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Wolkensteins Wortarchiv (II)

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  • Wolkensteins Wortarchiv (II)

    Fortsetzung des gleichnamigen Ordners aus dem alten Forum
    "Die BRD hockt auf uns drauf, schwer wie Blei."
    Erklärung eines Stasi-Mitarbeiters gegenüber einem westdeutschen Kommunisten 1982, warum es mit dem Sozialismus in seiner realen Form nicht weit her sei.

  • #2
    Habe heute ein Wort gesucht, das aus "Ungunst" ein Verb macht. "ungunsten" erschien mir unpassend, weil GUNST nun mal zur Verbalisierung nicht taugt. Wortbildung im Deutschen! Also eine Vorsilbe. Ein tätiges Pro. Be. So kam beungunsten heraus. Ich setzte es ein. Später dachte ich nach, suchte das Wort. Und siehe! Goethe benutzte es einmal. Das Wort gibt es also schon, es benutzt nur keiner. Nur ich.

    beungunsten, beungunstet, beungunstete...

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    • #3
      Erregungsbeauftragter Beim heutigen Kreuzworträtseln kam dieses Wort als Lösung heraus. Ich habe keine Ahnung, ob es stimmt, aber dieses Wort besitzt Potential.

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      • #4
        Siegelung
        Ein Wort, das bei den Mormonen eine besondere Bedeutung hat. Wußte ich bis eben nicht. Erklärung: Ich liebe die Musik von Low seit etwa fünfundzwanzig Jahren und erfuhr eben, daß die beiden wichtigsten Mitglieder der Band Mormonen seien, zudem miteinander verheiratet und mit Kindern gesegnet. Mormonen sind bei uns wegen ihrer Vielehe bekannt. Viele lehnen das ab, aber bei den Mormonen funktioniert das sogar in Zeiten von Transgender schon deshalb, weil sie eben die Ehe und andere Gemeinschaftsformen als Teil der Siegelung und nicht unbedingt als (einmaliges) Sakrament betrachten. Wer einen anderen Menschen begehrt (nicht unbedingt heterosexuell), der verbinde sich unauflöslich mit ihm. Kinder sind das Salz der Erde, aber auch ein Zeichen von ewiger Verbindung.
        Mir gefällt das sehrlichst, aber das macht mich nicht zum Mormonen.

        https://www.youtube.com/watch?v=zbSazRxrflw

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        • #5
          Das früher gebräuchliche "abkanzeln" wird heute durch cancel culture ersetzt. Gemeint ist das gleiche. Ich weiß nicht, ob es das schon bei den Katholiken gab - ich fürchte, ja -, aber historisch sicher ist, daß es im Gefolge der Durchsetzung des Protestantismus strenge Wortausleger gab, die Luther so verstanden hatten, daß die Durchsetzung des Wortes wichtiger sei als dessen mögliche zeitgemäße Auslegung. Das artete erstmals unter den Quäkern aus. kein historischer Exkurs...

          Heute steht es für eine widerliche Verfolgungssucht des Establishments, das über Randgruppenbefindlichkeiten Sensibilisierungslücken der Abgekanzelten gezielt angreift, um sie aus dem gesellschaftlichen Diskurs auszuschließen. Es ist schlimm genug, daß sich die Betroffenen das zu oft gefallen lassen, weil sie nicht ausgeschlossen werden möchten und auf den psychologischen Trick: "Wir sind doch alle für den Frieden!" (Frieden kann mit Fortschritt, Gerechtigkeit, Humanismus, Vielfältigkeit... getauscht werden) hereinfallen, der sie flugs mundtot und damit zum Opfer macht.

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          • #6
            Coretto benutzte in ihrem neuen Lyrsa-Werk den Begriff "talpen". Das Wort kannte ich nicht, mußte nachschlagen. Es bedeutet täppisch, ungeschickt. Pfote, Tatze sind daraus abgeleitet. Es ist ein Wort aus dem Mittelhochdeutschen, südwestdeutsch.

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            • #7
              kötzen, khözen .... verwendete meine öst. Großmutter für (keuchend, bellend) husten; hab ich seitdem von niemandem mehr gehört

              genauso wie Strauka, Strauken für Verkühlung, Erkältung, Schnupfen

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              • #8
                Das Wort "woke" (erwacht) soll im Deutschen keine passende Entsprechung besitzen. Ursprünglich ein Begriff, den negride Minderprivilegierte in den 1930er Jahren benutzten, um ihr soziales und politisches Erwachen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit gegenüber der nichtnegriden Oberschicht zu beschreiben, ist der Begriff nunmehr selber (was in seinem Wesen liegt) rassistisch geworden, denn er ist die Farbe der Haut und die damit einhergehenden sozialen Verwerfungen fixiert. Also, er wird benutzt, um anzuzeigen, daß die Pigmentierung weit mehr ist als Pigmentierung. Das ist eine rassische Grundüberzeugung.
                Ich schlage für "woke" selbstreferentiell vor. Das ist zwar auch ein Fremdwort, aber hat sich hier schon etabliert.

                Lesetip:
                Esther Bockwyt: Woke. (West-End Verlag)

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                • #9
                  einige Archaismen von Jean Paul, von denen die meisten wohl kaum mehr nur bekannt, geschweige denn gebräuchlich sind
                  • Augenwassersucht (nicht als Krankheit zu verstehen, sondern als der Wunsch, Gefühle zu entwickeln und den Körper darauf reagieren zu lassen, nicht unbedingt in Gesellschaft)
                  • Einsprengfrage ​​(ein Wort für alle headliner)​​​​​
                  • Einzigperle von Minute (eine wunderbare Augenblickssituation)​
                  • Flegeljahre
                  • Freudenewigkeiten
                  • Hochmensch (mit dem heute gebräuchlichen Gutmenschen zu übersetzen)​
                  • Jetztzeit
                  • kanzleistilig
                  • Krähwinkel (bei Curt Götz Piepnest; ein kleines deutsches Städtchen voller wundersamer Menschen)​
                  • Lebensbrennpunkt
                  • Pappelsilber (eine Umdrehung von Silberpappel: die silbrigen Blätter derselben)
                  • Weltschmerz (das kennt man heute noch), bei Jean Paul liest sich das so: "Nur sein Auge sah all die tausend Qualen der Menschen bei ihren Untergängen. Diesen Weltschmerz kann er nur aushalten durch den Anblick der Seligkeit, die nachher vergütet."

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                  • #10
                    Mit "Leugnen" wird viel Schindluder getrieben. An den "Klimaleugner" hat man sich mittlerweile gewöhnt. Dann betrat der "Wissenschaftsleugner" die Zeitungsseiten. Hinzugekommen ist jetzt der "Wahlleugner". Verwendet wird er vor allem für Leute, die der Meinung sind, dass die letzten Präsidentschaftswahlen in den USA ungültig waren.
                    Anmerkung: Die Wahlleugner in Berlin haben Recht behalten. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus war ungültig und muss wiederholt werden.

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                    • #11
                      Mitte des 19. Jahrhunderts entstand in Deutschland nach den Stürmen der Revolution von 1848/49 eine neue Form der Literatur: Butzenscheibenepik, später auch Butzenscheibenlyrik. Während die Butzenscheibenlyrik bis heute als Begriff bekannt ist, ist das die Butzenscheibenepik nicht. Gemeint ist eine Form des Literarisierens, die süßlich-kitschig die Wirklichkeit ausblendet und in märchenhaft-pittoresker Form Geschichten erzählt

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                      • #12
                        Neutöner
                        So bezeichnete man um 1900 die Naturalisten und andere (Expressionisten, Symbolisten...), sich gegen das klassische Erbe stellende Schriftsteller. Der Begriff starb, als die Literaturwissenschaft diese Neutöner aufsplittete in eben die genannten Untergruppen. Mir will Neutöner gut gefallen.

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                        • #13
                          Warum wird in den Medien ständig von Klimaklebern gesprochen, obwohl es in neuem Deutsch eigentlich Klimaklebende heißen müsste um keine Geschlechter auszuschleßen?

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                          • #14
                            Noch ein paar alte, aus dem Gebrauch gekommene Wörter aus dem bairisch-östreichischen Mundartwortschatz:

                            Surm, Juri, Sumper
                            grober, roher, ungehobelter, taktloser Mann; ob Juri was mit Russen zu tun hat, weiß ich nicht.

                            Hallawachl - männliches Exemplar eines beschränkten, tölpelhaften Zeitgenossen

                            versumpern - verrohen, ins gesellschaftliche Abseits driften

                            Walperl, ausgesprochen 'Woiperl' - selbstgefälliges, dümmliches, leichtsinniges Frauenzimmer

                            wie man sieht, gab es (viele) Hauptwörter, die ausschließlich für Männer oder Frauen verwendet wurden. Abseits aller Genderei und geschlechtlicher Dekonstruktion.​
                            Zuletzt geändert von eulenspiegel; 25.01.2023, 10:11.

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                            • #15
                              Als Esoteriker bezeichneten die Rosenkreuzer und Freimaurer ihre ersten Mitglieder, diejenigen, die ihre Gesellschaft begründeten. Jeder, der später aufgenommen wurde, war ein Exoterischer.

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