, bei denen das Ergebnis offen ist, sind rar. Glaub ich. Mir fehlt die Metastudie zur Ergebnisoffenheit von Studien. Das wär doch mal was. Gibt es aber sicher schon. Musst du nur finden im Studienwald.
Die meisten Studien widmen sich Fragen und Wissensgebieten, die man den sogenannten Geisteswissenschaften zurechnet. In den Naturwissenschaften muß jeder Wissenserwerb ergebnisoffen sein und sich allein an den Experimenten und Messergebnissen orientieren, wenn auch weiche Faktoren wie die persönlichen Vorstellungen und Präferenzen der Forscher nicht ganz auszuschließen sind. Ein seriöser Physiker aber, der ernst genommen werden will, muß am Ende auch die Widerlegung einer Theorie akzeptieren, die er vielleicht selbst aufgestellt hat. Wenn die Experimente das erzwingen. Ja, er wird sich freuen über die Widerlegung seiner Theorie! Wenn er ein echter Jünger der Wissenschaft ist. Jeder Forscher weiß doch, dass nur die unerwarteten Ergebnisse zum Wissenserwerb taugen. Eine Theorie, die immer wieder bestätigt wird, entwickelt sich nicht weiter. Studien sind aber keine Experimente, sondern ziehen aus Faktensammlungen, Datenmengen und Testergebnissen Schlüsse. Bei Arzneimitteltests besteht noch eine gewisse Nähe zum naturwissenschaftlichen Experiment, doch auch hier sind exakte Messungen kaum möglich. Selbst wenn ein blutdrucksenkendes Medikament getestet wird - und der Blutdruck lässt sich ja messen, sind die Ergebnisse doch von Mensch zu Mensch verschieden und auch abhängig von Tageszeit, Stresslevel, körperlicher Kondition etc. etc. Das sind alles 'soft facts', die das Ergebnis beeinflussen. Den Placeboeffekt nicht zu vergessen. Doch dagegen haben die cleveren Arzneimitteltester ein Kraut gefunden, das als Allheilmittel gilt: die Blindstudie, besser noch die Doppelblindstudie. Bei ersterer wissen die Testpersonen nicht, ob sie ein wirksames Mittel einnehmen oder ein Placebo, bei zweiterer wissen selbst die Testleiter nicht, was sie den Probanden verabreichen. Damit sollen Einflüsse, die das Ergebnis der Tests verfälschen könnten, ausgeschlossen werden. Das Wissen der Beteiligten, dass sie an einer Studie teilnehmen, wird sich aber nie ganz ausschalten lassen ...
Studien können ein taugliches Mittel sein, im Wust geisteswissenschaftlicher Datenmengen, Informationssammlungen, Meinungen, Theorien und Hypothesen eine gewisse Ordnung und Übersicht zu schaffen. Ich fand da mal eine ziemlich griffige Formulierung zum Unterschied von Geistes- und Naturwissenschaften. Die ging ungefähr so: In den Naturwissenschaften sind die einfachen Fragen einfach beantwortbar. In den Geisteswissenschaften sind die einfachen Fragen die am schwierigsten zu beantwortenden. Wie in jedem Bonmot, steckt auch in diesem ein Körnchen Wahrheit. Die Grundprobleme der Non-MINT-Fächer lösenaber auch Studien nicht. Denn die 'einfachsten' Fragen dieser Disziplinen sind solche wie: Was ist Geist, was ist Bewusstsein, was ist Verstand, was ist Erkenntnis, was ist Wirklichkeit, was ist Wahrheit usw. usw. Diese Fragen sind in den MINT-Fächern tabu, weil mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht zu beantworten. Dennoch streifen auch solche Disziplinen wie Physik und Mathematik immer wieder an die Gefielde der Philosophie, Erkenntnistheorie oder Psychologie. Die Grenzen der Welterkenntnis sind fließend, die einen stehen am diesseitigen, die andern am jenseitigen Ufer unf versuchen den Fluß der Erkenntnis zu durchqueren und saufen dabei regelmäßig ab, ohne das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Oft rufen sie einander auch Freundlichkeiten zu wie Spinner, Träumer, Fantasten hie und Materialisten, Mechaniker, Rationalisten dort. Abrüstung der Worte täte allen gut. Es ist ja nicht so, dass die Grenzgebiete der Physik nicht fantastisch und unvorstellbar genug wären, um das Menschenhirn zum Rotieren zu bringen. Dennoch hält sich der Physiker im Allgemeinen an Fakten und versucht, diese zu einer Theorie zu verbinden. Es ist aber unerlässlich, Überlegungen und Spekulationen anzustellen, die über die bloßen Fakten hinausgehen. Anders ist Forschung und Wissenserweiterung nicht möglich. Der Vorteil der MINT-Jünger liegt darin, dass sie ihre Hypothesen durch das Experiment überprüfen können, was den Non-MINT-Adepten nur selten möglich. Und da können Studien helfen. Studien als das Experiment der Geisteswissenschaften? Mag sein. Das überlasse ich den Wissenschaftstheoretikern.
Ach ja Studiengläubigkeit. Studien erfüllen die Funktion der Propheten und Wanderprediger der Religionen in alten Zeiten. Sie umgibt die Aura der Wahrheit, der Unfehlbarkeit, also solange, bis eine neue Studie die alte ablöst. Studien sind kurzlebiger als religiöse Glaubenssätze und Lehrmeinungen. Dennoch üben sie eine starke Faszination aus auf Gebildete, Halbgebildete, akademisch verschulte Geister. Was in einer Studie steht, hebt sich ab vom Meinungsgebräu der Kommentatoren und Stammtische, vom ideologischen Geplapper politischer Agitatoren. Was in einer Studie steht, trägt das Siegel der Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit und Seriosität. Gilt natürlich nur für Studien, die sich an die Regeln halten. Die Regeln der wissenschaftlichen Redlichkeit. Und da beginnt das Problem. Es gibt keine amtliche Prüfstelle für die Qualität von Studien, keinen Studien-TÜV, ausser das Review durch die Kollegenschaft. Und die ist notwendigerweise geprägt von Konkurrenzdruck, Eigeninteresse und Abhängigkeiten. So können Konzerne, Interessensgruppen, Lobbies und andere Vereine beliebig Studien in Auftrag geben, um die bestellten Ergebnisse dann publizistisch zu verwerten. Egal ob Packerlsuppen, Klimaänderung, Genderismus, Borkenkäfer oder Fußpilz, für alles kannst du eine Studie bestellen, die das gewünschte Ergebnis bringt. Diese wird dann von den Befürwortern wie ein Banner vor sich hergetragen, von den Gegnern in der Luft zerissen. Und sicher von einer nächsten Studie abgelöst, die genau das Gegenteil 'beweist'. Das Problem dabei, kaum einer liest all diese Studien wirklich von Anfang bis Ende durch, das geht sich allein schon in der Lebensspanne eines Menschen nicht aus. Meist werden nur einzelne Sätze herausgepickt, Ergebnisse je nach Standpunkt verwendet, zu Überschriften eingedampft und kaum ernsthaft diskutiert. Es wartet ja schon die nächste Studie darauf, durchs mediale Dorf getrieben zu werden.
An Studien wird die Welt nicht genesen. Aber sie sind immerhin wertvolle kleine Energiepillen auf unserem nie endenwollenden Marathon zu mehr Wissen und Verständnis der Welt. Und wenn es über den Weg des Irrtums und der Irreführung ist.
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Mit einer Studie kannst du fast alles beweisen oder widerlegen. Die geeignete Auswahl an Probanden, Proben, Messwerten, Objekten, dazu eine maßgeschneiderte statistische Auswertung samt vieler Querverweise auf andere Studien, Zitate wissenschaftlicher Prominenz sorgen für den richtigen 'bias', das gewünschte Ergebnis. Womit ich nicht allen Studien Manipulation vorwerfen will, doch bei der Mehrzahl der Studien steht schon am Anfang fest, was am Ende rauskommen soll. Dafür sorgt schon der Auftraggeber, der den ganzen Spaß finanziert. Wirklich unabhängige Studien, bei denen das Ergebnis offen ist, sind rar. Glaub ich. Mir fehlt die Metastudie zur Ergebnisoffenheit von Studien. Das wär doch mal was. Gibt es aber sicher schon. Musst du nur finden im Studienwald.
Die meisten Studien widmen sich Fragen und Wissensgebieten, die man den sogenannten Geisteswissenschaften zurechnet. In den Naturwissenschaften muß jeder Wissenserwerb ergebnisoffen sein und sich allein an den Experimenten und Messergebnissen orientieren, wenn auch weiche Faktoren wie die persönlichen Vorstellungen und Präferenzen der Forscher nicht ganz auszuschließen sind. Ein seriöser Physiker aber, der ernst genommen werden will, muß am Ende auch die Widerlegung einer Theorie akzeptieren, die er vielleicht selbst aufgestellt hat. Wenn die Experimente das erzwingen. Ja, er wird sich freuen über die Widerlegung seiner Theorie! Wenn er ein echter Jünger der Wissenschaft ist. Jeder Forscher weiß doch, dass nur die unerwarteten Ergebnisse zum Wissenserwerb taugen. Eine Theorie, die immer wieder bestätigt wird, entwickelt sich nicht weiter. Studien sind aber keine Experimente, sondern ziehen aus Faktensammlungen, Datenmengen und Testergebnissen Schlüsse. Bei Arzneimitteltests besteht noch eine gewisse Nähe zum naturwissenschaftlichen Experiment, doch auch hier sind exakte Messungen kaum möglich. Selbst wenn ein blutdrucksenkendes Medikament getestet wird - und der Blutdruck lässt sich ja messen, sind die Ergebnisse doch von Mensch zu Mensch verschieden und auch abhängig von Tageszeit, Stresslevel, körperlicher Kondition etc. etc. Das sind alles 'soft facts', die das Ergebnis beeinflussen. Den Placeboeffekt nicht zu vergessen. Doch dagegen haben die cleveren Arzneimitteltester ein Kraut gefunden, das als Allheilmittel gilt: die Blindstudie, besser noch die Doppelblindstudie. Bei ersterer wissen die Testpersonen nicht, ob sie ein wirksames Mittel einnehmen oder ein Placebo, bei zweiterer wissen selbst die Testleiter nicht, was sie den Probanden verabreichen. Damit sollen Einflüsse, die das Ergebnis der Tests verfälschen könnten, ausgeschlossen werden. Das Wissen der Beteiligten, dass sie an einer Studie teilnehmen, wird sich aber nie ganz ausschalten lassen ...
Studien können ein taugliches Mittel sein, im Wust geisteswissenschaftlicher Datenmengen, Informationssammlungen, Meinungen, Theorien und Hypothesen eine gewisse Ordnung und Übersicht zu schaffen. Ich fand da mal eine ziemlich griffige Formulierung zum Unterschied von Geistes- und Naturwissenschaften. Die ging ungefähr so: In den Naturwissenschaften sind die einfachen Fragen einfach beantwortbar. In den Geisteswissenschaften sind die einfachen Fragen die am schwierigsten zu beantwortenden. Wie in jedem Bonmot, steckt auch in diesem ein Körnchen Wahrheit. Die Grundprobleme der Non-MINT-Fächer lösenaber auch Studien nicht. Denn die 'einfachsten' Fragen dieser Disziplinen sind solche wie: Was ist Geist, was ist Bewusstsein, was ist Verstand, was ist Erkenntnis, was ist Wirklichkeit, was ist Wahrheit usw. usw. Diese Fragen sind in den MINT-Fächern tabu, weil mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht zu beantworten. Dennoch streifen auch solche Disziplinen wie Physik und Mathematik immer wieder an die Gefielde der Philosophie, Erkenntnistheorie oder Psychologie. Die Grenzen der Welterkenntnis sind fließend, die einen stehen am diesseitigen, die andern am jenseitigen Ufer unf versuchen den Fluß der Erkenntnis zu durchqueren und saufen dabei regelmäßig ab, ohne das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Oft rufen sie einander auch Freundlichkeiten zu wie Spinner, Träumer, Fantasten hie und Materialisten, Mechaniker, Rationalisten dort. Abrüstung der Worte täte allen gut. Es ist ja nicht so, dass die Grenzgebiete der Physik nicht fantastisch und unvorstellbar genug wären, um das Menschenhirn zum Rotieren zu bringen. Dennoch hält sich der Physiker im Allgemeinen an Fakten und versucht, diese zu einer Theorie zu verbinden. Es ist aber unerlässlich, Überlegungen und Spekulationen anzustellen, die über die bloßen Fakten hinausgehen. Anders ist Forschung und Wissenserweiterung nicht möglich. Der Vorteil der MINT-Jünger liegt darin, dass sie ihre Hypothesen durch das Experiment überprüfen können, was den Non-MINT-Adepten nur selten möglich. Und da können Studien helfen. Studien als das Experiment der Geisteswissenschaften? Mag sein. Das überlasse ich den Wissenschaftstheoretikern.
Ach ja Studiengläubigkeit. Studien erfüllen die Funktion der Propheten und Wanderprediger der Religionen in alten Zeiten. Sie umgibt die Aura der Wahrheit, der Unfehlbarkeit, also solange, bis eine neue Studie die alte ablöst. Studien sind kurzlebiger als religiöse Glaubenssätze und Lehrmeinungen. Dennoch üben sie eine starke Faszination aus auf Gebildete, Halbgebildete, akademisch verschulte Geister. Was in einer Studie steht, hebt sich ab vom Meinungsgebräu der Kommentatoren und Stammtische, vom ideologischen Geplapper politischer Agitatoren. Was in einer Studie steht, trägt das Siegel der Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit und Seriosität. Gilt natürlich nur für Studien, die sich an die Regeln halten. Die Regeln der wissenschaftlichen Redlichkeit. Und da beginnt das Problem. Es gibt keine amtliche Prüfstelle für die Qualität von Studien, keinen Studien-TÜV, ausser das Review durch die Kollegenschaft. Und die ist notwendigerweise geprägt von Konkurrenzdruck, Eigeninteresse und Abhängigkeiten. So können Konzerne, Interessensgruppen, Lobbies und andere Vereine beliebig Studien in Auftrag geben, um die bestellten Ergebnisse dann publizistisch zu verwerten. Egal ob Packerlsuppen, Klimaänderung, Genderismus, Borkenkäfer oder Fußpilz, für alles kannst du eine Studie bestellen, die das gewünschte Ergebnis bringt. Diese wird dann von den Befürwortern wie ein Banner vor sich hergetragen, von den Gegnern in der Luft zerissen. Und sicher von einer nächsten Studie abgelöst, die genau das Gegenteil 'beweist'. Das Problem dabei, kaum einer liest all diese Studien wirklich von Anfang bis Ende durch, das geht sich allein schon in der Lebensspanne eines Menschen nicht aus. Meist werden nur einzelne Sätze herausgepickt, Ergebnisse je nach Standpunkt verwendet, zu Überschriften eingedampft und kaum ernsthaft diskutiert. Es wartet ja schon die nächste Studie darauf, durchs mediale Dorf getrieben zu werden.
An Studien wird die Welt nicht genesen. Aber sie sind immerhin wertvolle kleine Energiepillen auf unserem nie endenwollenden Marathon zu mehr Wissen und Verständnis der Welt. Und wenn es über den Weg des Irrtums und der Irreführung ist.
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