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Theologische Dispute (II)

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  • #16
    Das Attentat hat mit Religion nur scheinbar etwas zu tun. Religion ist hier für ein Symptom einer Krankheit, nämlich der, daß manche Menschen es schlichtweg nicht vertragen, wenn andere Dinge sagen, die ihnen nicht passen. Ihre Hemmschwelle, denjenigen für das Sakrileg (im Sinne von Übertretung einer Regel) zu bestrafen, sinkt, zumal dann, wenn sie auch nicht von anderen in ihrem Plan bestärkt werden. Das kann alle Lebensbereiche betreffen: Glauben, Familie, Politik, Wirtschaft, Freundschaft, Fußball...
    Marx hat das nicht begriffen und Religion mit Kirche verwechselt, v.a. der Kirche, die staatstragend ist. Sobald sich nämlich Kirche ins weltliche Leben einmischt, wird es arg. Theokratien haben noch nie der Freiheit und dem Fortschritt gedient. Religion dagegen ist etwas, was der einzelne mit seinem Gott ausmacht. Wen sollte das was angehen?

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    • #17
      Was du mit deinem Gott ausmachst, geht tatsächlich niemand etwas an. Wenn ich auch persönlich mit Gott nicht mehr viel anfangen kann, so respektiere ich jede Art von Transzendenzpflege und Re-ligio an was auch immer, solange ich damit nicht gesellschaftlich, politisch, als öffentliche oder private Person belästigt werde. Nur haben eben die meisten auch 'ehrlich' Gläubigen den natürlichen Drang, andere an ihrer Gotteserfahrung, der 'Wahrheit' teilhaben zu lassen. Diejenigen, die dazu noch Verdammnis und Höllenqualen befürchten, wollen ihre Liebsten natürlich davor bewahren. Und da beginnst das Übel schon. Bald findet sich ein An-Führer, der die guten Energien in entsprechende Bahnen lenkt, der organisiert und kanonisiert und die meisten Gutgläubigen werden ihm folgen. Kann man sagen, das Gleiche tun politische Parteien oder Vereine ja auch. Im Prinzip ja. Nur die haben sich inzwischen an eine Verfassung zu halten, die in vielen Ländern nach Jahrhunderten Kämpfen und Kriegen endlich Toleranz und Meinungsfreiheit als Normen und Grundrechte festschreiben. Die religiösen Bewegungen, Kirchen, Konfessionen, Gemeinden forden diese Toleranz und Meinungsfreiheit zwar für sich - Stichwort 'Religionsfreiheit' - verwehren dieses Recht aber allen Un-gläubigen und fühlen sich berechtigt, ja verpflichtet, ihre 'Wahrheit' über das weltliche Recht zu stellen, über Verfassung und Grundrecht. Die unfassbare Untätigkeit und das konsequente Wegschauen der Staatsanwälte in den zahllosen Fällen von Kinderschändung und Kindesmissbrauch in katholischen Einrichtungen beweist, dass auch ín unseren 'aufgeklärten, konstitutionellen Demokratien' mit einer Sonderstellung von Kirchen noch Staat zu machen ist. Es gibt keine Trennung von Kirche und Staat. Und damit hat Marx doch recht.

      Und: es gibt keine strikte und verlässliche Unterscheidung von Religion und Kirche. Der Übergang ist fließend. Ausser du begrenzt Religion konsequent auf eine Zweierbeziehung zwischen einem Individuum und 'seinem' Gott. Das halten aber die wenigsten Menschen durch. Sie suchen die Gemeinde. Und auch du fühlst dich als Christ doch als Teil einer Gemeinde. Wie ich diversen Postings entnehmen kann. Eine Trennung von Individualkult und Gemeinschaft ist praktisch unmöglich.

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      • #18
        Für die Moslems ist Jesus ein Prophet, nicht der mit den neuesten Informationen über den telelogischen Gang, aber - immerhin! - ein Prophet. Eine Jesus-Rezeption ist schon fürs 11. Jahrhundert belegt. Da gab es einen Perser namens Al-Ghazali (um 1100), der in eine Stele folgendes ritzen ließ:

        Jesus, der Friede sei mit Ihm (großes I!), sagte:
        Die Welt ist eine Brücke -
        Gehe hinüber,
        aber baue nicht dein Haus darauf.

        Kommentar: Hier streiten sich zwei Auffassungen über das Verhältnis des Menschen zur Welt. Die Zwei-Reiche-Lehre sieht das irdische Leben und das himmlische. Das irdische Leben ist ephemer, das himmlische ewig, allerdings erst nach dem Bewährungsgang auf der Erde. Demnach solle man sich auf der Erde nicht für die Ewigkeit einrichten.
        Die andere Auffassung betont die Verantwortung des Christen auf der Erde; also statt der Einmaligkeit irdischen Lebens verlangt sie vom Christen die Einheit von Wort und Tat, was bedeutet: Man sieht sich nicht nur einmal im Leben, sondern muß einen Baum pflanzen, einen Sohn zeugen und ein Haus bauen. Ja, man muß ein Haus bauen! Aber eben nicht IN eine Durchgangsstraße oder auf eine Brücke, über die andere erst noch gehen müssen.

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        • #19
          Ohne jetzt irgendeines Mitmenschen religiöse Gefühle zu kränken oder verletzen zu wollen, darf und muß ich mal meine Gedanken und Gefühle zum aktuellen Anlaß Weihnachten hier einstellen.

          Um es ganz kurz zu sagen, für mich müsste jemand, der die biblische Legende vom Messias glaubt, der in einem Stall in Bethlehem geboren, von einer Jungfrau, zum Zwecke sich am Kreuze für die Menschheit zu opfern und deren Erbschuld zu tilgen, mal selbstkritisch seine Urteilskraft überprüfen.

          Dass solch eine Mär heute noch von Milliarden Menschen mehr oder weniger geglaubt oder hingenommen wird, stimmt mich extrem pessimistisch, was die Zukunft des Homo sapiens angeht.
          Zuletzt geändert von eulenspiegel; 26.12.2022, 15:43. Grund: Fehlerkorrektur

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          • #20
            Zu Deiner Weihnachtsabsage: Darum geht es beim Weihnachtsfest nicht. Der Stall steht fürs Herabsteigen (Deszendenz) Gottes zu den Menschen; die Jungfrau ist letztlich nur einem Übersetzungsfehler geschuldet, denn im Original steht Kore, das Wort für junge Frau. Das Opfer am Kreuz ist als Auftrag an die Überlebenden zu verstehen, daß es Nachgeborene besser machen sollen, nämlich miteinander zu wetteifern, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die Mär ist durch und durch humanistisch und optimistisch angelegt. Klarerweise wird sie von se nem Miesepröppel wie Dir, Till, nicht goutiert.

            Ich fragte mich in den letzten Jahren immer mal wieder, das bricht so aus meinem Unterbewußten hervor, warum die Gnostiker sich nicht durchsetzten. Klar, das waren arrogante Besserossiehs, die statt zu glauben, lieber vorgaben, die Dinge eben zu wissen, diese Erleuchtheinis. Aber diese poetische Verbindung von astralen Leibern mit der allumfassenden Liebe - das hat schon was. Das begeistert mich immer aufs neue, wenn ich darüber nachdenke oder darüber stoße, wie derzeit in einem Buch von Frick. Der erklärt, daß die Gnostiker zwischen dem sich in Nikäa hart durchsetzenden Fundamentalchristentum und dem aufkommenden Islam zerrieben wurden und eben diesen Weltkräften nichts entgegenzusetzen hatten. Was eben hätten sie entgegensetzen sollen? Sie hätten sich ja anpassen müssen. Sie taten es nicht, erneuerten nichts und traten nicht in die Öffentlichkeit, nicht an den Pöbel heran, wie's die beiden anderen taten.
            Und das lehrt uns, daß Anpassung zuweilen nicht notwendig ist, gerade für den Fall einer Selbstaufgabe. Es bleibt Unangepaßten immer noch die Flucht ins Geheime, ins Verborgne, wo sich zeigen wird, wie virulent die eigenen Glaubensinhalte sind. Und sie zeigten sich als sehr virulent, denn spätestens im 18. Jahrhundert, mit dem Aufkommen der Freimaurer u.a. setzten sich die Inhalte der Gnostiker wieder in Szene - und sie wirken bis heute.

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            • #21
              Ach, lieber Rodbertus, was ich an all den Religionskisten, Erlösungsverheissungen und Theologistereien so schätze, ist, dass sich jeder sein eigenes, privates Evangelium basteln kann. Sich jeder seine persönliche Frohbotschaft stricken kann, sich jeder seinen individuellen Gott zusammenschustern kann. Ich muss dich aber drauf aufmerksam machen - das fordert mein ungläubiges und verderbtes Gewissen von mir -, dass deine Deutung der Weihnachtslegende so ganz und gar nicht der der einzigen Stellvertreterin Gottes auf Erden, der alleinseligmachenden und kraft eigener Vollkommenheit in exklusiver Unfehlbarkeit wandelnden allumfassenden, katholischen Kirche entspricht! Ratzinger dreht sich in der Päpstegruft um.

              Und ich muß dich warnen: mein Dorfpfaffe und Religionslehrer in der Volksschule, der ehrwürdige Geistliche Rat Bruder Johann, er lehrte mich und meine erbsündebehafteten Mitschüler, dass es nur einen gebe, der noch verdammter und verfluchter sei als ein Ungläubiger: das ist ein Irrgläubiger. Und Hochwürden Johann benannte auch gleich die schlimmste Form des Irrglaubens, den Lutherismus. Die Evangelischen, wie er die Anhänger des Irrlehrers Martin nannte, seien schlimmer noch als Heiden und Ungläubige! Und er musste es wissen, vertrat er doch nur die Lehrmeinung der alleinseligmachenden Ecclesia. Da habe ich als Ungläubiger also noch bessre Chancen aufs Himmelreich als du, lieber Robert. Das solltes du mal erwägen in einer stillen Stunde

              Wenn ich könnte, würd ich dir gerne meine Anwartschaft auf himmlische Seligkeit übertragen. Denn nichts ist für mich höllischer und furchteinflößender als die Aussicht auf ein Leben nach dem Tode, ein ewiges erst recht. Was soll ich eine ganze Ewigkeit lang anfangen??? Ich würde mich zu Tode langweilen, wenn das möglich wäre. Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt! In diesem Sinne, Vergelt's Gott und der Herr sei mir dir!

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              • #22
                Ich fürchte, ich wiederhole mich. Schau ich mir an, wo Religionen in aller Welt mitmischen an Konflikten, Kriegen, Verfolgung, Gewalt in jeglicher Form, dann komm ich zu dem Schluß, es gibt kaum etwas Schlimmeres als Religionen. Nein, nichts Böseres als Religiöse. Nicht alle, aber zu viele. Egal, welche Religion du nimmst, die meisten predigen Nächstenliebe, Gottesliebe, Befolgung der grundlegenden ethischen Regeln (Goldene Regel, kat. Imperativ etc.), verurteilen Mord und Totschlag, Haß und Gewalt. Und die Praxis? Ausnahmslos Versagen. Es ist leider so, je religiöser ein Mensch, desto gewaltbereiter. So wenigstens die Regel, auch wenn es Ausnahmen geben sollte.

                Ich sehe Religionen als die Wurzel allen Übels. Als Atheist sind für mich Gott und alle seine Gebote, Engeln, Offenbarungen etc. eine Erfindung des Menschen. Also wären Religionen ebenso Menschenwerk. Liegt also die Gewalt in der Natur des Menschen, sind Religionen nur Ausdruck dieser Anlage zur Gewaltbereitschaft. Die steckt in unseren Genen. Religion ist nur ein ideales Mittel zur Rechtfertigung und Ausübung von Gewalt. Im Dienste der guten Sache, im Auftrag des jeweiligen Gottes. Oft im Widerspruch zur Lehre. Diesen Widerspruch lösen wir individuell durch verschiedene Rituale auf. Dafür gibt es Priester, Gurus, Bevollmächtigte der Götter. Beichten, Reinigungsrituale, Ablaßkrämerei, Bußrituale etc., das alles dient dazu, meine persönliche Schuld zu abzuladen. Nicht selten auf die Rücken von Sündenböcken: Andersgläubige, Ungläubige, Heiden. Damit sind diese die Bösen und dürfen, ja müssen bestraft werden. Der Kreislauf des Bösen ist geschlossen.

                Schau hin, wo du willst: wo Religion im Spiel, ist immer Gewalt im Spiel. Palästina, Iran, ja die ganze islamische Welt, auch der friedliebende Buddhismus macht keine Ausnahme und die Champions der Nächstenliebe, die Christen, sie blicken auf ein langes Sündenregister zurück, das aufzuzählen ich mir ersparen will.

                Ich halte Religion per se für eine gute Sache. Doch immer wieder und ausnahmslos entartet sie zu einem Instrument der Gewalt und Unterdrückung, Mord und Totschlag. Das scheint ein unausweichlicher Automatismus, ja ein Naturgesetz zu sein: Gute Gebote/Vorsätze schaffen böse Taten. Da hilft alles nix. Es braucht weder eine Theodizee noch was weiß ich für ausgewichste theologische Verrenkungen. Der Mensch ist, wie er ist: Erstens strunzdumm, zweitens strunzdümmer, drittens am strunzdümmsten. Dazu feig, hinterhältig, gierig, gierig und nochmal gierig.

                Wem das zu negativ, dem kann ich auch nicht helfen. Hier steh ich und kann nicht anders. Herrscher, Despoten, Diktatoren, Propheten, Päpste, Lamas, Ayatollahs und sonstige Kreaturen sind meine Zeugen. Amen.

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                • #23
                  Zitat von eulenspiegel Beitrag anzeigen
                  Der Mensch ist, wie er ist: Erstens strunzdumm, zweitens strunzdümmer, drittens am strunzdümmsten. Dazu feig, hinterhältig, gierig, gierig und nochmal gierig.
                  Made by Evolution. Das Leben ist kein Ponyhof. Eine Tierart, die in der Lage ist den Thron zu besteigen, kann nicht besonders sympathisch sein.

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                  • #24
                    Das hat mit Religionen genauso viel zu tun wie mit allen anderen menschlichen Eigenschaften, daß die "Einmischung" des Menschen eben auch das zeitigt, was Einmischung eben so mit sich bringt. Die Religion ist ein Bedürfnis des Menschen, jedes Menschen. Er sucht, solange er sucht, wird er sich Fragen stellen wie "Woher komme ich?", "Wohin gehe ich?", "Wozu lebe ich?" Das alles sind religiöse Fragen, die sich gottlose Menschen auch stellen, aber sie verzweifeln an den Antworten und ziehen sich auf Ersatz zurück. Am Ende haben schon die alten Griechen hedonistische Atheisten hervorgebracht - und auch die konnten keine befriedigenden Antworten geben. Machen wir uns nichts vor, aus der Verneinung des Göttlichen ist noch nichts Gutes gekommen. Daß Gott uns als Abbilder schuf, das bedeutet auch, daß er in uns das Gute und Böse legte. Aber was ist das Böse anderes als eine Aufforderung, eine Herausforderung, der sich jeder gegenübersieht, der nicht nur im unendlichen Regressus aus Ursache und Wirkung sich selber gefangensetzt, zu begegnen und für sich (und meist auch andere) zu lösen? Auch die Evolution ist nur ein Ausdruck religiöser Forschung. Wie könnte man annehmen, daß es ein Besseres gäbe, wenn man nicht annähme, daß es überhaupt so etwas wie gut und böse gibt, schlecht und weniger schlecht, heiß und kalt, gerade und ungerade... Es sind die Polaritäten, die uns Menschen vom Tierreich abtrennen, das Bewußtsein einer differenzierbaren Welt. Ein Affe wird auch in einer Million Jahren kein Buch schreiben und sich Gedanken über gut und böse machen. Evolution hin oder her. Der Zug ist abgefahren. Und das bringt uns wieder an den Anfang zurück: woher stammt unser Bewußtsein? Die Erklärung, es stamme aus der Erfahrung, aus der damit verbundenen Abwägung von angenehm und weniger angenehm, erklärt es eben nicht. Erfahrungen macht jeder Säuger, jeder Vogel, jeder Olm und Wurm - erst gestern meinte mein Sohn, nachdem einen fetten Regenwurm aus dem Beet gezogen hatte: "Diese kleinen Biester verstecken sich vor mir. Die scheinen irgendwie miteinander zu kommunizieren." Aber diese Erfahrungen führen im Tierreich nicht dazu, daß sich die Spezies signifikant weiterentwickelt, sie paßt sich nur der Umwelt an, aber eflektiert diese nicht weiter, nur in diesem Überlebensmodus. Das ist etwas ganz anderes als unser menschliches Reflektieren, das oft "brotlos" genannt wird. Die Abwägung des Angenehmen und weniger Angenehmen nehmen auch Tiere vor, handeln dann aber instinktiv nach dem, was ihnen angenehmer ist, will heißen, was ihnen weniger Schmerz bereitet, ihre Körperchemie ins Gleichgewicht bringt etc. Doch ist das alles? Körperchemie? Eben nicht. Denn sobald sich der Mensch halbwegs im Gleichgewicht befindet, will er mehr als das. Und das zieht die Frage nach sich, warum das so ist.
                    Daß Religion zwangsläufig Kirchliches nach sich zieht und damit die Manifestation des Bösen erzeugt, ist eine andere Frage, die aber eher wenig Religiöses berührt.

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                    • #25
                      Stimme da soweit überein, aber die genannten Fragen sind keine „religiösen Fragen“, sondern Spirituelle. Die Religionen sind nur eine „theoretische“ Antwort auf eben diese Fragen. Oder wie ich immer sage: „Religion ist nur das Geschäft mit dem Glauben der Menschen“. Sie wurde erfunden, um Menschen, die keine eigenen Antworten auf diese Fragen zu finden, eine Marschrichtung vorzugeben, aus der man Profit schlagen kann. Im Grunde also eine Art Versklavung. Was dem Afroamerikaner die Kette am Fuß war, ist dem Religiösen sein (Irr)glauben ?‍♂️

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                      • #26
                        Einspruch, meine Lieben. Da sind ja wieder mal die idealistischen Gäule mit euch durchgegangen. Morgen ist zwar das Fest der Auferstehung, doch muß ich leider Wasser in euren Wein gießen.

                        Ich verwahre mich dagegen, als Abbild Gottes bezeichnet zu werden. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, Mensch hat sich einen Gott ausgedacht, einen Lückenfüller für alle ungelösten Phänomene und Fragen. Deus ex imaginatione. Und ich verspüre auch kein Bedürfnis nach Religion. Und ich betrachte die vielbeschworenen Fragen nach dem Woher, Wohin und Warum/Wozu als sinnlos. Und es ist kein Zeichen von Intelligenz, sich immer wieder die gleichen Fragen zu stellen, auf die es per se keine Antworten geben kann, allein weil die Fragestellung schon sinnlos ist. Weil ihr ein Trugschluß zugrunde liegt. Wir sind gewohnt, in Kausalketten zu denken. Also fragen wir uns, wo wir wohl vor unserer Zeugung/Geburt gewesen sind. Weil es muß ja was davor geben. Wirklich? Mein Leben begann mit der Vereinigung von Ei- und Samenzelle meiner Eltern. Und mein Leben endet mit meinem Tod. (Hoffentlich!!!) Wie und warum sollte es auch weiter gehen? Solange mir niemand von den Idealisten, Spiritualisten, Spiritisten erklären kann, wo das Bewusstsein weilt und sich vergnügt, während ich bewusstlos bin, z. B. während einer Narkose oder einem Schlag auf den Schädel oder im traumlosen Schlaf, solange ist ein Glaube an eine Seele/Bewusstsein, die den Tod überleben, absurd. Alles, aber wirklich auch alles spricht dafür, dass Bewusstsein auf ein funktionierendes Gehirn angewiesen ist. Ein davon unabhängiges Bewusstsein müsste sich ja während Bewusstlosigkeit selbst irgendwie abschalten und wieder einschalten, sobald das Gehirn dazu wieder bereit ist. Wie soll das gehen? Darauf hab ich bislang keine Antwort vom Idealismus/Spiritualismus erhalten.

                        Der archaische Glaube, wir Menschen seien vom Tier qualitativ unterschiedlich, weil wir von Gott eine Seele eingehaucht bekommen hätten, diese primitive Selbstanmaßung ist ja durch die neueren Erkenntnisse von Biologie, Verhaltensforschung und Kognitionswissenschaften endgültig unhaltbar geworden. Die meisten Wirbeltiere haben ein Bewusstsein, sind schmerzempfindlich und lernfähig - natürlich auf ihrem Level. Der einzige Unterschied zum Homo sapiens besteht darin, dass wir Kulturtechniken entwickelt haben - evolutionär, schrittweise - unsere Erfahrungen an unsere Nachkommen weiterzugeben. Somit können diese auch lernen, ohne jeden Lerninhalt selbst praktisch erfahren zu müssen. Ich kann die Erkenntnisse Euklids und Einsteins nachlesen und nachvollziehen. Bei Euklid klappt das noch, bei Einstein stehe ich bald an. Weil mir da einfach die mathematischen Grundlagen fehlen und wohl auch ein bissl Intelligenz. Aber das ist eine andere Geschichte.

                        Einig sind wir uns, dass Religion Kirchliches nach sich zieht, was immer von Übel ist. ?

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                        • #27
                          Diese wunderbare Keuner-Geschichte vom alten Brecht sagt, finde ich, alles:

                          Herr K wird gefragt, ob es einen Gott gäbe. Das könne er nicht sage, antwortet K, nur möge er, der Fragesteller, sich fragen, ob sich sein Verhalten ändern würde, wenn er sicher wüsste, dass es einen Gott gäbe. Wenn ja, dann könne er nur antworten: Du brauchst einen.

                          (Erbitte Pardon für die arme Nacherzählung)

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                          • #28
                            Der Brecht habe ich im Verdacht, einer von den Leuten (wie Voltaire) gewesen zu sein, die zeitlebens gegen die Religion wettern, um dann am Totenbett die Beichte abzulegen und Sakramente einzufordern. Erfahrung lehrt mich, daß diejenigen am schärfsten gegen die Religion wettern, die sie verloren zu haben glauben. Sie haben sie meist nicht verloren, leben allerdings auf der Schattenseite. Die Leute, die nicht mehr davon sprechen, nicht daran denken, nicht hoffen, bangen oder staunen, die haben sie verloren.

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                            • #29
                              Ich kann diesen Keuner Gott Geschichten nicht viel abgewinnen. Zu deiner Variante: Wenn man sicher wüßte, dass es einen Gott gibt, dann würde sich wohl das Verhalten aller Menschen ändern. Man würde ja gerne wissen, was dieser Gott ist, was er von den Menschen will, usw. Thelogie wäre in diesem Fall ein echt interessantes Forschungsgebiet.

                              Zur herkömmlichen Variante:
                              https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=2323
                              Herr Keuner wird gefragt, ob es einen Gott gibt, und antwortet: „Ich rate dir, darüber nachzudenken, ob sich dein Verhalten ändern würde – je nach dem wie die Antwort auf diese Frage ausfällt. Würde es sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallen lassen. Würde es sich aber ändern, dann kann ich dir insofern behilflich sein, als ich dir sage: du hast dich schon entschieden. Du brauchst einen Gott.“
                              Das Verhalten des Fragers könnte sich doch auch im positiven Sinn ändern, wenn er zur Überzeugung gelangte, dass es keinen Gott gäbe.

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                              • #30
                                In eine ähnliche Kerbe schlug der alte Göthe, der sinngemäß gesagt haben soll, wer Kunst und Wissenschaft hat, hat Religion, wer beides nicht hat, habe Religion.

                                Auch ein irgendwie sinnbefreiter Satz. Wie ich schon wiederholt festgestellt habe, ist all diese Philosophisterei ein trocken Brot. Du kannst aus den Begriffen nicht mehr herausholen, als du zuvor in sie hineingesteckt hast. Du kriegst nicht mehr Butter aufs Brot, als du zuvor auf dem Messer hattest. Ein Erkenntnisgewinn aus Begriffsgeschaukel ist unmöglich. Du kannst sie nur anders anordnen und ihre Grenzen ändern. Dadurch erhälst du eine andere Landschaft, aber keine neue Erkenntnis.

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