Liebe ja. Aber was ist diese Liebe? Ist sie nicht so vielgesichtig, vielschichtig, unfassbar, dass sie kaum zu beschreiben ist. Ein Begriff dafür muß entweder leer oder überfrachtet sein. Liebe richtiet ihre Blicke, Fänge, Fühler, Tentakel, Aufmerksamkeit auf so viele Dinge, Möglichkeiten, Lebewesen, Objekte, dass mir Hören und Sehen vergeht. Da ist die Unterscheidung in Sexus, Eros, Philia und Agape noch das Einfachste. Am Ende vermischt sich alles und zerrinnt ineinander wie Wasserfarbe. Wer Liebe lebt, braucht keinen Glauben, denn Liebe ist gelebter Glaube. Fernab jeglicher Transzendenz, religiöser Schwärmerei und Jenseitsbesoffenheit.
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Theologische Dispute (II)
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X
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Lieben und glauben hängen doch ursächlich zusammen. Glauben ist beweglich, folgt keinem Paradigma, keinem Lehrsatz. Glauben ist sein, nicht Sein. Ich korrigiere, er ist auch das Sein, weil dieses ja nicht die Abstraktion von sein ist, sondern als eine Art perpetuum ist, mithin sich verändernde Struktur, ein ewiger Prozeß. Eros im Gegensatz zur Agape ist nur das Streben per se, also eine Art Strom, ein Strahhl, der durchgeht, unaufhörlich, alles durchdringt und affiziert. Wozu affiziert? Das ist es ja. Du sagst es:Liebe ist gelebter Glaube.
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„Liebe ist Gott. Wer mit der Liebe geht, geht mit Gott und Gott mit ihm“ (Johannes 4:16)
steht eigentlich alles in der Bibel ?♂️?
Liebe ist, eins mit Gott zu sein ?
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Pardon, wenn ich mich hiezu äussere, obwohl ich kultur- und geistesgeschichtlich nicht kompetent bin, das angemessen zu tun. Doch mit Christentum hab ich so meine Erfahrungen. Der Kardinalfehler des Christentums ist m. M. n., dass es von einem völlig idealisierten, unrealistischen Menschenbild ausgeht. Vom Gottesbild mal ganz zu schweigen, das reicht vom altbiblischen Racheopa bis hin zum entpersönlichten, pantheistischen Naturprinzip eines Meister Eckhart, ist also völlig beliebig und damit inhaltslos. Das Menschenbild des Christentums ist völlig daneben. Mensch ist eben kein ideales Wesen und die wenigen Ausnahmen, die wenigstens nach dem Ideal streben, sind zwar ehrenwerte Individuen und löbliche Ausnahmen, doch für die geschichtliche Entwicklung völlig unbedeutend. Mensch ist ein Tier - nicht abwertend gemeint -, soll heißen, folgt in der Masse immer den Instinkten und Impulsen.
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Das Christentum spielt in diesem Ordner kaum eine Rolle, weil hier von geistesgeschichtlichen Anbahnungen gesprochen werden soll, die sechs-, siebenhundert Jahre vorher stattfanden, allerdings auf die kirchliche Ausprägung des Christentums einwirkten. Ich schiebe das also in den entsprechenden Ordner zum Christentum.
Zum Menschenbild des Christentums: Es geht eben nicht von einem Ideal aus, schon gar nicht von etwas Unrealistischem. Der Erfolg des Christentums basiert darauf, daß es den Menschen in seiner Doppelbindung ans Dunkle, Böse und Helle, Gute erfaßte und dem Menschen die Freiheit gab, sich hier zu entscheiden. Nietzsche verkannte das auch und glaubte den Kern des Christentums damit erfaßt zu haben, daß er glaubte, das eine wurde durch das andere bezahlt gemacht, daß also der Gläubige durch die Kirche zur Kasse gebeten wird, weil er zur guten Seite gehören möchte, die Kirchenoberen aber immer diese dunkle Seite auch dadurch pflegen, daß sie sie vors geistige Auge des Gläubigen stellen resp. dieses wachrufen. Aber das ist etwas ganz anderes als das Menschenbild des Christentums resp. Jesus'.
Das Christentum erfaßte eben dieses gedoppelte Menschsein, ganz im Unterschied zu anderen Religionen wie beispielsweise dem Islam, der den Menschen nur als Unterworfenes betrachtet, eben weil der Mensch als etwas zu Unterwerfendes betrachtet wird. Die Juden betrachten den Menschen ganz ähnlich, aber sie stellen eine individuelle Beziehung zu Gott her. Nur das Christentum erkennt den Menschen als etwas an, das im Zwiespalt zwischen Welt (gebt dem Kaiser!) und dem Heil (im Himmelreich) schwebt und die Erde als einen Platz begreift, auf dem es sich zu bewähren gilt- eben durch Nächstenliebe. Daß damit findige Geschäftemacher leichtes Spiel haben, eine Organisation aufzuziehen, die diese Doppelbindung auszunutzen weiß, eben z.B. die meisten Kirchen, ist eine andere Geschichte und bestenfalls die Folge dieses Menschenbildes, nicht aber ursächlich darauf zurückzuführen. Denke ich.
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Habe eben ein selten dämliches Argument gelesen, das auf Abbildtheorie verweist, d.i. diese Theorie, die davon ausgeht, daß nur Gleiches von Gleichem erkannt, dargestellt und vermittelt werden könne. Wär unser Aug nicht sonnenhaft, wie könnt die Sonne es ersehen; wär unser Geist nicht Göttern gleich, wie könnt das Göttliche er verstehn. (Goethe u.a. Pantheisten) So ungefähr geistert diese Abbildtheorie von Altgriechen bis zum Marxismus durch die Geisterwelt. Ich gebe zu, das zu glauben, hat was. Es ist einfach, leicht nachvollziehbar und doch der gröbste Unsinn. (übrigens einer der großen Streitpunkte zwischen Goethe und Schiller, der in diesem Punkite Goethe widersprach) Nun ja, das war nur die Vorrede.
Im 19. Jahrhundert feierte diese Abbildtheorie ihre größten Erfolge. Klar, man wollte durch Dialektik dem Weltwesen auf die Spur kommen, schlußfolgerte und verneinte, verglich und sonderte nach dem Vergleich Gleiches zu Gleichem, das UNgleiche aber vereinzelte man und etikettierte es als systemirrelevant, heute würde man sagen, als systeminkonform oder Einzelfall, diskursabwegig etc.
Einer der bedeutendsten Religionszerschmetterer jener Tage hieß Baur. Er schrieb um 1852 ein Buch namens "Die Epochen der kirchlichen Geschichtsschreibung". In diesem Buch steht der Satz:
Wie hätte das Christentum mit dem Papsttum so innig verschmelzen können, wenn es nicht von Anfang an ein dem Papsttum verwandtes Element in sich gehabt hätte? Der Protestant mag noch so tief auf den Katholizismus herabsehen und ihn für eine unwahre Form des Christentums erklären, er bleibt deswegen doch eine Erscheinungsform des Christentums, die sich nur aus dem Wesen desselben begreifen läßt.
Mal abgesehen davon, daß sich Menschen gerne Organisationsformen geben, die hierarchisch sind und sich in diesen auch wohlfühlen, weil sie so mit leichter ihren Platz in der Welt finden können, so ist die Jahrhunderte nach dem Tod Jesus' begründete und aufgebaute Papstkirche schlichtweg eine Kirche gewesen, die sich zwar der Lehren Jesus' bediente, aber wohl kaum die Substanz seiner Lehre thematisierte, vielmehr auf Äußeres größten Wert legt, die Auferstehung, die Wunder und das Heiligenwesen. Tut mir leid, liebe Katholiken, aber das ist nicht das Wesen des Christentums, sondern nur seine Akzidenz, eine durch die Papstkirche über Jahrhunderte erfolgreich gepflegte und vermittelte Nebensächlichkeit. Der Kern des Christentums liegt in der Sündenvergebung, der Nächstenliebe und dem Glauben an Gerechtigkeit.
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Gefragt, warum mich die Theologie interessiere, antwortete ich: Eigentlich interessiert mich die Theologie nicht besonders. Was man glaubt, sollte Privatsache bleiben und nicht durch eine wissenschaftliche Lehre begründet sein. Eine Sache allerdings liegt dann doch aufden Schultern der Theologie: Wie konnte es gelingen, die einfache Lehre Jesus' so zu verschandeln, daß sie Europa in einen ständigen Widerspruch zu sich selber brachte? Beinahe jeder kennt den großen Unterschied zwischen den Worten aus dem Testament und dem, was die Kirche daraus braute. Brachte und bringt uns das nicht dazu, ständig im Widerspruch zu leben? - Die Antwort muß ja lauten. Aber weiter gedacht, tiefer, so war das doch bereits deutsch, bevor die Christen kamen. Die ständige Antithese, die offen lebende Ironie, der Teil, der sich zum Ganzen erklärt und dennoch für sich sein will... Ist nicht genau das unser Erbteil schon seit Jahrtausenden? Anders gesagt: Nutzte das römisch-depravierte "Christentum" nicht genau das aus, nämlich den in uns liegenden Zwist mit uns selber, unser ewiger Streit mit den Göttern, Lebenserwartungen, Hoffnungen und Melancholie? Und wenn ich aus dem Deutschsein herausgehe, ist das nicht ein europäisches Phänomen?
Ich glaube, das Christentum ist die einzige Weltrevolution, die würde Jesus heute leben, von ihrem Begründer als ihm wesensfremd empfunden würde. Das fällt Christen schon seit Jahrhunderten auf, spätestens seit dem Konzil von Nikaia (325) gibt es diesen inneren Widerspruch urchristlichen Glaubens gegen die kanonisierte Lehre. Das brachte Luther zur Weißglut, das brachte Wyclif oder die Albigenser, sogar die Franziskaner zum Widerstand. Die Kraft der katholischen Kirche widerstand allen Abspaltungen oder aller Kritik. Das ist eine historische Leistung, die auch viel mit dem Christentum selber, aber v.a. mit dem europäischen Menschentypus zu tun hat, dem okzidentalen, um es genauer zu sagen. Dieser Menschentyp benötigt den Widerspruch, das Kontra, das Schnurzlige, ohne das er sein Freiheitsgefühl nicht auszuleben glaubt. Das organisierte Christentum durch die Kirchen und der in ihm selber erlebte Glauben, die aus ihm in die Welt greifende Liebe, die ihn die Welt hoffend umarmende Brüderlichkeit treiben ihn latent von Widerspruch zu Widerspruch. Das System ist robust und wirkt sich auch travestiert in Nivellismus, Rationalismus oder Nihilismus aus. Insofern ist die Befasse mit der Theologie eine Pflichtaufgabe, denn in der Theologie wird der Entwicklungsprozeß des Menschen in seiner Beziehung zu Gott nachempfindbar. Was gibt es Schöneres, Erhebenderes?
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Heuchelei ist bei Kirchenleuten eine Berufskrankheit, weil die zwar dem Leben Jesu nacheifern wollen oder vorgeben, es zu wollen, aber an der Realität scheitern; diese Realität besteht darin, daß die Kirche ihnen ein Heim gibt, Geborgenheit und Rundumversorgung, zugleich aber auch eine Hierarchie abbildet, die aufzusteigen sie anstreben, was nur geschieht, wenn sie vor der Welt besser nachweisen können, daß sie den Idealen Jesu nacheifern. Peng! Fertig ist die Heuchelei.
P.S. Ich habe aber schon Leute kennengelernt, die es ernst meinten mit dem Glauben.
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Eigentlich genoß Droysen mein Wohlwollen. Doch ab heute nicht mehr. Zwar wird er noch ein bißchen warten müssen, bis ich ihm seine Ausführungen zur Entstehung des Christentums um die Ohren haue, aber vielleicht hat das schon ein anderer getan, der von der Sache mehr versteht als ich. Soviel aber verstehe ich von der Sache, als daß Droysens Auffassung vom Christentum als einem Synkretismus aus Orient und Okzident schlichtweg Schafscheiß ist.
erstellt von Lisson, der Droysen gelesen hatte:
Alexanders Eroberungen hatten die griechische Philosophie in den Orient gebracht, wo sie sich mit dem dortigen Okkultismus vermischte und entartete, so daß sich als Synkretismus daraus das Christentum generieren konnte...
Falsch 1: Die griechische Philosophie um 330 v.Chr. wurde nicht nach Osten gerückt. Sie hatte zu dieser Zeit bereits 250 Jahre auf dem Buckel und war durch viele Täler und Höhen gegangen. Alexander war auch kein Philosoph, obgleich er bei Aristoteles in die Schule gegangen war; er war Krieger udn trachtete nicht danach, eroberte Gebiete mit griechischer Philosophie zu beglücken. Er nutzte einzelne (pragmatische) Aspekte, um seine Herrschaft zu sichern. Aber die Makedonen waren im grunde keine Griechen (sie waren ja nicht mal zu Olmpia zugelassen), wie sollten sie da die griechische Philosophie verstehen. Auch hatten sie keine eigenen Philosopheme hervorgebracht. Kurzum: Alexander brachte griechische politische und zivilisatorische Aspekte in den Osten, der aber darüber seinerzeit nicht belehrt werden mußte. Am Ende blieb nur Alexanders (vergeblicher) Versuch, ein zivilisatorisches einheitliches Reich zu schaffen, doch mit griechischer Philosophie hatte das nichts zu tun.
Falsch 2: Philosophie und Okkultismus sind verschiedene Dinge. Okkultismus gehört in den Bereich des Religiösen. Philosophie nicht. - Im Kultischen allerdings gab es Verschmelzungsmöglichkeiten, zumal die Griechen gern auch kultische Handlungen nach ihrem Wesen befragten, also zu philosophischen Systeme modelten. Man denke nur an Dionysos oder Mani. Es bleiben aber verschiedene lebensbereiche.
Falsch 3: Das Christentum ist kein Synkretismus, sondern eine dem Wesen nach neuartige Religion.
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