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Krieg in der Ukraine II (Vertiefungsordner, Hintergründe, Aussichten)

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  • aerolith
    antwortet
    finanzielle Folgen des Krieges
    Rußlands Wirtschaft organisiert sich um. Im Westen glaubt man an einen Zusammenbruch. Aber der ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Der Rubel liegt in seinem Wert über dem Stand vom Vorkriegsabend. Die Inflation in Rußland ist zwar hoch, aber lange nicht so hoch, wie es von westlichen Analysten erwartet worden war. Die russische Wirtschaft paßt sich den neuen Bedingungen an. Russische Analysten glauben, das sei bis zum Ende des Jahres gelungen. Indien und China, zahlreiche afrikanische und südamerikanische Staaten wollen die Zusammenarbeit mit Rußland erweitern.
    Ich denke, vieles wird vom Ausgang des Krieges abhängen. Sollte die russische Armee ihre Ziele erreichen (Durchgang bis Mykolajew, Schutzzone um Donezk und Eroberung des Asowstahl-Werkes samt Tötung der dort verschanzten Soldaten und damit des Kerns der ukrainischen Armee), so dürfte das Rußland auch wirtschaftlich und finanziell stärken. Eine Niederlage würde nicht nur Putin so schwächen, daß er gehen müßte, sondern auch Rußland in eine tiefe Krise stürzen, dessen Folgen für die Welt unübersehbar wären - bis hin zum atomaren Krieg.

    Eines aber ist sicher, was die finanziellen Folgen des Krieges betrifft: der Dollar wird an Kraft verlieren. Viele Staaten, die bislang ihre Reserven in Dollar aufbewahrten, werden sich vom Dollar lösen. Das Einfrieren von russischen Milliarden und die beispiellose Beschlagnahme fremden Eigentums durch westliche Staaten hat das Vertrauen in den Dollar erschüttert. In den Euro wird sich auch niemand stürzen, denn die Politik der EZB läßt für die nächsten Jahre Schlimmes erwarten. Also werden andere Dinge an Wert gewinnen. Ich frage mich nur, welche. Bitcoin? Sieht im Moment nicht so aus, aber ich glaube, der wird sich wieder erholen und an Wert zulegen. Rohstoffe? Sehr wahrscheinlich. Aber wer kann so viel Gold horten?

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: rubel_140522.png Ansichten: 0 Größe: 22,7 KB ID: 235


    Erklärung: Diese Graphik zeigt, wie viele Rubel man für einen € bekommt/bekam. Der Spitzenwert liegt in der Zeit kurz nach dem Krieg, als man 155 Rubel für einen € bekam. Inzwischen bekomt man nicht einmal 70 Rubel für einen €, Tendenz: weiter sinkend.

    erstellt von faz:

    Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte Deutschland und die anderen G7-Staaten bei dem Treffen in Schleswig-Holstein gebeten, Gesetze zu verabschieden, um Vermögenswerte des russischen Staates zu beschlagnahmen und der Ukraine für den Wiederaufbau des Landes zur Verfügung zu stellen. „Wir sprechen über hunderte Milliarden US-Dollar in Europa“, sagte er. Russland müsse politisch, wirtschaftlich, aber auch finanziell für den Krieg bezahlen. In Europa werden unterdessen neben rechtlichen Schwierigkeiten auch politische Risiken gesehen. So wird befürchtet, dass Länder wie Russland und China in Reaktion auf Enteignungen ein alternatives internationales Finanzsystem aufbauen.

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  • eulenspiegel
    antwortet
    Es ist vieles vielleicht gar nicht so erstaunlich, wenn man bedenkt, wer die Akteure in diesem Krieg sind und welche Interessen sie verfolgen. Und vielleicht noch gar nicht abzusehen, welche Folgen dieses Politikversagen auf allen Seiten für uns in Europa haben kann.

    Ukraine: bis vor kurzem galt dieses Land als durch und durch korrupter Staat, Lichtjahre entfernt von einer EU-Reife. Ein Staat, der den Westen wiederholt durch Drohungen, den Gastransit zu unterbrechen, erpresst hat, ein Land, das das Minsker Abkommen von Anfang an boykottiert und in den Separatistengebieten permanent Krieg geführt hat. Ein Land in dem Nazisöldner die Drecksarbeit für die Regierung erledigen und nun auch noch vom Westen mit Waffen beliefert werden. Dieses Schmuddelkind ist plötzlich durch die westliche Medienmaschine reingewaschen zum Hort der Verteidigung westlicher Werte mutiert und wird uns als Brückenkopf präsentiert, hinter dessen Ostgrenze die Barbarei, die Unmenschlichkeit in Form des 'Russen' zuhause ist.

    USA: die haben seit dem Zusammenbruch der SU und der Auflösung des WP nicht nur eine konsequente Osterweiterung der Nato betrieben, jegliche fragwürdige 'Unabhängigkeits- und Demokratiebewegungen' in und rund um Russland finanziert und befeuert, haben von Anfang an gegen NS2 intrigiert und agitiert - die Ankündugung, NS2 dürfe nicht in Betrieb gehen, haben wir nicht Ernst genommen; ich behaupte gar, NS2 war mit ein Grund für den jetzigen Krieg - und haben Angst vor einer Annäherung und Zusammenarbeit Russland-EU. Da war jedes Mittel recht, dies zu verhindern.

    EU: Ohne Worte. Trottelige Unterwerfungspiolitik gegenüber USA, Angsr vor der eigenen Souveränität und ein Politpersonal, das nichtmall für eine Provinzbühne reichen würde.

    Nato: Williger Erfüllungsgehilfe amerikanischer Interessen.

    Russland: Leider auch durch und durch korrupt, hat sich in Person Putins völlig verrannt, isoliert und kann kaum ohne Niederlage politisch und militärisch aus diesem Krieg herauskommen. Wirtschaftlich für Jahre sanktioniert. Dieser Krieg wrid entweder zum regime-change in Russland führen, ganz nach US-Wunsch oder eskalieren zu einem mindestens europäischen Krieg.

    Zu Melnyk ist nichts zu sagen, als dass er sein Land bestens repräsentiert: dreist, unverschämt in seinen Forderungen, auf Eskalation aus, weil man sich dadurch natürlich 'Vorteile' erhofft, militärisch und politisch. Der EU-Beitritt zum Nulltarif ohne Erfüllung jeglicher Kriterien, die für andere Kandiaten selbstverständlich, ist Ziel dieser Unverschämtheit. Und natürlich lässt sich die EU von diesen Leuten (Melnyk, Klitschkobrüder, Selensky) am Nasenring durch die Arena ziehen.

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  • aerolith
    antwortet
    Manche Dinge sind in diesem Krieg schon erstaunlich, vielleicht aber sind sie auch nur schlichtweg Folgen einer medialen und politischen Verwahrlosung.
    So macht es mich sprachlos, mit welcher Arroganz der ukrainische Botschafter auftritt und im Tone eines Besatzers Forderungen an die BRD-Regierung stellt. Er handelt so, als ob die Ukraine keinen Iota Schuld an der russischen Aggression trüge, als ob die Ukraine nicht selber seit beinahe zehn Jahren ohne Rücksicht auf zivile Verluste schweres Artilleriefeuer in die Separatistengebiete lanciere, so, als ob sie nicht insgeheim eine Fronststellung (mit Hilfe der USA) gegen Rußland aufgebaut hätten und und und. - Wäre ich Kanzler, hätte ich diesen Kriegstreiber schon längst aus dem Lande geworfen und von der ukrainischen Regierung eine andere Politik, eine Kehrtwende hin zur Erfüllung der Versprechen von Minsk erwartet.
    Die nächste Erstaunlichkeit befällt mich, wenn ich mir die Einhelligkeit anschaue, in der im Bundestag und in den ÖR der Krieg einseitig betrachtet und Einhelligkeit behauptet wird, was die Lieferung von schweren Waffen betrifft. Die Bundesdeutschen sind aber keineswegs einhellig in dieser Meinung. Sogar im Westen gibt es viele, die das nicht wollen (im Osten sowieso, weil wir sind hier immer für den Frieden), aber diese Meinung findet sich im öffentlichen Diskurs so gut wie nicht wieder. Demokratisch ist was anderes.

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  • aerolith
    kommentierte 's Antwort
    Ja, das athmet ein wenig nach dem Geist des SPIEGELs aus frühreren Zeiten, den ich seinerzeit sehr mochte.
    Die politisch mächtige Kaste im Westen eskaliert, wie hier beschrieben, zuerst rhetorisch, dann mit finanzieller und militärischer Hilfestellung, um schließlich was tun zu müssen? Richtig, sie müßte eingreifen.
    Es sollte mich freuen, wenn dieser Text des SPIEGELs auch ein Umdenken in der SPIEGEL-Polit-Redaktion nach sich zöge. Ich glaube das allerdings nicht. Seit ich Wolin gelesen habe, weiß ich, daß es einen schmalen Meinungskorridor innert der kapitalistischen "Demokratie" gibt, den der SPIEGEL nicht verlassen wird. Man versteckt scheinbar vom mainstream abweichende meinungen als nicht weiter nach oben dringende Meinungen als essayistischen Aspekt unterhalb des medialen Wirkungsquantums, reibt sich selbstgerecht den Bauch und hetzt auf Seite 1 weiter.

  • Streusalzwiese
    antwortet
    Lesenswertes zum Thema Propaganda:
    https://www.spiegel.de/kultur/ukrain...5-2e30757a7492
    Was aber soll das Auftürmen immer neuer Wortkaskaden des Abscheus bewirken? Was erklärt, ordnet, bestimmt es, die Kriegsgewalt erst furchtbar, dann grausam, dann verbrecherisch, dann grauenerregend, dann abartig, dann alle menschlichen Maßstäbe sprengend zu nennen? Welchen Sinn hat es strategisch oder auch nur taktisch, Russland »Putin« zu nennen, eine Teufelsfigur für die Dummen und Angstvollen zu erfinden, das Zerfallen der Welt in Reiche des Guten und des Bösen zu konstatieren, wo doch in Wahrheit alles erfüllt ist von Widerspruch, Ungleichzeitigkeit, Differenzierung? Welcher Sog treibt es voran, die Feinde so lange einer vorbereitenden Propaganda für den Weltkrieg zu beschuldigen, bis die eigene Bevölkerung sich daran gewöhnt hat, ihn für unvermeidlich zu halten?

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  • eulenspiegel
    antwortet
    Erst der offene Brief von Alice Schwarzer, Konstantin Wecker, Dieter Nuhr und anderen bekannten Leuten gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Dann die 'Antwort' von Herta Müller, Maxim Biller und Co. für die stärkere und massivere militärische Unterstützung der Ukraine durch Deutschland und den 'Westen'

    Beide gelesen, muß ich sagen, beide enthalten vieles, was ich unterschreiben würde. Und beide enthalten problematische Standpunkte, die ich nicht unterstützen würde.

    Ja, man darf und soll einem Angreifer Widerstand leisten, ein angegriffenes Land hat das Recht zur Verteidigung und es darf auch von Dritten unterstützt werden.

    Und ja, man kann auch der Meinung sein, dass die militärische Unterstützung ab einer gewissen Grenze als Kriegseintritt gewertet werden kann. Dass eine Abwägung von Risken, die zur Eskalation in Richtung WK III gehen, gleich als Appeasement und Kapitulation vor dem Aggressor denunziert wird, zeigt, wie gespalten und emotional die Debatte geführt wird.

    Ich habe auch keine eindeutige Patentlösung für den Ukrainekrieg. Aber etwas mehr kritische Reflexion und viel weniger Kriegsbegeisterung auf der einen wie auf der anderen Seite wären kein Fehler.

    Klar ist: Die BRD und andere Natostaaten sind längst Kriegsteilnehmer und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Putin das als Vorwand für weitere militärische Eskalation nehmen wird.

    Und klar ist (für mich) auch, dass dieser Krieg wohl kaum durch Verhandlungen, sondern nur durch Sieg und Niederlage enden wird. Putin kämpft nicht gegen die Ukraine, sondern gegen eiine Allianz aus USA-Nato-EU. Die Ukraine ist nur das Schlachtfeld. Das hatte sich Putin wohl anders vorgestellt. Und in dieser Fehlkalkulation liegt das größte Risiko für eine Ausweitung des Kriegs bis hin zum WK III.

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  • Streusalzwiese
    antwortet
    Zitat von aerolith Beitrag anzeigen
    Er steht aber weit im Feindesland (grob geschätzt hat er 100000 km² erobert), gewöhnt die dort Lebenden gerade daran, daß sie fortan russisch regiert werden. Warum sollte er diese Stellungen aufgeben?
    Die ukrainische Armee könnte diese Gebiete zurückerobern. Es finden massive Waffenlieferungen statt. Somit wird ein ukrainischer Gegenangriff nicht lange auf sich warten lassen.

    Am Ende zahlen wie immer Frauen, Kinder und Alte den Preis.
    Die Inflation macht alle ärmer. Am wenigsten werden die Rentner betroffen sein. Es wird großzügige Rentenerhöhungen geben. Die SPD will ihre Stammwähler nicht vergraulen. Und die entstammen ja nicht der jüngeren Generation.

    Auch Opfer des Krieges: In Russland (und auch außerhalb) findet gerade ein Oligarchensterben statt.

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  • aerolith
    antwortet
    Rechenexempel: Öl- und Erdgas stehen weit über dem Normalpreis. Er gibt Nachlässe gegenüber Indien und China, aber verdient immer noch sehr viel. Ein Ende des Krieges würde bedeuten, daß verhandelt wird. Er steht aber weit im Feindesland (grob geschätzt hat er 100000 km² erobert), gewöhnt die dort Lebenden gerade daran, daß sie fortan russisch regiert werden. Warum sollte er diese Stellungen aufgeben? Die Sanktionen des Westens sind nicht nur löchtig (auch die USA kaufen weiter fleißig in Rußland ein), sondern bringen überhaupt nicht das, was sie bringen sollen, glaubt man der offiziösen Darstellung. Da ich nicht an die Dummheit der politischen Führer glaube, nehme ich das als Kalkül. Also bleibt es beim Krieg, an dem nun viele kräftig verdienen, vom ukrainischen Establishment bis zum russischen, amerikanischen, der bundesdeutschen Rüstungsindustrie bis zu Indien und China. Alle (Reichen) gewinnen. Nur die ukrainische Bevölkerung verliert, jedenfalls die, die flohen und die, die in Kriegsgebieten lebten. Und der Steuerzahler im Westen verliert, wenn er es nicht vermag, sein Geld und seinen Besitz zu schützen.
    Bis vor kurzem glaubte ich, daß spätestens am 9. Mai Schluß mit dem Krieg ist und Verhandlungen beginnen. Von dieser Hoffnung habe ich mich verabschiedet. Es ist eben ein imperialistischer Raubkrieg, und er wird zwischen imperialistischen Hyänen geführt, eine schlimmer als die andere. Am Ende zahlen wie immer Frauen, Kinder und Alte den Preis.

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  • Streusalzwiese
    antwortet
    Zitat von aerolith Beitrag anzeigen
    Er kämpft in der Ukraine mit 5% seiner Streitmacht, setzt alte Waffen ein und hält den Gegner dennoch auf Distanz, einen Gegner, der hochgerüstet mit zigfacher Mannschaftsstärke kämpft, um seine nationalistischen und imperialistischen Ziele durchzusetzen, die sich mit den Interessen einer außereuropäischen Macht decken, die alles dafür tut, um den Krieg am laufen zu halten, denn das nützt ihr am meisten.
    Ich bezweifle, dass das stimmt. Warum sollte Putin das machen? Die Ukraine wird gerade massiv aufgerüstet. Da müsste Putin doch schnell für klare Verhältnisse sorgen und mehr Soldaten und besseres Gerät einsetzen. Das kann er aber offenbar nicht. Zumindest nicht ohne Generalmobilmachung.


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  • eulenspiegel
    antwortet
    Chapeau, hätt ich nicht annähernd so gut sagen können. Allerdings sehe ich Putins Zukunft nicht so rosig, ... Unsere in EU is jedoch auch bescheiden, Totalversagen der gewählten Volksvertreter, dabei hätten wir jetzt alle Möglichkeiten, unsere Zukunft selbst zu gestalten...

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  • aerolith
    antwortet
    Eine Rede, wie sie wohl nicht gehalten wird:

    Meine Damen und Herren, wir sind in einer guten Lage und könnten Weichen für die Zukunft stellen, weg vom Öl und Gas des Auslands hin zu einer neuen Energieversorgung. Wir könnten, wenn wir wollten. Technisch ist es schon seit Jahrzehnten möglich, Deutschland energietechnisch vom Ausland unabhängig zu machen, von Rußland, Amerika oder auch Arabien. Wir können seit den 1970er Jahren Wasserautos bauen, seit einigen Jahren ist es möglich, Wasserstoff als Energieträger zu nutzen. Wir müßten es nur wollen. Es ist möglich, eine europäische Sicherheitsarchitektur zu entwickeln. Wir könnten uns zum Friedensengel in der Welt machen. Aber wir tun es nicht. Wir lassen uns am Nasenring durch die Welt ziehen, verzichten auf eigene Impulse oder Prinzipien. Wir sind die Mannschaft auf einem Narrenschiff.
    Unsere feministische Außenministerin stellt sich als Chefdiplomatin ein schlechtes Zeugnis aus. Sie beschimpft den politischen Gegner in einer Weise, die es unmöglich werden läßt, Verhandlungen mit denselben zu führen, die doch notwendig werden, wenn wir irgendwann einmal Frieden haben wollten. Offenbar ist dieses Diktum deutscher Außenpolitik genauso verschütt gegangen wie der Wille, den Gegner überhaupt verstehen zu wollen. Statt dessen werden Beleidigungen des ukrainischen Präsidenten und seines Botschafters hingenommen. Das wird wohl daran liegen, daß die BRD sich in eine Position brachte, die es ihr unmöglich macht, selbständig zu agieren. Es fehlt der freiheitliche Entwurf, der Sicherheit und Zukunft verheißen könnte. Es werden Positionen einer Kriegspartei übernommen und die des Gegners nicht geprüft. Hatte der keine Gründe für seinen Angriff? Er kämpft in der Ukraine mit 5% seiner Streitmacht, setzt alte Waffen ein und hält den Gegner dennoch auf Distanz, einen Gegner, der hochgerüstet mit zigfacher Mannschaftsstärke kämpft, um seine nationalistischen und imperialistischen Ziele durchzusetzen, die sich mit den Interessen einer außereuropäischen Macht decken, die alles dafür tut, um den Krieg am laufen zu halten, denn das nützt ihr am meisten.
    Aber seien wir auch hier ehrlich: Rußland hat nicht nur in unverantwortlicher Weise den Krieg begonnen, es könnte den Krieg schnell beenden, aber es hat eigene imperialistische Ziele. Der Ölpreis liegt auf dem Acht- bis Zehnfachen dessen, was Öl eigentlich kosten dürfte. Also wird kräftig in Rußland verdient, zumal die BRD weiter auf das russische Öl besteht und damit die Taschen der russischen Öl-Produzenten füllt. Dauert der Krieg an, bleibt das so, trotz aller Ausfälle durch die Sanktionen. Zudem kann der russische Präsident einen Umbau seiner Wirtschaft vornehmen, die unerwünschten westlichen Ausländer und ungeliebten inländischen Oligarchen aus seinem Land entfernen und an einer eurasischen Wirtschaftsunion unter Ausschluß Westeuropas basteln, die Rußland autark werden läßt. Drei Milliarden Inder und Chinesen mit starken wirtschaftlichen Wachstumsprognosen für die kommenden Jahrzehnte sind 400 Millionen Europäern mit dünkelhafter Amerikahörigkeit wirtschaftlich und finanziell vorzuziehen. Sagt er sich wohl.
    Ein anderer Grund für das eher defensive Vorgehen der russischen Armee liegt in den propagandistischen Kriegszielen. Dazu gehören die Besetzung der Schwarzmeerküste bis wenigstens Mykolajew mit installierten pro-russischen Marionettenregierungen. Mariupol ist eine wichtige Stadt geworden. Das Asowstahl-Werk, ein riesiges Gebiet aus Sowjetzeiten, ist v.a. unterirdisch interessant. Die Russen glauben zu wissen, daß Asowstahl nicht nur Stahl herstellt, sondern auch andere, viel gefährlichere Dinge. Sie müssen es wissen, sie haben diese Anlagen gebaut. Schon 1937 gab es in dieser Gegend "subversive Tätigkeiten", damals von profaschistischen Akteuren. (gleiche Quelle: fernmündliche Mitteilung 3281 zur Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion, 1938) Ein Deja vu für die Russen. So etwas erklärt auch die verwirrten Aussagen des russischen Außenministers kürzlich. Der Mann fühlt sich wie 1937/38 oder eben in jene Jahre zurückversetzt.
    Für uns Deutsche jedoch ist das nebensächlich. Wir müssen auf den Frieden wirken und nicht Öl ins Feuer gießen. Pazifismus ist so schwer und das Gegenteil von Weltflucht. Weltflucht ist es, nach der Nase von anderen zu tanzen und das als Vernunft auszugeben.

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  • aerolith
    antwortet
    Die Crux mit den Volksabstimmungen/Referenden: Beispiel Memelgebiet 1922/23

    Die Politik der Entente zielte auf die Stärkung der kleinen Nationalstaaten. Das Beispiel Memelland macht das besonders deutlich. Aber sie stieß auf ungeahnten Widerstand, sogar von der litauischen Bevölkerung, die keine litauische oder westliche Herrschaft wollte. Sie wollten die reichsdeutschen Verwaltungsbeamten beibehalten, auch zum Reich gehören. Litauen wollte das Gebiet annektieren. Die Alliierten setzten ein Direktorium ein und übernahmen den diplomatischen Schutz. Die deutsche Staatsangehörigkeit der Memelländer blieb bestehen, zugleich aber wurden Zollgrenzen und eine eigene Flagge eingeführt. Ein Staatsfragment. Die Franzosen ließen eine Volksbefragung durchführen, die ein für sich bizarres Ergebnis erbrachte: bei einem Bevölkerungsanteil von jeweils etwa 50% und litauischem Zuzug ins Memelland wollten nur 2,2% der Befragten litauischen Schreib- und Leseunterricht und 11,2% litauischen Religionsunterricht, 90% dagegen einen Verbleib beim Reich. Dennoch blieb der litauische Anspruch ans Memelgebiet bestehen, weder historisch noch demokratisch begründbar. Auch Polen meldete Ansprüche an, obgleich im Memelgebiet nur 170 Polen (0,1% der Bevölkerung) lebten. Eine Konferenz 1922 in Paris ergab für Litauen keine befriedigende Lösung, also marschierte man 1923 ins Memelgebiet ein. Die Franzosen erklärten öffentlich, sich für die Freiheit des Memellandes einsetzen zu wollen, zogen aber, wie abgesprochen, beinahe kampflos ab. Kampfwillige Memelländer, die sich den etwa 6000 Mann umfassenden offiziellen und inoffiziellen litauischen Streitkräften entgegenstellen wollten und auf Bewaffnung hofften, wurden von den Franzosen abgewiesen. Die Reichsregierung verhielt sich still und beantwortete Anfragen von Freiwilligen, die sich auf memelländischer Seite gegen Litauen beteiligen wollten, ablehnend; Beamten in Ostpreußen untersagte man Munitionsverkauf an memelländische Kämpfer. Das sorgte bei dem Memelländern für Verbitterung, war aber fürs Reich vernünftig. Die Politik des Reiches zielte auf Handelsverträge mit Litauen, Polen und Rußland, von denen auch das Memelland wirtschaftlich profitieren würde, nicht auf Behauptung von Staatsgebiet. Eine nach den kurzen Kampfhandlungen zusammengetretene Botschafterkonferenz in Paris beschloß die Übertragung der Souveränitätsfrage des Memellandes an Litauen, zugleich sollte Polen freie Durchfahrt und dem Memelland Autonomie gewährt werden! Diese Autonomie sah dann so aus, daß das Memelland trotz starker Widerstände der nicht nur deutschen Bevölkerung litauisiert und alles Deutsche entfernt oder unter Strafe gestellt wurde: Amtssprache, Unterrichtssprache, Telephoneinträge, Ortsnamen…
    Das Beispiel Litauens zeigt anschaulich, wie der Westen die Schaffung potentieller Kriegsgebiete betrieb. Hätte das Reich anders gehandelt, wäre auf Konflikt gegangen, hätte es schon 1923 einen Krieg geben können, der sich leicht überregional und mit Sicherheit zum Schaden des Reiches selber ausgeweitet hätte. So wurden die Memelländer Opfer einer Politik, die zwar vorgab, demokratische Wünsche erfüllen zu wollen, letztlich aber imperialistische Machtpolitik blieb. Andererseits bestand nun für das Memelland die Möglichkeit, sich im deutsch-baltisch-polnischen Grenzland zu einer prosperierenden Enklave zu entwickeln, was allerdings erfordern würde, daß dem Spiel der Kräfte keine hemmenden ideologischen Richtlinien verpaßt werden würden.

    Oskar Lafontaine schrieb einen guten Text in der Weltwoche.
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  • eulenspiegel
    antwortet
    Grad mal die (amerikanischen) Leserkommentare zu Gas-Gerds Interview in der NYT gelesen. Das Interview selbst spare ich mir. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Kommentare der Frust, die Wut über die Deutschen, weil sie - angeblich, gefühlt, aus amerikanischer Sicht - auf Wandel durch Handel mit Russland gesetzt haben, wo doch jeder (Ami) wusste, dass das nicht funktionieren würde. Dazu kommt die - wieder aus amerik. Lesersicht gefühlte - Undankbarkeit der Deutschen gegenüber den USA, die allein Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut hätten und bis heute militärisch vor dem Russen schützten. Als Sahnehäubchen dann der deutsche Antiamerikanismus. Was für eine Frechheit und Unbotmäßigkeit dem Beschützer und Finanzier gegenüber.

    Interessante Sichtweisen. Da setze ich mal meine (deutsch-)österreichische Brille auf und sag den lieben Amis - von denen mehr als die Hälfte nicht mal weiß, wo sie Berlin oder Wien auf dem Globus suchen sollen, sage ich meinen amerikanischen Freunden mal: Danke für eure selbstlose Hilfe und euren militärischen Schutz. Eure Selbstlosigkeit ist so groß wie der Kehrwert eurer Ahnungslosigkeit und euer Militärschutzschirm so friedensstiftend wie die Aggression Putins.

    Solange sich die Europäer nicht von der Leine der USA losmachen, werden wir immer potentielles Schlachtfeld eines WK III sein, besser gesagt eines Kriegs USA-Russland.

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  • aerolith
    antwortet
    Ich erzählte bereits im alten Forum vom Plan etlicher Polen, die Westukraine wieder als polnisches Territorium zu beanspruchen. In den USA finden sich offene Ohren. Klar. Das würde ja dieses Gebiet nachhaltig destabilisieren. Nun kommen so nach und nach neue Informationen in den diesbezüglichen Diskurs. Ich stelle sie kurz vor:

    Der russsische Geheimdienst (Sergei Naryschkin) glaubt, daß zwischen Polen und den USA eine Art von Übereinkunft bestünde, wonach Polen zumindest Teile der Westukraine besetzen werde. In Vorbereitung dieser Annexion würden ukrainische Kollaborateure gesucht. Polen würde sich gegen die ukrainische Nationalisten behaupten müssen, anders gesagt: die USA unterstützten das NATO-Land Polen dabei, sein Staatsgebiet Richtung Osten und Süden auszudehnen. Es geht um Destabilisierung und um Umverteilung. Die polnische Nationalisten sollen in der Westukraine die ukrainischen ersetzen. Es geht konkret um die Gebiete, die um 1920 von Polen im polnisch-ukrainischen und polnisch-sowjetischen Krieg okkupiert und 1923 vom Rat der Entente konzediert worden sind:

    Wolhynien (etwa doppelt so groß wie die Krim, also 50000 km², dünn besiedelt: 2 MIll. Einwohner),
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: wolhynien.png Ansichten: 0 Größe: 235,7 KB ID: 168




    Lemberg (20000 km² mit knapp 3 Mill. Menschen), Iwano-Frankowsk/Frankiwsk (15000 km² mit 1,5 Mill. Menschen) und Ternopil (15000 km mit 1 Mill. Menschen), zusammen also 100000 km² mit sieben Millionen Menschen, davon die meisten Ukrainer. Polen soll also versuchen, die Grenzen von 1945 zu revidieren. Einerseits will man dieser Theorie gemäß die Oder-Neiße-Grenze behalten, andererseits sein Staatsgebiet um 25% erhöhen und sich weiter in den Osten vorschieben. Nach 1918 ging die Besitzergreifung dieser Gebiete mit brutalen Polonisierungsmaßnahmen einher, Pogromen gegen Juden und dergleichen. Ich berichtete bereits davon. Die Ukrainer rächten sich in der Nazizeit, indem sie gegen die Polen brutal vorgingen. (Bandera)

    Das offizielle Polen bestreitet die Pläne. Es gab eine Gegendarstellung, in der von offizieller Seite behauptet wurde, Rußland würde fake news verbreiten, um die polnisch-ukrainische Zusammenarbeit zu torpedieren. Allerdings sind Pläne für eine polnische Friedensmission mehrfach von polnischer Seite vorgeschlagen worden, eine von polnischen Soldaten bewachte Mission ins Nachbarland, um dort den Frieden zu sichern. Besatzung. Ein Angriff auf diese Friedenstruppe würde den Bündnisfall nach sich ziehen und damit die Ukraine spalten.

    Es sind viele Dinge möglich in diesem Krieg.

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  • aerolith
    antwortet
    Frieren für den Frieden, Fahrradfahren für den Frieden und Fahrgeschwindigkeitsdrosselung für den Frieden

    Alles Bockmist, Genossen!
    Ich begründe: Langsamfahren verstopft die Straßen, verunsichert, führt zu mehr Unfällen und zu mehr Verbrauch. Klingt irrsinnig? Nachdenken, dann urteilen.
    Die Regierung versichert, daß jeder nichtgefahrene Kilometer Putin schädige. Außerdem soll das Klima dann verändert werden können, eben zu weniger Temperaturanstieg soll das führen.
    Anders ausgedrückt, um es mit Wolin zu sagen, die Einheitsmeinung dazu wird zur Staatsdoktrin, Dawiderhandeln ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Koordinierung der alternativlosen Meinungseinheitlichkeit. Verstand ausschalten, den Mächtigen zuhören und entsprechend umsetzen!
    Wir sprechen hier von einer Regierung, die einerseits Milliarden zur Aufrüstung einer Kriegspartei bereitstellt, auch schwere Angriffswaffen, womit der Krieg unnötig und zum Leid der Menschen in dieser Region kurzfristig verlängert wird; mittelfristig wird das Leiden dadurch verlängert, weil die Ukraine und Rußland zusätzlich destabilisiert werden und aus halbwegs funktionierenden Wirtschaftskreisläufen herausgerissen werden, wobei unklar ist, wie es nach einem in weiter Ferne liegenden Friedensschluß weitergehen könnte. Guerilla-Krieg? stabile Friedenszone= NATO-Grenze an Rußlands Südgrenze? Ukraine in die EU? Keine dieser Möglichkeiten sichert den Frieden auch nur ein Jota. Die Russen wären nicht erfreut, die Ukraine käme nicht zur Ruhe, das ganze Gebiet und asiatische Gebiete Rußlands, vielleicht auch die Arktis-Region würden zu neuen blood lands. Und die Preise? Sie würden mit Sicherheit nicht auf Vorkriegsniveau fallen.
    Aber die Regierung beläßt es nicht dabei, schwere Waffen in das Kriegsgebiet zu schicken, was schon mal gg-widersinnig ist, sondern sie kauft fortan notwendige Energieträger in den USA (schmutziges fracking-Gas) oder in Katar (widerliches Blutgas). Menschenrechte, Umweltschutz, Klima? Spielt alles keine Rolle mehr. Wenigstens behauptet sie nicht, es sei alternativlos. Zur Beruhigung ihrer Wählerschaft verkündet sie, daß am Umbau der deutschen Wirtschaft hin zu einer ökologisch-verträglichen gearbeitet werde.

    Im Augenblick redet noch keiner über den großen weißen Elefanten im bellizistischen Phantasieraum: die A-Waffe. Es liegt aber auf der Hand, daß sich die BRD Gedanken darüber machen wird, ob sie eine Atombombe bauen will. Zwar gibt es da ein paar vertragliche Unverträglichkeiten (Atomwaffensperrvertrag von 1969; 2+4-Vertrag 1990: "Das vereinigte Deutschland bekräftigt sein Bekenntnis zum Frieden und verzichtet auf atomare, biologische und chemische Waffen."), aber die werden im Falle einer politischen Entscheidung sicherlich genausowenig ernstgenommen wie das GG. Verträge haben eine Karenz. Das sei hier auch gesagt.

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