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Demokratie und andere Krater (II)

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  • #91
    Sozialdemokratie - auch eine Demokratie - wenigstens nennt sie sich selbst so.

    Von der Theorie her ist mir die SD die sympathischste Spielart der Demokratie. Sie steht - programmatisch - für Aufklärung, Bildung, Gleichberechtigung von Frau und Mann, Wissenschaft, Wohlfahrt, pragmatischen Pazifismus usw. Doch Theorie und Praxis klaffen halt wie immer weit auseinander. Heute weiter denn je. Die SD heute in Europa ist ein stinkender Leichnam (R. Luxemburg).

    Historisch hatte sie ihre beste Zeit anfangs, als sie das Frauenwahlrecht, das Studium für alle, Lohn- und Arbeitszeitregeln schuf etc. Heute steht sie für nichts mehr, was ihre Substanz ausmachte. Programmatisch diffus und zersetzt, in der politischen Praxis orientierungslos und dem Zeitgeist huldigend.

    Schade.

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    • #92
      Die SD war ursprünglich die Anwältin des arbeitenden Volkes - und das ist der Unterschied zu heute - heute ist die SD die Anwältin derer, die nicht arbeiten wollen.

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      • #93
        Ja, die gute Tante Sozialdemokratie. Als KInd hing ich an ihrem Rockzipfel. Beide Großmütter mochten den Schmidt. Originalton "So ein feiner Mensch! Der war auch Offizier. Das merkt man", sagte meine aus national-konservativen Kreisen stammende Großmama väterlicherseits. Die andere Großmama, durchweg sozialdemokratisch geprägt, konnte auch Wehner, Bahr oder Brandt sehr viel abgewinnen.
        Heute ist die SD, da gebe ich meinen Vorrednern recht, nur ein Schatten ihrer selbst. Der Niedergang muß spätestens mit Schröder und der Hartz-Idee eingesetzt haben. Plötzlich traten die SD nicht mehr für die arbeitende, sondern für die eher nicht arbeitswillige Bevölkerung ein, die und die zahlreichen Bürohengste und -stuten in den westdeutschen Großstädten. Salonlinke. Vielleicht aber, so meine Vermutung, begann der historische Niedergang schon auf dem Parteitag in Bad Godesberg, 1959, als sie sich vom Marxismus verabschiedete. Das hätte sie nicht tun dürfen, war aber seinerzeit ein kluge taktische Entscheidung, denn dies schloß ihr die politische Mitte der Gesellschaft auf. Gute Taktik, schlechte Strategie.

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        • #94
          Ich glaube, der Hauptgrund dafür liegt darin, dass wir heuer kapitalistisch sind und somit die Ökonomie - das Märchen vom Wirtschaftswachstum, dem perpetuum mobile der modernen Politikideologie - vor den Humanismus stellen. Und die Wirtschaft geht davon aus, dass sich Sozialwesen und ebendieses Wirtschaftswachstum gegenseitig ausschließen, was allerdings ein grober Denkfehler ist, denn wenn niemand Geld hat, kann auch niemand den ganzen Ramsch kaufen, den uns die Wirtschaft ständig vorsetzt. Und wenn keiner was kauft, dann verkauft auch keiner was. Ergo ist ein Wirtschaftswachstum nicht möglich 🤷‍♂️ So schießt sich die Wirtschaft selber durch beide Knie ins linke Auge bei dem Versuch, dem Kunden hinterrücks die Axt ins Kreuz zu schlagen.

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          • #95
            erstellt von Herder, III. Kapitel: Vom Einfluß freier Gesetzgebung...:

            Die Geschichte eines Volks ist Abdruck seiner Sinnesart und seiner Regierung
            Ob das stimmt, weiß ich nicht. EIne Meinung dazu habe ich sehr wohl.
            Ich bin mir nicht sicher, ob der gute alte Herder hier richtig liegt, denn ich glaube, daß viele Völker nicht so leben, wie sie eigentlich leben wollen. Vielmehr werden sie gelebt, ihnen werden Regierungen vorgesetzt, die im Interesse ausländischer Mächte handeln, ihr eigentliches Wirkzentrum liegt in einem umstrittenen Interessengebiet, das ihnen nicht selber gehört. Sie sind ein Spielball.
            Andererseits hört das irgendwann auf und was will eine ausländische Macht schon tun, wenn das von ihnen beherrschte Volk nicht mehr beherrscht werden will, sondern selber Agens der Geschichte. Ja, klarerweise überzieht diese Macht dann das aufmüpfige Volk mit Krieg und zwingt es erneut in seine Botmäßigkeit. Aber müßte über kurz oder lang das aufmüpfige Volk nicht den Sieg davontragen? Ja, klarerweise, wenn es das denn wollte! Also wird eine herrschwillige Macht immer dafür sorgen müssen, daß Besiegte auch so besiegt werden, daß Widerstand "zwecklos" wird, wie die Borg das nennen, weil sie in einem ihnen eigentlich fremdem Herrschaftsraum integriert werden.
            Ich halte fest: Herder irrt sich, wenn er glaubt, daß jedes Volk gemäß seines Sinnesart seine Geschichte bestimmt, es sei denn, das Volk hat wenig Eigensinn, um eigene Herrschaftssysteme/politische Ordnung auszuprägen und übernimmt eben das, was ihm gesagt wird. Dann entspräche sozusagen das auch dem Wesen/Sinnesart dieses Volkes. Insofern hätte Herder also recht; im grunde aber dürfte er gemeint haben, daß wir am Ende doch das werden, was wir werden sollen.

            Für manch einen mag das eine deprimierende Vorstellung sein.

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            • #96
              Ich sage mal JEIN (auch als „Apfelkuchen“ bekannt). In einer Demokratie bekommt das Volk immer genau die Regierung, die es verdient hat 🤷‍♂️

              Zappa beschrieb das auch mal ganz treffend: https://beruhmte-zitate.de/zitate/19...e-empfinden-s/

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              • #97
                Wird in den meisten Fällen so sein, Wirbel, aber eben nicht immer - nämlich dann nicht, wenn eine Bevölkerung arglistig getäuscht wurde und es vorher keine Hinweise und Mahnrufe bezüglich einer möglichen Täuschung gab. Dass die Ampel nicht liefern wird, das hätte man vorher wissen können...wissen müssen - also bekamen die Deutschen die Regierung, die sie verdient hatten. Noch unmittelbar vor der BTW war Laschet der klare Favorit und Schwarz/Grün die wahrscheinliche neue Regierung. Wenn sich die Deutschen dann aber von einem Lacher zur falschen Zeit so sehr beeinflussen lassen, dass sie eine Kehrtwende um 180 Grad machen, dann haben sie es eben auch nicht besser verdient. Die Grünen sind nur an der Seite der Roten "gefährlich"...weil von dort kein Widerstand zu erwarten ist...aber an der Seite der Schwarzen funktionieren sie ganz gut...siehe Hessen oder BW.

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                • #98
                  G. Melonie will die Verfassung ändern lassen - künftig soll der Ministerpräsident direkt vom Volk gewählt werden. Die Partei des Gewählten bekommt dann automatisch 55% der parlamentarischen Sitze. In der EU ist die Aufregung groß - Meloni wolle die Demokratie aushebeln. Also wenn das Volk wählt, dann ist das undemokratisch?!? Dieses neue Wahlverfahren, wenn es denn kommt, garantiert doch lediglich nur, dass die Politik die Handschrift der stärksten Partei trägt. Bei uns ist aktuell das Gegenteil der Fall.

                  Was für ein heuchlerischer Haufen diese EU ist...das erkennt man u.a. genau daran...dass man der Meloni diese Unterstellung macht...aber gleichzeitig ihr die Füße küsst, weil sie bei den Europawahlen das Zünglein an der Waage sein könnte. Widerlich.

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                  • #99
                    Die Aufregung ist deshalb so groß, weil hier zwei Vorstellungen zur Demokratie aufeinanderstoßen:
                    • das Konzept der westlichen Demokratie mit ihren avisierten Minderheitenrechten und ihrer (liberalen) Separierung des Volkswillens und
                    • das Konzept der direkten Demokratie, das ursprünglich auf dem germanischen Prinzip der Einstimmigkeit basiert
                    Die westliche Deokratie versteht unter Demokratie die Repräsentierung jedweden Willens, also die Einbindung jeder Minderheit in den politischen Entscheidungsprozeß. Diese Vorstellung ist liberal, also per se eine Art von Minderheitenmehrheit, man traut der Mehrheit nicht zu, die Rechte der Minderheiten zu respektieren und schiebt ihr so einen Riegel vor. Die Angst vor der gelenkten Masse, dem Pöbel, den Demagogen, den Volksverführern.
                    Die direkte Demokratie hat das große Problem, daß sie dazu neigt, eben tatsächlich die Minderheit zu negieren, sich einverleiben zu wollen. volonte generale Sie würde auch im großen Rahmen funktionieren, wenn die Mehrheit es zulassen würde, grundsätzlich zulassen würde, daß sie auch zur Minderheit verkäme. Das schafft die Mehrheit aber meistens nicht und tut aus Angst vor dem Machtverlust oft etwas, was die Neigung zur Tyrannis ausdrückt.

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                    • Ja, aber diese Gefahr (dass Minderheiten übergangen werden) besteht immer...bzw. ist in dem von Melonie angestrebten System auch nicht unbedingt größer...als z.B. in unserem System, denn auch in Italien wird man für grundlegende Gesetzesänderungen ähnlich wie bei uns (Dreiviertelmehrheit) wohl deutlich mehr als diese 55% benötigen. Das heißt die Partei des Ministerpräsidenten kann deshalb noch lange nicht durchregieren. Es besteht so aber eine größere Chance (als bisher), dass die Politik die Handschrift der stärksten Partei trägt.

                      Wen es interessiert, hier eine Analyse der Friedrich Ebert Stiftung zur geplanten Reform von Frau Melonie

                      https://library.fes.de/pdf-files/bueros/rom/20583.pdf

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                      • Ich finde den Gedanken, dass die Partei mit den meisten Stimmen auch regieren sollte, auch nicht so verkehrt. Viele Köche verderben den Brei (Stichwort Koalitionen). Dass die meisten Parteien das zu verhindern versuchen, ist nachvollziehbar. Immerhin regieren hier in DE die Parteien Nr. 1,3 und 4.

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                        • Das ist gar nicht so, dass die meisten Parteien das verhindern möchten (siehe Analyse unter dem Link). Von den 6 Parteien sind 4 mehrheitlich dafür. Aber selbst bei den anderen zwei gibt es teils Zustimmung. Unterm Strich sind es 59% an Zustimmung. Und das ist ja auch die Basis für Melonis Vorstoß. Also alles andere als undemokratisch.

                          Ich hatte ja mal den Vorschlag gemacht, dass man bei Wahlen als Wähler Koalitionen ausschließen können müsste - z.B.: ich gebe meine Stimme der Union, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie mit Partei X keine Koalition eingeht. Wenn man so wählen könnte, dann wäre das Demokratie auf höchstem Niveau. Im digitalen Zeitalter müsste das mit Hilfe der KI auch problemlos möglich sein...wenn man es denn wirklich will.

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                          • Zitat von WirbelFCM Beitrag anzeigen
                            Ich finde den Gedanken, dass die Partei mit den meisten Stimmen auch regieren sollte, auch nicht so verkehrt. Viele Köche verderben den Brei (Stichwort Koalitionen). Dass die meisten Parteien das zu verhindern versuchen, ist nachvollziehbar. Immerhin regieren hier in DE die Parteien Nr. 1,3 und 4.
                            Ich bin mir nicht so sicher, ob Mehrheit ein gutes Konzept ist, um eine Regierung stellen zu dürfen. Man verstehe mich nicht falsch, ich bin Demokrat, denn ich glaube an die in jedem Menschen liegende Vernunft, die sich auch immer wieder behaupten wird. Zugleich aber glaube ich auch daran, daß Fachleute besser geeignet sind, demokratisch gefällte Grundsatzentscheidungen umsetzen zu können. Mehrheit dagegen, zumal eine auf politische Parteien übertragene, ist doch immer nur Klientelismus. Die mehr oder weniger zustandekommende Mehrheit, meist durch Indoktrination oder schlichtweg Demagogie, ist eine manipulierte. Nicht so bei Grundsatzfragen: Grenzbestimmung, Krieg oder Frieden, DM oder Euro, Wiedervereinigung, NATO-Beitritt, Wahl des Staatsoberhaupts... In solchen Fragen ist Manipulation kaum möglich, weil dies das Grundsätzliche des Menschseins berührt.

                            Meine Problemformulierung berührt eine alte Frage, ob nämlichdie gesetzgebende Gewalt, das Parlament, nicht einen anderen Ursprung haben müsse als die Autorität demokratisch gefaßter Gleichheit, die eine Mehrheit über Parteien bestimmen. Und wenn dann 25% erst gar nicht wählen und weitere 15% unter den Tisch fallen, weil irgendein Idiot glaubt, man könne so Radikale vom Zugang zum Parlament ausschließen, dann haben die zum Zeitpunkt X fixierten Mehrheitsparteien doch bestenfalls ein sehr laues demokratisches Mandat.

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                            • Menschen wählen keine Parteien...sondern eine Politik...sprich Parteien und Gesichter, die für diese Politik stehen. Um mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch die Politik zu bekommen, die die Wähler sich wünschen, müssen sie vor ihrer Wahl zwingend wissen, welche Koalitionen in Erwägung gezogen und welche ausgeschlossen werden.

                              Nehmen wir mal die aktuelle Situation...die aktuelle Stimmungslage als Beispiel:

                              Ein großer Teil der Bevölkerung wünscht sich eine Kehrtwende in der Migrationspolitik, in der Mehrheit ohne Regierungsbeteiligung einer radikalen Partei. Diese Menschen werden vermutlich ihre Stimme der Union...vielleicht noch den Freien Wählern geben...im Wissen, dass diese Parteien weder allein noch zusammen über 50% kommen werden. Also tolerieren sie FDP und SPD als mögliche Koalitionspartner, schließen aber AfD und Grüne explizit als Koalitionspartner aus. Sagen wir mal von den 30%, die aktuell die CDU wählen würden, sehen das 20% wie oben beschrieben. Wenn nun nach der Wahl die Union mit BSW und Grünen eine Koalition eingehen möchte, weil die SPD an einer Koalition mit der Union kein Interesse hat, dann stünden nach meinem Wahlmodell der CDU nur 20% der 30% der Stimmen zur Verfügung. Das gleiche gilt für alle Parteien....es zählen immer "nur" die Stimmen, die die angestrebte Koalition nicht vorher explizit ausschlossen. Die Koalition muss vorher nicht befürwortet...darf aber auf keinen Fall ausgeschlossen worden sein.

                              Weil es nach meinem Modell auch in einer Koalition schwer wird über 50% zu kommen...würde die Minderheitsregierung zum Standard werden Allerdings: wir hätten dann stets eine sehr homogene Regierung und auf der anderen Seite eine heterogene Opposition. Gegenbeispiel: selbst wenn die Ampel -Parteien 60% der Stimmen im Rücken hätten, würde sie sich aufgrund ihrer Verschiedenheit selbst lähmen. Eine in sich ruhende und geschlossene 40% Regierung wird leichter regieren können...als eine zerstrittene 50% Regierung....weil eine Regierung, die überzeugt....auch immer auf Stimmen aus der Opposition zählen kann.

                              Ein Vierer, in dem alle vier rudern, der kommt schneller ins Ziel...als ein Achter...wo nur sechs rudern.

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                              • Erdrutschsieg für die Rechten. Meloni, Le Pen, Weidel...der Teufel trägt Prada- nur in Österreich...dort trägt er Tracht. Das EU-Parlament ist durch diesen Rechtsruck endlich in der Mitte angekommen. Nun macht was draus, sonst wars das mit Europa.

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